Der neue Blog ist unter http://campodecriptanablog.apps-1and1.net erreichbar




5. Juli 2023

Karl-Heinz Fleischhauer ist tot

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 12:11

20230706_083645.jpgmohnesee-014.jpg20230205_175918.jpg20230703_104536.jpg20230703_093025.jpg074.JPG20230609_132009.jpg033.JPGvon Tanja Krienen-Fleischhauer

Mein Mann, den Lesern auch als “der alte weiße Mann”, früher auch als KHF, bekannt, starb am 27.6. 2023 um 22.35 Uhr. Hier verschiedene Beiträge dazu

1 Der Sheriff sagt, daß er`n Schurke sei

Und die Milchfrau sagt: Er geht krumm.

Sie aber sagt: Was ist dabei?

Er ist mein Mann. Und sie war so frei

Und blieb bei ihm. Darum.

Und wenn er hinkt und wenn er spinnt

Und wenn er ihr Schläge gibt:

Es fragt die Hanna Cash, mein Kind

Doch nur: ob sie ihn liebt.

Die Ballade von der Hanna Cash, Bertolt Brecht

Mein geliebter, schwieriger, seit mehr als 25 Jahren mit mir verheirateter Mann, ist tot. Karl-Heinz Fleischhauer, geb. am 24.2. 1950, gestorben am 27.6. 2023 (22.35 Uhr) scheiterte am Angebot des Leben, an den Menschen (auch an der Art seiner Familie) und an seinen Genen, die ihm eine schwierige Gemengelage erbrachten.

In Hemer bei Iserlohn und Hagen geboren, lernte der Lieblingsmensch meines Lebens Elektrotechnik, wurde „Meister“ und qualifizierte sich in Kälteklimatechnik. Frühzeitig begann er mit dem Segelflug, kaufte später einen Katamaran und heiratete schon 1971. 1974 wurde er Vater (vier Enkelkinder folgten). 1985 machte er eine Musikkneipe auf, wurde später Unternehmer im Baunebengewerbe und zuletzt besserte er sich als „Nightauditor“ seine Rente auf.

Ich habe ihn geliebt, manchmal auch verflucht – wie das so ist in Ehen. Die letzten rund drei Jahren waren zuerst verwirrend und schwer, dann die Hölle und zuletzt tieftraurig und ausweglos, eingeschlossen der komplette Verfall seiner Persönlichkeit, denn auf Diabetes und Polyneuropathie folgte die Demenz. Ganz am Ende war es eine Erlösung. Der arme Mann starb vor der Zeit, aber: Trotz alledem ziehe ich das Fazit: Immer wieder! Mach´s gut, mein Heinzilein. Warte auf mich, bis ich komme.

2 I lieg am Ruckn und stier mit zugmachte Augen in die Finsternis.

Es is so eng und so feucht um mi herum

I denk an dich.

I kann′s noch gar net kapier’n
Du liegst heut nacht net neben mir -
Und i frier
Wie lacht der Wind
Wie weant der Regen
I möcht′s so gerne hör’n!
Du kannst dir’s net vorstell′n, des beinharte Schweigen da
Vier Meter unter der Erden.

Die Schuhe auf Hochglanz poliert
Ein′n Scheitel haben s’ mer frisiert.
I frag mi wofür?

Aber vielleicht stehst grad da oben
Mit ein paar Tränen
Und vielleicht sickert eine, a kleine zu mir durch?
A ganz a heisse
Bitte, bitte
Lass eine fall′n
Weil mir is so kalt
Mir is so kalt.
Ludwig Hirsch

Heinz ist nun verschwunden. Auf ewig. Ich weiß nicht, ob ichs pack. Stark soll ich sein, sagen die Leute. Was, wenn ichs nicht bin? Kraft solle ich haben, wünschen sie. Was jedoch, wenn nicht?

Jedenfalls: nun ist die letzte Phase meines Lebens eingeläutet. Die Zielgrade liegt schon hinter mir – Finish – Zielfoto – 4. Platz- Aus.

3 Hier die von allen Trauergästen als sehr positiv beurteilte Trauerrede (in großen Auszüge) der Rednerin Frau Keithahn

„Eines Morgens wachst du nicht mehr auf. Die Vögel singen wie sie gestern sangen.

Nichts ändert diesen neuen Tagesablauf. Nur du bist fortgegangen. Du bist nun frei und unsere Tränen wünschen dir Glück“.

Liebe Trauergäste.

Wir haben uns heute hier versammelt um Abschied zunehmen, Abschied von Karl-Heinz Fleischhauer, der vor einigen Tagen nach schwerer Krankheit im Alter von 73 Jahren für immer von uns gegangen ist. Heinz war ein relativ ruhiger Charakter, großzügig, häuslich und ein guter Koch, der seine Tanja gern mit gutem Essen verwöhnte. Aber es gab auch die andere Seite, Heinz konnte zuweilen sehr schwierig sein und diese Momente nahmen später leider mit fortschreitender Krankheit zu. In jungen Jahren hatte Heinz eine große Leidenschaft für das Segelfliegen, diese begann schon mit dem 16.Lebensjahr und ließ ihn lange nicht los. Weil er offensichtlich das Spiel mit dem Wind liebte, besaß er später einen eigenen Katamaran mit dem er begeistert auf dem Wasser dahinglitt. Er begeisterte sich auch für Autorennen, besonders für die Formel 1 und hatte einen Faible für Fußball. Schalke 04 war sein Verein und er ließ es sich nicht nehmen bei der Eröffnung der Veltins-Arena mit seiner Tanja dabei zu sein. In späten Jahren, war die Kakteenzucht sein Hobby, welches er aus den gemeinsamen Jahren in Spanien mit zurück gebracht hat.
Zuletzt, mit zunehmender Krankheit, ließen jegliche Interessen mehr und mehr nach, bis sie schließlich nicht mehr vorhanden waren, Heinz lebte nur noch in seiner eigenen Welt, die sich für ihn fast ausschließlich, in der Vergangenheit abspielte. Zeitlebens war Heinz kein Familienmensch und auch Freundschaften waren für ihn nicht wichtig. Er hatte seine Tanja und sie bildete seinen Lebensmittelpunkt. So ist es auch zu erklären, das Heinz zu seinem Sohn der 1974 in erster Ehe geboren wurde, im Laufe der Zeit weniger und weniger Kontakt hatte. Im Jahr seiner Scheidung verwirklichte Heinz, der gelernter Elektromeister und Klimatechniker war, sich einen Lebenstraum, indem er in Soest die Musikkneipe „Merlin“, eröffnete und diese ein Jahrzehnt lang betrieb. Wie Heinz war, suchte er danach eine neue Aufgabe. Es zog ihn in eine neue Selbständigkeit als Dach-Beschichter im Bau-Nebengewerbe. Aber auch privat gab es große Veränderungen in seinem Leben. Einen Tag vor seinem 47.Geburtstag lernte er Tanja kennen und sagte: „Morgen habe ich Geburtstag, du kannst ja anrufen und mir gratulieren.“ Tanja nahm ihn beim Wort und das war der Beginn der Beziehung, die später seinen Lebensmittelpunkt bilden sollte.
Im Februar 1998 gab Tanja „Ihrem Heinz, ihrem Lieblingsmenschen“ das „Ja-Wort, woraufhin die Beiden ihre erste gemeinsame Wohnung in Unna bezogen. Tanja übernahm in dieser Zeit die Büroarbeit für Heinz und kümmerte sich auch um alles, was die Personalangelegenheiten der Mitarbeiter betraf. Da Tanja ein eigenes Appartement in Spanien besaß…reifte der Entschluss, doch ganz in Spanien zu leben. So kauften die zwei im Jahr 2002 eine Finca in der Nähe von Alicante, die sie im Jahr 2003 bezogen.

Bei Heinz hatten sich bereits gesundheitliche Beschwerden eingestellt, 2005 folgte der zweite Herzinfarkt. Drei Jahre darauf folgte dann der schwere Entschluss, die Finca zu verkaufen und zurück nach Deutschland zu gehen. Nach der Rückkehr kaufte Tanja ein schönes Haus in ländlicher Natur im Kreis Waldeck in Nordhessen und so verbrachte man die nächsten 5 Jahre in dieser Idylle, aber auch in der damit verbundenen Abgeschiedenheit.

Da Tanja das Stadtleben fehlte und sich Heinz Gesundheitszustand weiter verschlechterte, ging es zurück in die Zivilisation, wo sie ihre Eigentumswohnung in Soest-Hiddingsen, erwarben. In dieser Zeit arbeitete Heinz zunächst als Klimatechniker in Hamm bei Coca-Cola. 3 Jahre später erkrankte er so schwer, dass er im folgenden Jahr in Rente gehen musste. Zwei weitere Jahre konnte Heinz noch eine Nebentätigkeit in einem Hotel, 1-2x die Woche ausüben.

Während der Coronazeit fiel er in ein seelisches Tief, fühlte sich überflüssig und eine innere Leere machte sich in ihm breit, welche zu aufkommendem Desinteresse, und zunehmenden Aggressionen führte. Aus einer ausgeprägten Desorientiertheit wurde mit der Zeit eine schwere Demenz, die mit dem Verfall seiner Persönlichkeit einherging. Es war für Tanja eine unendlich schwere Zeit, selbst mit der Situation überfordert, und zusehen zu müssen, wie Heinz sich mehr und mehr aufgab. Am 27.06. dieses Jahres, verstarb Heinz dann an einer Lungenentzündung. Wenn die Kraft zu leben schwindet, dann ist der Tod eine Erlösung. Ich möchte nun mit einem Zitat schließen.
„Mag die Sonne die letzte Zeit dunkler gewesen sein, der Weg steiniger, mag die Zukunft sich in einem Moment aufgelöst haben. Eines kann mir aber keiner nehmen: Meine Liebe zu dir sie bleibt “.

Bevor wir Heinz gleich zu seiner letzten Ruhestätte begleiten, hören wir Bruce Low mit „Schön hör` ich Engels-Chöre.

(Am Grab)

Wem du etwas schuldig geblieben bist, an Liebe und guten Worten, der verzeihe dir nun. Solltest du jemandem wehgetan haben, möge er dir vergeben. Wer dir etwas schuldig geblieben ist, an guten Worten und Taten, bitte dich nun, in Gedanken um Verzeihung. Wer dir kein liebes Wort mehr sagen konnte, tue es nun für sich, in Stille.

1 Kommentar »

  1. Sorgen

    Dieser Tage vor einem Jahr, starben meine 16jährige Katze Flocke und mein 89jähriger Vater binnen zweier Tage. Mein Vater war der letzte, der sich um mich sorgte, will sagen: sich Sorgen um mich machte in einem tiefen Sinne und sofort ins Weinerliche drehte, wenn irgendetwas bei mir „nicht stimmte“ (wie er sorgenvoll meinte). Das fehlt mir doch sehr. Mein im Juni verstorbener Mann sorgte sich zuletzt nur noch ob Kartoffelpufferteig im Kühlschrank vorhanden war oder ob es eine ganz besondere Sorte Fisch im Kaufland gegeben hatte. Er war schwer krank und konnte nichts zu seiner Ichbezogenheit. Wie schnell aber aus Sorgen und Sorgenmachen ein „Um-Sich-Selbst-Sorgen“ wird, erlebe ich jetzt.

    Erschreckt über mein Abbild, sah ich nun, wie dünn ich wurde, wie schmal im Gesicht, wie gruselig bei falschem Make up (das ich unbedingt ändern muss). Warum leben Alleinstehende weniger lang als Menschen in Beziehungen? Weil sie Lotterhafter leben? Vielleicht auch. Hauptsächlich aber, weil sie niemand wirklich liebt der sagt: „Mir ist aufgefallen, dass du…“ „Geh doch mal..“ „Mach doch mal..“ „Bitte..“

    Oder: als mein Heinzi am 7.11. 14 ins Koma kippte, weil die Polioneuropathie quasi ausbrach (inklusive des „Zuckerschocks“), da überlebte er nur, weil ich „zufällig“ neben ihm auf dem Sofa saß, da ich „zufällig“ mit ihm die verhassten 8-Uhr-Nachrichten sah, in denen „zufällig“ Wolf Biermann die Linkspartei im BT belehrte und ich „zufällig“ Heinz (der auf der Seite lag) ansprach: „Weißt du noch, als wir bei ihm zu Hause in Hamburg waren“, aber meine Frage ohne Antwort blieb. Lebte er allein, wäre er an diesem Abend wohl gestorben, so überlebte er, weil ich aufmerksam war und mich sorgte.

    Ich weiß, dass ich seinen Tod nicht verkrafte. Niemals! Doch sorgt euch nicht, ich schaffe es schon noch ein paar Jahre, biege passabel ausgerüstet auf die Zielgrade des Lebens, doch niemand weiß genau, wie weit man vom Fotofinish entfernt ist. Ich mag nicht mehr so recht und doch muss es weitergehen.

    Dieses Bohren sorgt auch, aber mehr für Zweifel, Ängste und Unsicherheit. Ich tappe müde, angespannt und ziemlich ziellos herum. Ohne Schuld, so spielt halt das Leben. Klar gibt es Vorteile: Eigenständigkeit, Unabhängigkeit, Freiheit. Doch es hat seinen Preis.

    Wie gesagt: macht euch keine Gedanken, wenn ich mich mal eine Woche nicht melde resp. nichts Neues von mir zu lesen ist: ich habe nicht überall Internet und lebe derzeit an verschiedenen Orten. Manchmal pausiere ich auch bewusst, abgesehen davon, dass mein Tempo nachließ und alles so sinnlos ist. ALLES!

    Was ich weiß ist, dass ich demnächst mit der lieben Irene in Dresden ihren 70. Geburtstag feiern werde. Das sind die „Kleinigkeiten“ an denen man sich entlanghangelt. Viele Termine stehen derzeit an: Wohnungsverkauf, Neukauf, Dieses, Das und Jenes – mehrere Abschiede, Ungewisses und Ende des Jahres steht dann der vorläufig-endgültige Umzug, nach 11 ½ Jahren Soest, an. Möge die Unruhe mit mir sein.

    Kommentar von Campo-News — 8. September 2023 @ 15:59

RSS-Feed für Kommentare zu diesem Beitrag. TrackBack-URL

Einen Kommentar hinterlassen

You must be logged in to post a comment.

kostenloser Counter

Weblog counter