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20. Juni 2005

Mexico, mexico ra ra ra! Aleman, aleman ga ga ga!

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 18:00

Von Wellen, Masken und dem Umstand, dass Fußballkommentatoren schlimmer als Gebrauchtwagenhändler sind. Neues aus dem großen Mini-WM - Tagebuch von Tanja Krienen, siehe auch Samba versus Sirtaki

Das Wirken der sozialdemokratischen Weichspüler und Plauderer Beckmann und Kerner ist eigentlich keiner weiteren Erklärung wert, erklären sie sich doch schon, sobald man ihren Vertuschungsversuchen der tatsächlichen Zustände zwischen den Pfosten, Fahnenstangen und Linien zuhört.

Es soll hier auch nicht von den erledigten Fällen Werner Hansch oder Rolf Töpperwien die Rede sein, auch nicht vom „lustigsten Reporter“ (Stephan Raab) Heribert Faßbender („n’Abend allerseits“, “Das Interesse an Spielen ohne Deutschland ist erfreulicherweise sehr hoch.”), und auch nicht vom zurecht längst vergessenen Rolf Kramer, der mit der großmöglichsten Verknappung kommentierte, was sich ungefähr so anhörte: Die Spieler kommen. Der Rasen ist grün. Es kann losgehn.

Nein, wir hätten da heute einen abzuhandeln, der es im EM – Spiel Deutschland gegen
Lettland schaffte, drei (!!!) klare Elfmeter der Schwarz-Weißen Rumpelfüßler NICHT aus dem Spiel heraus zu erkennen: Steffen Simon, der nun Mexico gegen Brasilien kommentierte.

Die 60er und 70er Jahre waren voll der Experimente, doch an das Schönste kann sich wohl kaum noch jemand erinnern. So hatte man am Morgen nach dem WM-Finale 1974, eine Halbzeit ohne jeglichen Kommentar gesendet, um zu schauen, wie das bei den Deutschen ankommt: Nicht gut, denn wenn man keine eigene Gedanken hat, braucht man jemand, der die Lehrstellen ausfüllt. So machte man sich daran eine Spezies zu entwickeln, die neben der Tätigkeit als Talkshowmoderatoren und Werbeträger, Unterhaltungsshowschwadronierer- und Benefiz-Betroffenheitshersteller, auch zur Abrundung seines Profils, das nichts mit Profi zu tun hat, ein paar Fußballspiele so zuplappern erlernte, dass der Zuhörer am Ende zwar die Lieblingsreligion oder irgendein Besonderheitchen eines jeden kennt, nicht aber seine Spielfunktion, geschweige seinen taktischen Auftrag. An Nachwuchs dieser Spezies mangelt es nicht, wie man an „unserem“ heutigen Beispiel sehen kann.

Steffen Simon wohnt in Kreuzberg, was nicht alles über ihn sagt, aber viel ahnen lässt, und: er ist ein einfach so, er redet halt das daher, was ihm grad so einfällt („Vielleicht sollte er sich in der Halbzeit mal diese Mädchenfrisur wegmachen und anfangen, wie ein Kerl zu spielen.”- über den italienischen Spieler Totti) (besonders lustig, wenn man weiß, dass er bis vor kurzer Zeit noch mit Zonengabis-Lieblingsfrisur herumlief - ) und dann wäre es auch zuviel verlangt dabei noch hinzusehen, um z.B. einen Elfmeter erkennen zu können. Da fällt einem doch sofort Max Goldt „Gleichzeitig das kann ich nicht!“ ein (Ich kann nicht gleichzeitig Zähne putzen und in den Spiegel schaun – das geht einfach nicht. Ich hab das als junges Mädchen damals in der DDR schon nicht gekonnt).

Erregt kommentierte Simon die „Hand aufs Herz-Geste“ der mexicanischen Spieler, die er als „militärischen Gruß“ für ein „stolzes Lied“ wahrnahm und belehrte seine Zuhörer, dies sei so seit 1929. Tatsächlich wurde die mexicanische Revolution 1910 unter der Armeeführung Zapatos begonnen, und nur böse Zungen wie Frau Krienen sehen den Mestizen-Befreiungsversuchs-Freund einen Vorläufer des spanischen Regierungschefs, ETA-Dialogisierer und Al-Quaida Machtgewinnler Zapatero, was unter dem Motto stehen könnte: Wie der Schuh zum Schuhmacher kommt.

War es kurz nach dem Tsunami politisch unkorrekt nur von der „Neuen Deutschen Welle“ zu sprechen, die „Deutsche Welle“ zu hören, beim Frisör eine „Dauerwelle“ zu ordern oder gar Fräulein Menkes „Im Tretboot in Seenot“ lauthals zu trällern, was unweigerlich mit bösen Blicken und einer gesellschaftlichen Ächtung geahndet wurde (man traute sich auf dem Höhepunkt nicht mal einen Stammplatz des Spielers Ebbe Sand für das Schalker-Team zu fordern), so kommt man nun doch langsam wieder in Stimmung. Denn, sind die deutschen Zuschauer erst einmal der langen Weile anheim gefallen, fangen sie an zu murren, zu grölen oder zwanghaft ihre „gute Laune“ zur Schau zu stellen. Dies war der Fall, als sie mit dem Spiel der beiden Mannschaften nicht viel anzufangen wussten und plötzlich die als „La Ola-Welle“ (also „Die Welle-Welle“) bekannte, eine dumpfe, mit Händen, Füßen und hochschnellenden, dann wieder senkenden Oberkörper erzeugte Wellensimulation, die den Anschein erwecken will, man sei Bestandteil einer gigantischen Massenbewegung, ein Kreislauf unerschöpflich rotierender Leiber, der zu seinem Leidwesen dann doch aus Helga, Helmut, Birte, Bastian, Eike und Heike und eben auch Gerhard und Franz besteht. Oder? „Da isse!“ schrie Simon geradezu elektrisiert (als die Welle durch das Stadion unsymetrisch rollte, als wolle sie den Spieler Huth imitieren), haschend den Effekt, den er braucht, um wieder Schwafelfutter für die nächsten 30 Sekunden zu haben, unerbittlich prüfend, ob auch alle mitmachen – denn wer nicht mitmacht, ist ein Spaß- und Spielverderber, einer, dem nicht so recht zu trauen ist, einer, der zuviel liest, der ein Fremdkörper ist, einer, der nicht versteht, weil er zuviel versteht, vielleicht sogar nicht will, dass alle zusammen an diesem schönen Bild eines gemeinschaftlichen Erlebnisse mitwirken. „Ob die mitgemacht haben?“ fragte Simon dann auch vorwurfsvoll in die Runde, als die Kamera den vergrämten Kanzler und den stets „kaiserlich“ arroganten (wie die bösen Münchner vom FC Bayern halt so sind) Beckenbauer, stur vor sich brütend, zeigte.

Dem Plaudern folgte das Plappern und diesem ein Endlos-Gequassel, doch mittendrin, wieder mal in der Sache ob seines Wesen während der Realzeit nicht erkannt, erfolgte ein Elfmeterpfiff des Schiedsrichters, der den Auftakt zu solch kuriosen drei Minuten erbrachte, wie man sie wohl in diesem Jahrtausend erst zum zweiten Mal sah. Nur das Match Bayern München gegen Borussia Dortmund in der Spielzeit 2002/2003, hatte sogar volle 45 Minuten lang ähnlich Groteskes gezeigt, seinerzeit durch den Schiedsrichter Weiner, „Die Maske“, der in der Tat dem jetzt fehlentscheidenden Unparteiischen mit dem Namen Roberto Rosetti, auch äußerlich sehr ähnlich sieht.

„Unser Steffen“ kommentierte den beinahe einzigartigen Pfiff – alles war ohne Ursache, ohne Grund – so schleppend, den wahren Verhältnissen so genügend, wie z.B. die deutsche Verteidigung spielt oder Herr Kauder welscht. Der ebenso unmotivierte Elfmeter der Deutschen am Tag zuvor, dessen Ausführung letztlich ein grausam falsches 3:0 gegen Tunesien erbrachte, wurde in seiner Wirkung auch nie thematisiert. Nun aber schickte sich der Schiedsrichter an, der eigenen Unzulänglichkeit zum Trotz, diese noch überbieten zu wollen, in dem er das erzielte Tor des mexicanischen Spielers nicht anerkannte, aber dafür noch zwei Mal wiederholen ließ, um dem Schützen die Möglichkeit zu geben, nun zwei Mal nicht zu treffen. Ein Elfmeter, der keiner war, führte also zu keinem Tor, obwohl ein korrektes erzielt wurde – ein ohnehin schon von Fehlentscheidungen zerpfiffenes Turnier erlebte seinen Höhepunkt.

Dass die FIFA-Bosse den Ayatollahs und Mullahs kaum nachstehen, erfuhren wir dann immerhin doch aus dem Munde des berufenen Reporters, klärte der uns erfreulicherweise auf, dass zwar die Spiele jetzt auch live in den Stadien auf Bildwänden zu sehen seien, strittige Entscheidungen jedoch auf Anweisung nicht wiederholt würden. Da erinnern wir uns doch gern und lebhaft an die WM 1998 in Frankreich, als wir ein Übertragungsstudios der Iraner sahen, in denen immer ein Aufpasser dafür sorgte, dass die zehn Sekunden versetzt in die Heimat ausgestrahlten Bilder, keine Aufnahmen z.B. der barbusigen Brasilianerinnen enthielten, die sich auf den Zuschauerrängen gerne inszenierten. Man stelle sich das mal vor: Da sitzt da jemand im Studio herum, denkt, er habe einen ziemlich ruhigen Nachmittag vor sich, und muss dann, während er voller Spannung abwechselt im Koran, im neuen Roman „Der gute Stein auf dem Kopf der bösen Frevlerin“ und dem Erotikbüchlein „Mein Kamel und ich – ein Reisebericht“ aufgeregt blättert, dauernd diese entsetzlich halbnackten Frauen auf dem Monitor ansehen, nie wissend, was sich die notorisch mit Dauergeilen besetzte französische Regiezentrale (Olala, was ´aben wir denn da Schönes? Wollen doch mal sen, wie wir könne Kollege aus Perversien ärgeren), wieder einfallen lässt.

Jedenfalls ist der deutschen Mannschaft nun zu gönnen, dass sie schon im Halbfinale auf Brasilien trifft, was geschieht, wenn sie gegen die Mannschaft aus der Comunidad Valencia, verstärkt mit ein paar Argentiniern (vier Spieler verdienen ihr Geld bei Villareal nahe Valencia), einen Punkt holen sollte.

Wie schrieb ich schon vor einigen Tagen:

Die brasilianischen Sambatänzer, sowie die argentinischen Tangokönige und Steak-Esser, werden wohl den Titel unter sich ausmachen, wenn ihnen nicht die mexicanischen Mariachi-Adepten einen Strich durch die Rechnung machen (was wohl nicht sehr wahrscheinlich ist).
Sing:

Mexico Mexico Ra Ra Ra!

Yo soy mexicano

Me gusta el sombrero hechado de lado
pistola que tenga cacha de venado
humar en hojida, tabaco picado
Jugar a los gallos, sentirme afamado
Pero más me gusta ser enamorado.

Yo soy mexicano muy atravesado.

Jorge Negrete, siehe auch Jorge Negrete”

1 Kommentar »

  1. Dem im Artikel längere Pasagen gewidmeten Steffen Simon, war gestern der einzige Zuschauer auf dem Erdenrund, der NICHT SOFORT merkte, dass das zweite Tor der Engländer im Spiel gegen Deutschland, ein reguläres war.

    “Diese WM-Eröffnungsfeier war genauso Müll wie alle anderen. Fangt mit dem Fußball an”, schrieb Lineker auf Twitter. https://www.focus.de/sport/fussball/wm-2018/eklat-bei-wm-eroeffnungsfeier-robbie-williams-haelt-mittelfinger-in-die-kamera_id_9099001.html

    Kommentar von Campo-News — 28. Juni 2010 @ 12:15

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