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26. Juni 2005

Über linke Schüsse, Umfaller und Torquoten

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 15:28

Tanja Krienens „rechte Klebe“ trifft zum vierten Mal

Lothar „Emma“ Emmerichs „linke Klebe“ war berühmt berüchtigt, und obwohl aus dem tiefen Westen von Dortmund-Dorstfeld stammend, konnte er mit links schießen, wie kein anderer, doch seit dem gestrigen Spiel Deutschland gegen Brasilien und der kenntnisreichen Kommentierung Bela Rethys, wissen wir nun, dass dies keine Dortmunder Eigenschaft sein kann: „Bernd Schneider - links angenommen, links geschossen – die alte Ausbildung in der DDR“.

Bela Lugusi, der berühmte Dracula-Darsteller, dem in „Ed Wood“ ein filmisches Denkmal gesetzt wurde mit Johnny Depp und Martin Landau und Bela Kun, der KP-Chef, flohen 1919 vor den Weißgardisten aus Budapest. Weil der letztgenannte Bela wieder zurückkam, musste „unser Bela“ wiederum mit seinen Eltern aus Ungarn fliehen – das nennt man ein Polit-Karussell: es läuft rund und wenn man glaubt weggefahren zu sein, ist man schon wieder da – Ringlspiel nennen´s die Wiener. Lugosi kam nicht zurück.

Laufstärke und Ausdauer ist des deutschen Fußballspielers wichtigstes Gut, oder wie mal einer meiner Trainer beim SSV Hagen, Fritz Langner, zu mir sagte: „Beim nächsten Training strengst du dich mal mehr an.“ - Fritz Langner „Sich anstrengen“, womit Hockengang, Medizinball stemmen und Kopfballpendel-Training gemeint war, aber nicht das „Spiel mit dem Ball“ oder „Dribblings im Free-Style“. Erfreulich, dass trotzdem Spieler aus unserem Kreis ganz weit vorn landeten - Erdal Keser

Auch Robert Huuuuuuuth strengte sich wie immer an, als er zehn Meter lang seinen Gegner so anrempelte, dass der sich irgendwann nicht mehr halten konnte, war es für den Kommentator nur eine „Ungeschicklichkeit“, denn er „ war eigentlich schon abgedrängt“ und kam zu Fall „als alles schon erledigt war“. Er habe das nicht so recht erkennen können, denn das sei „leicht verdeckt“ geschehen (Rethy korrigierte sich dann in der Pause, das Foul wäre doch „ziemlich eindeutig“ gewesen).

So eindeutig, wie Ballacks Schwalbe den zweiten Nonsens-Elfer ergab (nach dem, der den Auftakt zum glücklichen 3:0 gegen Tunesien bildete), doch statt Ballack die von mir prognostizierte gelbe Karte zu geben, zeigte der mehrfach komplett abwesend Schiedsrichter auf den Punkt. Huuuuth hatte zuvor einen Brasilianer so sehr an dem Trikot gezerrt, dass es von Rechts wegen auf der anderen Seite einen Elfmeter hätte geben müssen.

„Die Huth! Huth! Huth!-Rufe tun gut“, meinte Rethy, als das Huuuuuuth-Gegrunze wieder einmal zu hören war. Doch nicht die Grunzer, sondern jemand, der auf das Spielfeld stürmte, solle, wenn es Rethy nach ginge, wegen „Hausfriedensbruch“ angeklagt werden.

Die deutsche Kampfkraft ist immer noch das, was zählt. Da können die Brasilianer nicht mit. Der von Rethy mit 60kg taxierte Robinho ist so einer: „Da braucht man nur einmal kräftig auszuatmen, und das kann der Huth gut, dann fällt er eben um.“ Da untergräbt es die Moral, wenn sich Spieler in rosa Trikots aufwärmen, denn das „sollten sie vielleicht mal überdenken“, meint Rethy, und hier ist im ausnahmsweise mal bedingt zuzustimmen.

Rethy erinnert sich gern an alte Zeiten, gestern konkret daran, dass die derzeitig hohe Torquote an die Jahre des Trainers Otto Nerz heran reicht; an Nerz also, der 1936 wegen Erfolglosigkeit von Sepp Herberger (Der nächste Gegner ist immer der schwerste) abgelöst wurde. Nerz starb übrigens in Sachsenhausen. 1949! Wie das? Als PG wurde er von den Sowjets und ihrer deutschen Hilfstruppen inhaftiert und in dem weiterbetriebenen KZ umgebracht. Ich weiß, wer interessiert sich schon für solche Geschichten? Verzeihung.

Auch wenn Deutschland das Spiel, das eigentlich mit 1:3 hätte enden müssen, verlor, so erfahren wir noch, wie sehr sich der in Brasilien geborene Kuranyi als Kind gewünscht habe ein brasilianischer Nationalspieler zu werden, doch nun sei er immerhin ein deutscher brasilianischer Nationalspieler geworden. Das rührt. Fakten rührend können auch Zeitlupen sein, die besonders deutsche Kommentatoren brauchen, weil sie partout nichts erkennen, wenn das Bild, die Realität, im Normallauf sichtbar ist: „Der Ball wird durch die breite Brust von Huth gestoppt“ – Einblendung in Slow Motion – „äh Freistoß, da das Handspiel wohl absichtlich war.“

Drei Mannschaften sind jetzt noch im Turnier! Wie schrieb ich vor Wochenfrist:

Die brasilianischen Sambatänzer, sowie die argentinischen Tangokönige und Steak-Esser, werden wohl den Titel unter sich ausmachen, wenn ihnen nicht die mexicanischen Mariachi-Adepten einen Strich durch die Rechnung machen (was wohl nicht sehr wahrscheinlich ist).
Sing:

Mexico Mexico Ra Ra Ra!

Yo soy mexicano

Me gusta el sombrero hechado de lado
pistola que tenga cacha de venado
humar en hojida, tabaco picado
Jugar a los gallos, sentirme afamado
Pero más me gusta ser enamorado.

Yo soy mexicano muy atravesado.

Jorge Negrete, siehe auch Jorge Negrete

5 Kommentare »

  1. Es bleibt noch zu vermelden, dass mein „Heimatclub“ Hercules Alicante, am Wochenende wieder in die 2. Liga aufstieg. Er blieb in der Aufstiegsrunde mit 3 Siegen und einem Unentschieden, bei einem Torverhältnis von 6:2 unbesiegt. Hercules ist ein sehr traditionsreicher Verein, der 36 Jahre in der 2. Liga und insgesamt 19 Jahre in der ersten Liga spielte. Infos:

    1. Liga Statistik

    Historie links im Menü anklicken

    Kommentar von Campo-News — 27. Juni 2005 @ 07:36

  2. Wie müßte die deutsche Mannschaft eigentlich spielen, damit dir was Positives zu ihr einfällt?

    Kommentar von Anonymous — 27. Juni 2005 @ 12:24

  3. Hm, ich kommentiere doch wirklich nur, was grotesk ist und jedem auffallen sollte - ich bin nicht für die Zustände verantwortlich. An welcher Stelle kritisiere ich tendenziell?

    Nun, es gab eine Zeit, da spielten die Deutschen recht gut:

    Sepp Maier schlägt ab, der Ball kommt zu Overath, der passt zurück zu Beckenbauer; Beckenbauer mit einem langen Ball auf Held, Held umdribbelt einen, dann noch einen und passt in die Mitte zu Netzer - Netzer schießt, der Torwart wehrt ab, aber Gerd Müller kommt an den Ball: Toooooor! Tor für Deutschland!

    TK

    Kommentar von Campo-News — 27. Juni 2005 @ 12:31

  4. Hehe, Anonymous,

    selbst Tanjas Verweise auf Handydealer Beckenbauer und Fondsmanager und Ex-Disco-King Netzer entlocken mir nur ein müdes Arschrunzeln…
    Du fragst, wann eine gute Kritik zu deutschem Spiel fällig ist? Ich sag’s dir:

    Wenn sie in irgendeiner Qualifikationsrunde schon rausfliegen!

    Zum Troste für Tanja: Held bleibt Held!

    Kommentar von hegelxx — 28. Juni 2005 @ 11:04

  5. Ich habe so etwas nicht einmal in 42 Jahren (seit der WM 66) bewussten Fußballguckens erlebt, aber das Bela Rethy bei mir schon lange weltberühmt ist, schrieb ich ja nicht zuletzt im vorliegenden Text.

    Wo ist eigentlich Huth?

    Kommentar von Campo-News — 26. Juni 2008 @ 15:57

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