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20. Juni 2006

Ein paar kurze Bemerkungen über: “Die feurige Spanierin“ und “die südländische Kultur“

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 17:14

Und immer DARAN DENKEN!

“Als ich mir zufällig eine Kultursendung im spanischen Fernsehen ansah (es war übrigens mehr als ein Zufall, eher ein Wunder, denn Kultursendungen sind im spanischen Fernsehen sehr selten, die Spanier haben nichts für Kultursendungen und Kultur im allgemeinen übrig, das ist ein Bereich, dem sie äußerst feindlich gegenüberstehen, wenn man über Kultur spricht, hat man manchmal den Eindruck, dass man sie gleichsam persönlich beleidigt)…“

Michel Houellebecq, Die Möglichkeit einer Insel

Ein paar kurze Bemerkungen über: “Die feurige Spanierin“ und “die südländische Kultur“

Während es bei den Asiatinnen einen Trend gibt, sich die Augen „europäischer“ operieren zu lassen, färben spanische Mädchen ihre schwarzen Haare blond. Es geschieht so massenhaft, dass man es als kulturelles Phänomen begreifen muss. Sie hadern mit ihrem Image, mag sein, auch weil die einzigen, die dem Klischee entsprechen und entsprechen wollen, die Gitanos (Zigeuner) sind.

Hier finden wir auch die traditionelle Vorstellung vom „spanischen Leben“ und bezeichnenderweise ist es entweder von den Gitanos oder vom Islam geprägt – oder beides. Die schwarz gekleideten, streng frisierten, und ein leidendes Gesicht zur Schau stellende andalusischen (stammt von der arabischen Bezeichnung „al-andalus“) Flamencotänzerinnen - meist mit Gitano-Hintergrund - sind der Inbegriff der spanischen Leidenschaft. Beide Mentalitäten sind zu einem Etwas verschmolzen, welches man schon meist mit heiseren kehligen Lauten aus weiter Ferne hört.

Wer würde diese Frau, Typ “Feurige Spanierin”, unbezahlt küssen? - sie, die mit billigen Rüschen kaschiert, was sie nicht kann…

Woher das Vorurteil, dem hier zu einem Urteil verholfen werden soll, stammt, „die Spanierin“ sei „feurig“ oder „rassig“, ist nicht nachzuvollziehen – es stimmt so genau, wie die Annahme mancher Ausländer, deutsche Frauen seien blond, schlank und groß.

Man beachte Sancho Pansas - wie sollte es auch anders sein - weises Urteil (unten zitiert)

Ältere Spanierinnen wirken oft wie eine schwarz gekleidete Handpuppe. Sie ragen nicht kaum mehr über die Erstmetermarke, als Basketballspieler über die zweite. Ihr Leben als Gebärmaschine sieht man ihnen an, und sie selbst sind ja das Massenprodukt einer Masse Produzierenden. Erst nach der Franco-Ära sank die Kinderzahl pro Frau deutlich ab, dann aber gleich so stark, dass Spanien auf den letzten Platz der europäischen Geburtenquote fiel. Klasse statt Masse: die Kinder werden jetzt deutlich größer als zuvor, besonders die Sportförderung hat bei manchem Mädchen jetzt auch einen Körper entstehen lassen, doch dafür ist nun die Kokainkonsumtion in Spanien die höchste der Welt.

Der Flamengo-Gesang bildet noch immer die Grundlage der „spanischen Kultur“ und er lebt - modernisiert und variiert - auch in vielen heutigen aktuellen Liedern fort. Die Theatralik ist ohnehin Bestandteil dieser Kultur – ohne schwer vorgetäuschten Emotionen sind diese Lieder kaum vorstellbar. Nur wenige Ausnahmen gibt es in der spanischen Rock – und Popmusik.

Fragt man einen Spanier, ob er englisch spräche, so hört man meist (ohne jede fremdsprachliche Betonung): „A litel bitt.“ Verstehen kann man meist nicht viel. Sie lernen heutzutage ja zuerst ihre Regionalsprache (über den Sprachenstreit später mehr), dann spanisch, und wenn dann ganz viel Zeit auf den fortgeschrittenen Ebenen vorhanden ist, kommt vielleicht noch französisch oder englisch dazu. Sie leben nur im Regionalen, maximal Nationalen. Warum aber mag man englischsprachige Musik so gern? Nun, weil: Sie klingt gut, sie ist ein Kompromiss (weshalb tatsächlich ihre schlechten Erzeugnisse an der Decadence kratzen) und sie ist in der Sprache, die (fast) alle verstehen, so etwas wie ein Bindeglied des kosmopolitischen Menschen, der als positiver Entwurf der Kirchturm-Politik und dem Kirchturm-Lebensgefühls, entgegensteht. Doch dreht man das spanische Radio auf, hört man entweder das Dröhnen billiger Eintopfpressmusike „Bumm! Bumm! Bumm!“ oder: Muuuujjjjäääääähhrrrrrrrrjjjjaaerräääärrr!!

Feitz - oder Volkstanz: Irre sind es immer! Früh übt sich, wer meschugge werden will.

Sämtliche Musik, die man mit „dem Süden“, mit Rhythmus und einem global so empfundenen, positiven Lebensgefüh,l verbindet, findet hier nicht statt, stammt nicht aus Spanien. Die Weltmusik wird in Mexico, Brasilien, Argentinien, Cuba oder sonst wo hergestellt. Jorge Negrete, Celia Cruz, Antonio Machin oder Imperio Argentina, um einmal diese Klassiker zu nennen, sind schlicht nicht kompatible mit der Regionalmusik von der iberischen Halbinsel, deren Ruf ein Fake, eine Tourismus-Erfindung ist.

Zu den größten Künstlern, die das Land je heraus brachte, pflegt man eine Arroganz, wie sie typisch ist für ein Volk, die dem extrem wenig gelesen, dafür aber um so mehr ferngesehen wird (bei einem Programm das nicht einmal einen durchschnittlichen 14jährigen meiner Generation befriedigt hätte). Der Surrealismus, eigentlich das Produkt der spanischen Landschaft und des Katholizismus, interessieren hier nicht, vielleicht gerade weil sie intellektuelle Brüche mit dem traditionellen Leben der Menschen darstellen, aber die Oberfläche der jungen Leute maximal als Dekorationsstoff erreichen. Cervantes mit seinem Don Quijote wird kaum gelesen, maximal ab und zu in Filmfassung als Ausdruck des Burlesken konsumiert – verstanden wird davon nichts. Das allerdings ist im Resteuropa auch nicht viel anders.

Und immer schön aufpassen: Sie sind näher als DU denkst

9 Kommentare »

  1. Was wohl Frau Bachmann da gesagt hätte…

    Kommentar von hegelxx — 25. Juni 2006 @ 03:53

  2. Wieso? Wegen des Feuers? Oder warum?

    Kommentar von Campo-News — 25. Juni 2006 @ 07:27

  3. Feuer? Ach so, du hast auch “Malina” gelesen…

    Ich meinte aber ganz bescheiden nur den Vorlesewettbewerb in Klagenfurt, auf den zu gehen Frau Berg nicht mehr nötig hat…

    Ganz offenbar hat sie es aber nötig, einen ihrer I-Pods zu versteigern, damit ihre Freundin was zu essen kaufen kann.

    Versteh’ einer die Weiber. Das Sancho Pansa Zitat hilft vielleicht weiter…

    Saludos!

    Kommentar von hegelxx — 25. Juni 2006 @ 10:41

  4. Nein, ich lese in der Regel keine Frauenliteratur. Ich dachte an ihr Ende. TK

    Kommentar von Campo-News — 25. Juni 2006 @ 11:30

  5. Ach so…

    auf so was christliches wäre ich als Religionsfeind gar nicht gekommen.

    Kommentar von hegelxx — 25. Juni 2006 @ 17:47

  6. Du meinstest “Cristliches”, aber bitte was hat der “Feuertod” Bachmanns damit zu tun?

    Kommentar von Campo-News — 25. Juni 2006 @ 18:11

  7. Wenn jemand Mexico beschreibt, denkt er nie DIESES HIER mit. So sind sie, welche die “Kultur”, die ihr oberflächliches Auge sieht, für wahr halten.

    Kommentar von Campo-News — 27. Januar 2009 @ 08:54

  8. Aus dem Kabarettprogramm „Die unruhige Kugel“ (1962) von Gerhard Bronner – Nächste und letzte Station war Brasilien, das reichste Land der Welt!

    Brasilianer: “Por favor, senor, ein klein milde Gabe für arme Brasilianer.”

    Bronner: “Schnorrer, gibts überall, es ist nicht zum Aushalten. Da hast´ Freund.”

    Brasilianer: ,,Muchos Gracias, muchos Gracias.”

    Bronner: “Wie geht´s Dir eigentlich Brasilianer?”

    Brasilianer: “Oh, särr slecht, särr slecht, Brasilien is ganz armes Land!”

    Bronner: ,,Was? Brasilien ein armes Land? Das hör ich zum ersten Mal! Wieso denn?”

    Brasilianer: “Weil gar nix wachst! Kein Banane, kein Reis, kein Kaffe, kein Zuckerohr, nix wachst!”

    Bronner: “Aber ich hab´doch da mit einem Menschen gesprochen, der hat mir gezeigt, wie fruchtbar seine Felder sind. Der hat Kaffe, Reis, Bohnen, Zuckerrohr gepflanzt und…”

    Brasilianer: “Ja, wenn man pflanzt…”

    Kommentar von Campo-News — 21. Juni 2014 @ 07:52

  9. Und was will und dieser schamlose Touristikwerbeartikel als Kultur verkaufen? - “Es ist die Zeit der letzten Weinlese, der Hunderennen, Erntefeste, Corridas und heiligen Festumzüge. Viele der Dörfer leben von Wein, Oliven- und Sonnenblumenöl, von Mandeln und der Ziegenkäseproduktion. Essen und Trinken genießen einen entsprechenden Stellenwert. Der andalusische Poyoyo gilt als bester Ziegenkäse, den man in Spanien probieren kann.” http://www.spiegel.de/reise/europa/herbst-in-andalusien-spaniens-weissheit-a-1118201.html

    Kommentar von Campo-News — 26. Oktober 2016 @ 06:04

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