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25. September 2005

“Gut sein” mit Reinhard Mey

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 09:55

Der neue „Reinhard Mey-Newsletter“ hat mich erleuchtet.

Von Tanja Krienen

Erst Schutz vor Kindern, dann Kinderschutz

Karl Kraus mehr davon

Alle Kinder…

Alle Kinder rennen aus dem brennenden Kino, nur nicht Abdul, der klemmt im Klappstuhl.
Alle Kinder nehmen Aspirin, nur nicht Ali, der isst Zyankali.
Alle Kinder laufen in den Bunker, nur nicht Beate, die fängt die Granate.
Alle Kinder kamen auf die Welt, nur nicht Bernd, der wurde entfernt.
Alle Kinder ekeln sich vor Omis Küssen, nur nicht Bernd, der dabei was lernt.
Alle Kinder kriegen Kinder, nur nicht Bille, die nimmt die Pille.
Alle Kinder haben Akten beim Drogendezernat, nur nicht Brigitte, die hat sie bei der Sitte.
Alle Kinder tragen Hosen, nur nicht Christian, der hat ein Röckchen an.
Alle Kinder kennen die aidskranke Blondine, nur nicht Heiner, dem sagt das keiner.
Alle Kinder sind heute erfolgreich, nur nicht Henner, der wurde ein Penner.
Alle Kinder sagen “Amen”, nur nicht Ingo, der ruft “Bingo”.
Alle Kinder spielen Indianer, nur nicht Peer, in dem steckt der Speer.
Alle Kinder rauchen Marlboro, nur nicht Peps, der hat schon Krebs.
Alle Kinder haben Grippe, nur nicht Petra, die hat Lepra.
Alle Jungs lieben Mädchen, nur nicht Roy, der liebt ‘nen Boy.
Alle Kinder lieben junge Mädels, nur nicht Thomas, der liebt Oma’s.
Alle Kinder sind musikalisch, nur nicht Willi, der mag Milli Vanilli.

„Alle Kinder“ von „Witzepur“

Ergänzung von TK:

Alle Kinder sehen propper aus, nur nicht Alice, denn niemand siehtse.
Alle Kinder streicheln Tiere gern, nur nicht Ansgar der mag sie nur ganz gar.
Alle Kinder sind dünn, nur nicht Claudette, die ist sehr fett.
Alle Kinder sind für die Wissenschaft, nur nicht Erik, der mag Esoterik.
Alle Kinder fahren ins Zeltlager, nur nicht Guido, wegen der Libido.
Alle Kinder wählen demokratisch, nur nicht die riechende Inken, die wählt die Extremlinken.
Alle Kinder lieben Amerika, nur nicht Konstantin, weil: der hat ´nen Spleen.
Alle Kinder haben kein Ungeziefer, nur nicht Modest, bei dem hängt ein Floh fest.
Alle Kinder klettern ohne Hilfe aufs Fensterbrett, nur nicht Modest, der brauch ein Podest.
Alle Kinder sind sehr gesund, nur Petra Lau, die hat HIV.
Alle Kinder füllen sich mit Wissen den Kopf, nur nicht Vera, die wird dort immer leerer.
Alle Kinder wohnen zu Hause, nur Zahin der Inder, wohnt im Dorf für Kinder.

„Ich wollte wie Morpheus singen“

Als jeder Liedermacher, selbst der, der sich nur für einen hielt, dem Plebs huldigte, und unterhalb einer Option einer sozialistischen Revolution gar nichts mehr ging, war er jemand, der seine Geschichten ohne den großen rrrrevolutionären Gestus erzählte. Mey galt als „Scheiß-Liberaler“, als „bürgerlicher Unterhaltungskünstler“. Dass er Letzteres heute wirklich so ist, wie es damals gemeint war, und er Ersteres nicht mehr, sondern nur noch „gut“ ist, gilt als ausgemachtes Ergebnis einer sehr deutschen Metamorphose. „Ich wollte wie Morpheus singen“, hätte er besser mit dem ersten veröffentlichten Lied verkünden sollen, statt, wie es geschah, mit Orpheus zu kokettieren.

Aber der frühe Mey war Klasse, „scheiß-liberal“ und ein guter melancholischer Beobachter; der ausgereifte frühe Mey war noch besser, witzig, skurril, grotesk; der mittlere war partiell noch immer hörenswert, flog da aber schon „Über den Wolken“ so langsam in den Schlager hinein; der spätere, nun ja, der war mir schon zu privat, und als er noch später Segeltörns und Bergsteigerei beschrieb, sich also von innen an Vorgängen rieb, die nur einen Scheiß-Liberalen als großes äußeres Erlebnis ansprechen, zudem seine Eloquenz als ewig gymnasialer Aprilfrischler etablierte, da war er zwar noch nicht an der Friedensklampfe für die Bewahrung des Status Quo zu Gunsten Saddam Husseins angelangt, doch: zu spät, mir reichte es längst.


Das „Apfelbäumchen“ auf dem Arm, im Hintergrund: Kirschbäume.

Während der talentloseste Burg Waldeck-Barde soeben wieder in das Parlament im Reichstag gewählt wurde, hielt sich Mey damals mit politischen Statements bedeckt. Dehm jedoch fuhr zweigleisig, Klaus Schulze schrieb: „Beim gleichzeitigen IEST-Wettbewerb für neue Lieder 1968 - Jury: Rolf-Ulrich Kaiser, Reinhard Hippen, Martin Degenhardt und Henryk M. Broder - wurden u.a. Ulrich Roski und Lerryn ausgezeichnet.

Nun, wenn ich mich mal augenzwinkernd selbst erhöhe, dann werde ich dafür virtuell ausgepfiffen, angepfiffen, angemacht, schwer verlacht, abgebügelt, fast verprügelt, diffamiert, drangsaliert, schikaniert, auch subtrahiert, aber ich habe noch nie einen Text verschickt, der so lautete: „Reinhard Mey gehört nicht allein wegen seiner scharfsinnigen Lieder mit ihrer Mischung aus Ernsthaftigkeit, Humor, Selbstreflexion und Gesellschaftskritik zu den glaubwürdigsten Künstlern unseres Landes.“ Uff.

Mancher Künstler reist als Botschafter für wohltätige Zwecke durch die Welt, um seine sinkende Popularität zu erhöhen, bei Reinhard Mey ist es gewiss umgekehrt, wie der eigene Newsletter mit dem Gestus der Objektivität bescheiden zu erzählen weiß: „Der Berliner Sänger setzt auch immer wieder gerne seine Popularität für wohltätige Zwecke ein. Nach „Mein Apfelbäumchen“, das für die Kinderkrebshilfe zur größten privaten Einzelspende wurde, „Ich liebe dich“ für die Deutsche Kinder-Aids-Hilfe sowie „Du bist ein Riese“ für Dunkelziffer e.V., erscheint jetzt ein weiteres Benefizalbum. „Frei!“, dessen Erlös SOS-Kinderdorf Deutschland zu Gute kommt…“

Hier halten wir einmal kurz die gutmenschliche Ventiliermaschinerie an, denn da stellt sich ja der Schwindel ein, ich meine: da wird einem ja schwindelig. Nicht, dass das alles „Plem-Plem“ wäre, aber der Verstand sträubt sich gegen soviel Tat und Wille, und schaut spielverderberisch auf die Ergebnisse, noch mehr: auf die taktischer Spielzüge.

Dunkelziffer

Als da wären die Ziffern, die nur im Dunkeln glänzen, weil man ohne das genauer zu begründen, das Dunkel hochrechnen will, jenes Dunkel, welches 10 bis 15 Mal über den bekannt gewordenen Straftatenzahlen liegen soll (es ist nach dieser Rechnung von spektakulären 200 000 bis 300 000 Fällen pro Jahr die Rede). Natürlich seien 80% der Personen den Kindern bekannt (es wird suggeriert, der eigene Vater oder Bruder sei der Haupttäter – „Väter als Täter“ bilden das Grundmotiv Zitate „Dunkelziffer“: „Mädchen werden häufig durch Männer missbraucht, die die Vaterrolle für sie übernommen haben“, sowie – „Prävention Familien-Album“: „Erzählt wird die Geschichte einer ganz normalen Mäusefamilie, in der die Tochter Nießchen sexuelle Ãœbergriffe durch ihren Onkel Watja erlebt. Mit der Drohung, ein Blitz werde das Familienalbum zerstören, wenn sie das “Geheimnis” weitererzähle, bringt der Onkel Nießchen zum Schweigen.). Zwar sagen viele Statistiken etwas ganz anderes, nämlich, dass die Hälfte der Täter den Kindern völlig unbekannt seien, und nur 10 % (!) mit ihnen verwandt, aber so werden besser Halbwahrheiten propagiert um Dreiviertel-Lügen zu etablieren, die als „irgendetwas wird schon dran sein“ beim Plebs ankommen. Man erwähnt auch nicht, dass von den 20 000 zur Anzeige gebrachten Personen, z.B. 2003 nicht einmal 12% rechtskräftig verurteilt wurden! Nicht einmal 12%! Und da wir doch von rechtstaatlichen Verhältnissen auszugehen haben, standen demnach über 88%(!) nicht schuldige Menschen vor Gericht. Und nun nehme man da mal die Dunkelziffer zur Hand, die wir hätten, wenn sie könnten, wie sie wollen, denn Missbrauch liegt ja schon, Zitat „Dunkelziffer“ vor, durch „die Entwürdigung durch Blicke“ Folgerichtig wirbt kein guter prominenter Mensch z.B. für solche Vereinigungen http://www.skifas.de/ Schön, wenn sich jemand für Kinder einsetzt, die da sind, doch hat man auch davon gehört, dass sich dieselben Leute gegen ein xfach größeres Verbrechen engagieren - nämlich gegen das Verbrechen, das an jedem helllichten Tag geschieht.

SOS

SOS- Kinderdörfer sind schöne Einrichtungen, sicher, aber auch gewiefte Bettelbuden, wie mancher meint. Ob das dort vertretene Weltbild so richtig ist, interessiert meist nicht. Als Pädagogin jedenfalls wäre es mir nicht mal im Albtraum eingefallen dort zu erziehen, wo man den Beruf als Ur-Berufung einfordert – mit Haut, Haaren und eigener Überzeugung bis ins Mark. Die Familie als Vorbild – wenn es nur so wäre, doch wird dort die Mutter als Inkarnation jedwedes Erziehungsleitbild so gepuscht, dass es schmerzt. Herr Gmeiner konnte darin sehr gemein sein, und als Kinderliebender (was sagte ich nicht schon alles zur Nähe fast sämtlicher Personen mit dieser emotionellen Neigung), war er natürlich ganz von der Mutterliebe beseelt, die, wir ahnen es schon, ihm selbst fehlte.

Kräpps

Die Kinderkrebshilfe ist natürlich wichtig, wenngleich dieser Komplex meist von einem schwer unaufrichtigen Getriefe durchwoben ist. Erwachsenen Krebskranken teilt man ja meist nicht einmal die Wahrheit mit, obwohl sie an nichts kürzer zu kauen haben, als an dieser, der wichtigsten Wahrheit ihres sich rasch zu Ende neigenden Lebens. Meine Vermutung geht in die Richtung, dass man die Wahrheit nicht aus Mitmenschlichkeit verschweigt, resp. nicht völlig ausspricht, sondern nur, weil man Angst hat, das die Betreffenden durchdrehen. Erst wenn die Leute geschwächt sind, merken sie, was tatsächlich los ist – zu spät. Anzunehmen ist, dass doch eine Reihe von Personen, solange sie halbwegs bei Kräften sind, auf die eine oder andere Weise, eine aktive Abrechnung durchführen würden. Das will man vermeiden. Unbedingt. Also ist doch Menschenfreundlichkeit das Motiv?!

Tiere

Nochmal der Reinhard Mey-Newsletter: „…erscheint jetzt ein weiteres Benefizalbum. „Frei!“, dessen Erlös SOS-Kinderdorf Deutschland zu Gute kommt, enthält 14 der schönsten Tierlieder, die der aktive Tierschützer in den letzten Jahrzehnten geschrieben hat, darunter Klassiker wie „Es gibt keine Maikäfer mehr“, „Hasengebet“ und „Die Würde des Schweins ist unantastbar“.

Hhm, Tierliebe im Maikäfer-Lied? Hieß es da nicht? -
„Wenn ich heut’ noch einmal halb soviel wie damals fangen könnt’,
würd’ ich wohl zum König aller Maikäfersucher gekrönt.
Nicht, daß ich vergessen hätte, wie und wo man welche fängt,
oder aus dem Alter raus bin, wo es einen dazu drängt.“

Das hört sich nicht so ganz nach Schonung aus Tierliebe an, seis drum. Früher jedenfalls, grauste er sich vor neumodischen, fleischlosen Küchen und sang:

Was früher meine Kneipe war, heißt heute “Chez Janine”,
Janine heißt Jutta Specht und macht jetzt auf “Nouvelle Cuisine”.
Und weil was “Neu” und “Küche” heißt, mich brennend interessiert,
hab’ ich dann auch das große Feinschmecker-Menü probiert:
Als Vorspeise den Gurkenwürfel auf Kressepüree,
in hausgemachtem Kräutersud mit Wacholdergelee,
danach ein handgeschnitt’nes Steak vom selbstgeheizten Grill,
hauchdünn, dazu Karottensplitter mit pochiertem Dill.
Nach langem Suchen hab’ ich dann auch das Dessert entdeckt:
geraspeltes Melonenmark, mit Kokos abgeschmeckt.
Wer nun so’n spackes Handtuch ist, wie ich, ist drauf erpicht,
daß er ordentlich Nachschlag kriegt, gab es aber nicht,
Dafür ‘ne dicke Rechnung - mit dem letzten Wechselgeld
hab’ ich mich bei der nächsten Bratwurstbude angestellt.

Aber es stimmt, schöne Tierlieder, hat er immer gemacht; Mitleid mit der geschundenen Kreatur, und der Genuss derselben, müssen sich ja auch nicht komplett ausschließen, aber diese geballte Ladung Tierschutz, mit einer Portion Kinderschutz hinzu, und den ganzen riesengroßen Menschenschutz als Krönchen oben darauf - das lässt den Hund in der Pfanne verrückt werden. (und das geht wirklich nicht! Wer macht mit bei der massenwirksamen Aktion: „Lasst den Hund nicht in der Pfanne verrückt werden!“)

AIDS-Kinder

Haben wir etwas vergessen? Da war doch noch was? Ach ja! Die HIV (nicht AIDS!) infizierten Kinder (die nur so von der eigenen Szene genannt werden, weshalb sie ja auch die größten Beschmutzer und künstlichen Krankmacher zum Zecke der Mitleidsheuchelei sind) die dürfen doch nicht fehlen. Obwohl sie im Grunde fehlen. Nicht nur, weil das mit dem HIV und AIDS so ein Mysterium ist, siehe auch eifrei aber die AIDS-Kinder sind ja wirklich geradezu exklusiv, weil: gibt es sie überhaupt in dieser Größenordnung?

Sicher gibt es in Deutschland mehr einäugige Mongolinnen und blinde Hermaphroditen, Keinbusige Rentnerinnen und armlose Arme, zwergenwüchsige Gehörlose und großbusig-fettsüchtige Knaben, die aber leider, oder sollte man sagen „unverständlicher Weise“, nicht alimentiert werden, und so müssen wir uns an offiziell 400 (!) Kindern mit HIV (nicht einmal AIDS - vielleicht nicht einmal HIV) gütlich tun, was nur durch das Engagement für „AIDS-Waisenkinder in der Dritten Welt“ getoppt werden könnte.

Auf der Website der „Deutschen Kinder-AIDS-Hilfe“, springt einem zuerst eine dicke Werbung entgegen, die nicht bittet, auch nicht fragt, sondern fordert, geradezu befiehlt: AIDS-SCHLEIFEN-SPENDE! Bestellen Sie AIDS - SCHLEIFEN aus METALL oder STOFF über unser Kontaktformular! Stückpreis - Mindestspende = 2,50 €/Stück Größere Mengen bitte nach Absprache!

Der Vorsitzende dichtet dazu:

“WIR” haben für alle Toleranz,
berührt uns, nehmt (”AIDS”) - Kranke in den Arm,
verliert doch endlich eure Scham! (Die solltet “IHR” endlich mal aus vielerlei, vor allem den genannten Gründen, zeigen - siehe auch den Joop-Artikel)
Zeigt Spontaneität,
es ist nicht zu spät,
grenzt uns nicht aus,
aus eurem Haus,
nehmt uns den depressiven Schmerz,
zeigt uns euer off’nes Herz!
Deshalb sollte an jeder Brust kleben:
der “Red Ribbon” - “ICH WILL LEBEN!”
Anmerkung TK: Der Button kostet 6, oo Euro, also ca. 12 DM, oder rund 80 Ostmark.

Es wird gedrückt und keiner wacht an der Peinlichkeitsgrenze:

Bianca, 8 Jahre, “Ich möchte wie die anderen Kinder spielen…”
(Wir gaben Ihr Spielsachen)
Lukas, 7 Jahre, “Ich habe noch nie das Meer gesehen…”
( Wir organisierten eine Reise!)
Saskia, 4 Jahre und Thomas, 6 Jahre, “Wir haben noch einen letzten Wunsch…”
( Wir erfüllen grosse und kleine Wünsche )
Jürgen, 17 Jahre, “Ich würde gern meinen Führerschein machen…”
( Wir konnten ihm einen gesponserten Führerschein ermöglichen )

17? Wie das? Ich dachte, es gehe um Kinder? Also, wenn 4 und 6jährige, wie zitiert, die Lebensendlichkeit so philosophisch widerspiegeln, in dem sie noch „einen letzten Wunsch“ äußern, dann haben wir es wohl bei AIDS-Kinder mit Geistesmutanten zu tun. Das Meer hat natürlich jeder 7jährige Nicht-AIDSler schon gesehen, ist ja heute geradezu obligatorisch (neben den Trend zum Zweitpferd) und selbstverständlich ist auch das sein letzter Wunsch, und nicht der seiner Drogen konsumierenden Mutter, die selbstverständlich mitreist, ist es doch ein „Bundesweiter Förderverein für Kinder und Familien mit HIV und AIDS!“

Und dann etwas Interessantes: „Auch ist die Gruppe der 15-19 jährigen Jugendlichen sehr stark gefährdet, da Aufklärungskampagnen diese “Zielgruppe” nicht mehr erreichen“ heißt es dort. Wie alt sind bei denen Jugendliche? Und: zählen die etwa auch Jungschwuppen mit, die sich in der Szene frühzeitig das holten, was sich andere erst ein paar Jahre einfingen? Man muss schon Joop heißen, um nicht – wie ich – fast gesteinigt zu werden, für das, was auch ich stets herunterleiere Die selbstverschuldeten Ursachen für den ganzen Schlamassel.

Und dann stellt man fest, dass es anscheinend mehr Organisationen als AIDS kranke Kinder gibt: Kita - Nestwärme in Berlin, Kita - Fuggerstr. in Berlin, Kinderaidsstation der MHH in Hannover, aids & kinder in Düsseldorf, Kids & CO in Frankfurt/M., AG Kinder- und Jugendschutz in Hamburg, Kinder und AIDS, Niedersachsen, Mittenwalde in Brandenburg usw. usf.

Spenden soll man auch, damit ein „HIV-Magazin“ erstellt werden kann. Flott drauf sind sie ja schon: „HIV-Magazin soll ein bundesweites Info-Magazin werden! Helfen! Informieren! Vorsorgen! - ist unser Motto! Wir freuen uns, dass Sie unsere neue Internet-Präsenz besuchen. Als modernes Unternehmen wollen wir Sie gerne auch online mit allen Informationen rund um unsere Angebote versorgen. Ein neuartiges Content-Management-System wird es uns ermöglichen, Sie an dieser Stelle stets besonders aktuell auf dem Laufenden zu halten.“

Aber das Gästebuch der Deutschen Kinder-AIDS-Hilfe ist wirklich der Über-Knüller!

„Hallo, ich bin 11 Jahre alt. Ich finde es gut, das es diese Seite gibt. Ich schicke Euch bald ein Teil von meinem Spielzeug, damit Ihr es an kranke Kinder verschenken könnt.“

Dem Kind haben sie soviel Angst gemacht, dass es glaubt bald zu sterben, - wenn Mama es nicht sogar selbst geschrieben hat, oder der liebe Mitarbeiter. Man möchte auch manchmal auf verlinkte Seiten dort klicken, doch habe ich immer Angst, man könne sich vielleicht doch einen, äh, Virus einfangen.

Herr C.E. schreibt: „alles gute zum jahreswechsel. p.s. könnt Ihr mir noch die spendenbescheinigung über 25 € zuschicken?

Ein „Christian“ entgegnet ihm nassforsch: „Lieber Herr E., es wäre klug Gästebuch Einträge in dieser Art zu überdenken.Eine Email wäre da angebrachter, schließlich muss die Außenwelt so was nicht lesen.“

S. und U.H: „Wir wollen euch einmal auf den neuesten Stand unserer Veranstaltung bringen. Oliver Hardt udn Peter Steinbach haben zugesagt. Die bekannten Schlagersänger die jeder hier von WDR4 kennt singen kostenlos. PRIMA. Die Knaller lassen wir aber erst kurz vorm Event raus. Radio 21 sendet ab July 30 Werbspsots und das RADIO MHH macht ebenfalls auf die Veranstaltung aufmerksam. Geschäftsleute in Stadthagen helfen uns mit Geld und Sachspenden. Die Zeitungen werden ausgiebig darüber berichten und auch die Jugend und Schulen unterstützen uns. Sogar der NDR hat sich angekündigt. Klar bei den Stars die da noch kommen und noch gar nicht erwähnt wurden…“

Ein Herr F. hat dann doch einen Schimmer von dem, was da abläuft und raunzt: „Was mich sehr stört, die Termine 2004 - Schwulen Treffen in Berlin. Das gehört meines Erachtens nicht zur Kinderaids - Hilfe.!! Und einige Leute aus meiner Praxis hegten schon die Befürchtung mit Spendengeldern könnten solche Straßenfeste mit finanziert werden. (was glaubt der Gute denn, wofür das Ganze veranstaltet wird, Anm. TK) Ich habe eine ganze Reihe Bekannter, die Homos sind, die ich auch schätze undgerne um mich habe. Aber Straßenfeste von ” Schwulen ” sind mir ein Greuel. Machen Sie bei der Kinderaidshilfe keine Werbung für diesen Personenkreis.Sie schaden damit den Kindern, die nichts für ihr Leid können. Mit freundlichen Grüßen F. Heilpraktiker“

Noch einmal S. und U.H, die jetzt echt eine totale Sensation verkünden: „Hallo wir sinds. Neuigkeiten. Ex Big Brother Bewohner “BIG HARRY” hat heute zugesagt und spielt für die Kinder Aids Hilfe am 14 August bei uns auf der Bühne. Ist das nicht KLASSE.“ (Das ist natürlich Super-Klasse und passt genau zur AIDS-Show, Anm. TK).

Dann wird es zusehends peinlich eng: S.S. fragt: „wieviele spendengelder sind von der ersten schaumburger rocknacht im august04 mit heines deele zusammen gekommen?auf den eintrittskarten stand drauf das,dass geld komplett zur kinder-aids-hilfe geht!ist das geld schon eingegangen?danke“

Dann S. B.: „Sollte es sich bei dieser Site und diesem Verein nicht um eine ganz billige Abzock-Aktion auf Kosten aidskranker Kinder handeln, wäre ich froh, wenn ich endlich mal eine E-Mail oder einen Anruf zurückbekommen würde. Beste Grüße SB“

T.M.: „Ich versuche seid 10.12.2004 jemanden von diesen angeblichen Verein zu erreichen erst Telefonisch aber die Telefonnummer ist jetzt abgemeldet und dann per Mail keine Reaktion wenn auf das heutige Mail keine Antwort kommt werde ich zur Polizei gehen und eine Anzeige wegen Betrug machen.Wenn sich noch Jemand betrogen fühlt dann meldet Euch bei mir.“

U.S.: „Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe Ihnen Anfang Dez. 2004 einen größeren Betrag gespendet und warte immer noch auf Ihre Spendenbescheinigung. Bitten senden Sie mir diese umgehend zu. Mit freundlichen Grüßen US“

R.R.: „Leider ist der Bundesvorstand verstorben und im Moment stehen die Uhren des Vereines still. Um alle Gemüter zu beruhigen: Es wird mit hochdruck, jedoch ehrenamtlich, daran gearbeitet, die momentane Situation aufzufangen und im Moment nicht nachvollziehbare Prozesse abzuarbeiten. Bitte richten Sie Ihre eMails an meine private eMail-Adresse, da wir momentan keinen Zugriff auf die Hompage haben. Wir können uns für Ihre Unannehmlichkeiten nur entschuldigen und auf Ihr Verständnis hoffen. Zu Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung und verbleibe mit freundlichen Grüßen Ronny Repp“

DER GANZE BUNDESVORSTAND tot? Einfach so? Total weg? Heimtückisch, diese Krankheit, nicht wahr?

Damals

Ach ja, der „alte Reinhard Mey“, als er ein junger war und von den extremen Linken ob seines individualistischen Postulats angegriffen wurde, fehlt mir doch sehr.

Wie hieß es doch in meinem Lieblingslied? –

Bevor ich mit den Wölfen heule

Bevor ich mit den Wölfen heule,
Werd’ ich lieber harzig, warzig grau,
Verwandele ich mich in eine Eule
Oder vielleicht in eine graue Sau.
Ich laufe nicht mit dem Rudel,
Ich schwimme nicht mit im Strudel,
Ich hab’ noch nie auf Befehl gebellt.
Ich lasse mich nicht verhunzen,
Ich will nach Belieben grunzen,
Im Alleingang, wie es mir gefällt!

Ich will in keinem Haufen raufen,
Laß mich mit keinem Verein ein!

Rechnet nicht mit mir beim Fahnen schwenken,
Ganz gleich, welcher Farbe sie auch sei’n.
Ich bin noch imstand’, allein zu denken,
Und verkneif’ mir das Parolenschrei’n.
Und mir fehlt, um öde Phrasen,
Abgedroschen, aufgeblasen,
Nachzubeten, jede Spur von Lust.
Und es paß was ich mir denke,
Auch wenn ich mich sehr beschränke,
Nicht auf einen Knopf an meiner Brust!

Ich will in keinem Haufen raufen,
Laß mich mit keinem Verein ein!

Bevor ich trommle und im Marschtakt singe
Und blökend mit den Schafen mitmarschier’,
Gescheh’n noch viele Ungescheh’ne Dinge,
Wenn ichmir jeh gefall’ als Herdentier.
Und so nehm’ ich zur Devise,
Keine andere als diese:
Wo schon zwei sind, kann kein drittter sein.
Ich sing’ weiter ad libitum,
Ich marschier’ verkehrt herum,
Und ich lieb’ dich weiterhin allein!

Ich will in keinem Haufen raufen,
Laß mich mit keinem Verein ein!

Erinnert euch daran, sie waren zwölfe:
Den dreizehnten, den haben sie eiskalt
Verraten und verhökert an die Wölfe.
Man merke: Im Verein wird keiner alt!
Worum es geht, ist mir schnuppe:
Mehr als zwei sind eine Gruppe.
Jeder dritte hat ein and’res Ziel,
Der nagelt mit Engelsmiene
Beiden ein Ei auf die Schiene!
Nein, bei drei’n ist einer schon zuviel!
Ich will in keinem Haufen raufen,
Laß mich mit keinem Verein ein!

Und wer erinnert sich nicht an das schrecklichste aller Monster, für das es – damals wie heute – gute lebende Vorbilder gibt:

Annabelle, ach Annabelle

Frueher hab ich oft ein eigenes Auto benutzt,
hab’ mir zweimal taeglich die Zaehne geputzt,
hatte zwei bis drei Hosen und ein paar Mark in bar,
ich erroete, wenn ich denk’, was fuer ein Spiesser ich war.
Seit ich Annabelle hab’, sind die Schuhe unbesohlt,
meine Kleider hab’ ich nicht mehr von der Reinigung abgeholt,
und seit heute gehoer’ ich nicht mehr zur Norm,
denn ich trage jetzt die Non-Konformisten-Uniform.

Frueher hab’ ich manchen Tag und manche Nacht
auf dem Fussballplatz und in der Kneipe zugebracht,
mit Freunden geplaudert, meine Zeit verdoest,
doch dann hat Annabelle mich von dem Uebel erloest.
Heut’ sitz’ ich vor ihr und hoer’ mit off’nem Mund,
wenn sie doziert, Theorien aufstellt, und
ich wuenschte, diese diese Stunden wuerden nie vergeh’n,
ich koennt’ tagelang zuhoer’n ohne ein Wort zu versteh’n.

Frueher dachte ich korruptes Spiesserschwein,
wer ‘was schaffen will, der muesste froehlich sein.
Doch heut’ weiss ich, im Gegenteil,
im Pessimismus liegt das Heil.
Frueher hab’ ich naemlich gern gelacht,
doch auch hier hat sie mich weiter gebracht.
Heut’ weiss ich, das war reaktionaer,
infolgedessen denk’ ich nach und schreite ernst einher.

Frueher war ich, wie das alles zeigt,
einem billigen Vergnuegen niemals abgeneigt.
Doch ab heute wird nicht mehr genossen,
dafuer diskutier’n wir beide unverdrossen.
Wenn ich zu ihren Fuessen lieg’,
dann uebe ich an mir Selbstkritik,
und zum Zeichen ihrer Sympathie,
nennt sie mich ’suesser Auswuchs kranker Bourgeosie’.

Annabelle, ach Annabelle,
du bist so herrlich unkonventionell,
du bist so herrlich emanzipiert
und hast mich wie ein Meerschweinchen dressiert.
Annabelle, ach Annabelle,
du bist so herrlich intellektuell,
und zum Zeichen deiner Emanzipation
beginnt bei dir der Bartwuchs schon.

Tja, so wars. Und warum das so ist, habe ich hier das meiste gesagt - Lieder

P.S.

Dem einen ist meine Nase zu weit links im Gesicht,
zu weit rechts erscheint sie dem andern und das gefällt ihm nicht.
Und flugs ergreift das Wort der Dritte und der bemerkt so dann,
sie sitzt zu sehr in der Mitte und ich sollt was ändern daran.

Mit großer Freude sägen, die einen an meinem Ast,
die andern sind noch am überlegen, was ihnen an mir nicht passt,
doch was immer ich tun würde, deren Gunst hätt’ ich längst verpatzt
also tu ich was ein Baum tun würde, wenn ein Schwein sich an ihm kratzt.

Und ich scher mich den Teufel um Goliath
und schweig fein still
habt Dank für das achtel Lorbeerblatt
auf dem ich tun kann, was ich will.

Aus “Mein achtel Lorbeerblatt”

5 Kommentare »

  1. Nun hat der Trampert auch den “guten Mey” entdeckt. Immerhin: “Eben! – Da gibt es einen Vorfall. Reinhard singt für die Kinderkrebshilfe, aber sein Manager verschwindet mit der Börse.” - http://jungle-world.com/seiten/2005/45/6627.php

    https://www.achgut.com/artikel/wokeness_die_tyrannei_der_wehleidigen

    Kommentar von Campo-News — 11. November 2005 @ 13:29

  2. Mey, Reinhard – der Tiefpunkt oder Wolle ist bekanntermaßen das unaussprechliche Nichts

    Aus einer Laune heraus, kaufte ich mir nach gefühlten 102 Jahren, wieder einmal eine, die neue, Langspielplatte von Reinhard Mey, die neuerdings CD heißt, weil er mich mal Anfang der 70er Jahre inspirierte, als er z.B. ein Psychogramm einer gewissen Annabelle schrieb, oder das libertäre, das man damals „scheiß-liberal“ nannte, „Bevor ich mit den Wölfen heule“ (>Lass mich mit keinem Verein-ein< ), einspielte. Die Zeiten änderten sich und Reinhard Mey wurde zum Ökosozialisten. Soweit kein Einzelfall. Soweit deutsche Normalitöt.

    Seine Texte sind auch bisweilen vorzeigbar, zum Beispiel, wenn es um Tiere und Tierschutz geht oder um Menschen und Empathie - die Gesamtgemengelage aber trieft und zwar so, dass Sentimentalität und Melancholie selten nachvollziehbar, sondern inszeniert wirken. Schon 2005 schrieb ich auf meinem Blog: „Ach ja, der „alte Reinhard Mey“, als er ein junger war und von den extremen Linken ob seines individualistischen Postulats angegriffen wurde, fehlt mir doch sehr.“

    Nun aber kommt es!!! Er sang ein Lied, dessen Protagonist mir nach den Meyschen Worten wie ein Held, eine transzendente Lichtgestalt, ein Wesen zwischen Gott und Nebengott erschien, doch langsam, gaaanz laaaaangsam, ging mir erst vage, dann in den Kopf schieß-rot-vor-Zorn auf: DAS kann er doch nicht wirklich meinen!!!?!!!? „Wolle“? Nein! DER „Wolle“! Hitparaden-Hippie-Wolle-Dicke-Frauenfreund-Kitsch-Wolle? Das darf doch nicht wahr sein!!!??? Das ist doch schlimmer, als würde sich mein Nachbar als Alien offenbaren! Doch die bedrohliche Angst, gewahr zu werden was unaussprechlich schien, wurde zur unaussprechlichen Gewissheit: Er meinte tatsächlich…ich wage es kaum zu sagen….er meinte….Wolfgang „Wolle“ Petry aus Köln am Rhin. Und so sang er auch, solange er wolle wollte. Er soll nach Mey auf einer Finca wohnen, exakt dort, würde ich ihn auch verordnen: im Milieu jener Deutschen, die mit bunten Lederbändchen und süßem Sozialkitsch, ihre Vorstellung vom Späthippietum leben und nichtmal wissen, das Ihresgleichen, nur unverstellter, in persona des talentierten Mister Charles Manson auf ein Zeichen wartet, zudem sie selbst weniger Mut aufbringen. Zu besichtigen ist das jeden Tag! Woll?

    https://www.zeit.de/2014/17/saenger-reinhard-mey-interview/seite-3

    https://jungefreiheit.de/kultur/2017/volle-fahrt-voraus-und-kurs-aufs-riff/

    https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2020/die-selbstverstaendlichkeit-der-macht/?fbclid=IwAR0IWPxHaJArVLpIqMt4p69g_7j3V6JPL2qYOHxR3fJgVyzdPKcrc0KXEqM

    https://www.zeit.de/kultur/literatur/freitext/reinhard-mey-neue-rechte-protestmusik-folk

    https://www.youtube.com/watch?v=ll3KS1QROZg

    https://www.achgut.com/artikel/der_liedermacher_thilo_schneider - - - Hallo Herr Schneider!

    Ihr Beitrag zum Komplex “Liedermacher” lässt meine Wünsche offen. Auch war nicht alles schlecht, was die DDR produziert, sondern: das Prinzip war richtig, weil kein anderer Kulturbereich besseres produzierte, aber: die Umsetzung begrenzt, weil zensiert, doch immerhin gab es auch Brecht. Hannes Wader ist übrigens ein guter, ich weiß ja nicht, was Sie alles von ihm kennen oder ob Sie als Freier Demokrat (ein Konzept, das - ich hätte es voraussagen - nicht einmal für einen Lebensabschnitt taugt) das wissen können. Fakt ist: den Begriff “Liedermacher” erfand Wolf Biermann, angelehnt an Brechts “Stückeschreiber”.

    *sing*
    Der Aal

    Lebe niemals wie ein Aal
    Denn der Aal lebt liberal

    Lebe niemals liberal
    Liberal ist wie ein Aal

    Kalt und ölig, glatt ein Witz
    Schlangenartig, Schnauze spitz

    Sterben wenn sie laichen schnell
    Sterben aus auch virtuell

    Drum leb niemals liberal
    Denn der Aal lebt liberal

    Genial
    TK, 31.7.2019 14:14

    Mit den liedermacherischten Grüßen, Tanja Krienen

    Kommentar von Campo-News — 11. Juli 2013 @ 16:58

  3. https://www.focus.de/sport/formel1/formel-1-in-montreal-grosser-preis-von-kanada-im-liveticker-3-training-qualifying-rennen_id_107972557.html/

    Kommentar von Campo-News — 18. Juni 2022 @ 15:13

  4. https://www.youtube.com/watch?v=rYNkBlBJI9Q

    Kommentar von Campo-News — 16. Juli 2022 @ 15:53

  5. Tanja Krienen
    21. Januar 2021
    ·
    Mit Öffentlich geteilt
    Verlorene Welten: Jung waren wir, brauchten kein Geld, glaubten aber alles zu wissen!
    „Manchmal da fallen mir Bilder ein“, sang Reinhard Mey. Und wenn sie einem nicht einfallen, muss man sie suchen. „Ach, wie doof“. „Das darf doch nicht…“ „Nein!“ „Daran habe ich gar nicht mehr gedacht.“ Ein Verwechselbad der Lebensmühle. Wer ohne Schuld ist, richte den ersten Scheinwerfer – auf sich selbst. Es meist werfen die, die nie etwas wagten. So sei es geschenkt. Jede historische Situation wirft ihre Schatten voraus, in denen sich die Neunmalklugen später sonnen. Oder so ähnlich. Man kann etwas auch einigermaßen durchblicken und trotzdem fehlen. Und dann stellt man vielleicht fest: „Hätt’ ich all das nie erfahren. Hätt’ ich all das nie erlebt“ Ups, wieder der Mey. Und wie war das eigentlich? Und wann? Jahreswende 80/81. Silvester mit zwei Genossen in London. Große kulturelle Differenzen mit den beiden Vertretern der beharrlichen Altlinken. Sie wollten unbedingt Black Sabbath hören (was heißt da hören, wo man sich doch nur die Ohren zu halten konnte) – eine Band, die ich hasste wie die gesamte Mischpoke der so genannten Progressiven – ging ich zu Spizz Energie ins Venue. Das war nicht erste Sahne, aber ich war betrunken genug um viel Spaß zu haben. Des Nachmittags hatten wir noch Karl Marx auf dem Highgate Cementary einen Besuch abgestattet und damit dem ganzen Aufenthalt in London noch einen revolutionären Anstrich gegeben. 1983 in Karl-Marx-Chemnitz-Stadt? War da der Erich oder doch nur der Egon? Und damals, in „Berlin – Hauptstadt der DDR“. Mööönsch, das war doch…Ostern 1976 und dieser singende, klingende Dichter, da oben in der Chausseestraße 131, der wusste noch nicht, wie ihm ein halbes Jahr SPÄTER geschah. Brechthaus, wie zeitlos modern. Und das BE, das war MEINE DDR. Im Ganymed war ich dann Jahrzehnte und sechs Generalsekretäre später mit dabei, als der Dichter ein Buch vorstellte, in dem ich auch vorkam. Und wie die Fahnen wehen! „Die roten Fahnen hingen alle grau und krank im Regenhimmel rum. Aus mancher Fensterbank erbrach das Fahnentuch vor Scham sein letztes Rot.“ So hatte der Dichter schon acht Jahre zuvor gehöhnt, doch hier flatterten sie im vorletzten Wind. Schön. Wie auch die Kirmes in Kronstadt (Transsilvania/ Siebenbürgen). Und was da im Ferienlager zu Brodowin abging. Heute ist es ein „Ökodorf“. Damals auch fast CO2-neutral, weil sehr sehr einfach gehalten. Das alles….nur mal so…aus coronaler Langeweile…

    Kommentar von Campo-News — 21. November 2022 @ 18:10

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