Der neue Blog ist unter http://campodecriptanablog.apps-1and1.net erreichbar




1. Oktober 2007

Get back

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 16:58

Von Tanja Krienen

Aus der Heimat trieb mich das Fernweh
Und da draußen fand ich das Heimweh
Ja die Sehnsucht ist mir geblieben
O mama mia heut kann ich dich verstehn

Buena notte, Rocco Granata

Tief in meinem wunden Herzen,
Brennt ein unsagbarer Schmerz.
Schlimmer noch als andere Schmerzen,
Und mir ist als wollt mein Herz
Mir vor Sehnsucht fast zerspringen,
Vor der Sehnsucht nach daheim.
Keinem Menschen kann’s gelingen,
Mich von dem Schmerz zu befrei’n

Heimweh, das ist’s, was ich leide,
Heimweh nach dem Vaterland.
Und dann wenn ich erst mal wieder,
Mit der Liebsten Hand in Hand
Durch die deutschen Wälder schreite,
Deutschlands stolze Berge seh.
Deutsche Worte mich begleiten,
Ist zu Ende dieses Weh.

Jahre sind bereits verflossen,
Seit zuletzt ich Deutschland sah.
Dennoch will ich gläubig hoffen,
Denn der Tag, er ist schon nah.
Daß das Vaterland mich wieder,
Holt in seinen Schoß zurück.
Dann erst ist mein Schmerz
Beendet, und mein Herz ist voller Glück.

Heimweh, unbekannt

Es sind die alten Weisen,
die neu in uns erstehn,
und die im Wind, dem leisen,
von fern herüber wehn.
Wenn sich die Wipfel neigen,
allabendlich im Wind,
dann gehn durch unser Schweigen,
sie, die gefallen sind.

Es sind die alten Lieder,
die singen neu aus mir,
und wie vorzeiten wieder,
am Abend singen wir.
Es ist in uns ein Raunen
und wird zum großen Chor,
und zu den Sternen staunen,
staunen wir empor!

Johannes R. Becher

 

Naja, es ist jetzt nur eine FOCUS-Zuschrift, aber ich habe ja Teilbereiche vom Gesamtthema schon in der Deutschen Rundschau (Kanada), der CB14 (Spanien) und der „Neuen Rheinischen Zeitung“ (Köln) veröffentlicht, seinerzeit als „Auswandern aus weiblicher Sicht“ und die Ergänzung - Wirtshausmusikanten


Den ganzen Text stellte ich hier im Blog im März vor und so soll es denn aus aktuellem Anlass – der ja auch allgemein weiter besteht – noch einmal geschehen. Auch, weil in den stark verkürzten Bemerkungen Platz für Interpretationen sind, die gar nicht im Text stehen.

focus-auswandern.jpg

Auswandern ?! -

Bemerkungen gegen den Zeitgeist

Auswandern hat durchaus Tradition. Derzeit ist sie so groß in Mode wie schon lange nicht mehr. Seit dem 2. Weltkrieg verließen noch nie so viele Menschen Deutschland: 2005 waren es etwa 150 000 Personen, meldet das Statistische Bundesamt in Wiesbaden. Nicht eingerechnet jene, die sich nicht offiziell verabschieden, sodass die berufsmäßigen Zähler eine Dunkelziffer von zusätzlichen 90 000 Menschen annehmen. Doch die „Mode“ entstammt meist nicht der Freiwilligkeit. Sie resultiert aus subjektiv empfundenen, mangelnden Karrierechancen in Deutschland, Perspektivlosigkeit, Reglementierungsüberdruss und hier und da auch aus Abenteuerlust.

 

Dabei ist es doch eigentlich ein schönes Land das sie verlassen wollen, mittelmäßig groß und mittelmäßig warm, und es liegt sogar mitten in Europa. Es ist aber auch ein Land, dessen Angehörige, gefragt nach ihrer Herkunft, sich nicht selten schämen, wenn sie seinen Namen in anderen Ländern nennen, in denen sie gerade verweilen; auch singt man seine Erkennungsmelodie nicht gern oder versucht sogar seine Verwandtschaft gänzlich zu verleugnen.

 

Manch einer, der es in diesem Land aushalten muss, hält es kaum aus. Er bezahlt an der Zapfsäule die Rente der alten, mit der Steuer die Verwahrstätten für die jungen - und auf das alles jetzt noch den abermals erhöhten Mehrwert! Wer aber einen Doktor braucht, zahlt Eintritt; wer mit ihm sprach, zahlt einen Satz, wer sein Medikament kaufen möchte, zahlt eine weitere Gebühr. Wer Dosen kauft, muss sie zurücktragen; wer Strom will, zahlt immer mehr, wer es warm haben möchte, überlegt es sich zwei Mal und wer keine Arbeit hat, bekommt auch oftmals keine. Frust entsteht. Mancher will da raus.

 

Geschlechtspezifische Unterschiede

 

Mehrere neudeutsch „Doku-Serien“ genannt, zeigen dem Fernsehzuschauer aktuell auswanderungswillige Deutsche, begleiten dabei die Kandidaten in den Wochen vor ihrer Ausreise und in den ersten Monaten im neuen Land ihrer Wahl. Fast immer fallen ähnliche Sätze wie: „Allein schafft man es nicht. Da müssen alle Mitglieder der Familie mitziehen.“ Aber ist das nicht bereits eine Grundlage, die weit über das Normalmaß hinausgeht? Impliziert nicht eine derartige Bemerkung reale Ängste, das Wissen um ein mögliches Vabanquespiel, sowie ein bewusst in Kauf genommenes Risiko mit „Open end“?

 

Immer sind es Männer, die solche - sachlich durchaus richtigen - Vorgaben äußern. Man muss keine Feministin sein, um zu bemerken, dass sich die geschlechterspezifische Wahrnehmung der neuen Situation nach einer Auswanderung sehr unterschiedlich darstellt - und auch objektiv ist. Wieso das?

 

Nun, der Mann, so ist bei genauer Beobachtung immer festzustellen, beginnt sofort mit dem „Jagen und Sammeln“, während die Frauen noch beim „Auspacken, Einordnen und Repräsentieren“ sind. Diese Übereinstimmungen und Parallelen im Verhalten der Neuankömmlinge verblüffen. Konkret meint dies, dass Männer sehr schnell mit der neuen Umgebung vertraut werden und aktiv nach außen wirken, zumal sie es ja auch sind, die meist für den Broterwerb sorgen. Aber nicht nur deshalb. Sie finden sich in der Regel schneller im Alltag zurecht, orientieren sich örtlich rascher, sind mobiler, passen sich problemloser an.

 

Frauen sind sensibler, nachdenklicher, ängstlicher. An jedem ausgepackten Stück klebt für sie eine Erinnerung wie ein schöner Ton aus der alten Welt, von dem man zunächst nicht weiß, ob er hier schwingen wird. Die Schritte nach vorn sind kleiner, die Blicke skeptischer, komplizierter. Für sie spielt das „drinnen“ eine wichtigere Rolle als „draußen“. Bei ihm ist das umgekehrt. Dieser Fakt zieht sich durch sämtliche weibliche Sichtweisen, die oft, und stärker als bei den Männern, Gefühlsweisen sind.

 

Die Verhältnisse in Europa sind nicht kompatibel

 

Noch immer hat Europa keine bindenden Regeln. Debatten um eine EU-Verfassung, die Ablehnung der in Aussicht gestellten Reglementierungen in Frankreich und Holland, sowie die Aktivitäten reiner Anti-EU-Parteien wie z.B. in Dänemark, zeigen, dass es ein großes Potenzial von unzufriedenen Menschen gibt. Doch sind es allesamt „EU-Gegner“? Wohl kaum, ebenso wenig, wie jeder Wähler der prinzipiell für die EU-Idee einstehenden Parteien, für die Zustände im Detail, manchmal auch ganz allgemein, eintritt. Fragt man konkret nach, ist es wohl vor allem die Art der Umsetzung die den Menschen unangenehm aufstößt. Sie fühlen sich von einer übergeordneten Institution überrollt und übergangen. Nicht ganz zu Unrecht, wenn man bedenkt, dass die meisten Staaten ihre Bürger gar nicht abstimmen lassen und die Parlamentsdiskussionen darüber in der Regel im Verborgenen stattfinden. Und wer kennt schon den Text der ausgearbeiteten Verfassung? Nun soll bis zu den nächsten Europawahlen im Jahre 2009 ein neuer Vertragstext vorgelegt werden. Warten wir es also ab.

 

Europa ist kein „Tabula rasa“ – es gibt hier auch traditionell kein klassisches Einwanderungsland in dem eine bunt zusammen gewürfelte Bevölkerung die Verhältnisse komplett neu sortieren kann. Die gewachsenen Nationalstaaten ächzen außerdem mitunter schwer bei der Umsetzung der EU-Richtlinien, die zudem nicht gerade selten der berühmt berüchtigten EU-Bürokratie entstammen. Wer also meint, die Versprechungen der Politiker, es gäbe EIN Europa mit freier Wohnortwahl, gleichen Bedingungen und denselben Rechten, der stolpert über seine Irrtümer mitunter schneller als ihm lieb ist. Fatal dabei, dass diese Umstände meist erst dann konkret erfahrbar sind, wenn die erlebbaren Schritte in der ausgewählten neuen Heimat begangen werden. Plötzlich erweist sich die Bürokratie des einst als paradiesisch empfundenen Landes vertrackter als die alte, die sprachlichen Hürden gewaltiger denn kalkuliert und die Mentalität der neuen Landsleute unerwartet weniger bekannt, als man es in seligen Urlauber-Zeiten empfand. Spätestens nach der „Feuertaufe“, dem Hauskauf, weiß der Neubürger, welche Fallen vielfältigster Art auf ihn lauern. Und so geht es nicht selten weiter. Man melde nur einmal als Ausländer seine Kinder z. B. in einer spanischen Schule an…

 

Es gibt unzählige Reiseführer und Bücher, die dem Suchenden das Leben in angeblich gastfreundlichen Ländern schmackhaft machen wollen. Auch die jeweilige Presse vor Ort funktioniert meist nach den Regeln der Tourismus - und Maklerindustrie. Kritik hat Seltenheitswert. Missstandsbeschreibungen stellen meist nur das Ventil zur Dampfablassung dar. Dabei könnte man eine Bücherreihe heraus gegeben, in der die unzähligen negativen Seiten des Lebens in anderen Ländern beschrieben werden. Nur kurz seien hier die wichtigsten Auffälligkeiten angerissen.

 

So brachte der FOCUS jüngst einen Artikel über einen Deutschen, der wegen eines geringfügigen Vergehens – das er zudem heftig bestritt – zwei Tage in einem polnischen Gefängnis unter schlimmen Bedingungen zubringen musste, ehe man ihn großzügig entließ. Ähnliches hört man auch aus Spanien. Den bekanntesten Fall verkörperte dort im Jahre 2005 die österreichische Moderatorin Arabella Kiesbauer, die nur eingekerkert ward, weil ein Beamter der paramilitärischen Polizei-Garde der „Guardia civil“ sich nicht angemessen behandelt fühlte. So wurde die dunkelhäutige Frau ins Gefängnis geworfen, wo sie nur durch die Intervention eines österreichischen Diplomaten relativ zügig heraus kam. Immer wieder kommt es zu solchen Fällen, da man Personen keinen deutsch sprechenden Anwalt, keine ärztliche Hilfe, kein Telefonanruf zugebilligt, obwohl dies ein verbrieftes Recht ist. Bis zu 72 Stunden halten die Behörden Bürger oft unter menschenunwürdigen Bedingungen schon bei geringfügigen Vergehen – oder was sie dafür halten – in Gewahrsam. Wer sich danach mit einem Anwalt verteidigen will, stellt fest, dass dies so leicht gar nicht ist. In Spanien z.B. darf selbst ein Anwalt nicht die Akte der Staatsanwaltschaft einsehen, dies ist nur einem zwischengeschalteten „Prokurador“ gestattet. Den wiederum muss sich der Geschädigte selbst besorgen – und dies alles in einem weitgehend fremden Land, mit nur geringen Kenntnisse der Sprache und den Besonderheiten der Justiz. Was da drohen kann, wenn sich der „Europäisches Haftbefehl“ durchsetzt und einer Brechung sämtlicher bisher gültigen nationalen Rechtsprinzipien gleichkäme, wäre die Grundlage für einen echten „Thriller“. Wer schon einmal ein „Knöllchen“ aus dem Ausland erhielt, bekam einen Vorgeschmack auf das potenzielle menschliche Desaster. Und wer schon einmal versuchte bei den Behörden der EU Hilfe in einem Rechtsverfahren zu erreichen, der weiß, was buchstäbliche Hilflosigkeit bedeutet.

 

„Der größte Feind des deutschen Residenten, ist der deutsche Resident.“

 

Ach ja: die Sprache. Wer meint, er wäre in Spanien auf der sicheren Seite, wenn er sich um das Erlernen der Landesprache bemüht, wird sich kräftig wundern, sind doch die Regionalisten allerorten im Vormarsch. Man definiert sich über seine „regionale Kultur“, zwingt sie nicht selten sogar anderen Landsleuten auf. Das spanische Sprachenproblem ist gewaltiger als man denkt, zerbröselt und zerfranst doch das Land jetzt bereits an allen Ecken und Enden. Wenn aber selbst Versammlungen, die zur internationalen „Agenda“ gehören, von herrschenden Regionalisten in ihrem unverständlichen Idiom abgehalten werden, um die Teilnahme für ausländische Bürger und Residenten fast unmöglich zu machen, ist der Toleranzpunkt zulässiger Eigenarten erreicht, resp. überschritten.

 

Wer im Ausland wohnt, stellt fest, dass die kulturellen Differenzen größer sind als gedacht. „Fiestas“ mögen farbenfroh wirken, doch ein tieferes Verständnis dafür ist nicht immer leicht nachzuvollziehen. Wer feiert schon gern wochenlang im spanischen Hinterland mit, wenn in großen Volksfesten die Vertreibung der Moslems (Mauren) durch die „Reconquista“ mittels nachgestellter Schlachten in Szene gesetzt oder Puppen mit menschlichem Antlitz während der „Fallas“ verbrannt werden?

 

Von einer Teilnahme am normalen öffentlichen Leben ist allerdings bei vielen Deutschen im Ausland nicht die Rede. Das Auswanderungsmilieu bildet nicht unbedingt den bürgerlichen Querschnitt der Gesamtbevölkerung ab und die Absichten sind nicht immer lauter: „Der größte Feind des deutschen Residenten, ist der deutsche Resident“, heißt ein geflügeltes Wort mit allzu wahrem Hintergrund.

 

Der Schatten von „Florida-Rolf“, Günter Grass´ Rausschmiss und Frau Schmidts Direktive

 

Wichtig ist für den Status eines Deutschen im europäischen Ausland, ob er dort angemeldet ist, denn, wohnt er länger als 183 Tage dort, ist die Anmeldung als „Resident“ zwingend von Rechts wegen geboten. Noch immer wird von Menschen, die z.B. dauerhaft in Spanien leben wollen, dafür ein Fingerabdruck verlangt. Zumindest für die steuerliche Einordnung ist damit ein zwangsbeglückender Vorteil verbunden, obwohl der europäische Gerichtshof schon mehrfach Spanien wegen mancherlei diesbezüglicher Eigentümlichkeiten abmahnte. Voraussetzung zur offiziellen Anmeldung ist ein kompliziertes Procedere, wobei der Europäer besonders abseits der Metropolen, in einer langen Schlange mit Südamerikanern, Schwarzafrikanern und Schweizern sein Anliegen vortragen darf. Die Rechtsauffassung bezüglich des Europäischen Führerscheins war lange Zeit von ähnlicher eigentümlicher und verfassungswidriger Interpretation gekennzeichnet und es brauchte lange, ehe sich der internationale Standard durchsetze, der auch heute noch nicht jeden Streifenpolizisten erreichte. Das gilt ebenso für gebrauchte Autos, die noch immer offiziell als „importiert“ gelten und für deren Schätzungswert Steuern bezahlt werden muss.

 

Nehmen wir ferner, aber eigentlich sehr nahe liegend, die Krankenversicherung. Wer nicht in Spanien dauerhaft lebt und mit seiner deutschen Krankenversicherungskarte abrechnen möchte, muss nicht selten um viele Posten kämpfen. Die deutschen Krankenkassen bezahlen längst nicht alle Leistungen, die ihre Mitglieder im Ausland in Anspruch nahmen. Bis jetzt wird die Pflegeversicherung zum Beispiel nicht gewährt. Pflegebedürftige Menschen, obwohl sie ihren Lebensmittelpunkt dort haben, müssen sehen, wie sie klar kommen – oder zurückkehren. Erst jetzt wird eine Neuregelung in Aussicht gestellt, die für langjährige Residenten mit ausschließlichem Wohnsitz in Spanien gelten kann – natürlich nach spanischem Leistungskatalog. Ähnliche Nachteile haben deutsche Rentner, die dort ausschließlich gemeldet sind: Sie müssen nämlich ihre Rente in Spanien versteuern! Bei hohen Renten erfolgt gar eine allgemein als rechtswidrig anerkannte Doppelbesteuerung!

 

Einen Rechtsanspruch auf Sozialhilfe gibt es für deutsche Staatsbürger in Spanien nicht. Einst zahlte Deutschland jenen, die in Schwierigkeiten geraten waren, eine entsprechende Hilfe ins Ausland. Dies wurde in Gedenken an die Nazi-Zeit gemacht, da man nie wieder Deutsche im Ausland ohne Hilfe allein lassen wollte. Seit dem Fall von „Florida-Rolf“ ist das anders. Binnen kürzester Zeit wurde nach einer populistischen Thematisierung der BILD-Zeitung, die den Fall eines möglicherweise sich Leitungen erschleichenden Deutschen in den USA zum Anlass für eine Kampagne gegen „Schmarotzer“ nahm, das besagte Gesetz gekippt. Eine Diskussion über tatsächlich in Not geratene Landsleute, und wie ihnen zu helfen sei, konnte seitdem nicht stattfinden. Man stelle sich vor, jemand hat über Jahrzehnte seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt in einem anderen europäischen Land und für eine gewisse Zeit, wie jeder andere Bürger auch, Probleme irgendwelcher Art. Vor Ort hat er nur geringe Chancen. Will er nicht extrem darben und mittelfristig verhungern, muss er das Land verlassen. Ulla Schmidt, regelmäßige Urlauberin an der Costa Blanca, sagte in einem Interview mit den dort ansässigen Medien während des Wahlkampfes 2005, dann müsse halt der Notleidende zurückkommen, diese Möglichkeit habe er ja. Hilfe könne er aus Deutschland aber nicht erwarten.

 

Und die Hilfe in Spanien? Einen Rechtsanspruch darauf gibt es nicht, lediglich eine Chance für Personen, die dort in einem offiziellen Arbeitsverhältnis standen, und zuvor Arbeitslosengeld bezogen (das nur kurz gezahlt wird). Die Zahlungen sind dann aber sehr niedrig. Ca. 10 000 Deutsche in Spanien erhalten durch die dortigen sozialen Organisationen leidlich Zuwendungen. Aber selbst Spanier bekommen nur zusätzliche Hilfen, wenn sie Einkünfte von weniger als 2250 Euro pro Jahr (!) haben. Das ist die zwingende Logik in einem Staat, in dem die durchschnittliche Rente bei unter 600 Euro liegt, der Lohn für Hilfsarbeiter sechs Euro beträgt, aber die Lebenshaltungskosten längst „deutsches Niveau“ erreichten, und das Immobilienpreis-Niveau deutlich darüber angesiedelt ist. In keinem Land Europas haben die Bewohner höhere Immobilien-Schulden (700 Milliarden Euro) als in Spanien.

 

Wohlgemerkt, wir reden die ganze Zeit meist von Deutschen im europäischen Ausland, nicht von Landsleuten, die den Sprung nach Südamerika oder Schwarz-Afrika wagten. Europa also scheint ein Konstrukt auf ökonomischer, nicht aber auf sozialer oder gesellschaftlicher, letztlich also auch nicht auf kultureller Basis zu sein. Wer schon einmal in den aus dem Boden gestampften industriellen Retorten-Vororten Südfrankreichs, des Nachts beinahe ohne Benzin und mit viel Bargeld, nicht aber mit den passenden Bank-Karten in der Tasche, vor Tankanlagen ohne Bedienung, ohne Menschen, stand - und das im Umkreis von 50Km - der weiß, was gemeint ist.

 

Wie es jemandem ergehen kann, der über Jahrzehnte stets längere Abschnitte des Jahres im Ausland lebte, hat vor wenigen Wochen Günter Grass erfahren. Nicht nur, dass man ihm in Dänemark den Kauf eines Hauses verweigerte (der Erwerb ist für einen Nicht-Dänen noch immer so gut wie unmöglich), nun soll sogar sein bis 2016 bestehender Mietvertrag gekündigt werden, weil derartige lange Verträge für Nicht-Einheimische nach Auffassung der dänischen Rechten nicht statthaft sein sollen. Europäische Realität im Jahr 2007!

 

Fazit: Ausprobieren, überlegen, entscheiden

 

Wie schon eingangs erwähnt, reagieren Frauen und Männer häufig sehr unterschiedlich. Spricht man die aktuellen Erfahrungen während der Auswanderung an, bejahen Männer das neue Leben meist kurz und knapp. Frauen schweigen. Zunächst. Verzögert beginnen sie zu reden, relativieren hier, beschreiben Missstände da. Nun schweigen die Männer - oder übergehen Einsprüche mit „Jaja, aber…“

 

Männer, die ihre Auswanderung bereuten, oder zurückgingen, weil sie es aus eigenem Antrieb wollten, sind äußerst selten. Hauptsächlich allein stehende Frauen – oft auch nach dem Tod des Gatten – drehen um, gehen dorthin, woher sie kamen. Viele Ausharrende äußerten die Vorstellung es ihnen irgendwann gleichzutun.

 

Zu raten wäre, vorher bedingungslos zu prüfen, inwieweit die Zustände im ausgewählten Land rechtlich akzeptable und menschlich lebbar sind. Ein Kompromiss wäre ja – analog zur garstigen Wortschöpfung „Lebensabschnittspartner“ – ein zeitlich begrenzter Aufenthalt, ein nicht endgültiger, sondern revidierbarer Schritt. Für jeden gelten andere Kriterien zur Entscheidung.

Nicht wenige Menschen haben ein paar Jahre benötigt, um zu bemerken, dass Deutschland doch ein schönes Land ist, in dem sich zu leben lohnt, und das weit weniger Nachteile aufweist, als so manches, das schillernden Lock-Farben ausbreitet, um uns doch das Alltagsgesicht vorzuenthalten.

 

12 Kommentare »

  1. Obwohl sich Wolfgang Ebel und Erik im ursprünglichen Thema äußerten, möchte ich hier antworten.

    Die EU gibt inzwischen in der Tat im Regelfall den gesetzlichen Rahmen vor, nach dem sich die einzelnen Nationalstaaten zu richten haben. Nicht selten bekommen die Menschen dies gar nicht richtig mit, da in den Parlamenten ihrer Ländern gar nicht im Vorfeld dieser EU-Entscheidungen diskutiert wird.

    Der besagte Rahmen schafft manchmal durchaus Positives, manchmal aber auch sehr Dubioses. Auch wenn der Fall Marco, um einmal dieses Beispiel zu nehmen, in einem Land passierte, mit dem nur eine “Privilegierte Partnerschaft” besteht oder angestrebt werden soll, so könnte dies selbstverständlich auch in Rumänien, Bulgarien oder Polen geschehen. Die Gesetze wurden vereinheitlicht (es gibt hier und da noch Besonderheiten), aber wie die Justiz dann konkret arbeitet - darauf kann im Grunde keiner Einfluss nehmen.

    Fakt ist jedenfalls, dass die offiziell postulierte Gleichheit der Lebensbedingungen in Europa in Wirklichkeit nicht existiert. Vielmehr gibt es reichlich Differenzen, die oft auch schwere Konsequenzen rechtlicher Art auf die bisherige Existenz haben. Man ist defacto nicht wirklich Bürger des neuen Staates - und des alten auch nicht mehr.

    Kommentar von Tanja Krienen — 2. Oktober 2007 @ 08:40

  2. Jetzt neulich sagten Sie erst “Scheiss Land” und meinten damit Deutschland. Gefällt es Ihnen nun doch nicht mehr / wieder in Nordhessen?

    Kommentar von Komisch — 6. Oktober 2007 @ 02:57

  3. In der nördlichsten Spitze gar, ist Hessen recht westfälisch und also ist es halbwegs auszuhalten, auch wenn die Menschen noch nicht ganz perfekt sind, z. B. anders sprechen. Aber mein Kraftausdruck hätte auch “Scheiß-Welt” lauten können. Es passt mir nirgendwo so ganz.

    Oder, um mit Kreisler zu singen:

    Doch plötzlich wußt ich, wo ich hingehör.
    Ich nahm das nächste Schiff zum Mittelmeer
    und fuhr in großer Eile, sehr fidel,
    in meine wahre Heimat Israel.
    Doch das war leider überhaupt nicht schlau.
    Hier gibt mir niemand ein’ Kredit.
    Und was versteh denn ich vom Ackerbau?
    Und alle reden nur Ivrith.

    Ich fühl mich nicht zu Hause, zu Hause, zu Hause.
    Ich spür’s in allen Poren,
    auch wenn ich hier zu Hause bin,
    ich fühl mich nicht zu Hause, zu Hause, zu Hause,
    ich hab hier nichts verloren
    und wo soll ich denn hin?

    So kam ich voller Unglück und voll Glück
    in mein geliebtes Städtel hier zurück.
    Der Umgang ist mit mir zwar sehr verpönt,
    man hat sich an mein Wegsein schon gewöhnt.
    Jetzt heißt es: Tiefgeduckt und Mißgetraut!
    Und wer nicht mitmacht, der macht mit.
    Jetzt wird ich von der Seite angeschaut
    und krieg symbolisch einen Tritt.

    Jetzt fühl ich mich zu Hause, zu Hause, zu Hause.
    Im Ausland nur zu sitzen
    war auf die Dauer ungesund,
    denn hier bin ich zu Hause, zu Hause, zu Hause.
    Hier kann man mich benützen
    und hier geh ich zu Grund.

    Kommentar von Campo-News — 6. Oktober 2007 @ 09:03

  4. Hallo Tanja,

    Da Nordhessen östlich von Ost-Westfalen liegt, dürfte es vlt. Teil der untergegangenen Ostfalen sein.

    Erik

    Kommentar von Erik — 6. Oktober 2007 @ 22:32

  5. Hallo Erik!

    Nordhessen liegt süd-südöstlich von Ost-Westfalen. Der südlichste Teil des Teuteburgerwaldes stößt nahe Warburg an die hessische Grenze. Darüber hinaus, was kaum jemand weiß, erstreckt sich das Sauerland bis über die hessische Grenze! Genau dort, wo man jüngst die drei Bombenbastler erwischte, nämlich in Medebach, endet der westfälische Teil des Sauerlandes und beginnt das hessische “Upland”. Der “Skiweltcuport Willingen” liegt bereits auf hessischer Seite und gehört sowohl zum Upland, als auch zum Sauerland. Dieser Teil Hessens ist Bestandteil des größten Landkreises, welcher seit den 70er Jahren Waldeck-Frankenberg heißt. Ich wohne dort im südlicheren Teil, also doch eine ordentliche Strecke von Willigen entfernt.

    Naja, alles was ich schreibe stelle ich nicht hier ein, jedenfalls dann nicht, wenn es sich nicht um ein bundespolitisches Thema handelt oder überregionale Bedeutung besitzt. Deshalb einmal dies aus den Mühen der Ebenen, die auch in Höhenlagen angesiedelt sei können. (Einer der journalistischen Tiefpunkte nach meiner Rückkehr, es sollte aber zwischenzeitlich noch schlimmer kommen. Hab das nur damals aus dem Internet ausgedruckt) -

    willigen.jpg

    Kommentar von Campo-News — 7. Oktober 2007 @ 08:35

  6. Ferdinand Freiligrath

    Die Auswanderer

    O sprecht! warum zogt ihr von dannen?
    Das Neckartal hat Wein und Korn;
    Der Schwarzwald steht voll finstrer Tannen,
    Im Spessart klingt des Älplers Horn.

    Wie wird es in den fremden Wäldern
    Euch nach der Heimatberge Grün,
    Nach Deutschlands gelben Weizenfeldern,
    Nach seinen Rebenhügeln ziehn!

    Kommentar von Campo-News — 27. Mai 2012 @ 18:44

  7. Nationalstaaten waren ein guter Kompromiss zwischen den Stämmen und Regionen und ein Gegenprojekt zum Absolutismus. Darum war der Nationalstaat ein links-liberales Projekt. Den 1. Weltkrieg führten Generäle und Parlamente, nicht die Regenten.

    Josef Goehlen Auch meine Meinung!
    Gefällt mir · Antworten · 3 Std.
    Tanja Krienen
    Tanja Krienen Warum?
    Gefällt mir · Antworten · 16 Min
    Josef Goehlen
    Josef Goehlen Ich glaube einfach nicht, dass diese Partei auf der jetzigen Höhe stehen bleibt. An ein deutsch- nationales Denken, wie jetzt manche Politiker die generelle Stimmung in Deutschland beschwören wollen, glaube ich ebenso wenig. Ich glaube auch, dass Einiges sich in Bonn grundlegend ändern muss, hoffentlich wird. Und im Ãœbrigen liegt in meiner Zustimmung zu diesem Kommentar etwas, was man dem Wunsch zurechnen muss. Und im Ãœbrigen auch: “Sie zerstreiten sich immer über die Frage, wer Führer sein darf. Dass deutsche Rechtsextreme mit einem unlösbaren Führerproblem geschlagen sind, scheint mir ein Indiz für die Existenz eines Gottes zu sein, der Humor hat.” (Martenstein).
    Gefällt mir · Antworten · 5 Min
    Tanja Krienen
    Tanja Krienen Nationalstaaten waren ein guter Kompromiss zwischen den Stämmen und Regionen und ein Gegenprojekt zum Absolutismus. Darum war der Nationalstaat ein links-liberales Projekt. Ich halte mich wegen vieler Prinzipien noch immer für eine Kosmopolitin, aber gerade DARUM bin ich gegen die Wiederkehr des Mittelalters, gegen eine Religiösisierung und für moderne, nicht postmoderne, Auffassung. Derzeit aber greift man frontal, unterirdisch und unfair die bestehenden und die sich durchaus bewährten Nationalstaaten an. Wer diese ablehnt, weil er international denken möchte, hat ein exklusives Problem

    Kommentar von Campo-News — 26. Juni 2016 @ 12:39

  8. Ein Blick auf die Altersverteilung in den beiden Lagern zeigt: Besonders viele junge Leute haben für den Verbleib gestimmt -besonders viele Alte für den Austritt. Deshalb ist nun die Rede davon, dass die Alten die Jungen um ihre Zukunft betrogen haben.

    Doch damit macht es sich die junge Generation zu einfach. Das zeigt ein Blick auf die Wahlbeteiligung. Die lag insgesamt bei 72 Prozent. In der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen gingen aber nur 36 Prozent zur Wahl, in der Gruppe der 25- bis 34-Jährigen 58 Prozent. Dann steigt die Beteiligung sprunghaft an: Die Wähler zwischen 35 und 44 Jahren liegen mit 72 Prozent genau im Durchschnitt. Mit jeder Alterstufe steigt die Wahlbeteiligung: Von den Über-65-Jährigen gingen sogar 83 Prozent zur Wahl. http://www.focus.de/politik/videos/neue-statistik-zum-eu-referendum-daten-beweisen-in-wahrheit-sind-die-jungen-briten-fuer-den-brexit-verantwortlich_id_5671066.html

    Kommentar von Campo-News — 26. Juni 2016 @ 18:57

  9. Zu Erwin Huber - Tanja Krienen Oje, Herr Gschaftlhuber! Die Jugend ist halt so blöd, dass sie nicht weiß, warum sie wählen soll. Gottlob! Welche Tugenden sehen Sie denn bei diesen Produkten Alt68er Eerziehung ausgereift? Nun gut, wenn man sich ihre Stimmabgaben für die Finanzierung Griechenlands ansieht, ihr Ok für das Brechen von Versprechen, ihr Schweigen zu den Rechtsbrüchen durch das linke Pro-Asylmilieu usw.. ja, dann ergibt ihre Desinformation Sinn.

    Kommentar von Campo-News — 26. Juni 2016 @ 19:25

  10. Deutsche Heimat sei gepriesen

    Worte: Johannes R. Becher
    Weise: Hanns Eisler
    1. Strophe:

    Deutsche Heimat sei gepriesen: du, im Leuchten ferner Höhn, in der Sanftmut deiner Wiesen, deutsches Land, wie bist du schön! Das Gewitter ist verzogen und verraucht der letzte Brand. Weltenweiter Himmelsbogen wölbt sich strahlend über dich, unser Heimatland.

    2. Strophe:

    Seht, des Volkes eigne Werke künden weithin deinen Ruhm! Volk, erkenne deine Stärke! Schütz der Heimat Heiligtum! An den heimatlichen Festen seien ehrend sie genannt, sie, die dienten dir zum besten! Sei gesegnet! Friede sei! Freies Heimatland.

    3. Strophe:

    Deutsche Heimat, lass dich preisen, du, die uns zu hoffen heißt! Jugend singt dir neue Weisen und es weht ein neuer Geist, Dir, dir gilt all unser Mühen! Du ziehst mit uns Hand in Hand. Du, gedeihe! Du sollst blühen! Unser Glück ist Glück mit dir, deutsches Heimatland.

    Kommentar von Campo-News — 10. Juli 2016 @ 13:17

  11. Heimat, deine Lieder

    Heimat, deine Lieder
    Summen mir im Ohr
    Daß ich singe wieder
    Mit in deinem Chor

    Heimat, deine Sterne
    Leuchten licht und weit
    Hohe Himmelferne
    Gib uns dein Geleit

    Heimat, deine Wälder
    Füllen meinen Traum
    Bergsee, Stoppelfelder
    Mühlbach, Tannenbaum

    Heimat, deine Nähe
    Ahn´ ich jede Stund´
    Wo ich weil´ und wandle
    Auf dem Erdenrund!

    Heimat, all dein Ringen
    Altes Leid versöhnt
    Wenn aus deinem Singen
    Friedengruß ertönt

    Johannes R. Becher

    Kommentar von Campo-News — 10. Juli 2016 @ 13:27

  12. Lächerlich wirkt der Gebrauch des Adjektivs „weltoffen“, bei dem nie ganz klar ist, welche belastbaren Einsichten, Kenntnisse und Kompetenzen es bezeichnet. Seine Benutzer wollen signalisieren, daß sie den inneren Provinzmuffel überwunden haben und über den nationalen Tellerrand hinausblicken. In Wahrheit sind die Propagandisten der Weltoffenheit https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2017/das-gesetz-des-dschungels/

    Kommentar von Campo-News — 16. März 2017 @ 07:42

RSS-Feed für Kommentare zu diesem Beitrag. TrackBack-URL

Einen Kommentar hinterlassen

You must be logged in to post a comment.

kostenloser Counter

Weblog counter