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4. Mai 2006

Popetown, Dopetown

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 12:19

War doch ziemlich lustig

von Tanja Krienen


„Wir empfinden vor allem eine Abscheu vor der geringen Moral und Ästhetik.“ Karikatur Manfred Deix

„Das Wort schon »Christentum« ist ein Missverständnis -, im Grunde gab es nur einen Christen, und der starb am Kreuz.” - Friedrich Nietzsche, Der Antichrist, Kapitel 39

“Es steht niemandem frei, Christ zu werden: man wird nicht zum Christentum »bekehrt«, - man muss krank genug dazu sein.” - Friedrich Nietzsche, Der Antichrist

“Nicht ihre Menschenliebe, sondern die Ohnmacht ihrer Menschenliebe hindert die Christen von heute, uns - zu verbrennen.” - Friedrich Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse 104

„Es ist unmenschlich, da zu segnen, wo Einem geflucht wird.“ Friedrich Nietzsche

Vorab: In der letzten Zeit hat der CAMPO ja des Öfteren die Bedrohung der Freiheit durch Zensur thematisiert, aber auch extreme Schmähungen oder schlechte Witze abgelehnt, ebenfalls aber den Zug zum gesellschaftlichen Dirigismus, der den Menschen alles vorschreiben will, benannt und beschrieben. Doch prinzipiell ist in puncto Satire beinahe alles erlaubt – ob es gut ist, wäre dann stets die nächste Frage, deshalb zur Erinnerung:
Das Gespenst der Freiheit
Schützt den Papst
siehe auch Mullah Markus
Bundesrepublik Drillich
Frauen in den Steinbruch

Every Sperm Is Sacred, Monty Python *sing*

Dad: There are Jews in the world, there are Buddhists.
There are Hindus and Mormons and then,
There are those that follow Mohammud, BUT
I’ve never been one of them.

I’m a Roman Catholic,
And have been since before I was born,
And the one thing they say about Catholics
Is they’ll take you as soon as you’re warm.
You don’t have to be a six footer,
You don’t have to have a great brain,
You don’t have to have any clothes on,
You’re a Catholic the moment Dad came.
Because…

Every sperm is sacred,
Every sperm is great,
If a sperm is wasted,
God gets quite irate.
Children: Every sperm is sacred,
Every sperm is great,
If a sperm is wasted,
God gets quite irate.

Child: Let the heathen spill theirs
On the dusty ground,
God shall make them pay for
Each sperm that can’t be found.
Children: Every sperm is wanted,
Every sperm is good,
Every sperm is needed,
In your neighborhood.

Mum: Hindu, Taoist, Mormon,
Spill theirs just anywhere,
But God loves those who treat their
Semen with more care.

Men: Every sperm is sacred,
Every sperm is great,
Women: If a sperm is wasted,
Children: God gets quite irate.
Priest: Every sperm is wanted,
Br. & Gr: Every sperm is good,
Nannies: Every sperm is needed,
Cardinal: In your neighborhood.
Children: Every sperm is useful,
Every sperm is fine,
Funeral: God needs everybody’s,
Mourner1: Mine!
Mourner2: And mine!
Corpse: And mine!

Nun: Let the Pagan spill theirs,
O’er mountain, hill, and plain,
Statues: God shall strike them down for
Each sperm that’s spilt in vain.
Everyone: Every sperm is wanted,
Every sperm is good,
Every sperm is needed,
In your neighborhood.
Every sperm is sacred,
Every sperm is great,
If a sperm is wasted,
God gets quite irate.

Popetown, Dopetown

Nun ist es geschehen: Die harmlosen Pop-Ventilatoren von MTV haben am gestrigen Abend den ersten Part der zehnteiligen Serie „Popetown“ gezeigt – nur der kann also Gegenstand der Kritik sein. Interessant ist aber vor allem das Gewese drum herum. Da empfahlen Konservative die Lizenz für MTV zu überprüfen, da wurde ein Ausstrahlungsverbot der Serie gefordert, da sammelten empörte Katholiken Protest-Unterschriften. Und dies alles geschah auf Verdacht, denn niemand hatte den Comic zuvor gesehen.

Man kann davon ausgehen, dass diese Debatte niemand im Musiksender MTV gewollt hat, zu wenig lässt man erkennen, dass es auch nur einen Verantwortlichen gibt, der die Einmischungen in die Sendefreiheit durch religiös Verzückte mit jenen Worten abweisen würden, die in der nüchternden Tradition der Aufklärung stehen. Man eiert herum, schmust, spült weich und bittet um Toleranz.

Dass Religionen ein Trost für die wahren Zustände des Lebens sind und somit quasi ein Rausch – und Betäubungsmittel für den Weltflüchter, dies weiß die Welt schon so lange es Denker gibt. Neu ist die offen sichtbare Korrespondenz der großen Allianz der Weltreligionen vor der „Frechheit der Nichtgläubigen“, die ja ansonsten stets als dumme Schafe, als zu Bekehrende, als Unfertige, als Sünder usw. beschrieben, und also schon in den „heiligen Schriften“ (meist nichts als zusammengeschusterte Phantasien nachfolgender Sektengänger) herabgewürdigt werden.

Oberstes Ziel, so möchte man uns naseweismachen, sei die Vermeidung der kritischen Weltanalyse, sprich: Jugendliche sollten in ihrem Glauben nicht verunsichert werden! Als wäre es nicht Aufgabe eines säkularen Staates grad dies zu tun, also z.B. die wissenschaftliche Wahrheit zu verbreiten. Verzichten wir zukünftig auf die Abstammungslehre, auf biologische Fakten, auf die Verbreitung physikalischer Gesetze, weil das irgendein schwaches Herz in seinem Glauben, der von religiöser Seite erschreckend oft „Klauben“ ausgesprochen wird, und eine Krise zur „Grise“ wird, wie die Kirche zur Kirsche, weshalb die Kirsche eine kroße Klaubengrise erlebt, erschüttert?!

Der erste Teil von Popetown also war ganz witzig, selbst meine Al Jolson-Neger(kinder), die ich doch gestern hoffend anrief, waren vertreten (toll weit gemalte „Issu gutt, Sir“-Münder und Kulleraugen). Es gab schöne Behindertenwitze und der heuchlerische, geradezu menschenfeindliche Umgang der Kirche mit diesem Thema, wurde in allen Facetten hübsch karikiert. Der Höhepunkt aber war die Ersetzung des Papstes einen jüdischen Entertainer! Selten so gelacht! Klasse! Quasi Mel Brooks als Comicfigur und es hat eigentlich nur der Gerhard Bronner-Joke „Ich war Hitlers Leibrabbiner“ gefehlt! Dass sich im Comic darüber auch ein Vertreter der orthodoxen Juden echauffierte, war ein netter Gag am Rande. Ok, hier und da wurde überspitzt (meist auch abstrakt überzeichnet, sodass eine Identifikation mit den tatsächlichen Päpsten der letzten Zeit überhaupt nicht gegeben ist) und es ist zu befürchten, dass nachfolgende Teile platter werden. Wenn eine Produktion jung und alt gleichermaßen ansprechen will, passiert es nun einmal, dass auch Witze dabei sind, die der 13jährige zum Brüllen komisch findet, was aber gerade den älteren irritiert. Eine Entlarvung religiöser Inhalte und Mythen, wie wir sie z.B. bei Monty Python erlebten, wird wohl nicht stattfinden. Das aber macht die Serie zugleich flacher, wie harmloser. Wenn trotzdem die Wellen so hoch schlagen, zeigt das, wo wir stehen: Islamische Verhältnisse light, noch ohne körperliche Strafen, aber in der Tradition der Inquisition.


Eine gute Alternative der Bestrafung böser Comic-Zeichner
Deix, 1985

In der Kühlschrank-kalten katholischen Kirche

In der Studio-Diskussion bei MTV schaffte es lediglich Smudo von den „Fantastischen Vier“ eine wirklich engagierte Stellungsnahme zu formulieren, wenngleich er sich das direkte Bashing der CSU und seine Kapitalismus feindlichen Äußerungen für seinen 70. Geburtstag hätte aufsparen können. Der Vertreter der Katholischen Jugend gab sich als Großinquisator, der aber nach eigenem Bekunden auch mal gerne lacht (wahrscheinlich über Häschenwitze). Was wir jedoch sahen, war maximal ein gequältes Lächeln. Katholisch dick, warf er meist den Kopf nach hinten, rollte ihn auf den hängenden Schultern hin und her (puh, wäre mir schwindlich, bei so einer angestrengten, anstrengenden Mimik), bewegte die Augen dabei im Dreivierteltakt – kurzum eine Person, von der man den Anschein hat, dass sie für alles offen ist, nur nicht für eine „offene Diskussion“. Als im Publikum das Jungrotbäckchen der FAZ zu schwadronieren begann, sah ich, dass meine Grundfeinde noch immer so aussehen, reden, wahrscheinlich auch riechen wie vor 45 Jahren, als ich ihnen zum ersten Mal bewusst begegnete. Mir fiel auch gleich wieder meine Kindheit ein, z.B. als ich im Alter von 7 Jahren die Kommunions-Zeremonie am „Weißen Sonntag“ im sauerländischen Schmallenberg mit dem Absingen des Liedes „Kalkutta liegt am Ganges“, dadagerecht störte („Kalkutta liegt am Ganges, Paris liegt an der Seine, doch das ich so verliebt bin, das liegt an Madeleine“). Oder wie der dicke, an Epilepsie leidende, kranke Junge, in der Kühlschrank-kalten katholischen Kirche während des Kommunionsunterricht immer beim Wort „Jesus“ schreiend zusammenbrach. Ein Vorgang, den mancher als „religionsfeindlich“ interpretieren könnte, doch: so spielt das wahre Leben.

Kurzum, die im Publikum anwesende „Generation Nulllösung“ der 18 bis 35jährigen (jede Generation bekommt was sie verdient, worum sie kämpft, was sie intellektuell erstreiten kann), Bärtchen geschmückt, der Welt entrückt, langhaarig kuhgesichtig, frühzeitig vergreist, langsam in allem, was man an ihnen beobachten kann, lächelnd noch im Untergang ihrer eigenen folgelosen Erwartungen. Doch was da nachwächst, wird wahrscheinlich noch grauenvoller werden. Warten wir es ab.

Was aber sind überhaupt „religiöse Gefühle“ und wie kann man sie verletzen? Prinzipiell ist eine Verletzung des Ansehens von irgendetwas an das man glaubt (Religion, Kommunismus, Fußballverein) nur dort möglich, wo die Erkenntnis gefürchtet wird, denn fast nie liegt etwas anderes vor, als die Beschreibung des realen Istzustandes mittels Satire oder sogar wissenschaftlicher Aufklärung. Wenn man dann noch die Möglichkeit zum Wegsehen hat, wird die postulierte Empörung zur Heuchelei mit der klaren Tendenz, anderer Menschen den Umgang mit diesen Erscheinungen vorschreiben zu wollen. Der Glaube und die Beschützung vor seiner Überwindung wird zum Menschenrecht erklärt, die Antithetik, der Widerspruch, der überspitzt geschilderte Einspruch jedoch zum Verbrechen. Während Gläubige, die für einen Ungläubigen in beinahe jeder Beziehung als anmaßend empfundenen Äußerungen, Leugnungen und grotesken Behauptungen des Irrationalen als wahr hinnehmen sollen, dürfen die Skeptiker eben jene, manchmal sogar die unmittelbaren aus den absurden Schilderungen selbst folgenden Schlüsse, nicht in Szene setzen, nicht benennen. Der Verstand erreicht die Grenze des Haftbaren. Wir sind beinahe da, wo wir vor Jahrhunderten standen, und: noch längst nicht dort, worauf es hinausläuft. Wir werden uns aber hüten, dem großen opportunistischen Weltgeist zu Pferd nachzuahmen und so zu wüten, wie er es in Rom tat. Jedoch: Weichen wäre weich; sagte doch Nietzsche: werdet hart! Also…

Aber währ’nd wir davon reden, fällt der Papst mir ein,
der ja auch nicht höher steigen kann, als er schon ist.
Aber trotzdem muß er raffen, seine Pfarrer segnen Waffen,
Er hat nichts von seiner Nülle, doch verbietet er die Pille,
und er sagt den Kardinälen: Ich will Seelen, Seelen, Seelen,
und verordnet und verlangt und proklamiert.
Ja, was hat er denn, was hat der Kardinal, der Bischof, Erzbischof
davon? Die sind doch alle arriviert!

Aber sie sind so mies. Ja, sie sind so mies,
sie droh’n uns mit der Hölle und dem Himmel.
Sie segnen uns und sie lächeln süß
und wecken uns am Sonntag mit Gebimmel.
Der Vater soll die Steuer zahl’n. Die Mutter soll zur Beichte gehn.
Die Kinder sind schon stramme Onanisten.
Nur zu Indern und Chinesen sind sie manchmal nett gewesen,
denn man braucht ja schließlich immer neue Christen!

Für uns wärn’s sicher auch kein Verlust,
die Pfarrer und Pastor’n und Ministranten.
Die Römer hab’n schon genau gewusst,
warum sie sie nach Möglichkeit verbrannten.
Mit Franco Konkordate schließen, das können sie.
Wie viel Tyrannen hab’n sie schon gekrönt?!
Sie sind so mies, so beharrlich mies
ach, ich habe mich bis heute
an die grundlos miesen Leute
einfach um’s Verrecken nicht gewöhnt!
Georg Kreisler, Sie sind so mies, 1974

5 Kommentare »

  1. Die Freiheit hat gesiegt gegen die Denkbarbaren von Germania in Nunidien und ihre Komplizen in der Hezbollah aus Bayern: die CSU. Die Kruzifixen sollen jetzt vom Landgericht München abgehängt werden und die Kirche vom Staat getrennt werden. LAIZISMUS JETZT.

    Kommentar von unionsbuerger — 11. Mai 2006 @ 07:49

  2. Islam-Selbstzensur - http://www.perlentaucher.de/blog/359_glauben_und_heucheln.html

    Kommentar von Campo-News — 21. April 2013 @ 18:38

  3. http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/der_papst_klingt_wie_jede_beliebige_attac_ortsgruppe

    Kommentar von Campo-News — 28. Juni 2015 @ 17:08

  4. http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/manfred-deix-gestorben-der-oesterreichische-zeichner-starb-mit-67-jahren-a-1099957.html

    Kommentar von Campo-News — 27. Juni 2016 @ 12:47

  5. http://www.spiegel.de/spiegelgeschichte/mittelalter-welche-fortschritte-die-inquisition-brachte-a-1016503.html

    http://www.jolie.de/stars/smudo-frau-esther-und-kinder?utm_source=paid_outbrain&utm_medium=cpc&utm_campaign=Jolie_1417&utm_content=Smudo%3A+Das+sind+seine+Frau+Esther+und+ihre+gemeinsamen+Kinder&utm_term=FOCUS+Online+-+Politik

    Heute sind die Leute sehr spießig und vorsichtig geworden. Eine Ich-Ich-Ich-Welt. Die Menschen werden immer dünnhäutiger. Das schränkt die Comedy ein. Wenn man einen Witz macht, kann es sein, dass jemand beleidigt ist, obwohl das gar nicht die Absicht war. Sollte man deswegen keine Witze mehr machen dürfen? Ich finde nicht! Comedy ist ein wichtiger Teil des Lebens, einer der gesündesten. https://www.zeit.de/kultur/film/2018-09/terry-gilliam-interview-comedian-satire-politische-korrektheit “sechs weißen Typen aus Oxford oder Cambridge” besteht – so wie einst ihre Kollegen von Monty Python. Sie haben sich darüber ziemlich aufgeregt.

    Gilliam: Als ich auf einer Pressekonferenz danach gefragt wurde, habe ich gesagt, dass ich es leid bin, als weißer Mann für jedes Unrecht dieser Welt verantwortlich gemacht zu werden, dass ich jetzt eine schwarze Lesbe auf dem Weg zu einer Geschlechtsumwandlung wäre und Loretta genannt werden möchte. Das war ein Witz, könnte aber auch wahr sein. Ein Filmfestival in Nordamerika hat sich daraufhin anscheinend entschieden, meinen Film nicht zu zeigen. Mein Ruf nach mehr Vielfalt hatte offenbar jemanden beleidigt.

    https://www.focus.de/wissen/mensch/religion/christentum/terror-statt-naechstenliebe-britische-historikerin-behauptet-die-fruehen-christen-zerstoerten-die-antike_id_10810933.html

    Kommentar von Campo-News — 10. Juli 2017 @ 05:27

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