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7. Juli 2009

Wilhelm II

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 09:25

wilhelm-2.jpg

“Ich ertrinke”, waren die letzten überlieferten Worte von Kaiser Wilhelm auf dem Sterbebett. Das arme Kind Wilhelm mit seinem ersten Boot (Foto)

“Tagesschau“, „Heute“: Angela Merkel überreicht vier Soldaten, die sich in Afghanistan in einer außergewöhnlichen Situation selbstlos verhielten und Menschen retteten, eine Tapferkeitsmedaille/Schnitt/Adolf Hitler zeichnet Soldaten des 2. Weltkrieges mit Tapferkeitsmedaillen aus/Schnitt/Kaiser Wilhelm II wird eingeblendet und mit ihm Eiserne Kreuze u.ä./Schnitt/Ströbele empört sich wegen der „ersten Verleihung von Tapferkeitsmedaillen nach dem 2. Weltkrieg“.

 

Was hat das mit Wilhelm II zu tun? Erleben wir bald eine “Kritik des Brotbackens”, weil Brot sicher schon unter Pontius Pilatus gebacken wurde!? Einiges, wie wir oben sehen, denn Wilhelm Zwo steht für die angebliche „Kontinuität der Deutschen, die bis nach Auschwitz führt“. Dass tatsächlich seine Person für eine unzulängliche Einschätzung der deutschen Monarchie steht, wird erst auf den zweiten Blick deutlich.

 

Dazu vergleiche mal einmal die jüngste SPIEGEL-DVD über Wilhelm II, die in weiten Teilen ein schwarz/weiß Gemälde bleibt, in der sich Deutschland seine Alleinschuld des Ersten Weltkrieges - mit Wilhelm II an der Spitze – redlich verdiente. Nur selten blitzt durch, dass dies die persönlichen Lebensumstände, die Reformationen und Demokratisierungen innerhalb Deutschlands in der „Wilhelminischen Zeit“ und die veränderten Bedingungen mit Beginn des Krieges, überhaupt nicht hergeben.

 

Ganz anders die 100 Minuten Dokumentation „Majestät brauchen Sonne“, die laufende Bilder von Wilhelm II vom Jahr 1901 (Beerdigung der englischen Königen Victoria) an enthält. Formal ausgesprochen links produziert (von Peter Schamoni, Sprecher Mario Adorf und Otto Sander) und zu Beginn auch bemüht ironisch, wird der Film schon bald zu einer unverzichtbaren Dokumentation über den letzten Hohenzollern auf dem deutschen Thron. Dabei zeigt sich mehr und mehr der Mensch Wilhelm hinter der Fassade, der ein oft unglückliches Leben mit Depressionen führte, den Krieg nicht wollte und schon gar nicht irgendetwas während seines Verlaufes zu sagen hatte.

 

Dramatisch beginnt das Leben des kleinen Wilhelms. Er stirbt fast bei der Geburt und muss mit einer starken Behinderung zurechtkommen. Sein verkürzter und fast nutzloser Arm hat nicht nur die barsche Zurückweisung der Mutter zur Folge, die sich beschämend negativ über ihn äußert, sondern ist der Anlass für mancherlei Leiden durch die ihm zugeteilte Erziehung. Er soll schließlich Deutschland beherrschen. Dazu muss er seine Behinderung weitestgehend verbergen und überwinden lernen. Immerhin: durch diese teilweise brutalen Disziplinierungen wird er letztlich eine stattliche Erscheinung, die auch hoch zu Ross eine gute Figur macht.

 

Kinderbilder, Fotos des Jugendlichen Wilhelm und zuletzt des gereiften jungen Mannes, zeigen die Entwicklung eines interessierten Monarchen, der ein „Volkskaiser“ sein wollte und dieses Bild auch lange Zeit bei den Bürgern aufrechterhalten konnte. Im „Dreikaiserjahr“ 1888 kommt er an die Macht, überwirft sich schon bald mit Bismarck, der für ihn ein Vertreter der alten Zeit ist und so modernisiert er das Land, gefällt sich selbst im inszenierten Pomp, aber zeigt großes Interesse für die Vorgänge im Reich, aber auch in Europa, was ihm den Spottnamen „Der Reisekaiser“ einbringt.

 

Hervorstechend ist seine Verbundenheit mit Britannien. Er ist schließlich der Enkel der legendären Victoria und seine Verbindungen ins englische Königshaus sind mannigfaltig. So wird er sich auch bis auf eine Ausnahme (1916), gegen den Einsatz der Kriegsmarine gegen England aussprechen (besonders gegen die Beschießung von zivilen Schiffen, auch als diese ab und zu zum Waffentransport genutzt werden).

 

Deutlich wird, dass er den Krieg nicht wollte. Zum Zeitpunkt der Verschärfung der Sarajewo-Krise weilte er in seinem obligatorischen  Norwegen-Urlaub. Selbst die Spiegel-Dokumentation kann nicht umhin, jene historischen Zeitzeugen zu zitieren, die Wilhelm II als sichtlich betroffen und depressiv in diesen Tagen schildern. Bekannt ist nur die „Kriegsrhetorik“, zu der als er erster Mann des Staates auch verpflichtet war. Das Bild eines kriegsbegeisterten, gefühlskalten Herrschers, kann an keiner Stelle aufrechterhalten werden. Zudem hatte ihm die Oberste Heeresleitung längst die Zügel aus der Hand genommen – er wurde nicht einmal über die Wahrheit des Kriegsverlaufes unterrichtet, nicht zuletzt auf Grund seiner starken Depressionen. Diese kompensiert er mit Sprüchen, die man durchaus in der britischen Tradition sehen kann und z.B. an den heutigen Prinz Philipp erinnern (oder Bernie Ecclestone).

 

Es sei auch noch einmal ein Fakt hervorgehoben, der beim SPIEGEL nicht vorkommt und den man auch in der Schule selten hört, der aber in der Schamoni-Dokumentation des „ersten Medienstars in Deutschland“ erwähnt wird, nämlich, dass zur Zeit der Kapitulation, resp. der Revolution in Deutschland, kein einziger Soldat der gegnerischen Parteien im Reich stand!

 

Der Kaiser dankte ab und lebte bis zu seinem Tode im Jahre 1941 in den Niederlanden, unweit der Grenze (ca. 70 km von Kleve entfernt). Filmaufnahmen zeigen ihn als ergrauten, August Bebel sehr ähnlich sehenden, deutlich gealterten, aber körperlich in guter Verfassung befindlichen Herrn, der sich hauptsächlich durch Holzhacken fit hält.

 

Tatsächlich hat dann der „Versailler-Vertrag“, der in grober und einseitiger Verkürzung der tatsächlichen Ereignisse Deutschland die Alleinschuld für den 1. Weltkrieg verordnete, den Weg für den 2. Weltkrieg geebnet. So wird der Schuh daraus, den man der Kanzlerin anziehen will, der aber nicht passt, weil er die Größe von Herrn Ströbele hat.

 

Tipp: DVD Majestät brauchen Sonne

 https://www.youtube.com/watch?v=wYuXQo_MlSQ

 

9 Kommentare »

  1. Sehr schön und sehr wahr. ;-)

    Kommentar von Nothingman — 8. Juli 2009 @ 15:47

  2. “Welt”: “Auf die Charakterskizze, die der Vorsitzende der Preußischen Historischen Kommission, Frank-Lothar Kroll, formuliert hat, könnten sich wohl auch die ärgsten Kritiker des Kaisers einigen: „Ausgestattet mit rascher Auffassungsgabe und einem überdurchschnittlich guten Gedächtnis, vermochte Wilhelm II. durch Schwung, Elan und Spontaneität im Auftreten für sich einzunehmen. Im persönlichen Umgang bewies er Charme und Liebenswürdigkeit, überzeugte mit seinem Rednertalent und beeindruckte durch Wissensdurst, Begeisterungsfähigkeit und weit gespannte Interessen. Solchen Vorzügen standen indes bedenkliche Defizite gegenüber. Sprunghaftigkeit, Unausgeglichenheit und Konzentrationsschwäche wurden von der engeren Umgebung schon früh als Charaktermängel des Kaisers registriert, und bald gerieten nervöse Betriebsamkeit, übersteigerter Geltungsdrang, Mangel an Takt, Augenmaß und Gelassenheit auch in der breiten Öffentlichkeit zu typischen Merkmalen ,wilhelminischen’ Stils.“

    Berthold Seewald: Noch einmal: Wilhelm war hellsichtig genug, nach der entgegenkommenden serbischen Antwort auf das österreichische Ultimatum am 28. Juli 1914 zu erkennen: „Das ist mehr, als man erwarten konnte! Ein großer moralischer Erfolg für Wien; aber damit fällt jeder Kriegsgrund fort.“

    Tilman Krause:” Seine “Weltmachtpolitik” trug schon Züge dessen, was wir heute als “Globalisierung” propagieren. Seine Kontaktfreudigkeit, die vor Standesgrenzen nicht haltmachte, galt seinem altpreußischen Umfeld als gefährlich fortschrittlich und ganz unmöglich. Seine Aufgeschlossenheit für alles Neue, gerade auf dem Gebiet der Technik und Wissenschaft, wirkte, verglichen mit der Attitüde anderer deutscher Fürsten zu der Zeit, geradezu revolutionär. Und er verfügte über Charisma. Am Ende seines langen Lebens schreibt Hans Blüher: “Wenn mich aber jemand fragen würde, wer von den Sterblichen auf mich den tiefsten Eindruck gemacht hat, so würde ich ohne Zögern sagen: Wilhelm von Hohenzollern.” Vielleicht ist es gerade das, was man ihm so übel genommen hat, dass er, kein ausgeklügelt Buch, sondern ein Mensch in seinem Widerspruch, die Deutschen emotional an sich gebunden hat wie niemand nach ihm (obwohl es der kellergesichtige Österreicher auf seine schauerliche Weise auch probiert hat). Insofern darf man dem anonymen Nachruf aus der “Frankfurter Zeitung” wohl zustimmen, der da resümierte, mit Wilhelms Thronverzicht 1918 “zerbrach etwas in Deutschland, das nicht wieder zu bauen ist”. Bis heute nicht.

    Martin Kohlrausch (Hrsg.): Samt und Stahl. Kaiser Wilhelm II . im Urteil seiner Zeitgenossen . Landt, Berlin. 465 S., 39,90 Euro.

    Kommentar von Campo-News — 12. Juli 2009 @ 10:59

  3. Eine empfehlenswerte Seite

    Kommentar von Campo-News — 14. Juli 2009 @ 07:38

  4. […] Wilhelm II, sein Leben Wilhelm […]

    Pingback von Fakten-Fiktionen » Blog Archive » Adel schützt vor Torheit nicht — 31. März 2011 @ 19:47

  5. Hier kann man den Film anschauen -
    http://www.youtube.com/watch?v=CEetEyoAVus

    Kommentar von Campo-News — 25. Mai 2011 @ 17:42

  6. Peter Schamoni ist tot -
    http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,768422,00.html

    Kommentar von Campo-News — 14. Juni 2011 @ 17:09

  7. http://www.spiegel.de/einestages/halbmondlager-die-erste-deutsche-moschee-in-wuensdorf-a-1043358.html

    Kommentar von Campo-News — 16. Juli 2015 @ 06:04

  8. http://www.spiegel.de/fotostrecke/britischer-prinz-philips-staerkste-sprueche-fotostrecke-75475.html

    https://www.youtube.com/watch?v=wYuXQo_MlSQ

    https://www.youtube.com/watch?v=VHXzVBt9Lrg

    Kommentar von Campo-News — 4. Mai 2017 @ 11:49

  9. https://www.focus.de/politik/deutschland/analyse-von-ulrich-reitz-nein-liebe-gruene-diesen-kulturkampf-habt-ihr-entfacht_id_196841683.html

    Kommentar von Campo-News — 19. Juni 2023 @ 17:21

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