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18. Juni 2006

Fragen Sie Frau Krienen: Was hat es eigentlich mit den Rauchern auf sich?

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 11:06

Sprechstunde Nr. 14

TK: Ach, Dr. Deisler, lange nicht gesehen. Wo haben Sie gesteckt?

Dr. Deisler: Ich war zur Kur.

TK: Soso. Davon wusste ich ja gar nichts. Eines Tages waren Sie ganz plötzlich weg und….naja, vermisst habe ich Sie…zuerst nicht…dann schon…etwas. Was haben Sie denn kuriert?

Dr. Deisler: Es hat wieder einmal die Bandscheibe zu sehr gezwickt.

TK: Hm, was Sie nicht alles so haben in ihren jungen Jahren, mein Bester. Sie sollten sich mehr bewegen! Und abnehmen! Und jetzt ist alles OK?

Dr. Deisler: Ach, ich habe mich so gar nicht erholt. Die ganzen uneinsichtigen Menschen dort haben immer und überall geraucht. Es war katastrophal. Meine Bandscheibe ist wieder in Ordnung, aber dafür habe ich wieder mein altes Asthma.

TK: Das ist tragisch, Sie Ärmster. So jung, so krank, so fusselbärtig – ich möchte nicht in ihrer Haut stecken.

Dr. Deisler: Erwähnen Sie meine Haut nicht. Aber haben Sie schon den SPIEGEL gesehen?

TK: Jaja, konsequenterweise sollte man das immer dünner werdende Blatt „Tarzan und Tartüff“ nennen. Egal. Doch sagen Sie: Haben wir auch einen Patienten heute? Gewöhnlich bringen Sie mir doch ein Subjekt, und nicht seine Lieblingszeitung, mit.

Dr. Deisler: In der Tat! Ich habe einen der garstigsten Raucher aus der Kur überredet zu ihnen zu kommen, damit Sie ihn kurieren.

TK: Da sehe ich kaum eine Chance, aber: Her mit dem Süchtigen!

Dr. Deisler: Hier ist er!

TK: Ach du meine Güte! Schluss mit dem Rauchen! Los!

(Subjekt nimmt die Zigaretten aus dem Mund).

TK: Na also, ein erster Erfolg.

Subjekt: Man sagte mir, Sie seien eine scharfe Antiraucherin. Sind Sie wirklich so intolerant?

TK: Das ist ein Gerücht. Mir ist es komplett egal ob jemand raucht. Jeder kann PRIVAT machen was er will – nur im Regelfall nicht in meiner Gegenwart. Auch habe ich nichts gegen Zigarettenwerbung, schließlich wird ja für alles möglich, sogar für Kondomgebrauch, Rosenstolz oder Xavier Naidoo Werbung gemacht. Auch sollte von mir aus in einer Reihe von Lokalitäten weiter geraucht werden dürfen, doch z.B. in Restaurants – weil es unfassbar ist während des Essens Rauch einatmen zu müssen – bedarf es eines Rauch-Verbotes. Ebenso möchte ich nicht auf öffentlichen Plätzen mit Rauch konfrontiert werden – ich zünde ja auch nicht mitten vor dem Brandenburger Tor einen Scheiterhaufen an, selbst wenn ich bessere Gründe hätte als den, welchen jene Raucher meist haben.

Subjekt: Darf ich ihnen vorsingen?

TK: Bitte, wenn es dir Spaß macht.

Subjekt: Es ist ein Lied von Reinhard Mey, „Mein Canape“.

TK: Oh nein, soviel Zeit ist jetzt nicht. Äh…gut, aber bitte bitte nur eine Strophe.

Subjekt:
„Ein Pfeifchen Knaster ist mein Leben,
denn dieser himmelsblaue Rauch kann meiner Seele Labsal geben
bei jedem heißen Sommertag;
ich rauche, wo ich geh und steh,
auch liegend auf dem Canape.“

TK: Schön, aber weißt du was Reinhard Mey live dazu zum Besten gab? Er sagte: „Wobei mir aber meine ersten beiden Canapes abgebrannt sind. Ich habe jetzt ein Drittes auf einem Trödelmarkt gefunden.“ Toll nicht? Von mir aus kann der Künstler damit kokettieren – im realen Leben sieht das übel aus.

Subjekt: Insgesamt haben Sie ja doch eine halbwegs liberale Einstellung.

TK: Klar doch, ich bin die Liberalität in Person, die nach mir benannt, einst als „Krienismus“ in die Geschichte eingehen wird (TK gluckst). Doch möchte ich auch Raucher nicht jammern hören. Auch man der „Aufklärung“ sollte man nicht permanent hausieren gehen. Irgendwelche Tafeln auf denen Kurven nach unten und oben zeigen, erreichen ohnehin nicht das Hirn der Nikotiner. Von mir können sie auch auf eigene Kosten Selbsthilfegruppe gründen – solange das Jammern über eigenes Versagen nicht staatlicherseits finanziert wird wie mit „AIDS-Hilfen“ oder „Drogen-Beratung“, die jeweils zu Brut – und Ventilationsstätten neuer Süchtlinge werden.

Subjekt: Harte Worte! Sie scheinen mir doch sehr sehr böse zu sein.

TK: Wie willst du das beurteilen, wo doch die geringe Blutzufuhr in deinem Hirn über Jahren hinweg den Schaden herstellte, der jetzt offenbar wird?! So. Hier hast du ein paar Texte, lies sie, nimm sie und gehe deiner Wege. Und was man mit bösen Buben, die nicht hören wollen, kannst du am Ende sehen. Adios!

Armut

Es klingelte. Seine tiefgelben Finger drückten schnell den kleingerauchten Stummel nur so weit aus, wie es nötig schien, eine Rauchfahne zu erschaffen, welche aber imstande war, einen Lagerfeuerplatz zu imaginieren, der so roch, als seien ein paar nasse Zweige auf den Haufen geworfen, um, statt zu brennen, langsam verkohlen zu können, jedoch so - für einen weiteren kleinen Moment - den schönen, brandigen Geruch herzustellen, den zu inhallieren für ihn die größte Freude ist. „Hab ja kein Geld mehr, muss das jetzt immer ganz zu Ende rauchen. Ist auch sehr ungesund dadurch.“

Es klingelte noch mal. „Das Taxi!“, rief er zu seiner Freundin: „Komm, Schlampe!“. Beide stürzten die Treppe hinunter. „Wer weiß, wie lange wir uns das noch leisten können? Die machen mit uns ja was sie wollen.“

Feinstaub

„Rettet unsere Städte“, schrie sie den schnell vorübereilenden Passanten schrill in die Ohren, „Auschwitz ist überall. Rettet unsere Städte!“ Ihre Stimme war hörbar heiser.

„Hast du mal ´ne Zigarette?“ fragte die langhaarige Kreatur unbestimmten Geschlechtes drei Meter neben ihr. „Mit oder ohne?“, es grinste. „Ey, bist du beknackt, jetzt is´es doch noch viel zu früh dafür. Gib schon!“ Die Kreatur kramte in der Tasche und fingerte nach und nach eine ölige Fahrradkette, einen Dildo und ein Päckchen Tabak heraus. Ein Exemplar einer halb zerknüllten „Junge Welt“-Ausgabe folgte zuletzt. Es drehte seiner Mitstreiterin eine Zigarette und gab sie ihr.

„Feuer?“, fragte sie. Sie steckten die Köpfe zusammen, der Rauch, der vertraute, stieg auf. Das „Ey-du-fühlst-du-es-auch-so-wie-ich-du-Gefühl?!“ verband ihre Lungen, ihre Herzen, ihr Hirn. Sie rieben sich aneinander und den Rauch ins Ohr, in die Poren. Sie waren eins. So wie damals, als alles begann. Samstagnachmittagsdemo-Sonnen-Wonne. Mädchenzimmer, Peace-Poster, Grönemeyer-Platte, Mutter wartete mit dem Essen. Reagan, der böse Sheriff, räumte ihre Ideale hinweg.

„Auschwitz ist überall. Rettet unsere Städte“, noch einmal schrie sie es so laut sie vermochte. Die Kreatur packte alles wieder in die Tasche, auch den toten Vogel, den es am Bordstein fand und den es, so hatte es sich überlegt, zu Hause solange streicheln wollte, bis es sicher sei, dass er, der Vogel, wirklich nicht mehr lebe.

„Hab´ kein Bock mehr.“, sagte sie nach einer Weile. Is´ irgendwo nix los. Ich hau ab.“

„Ich komm´ mit“, sagte die Kreatur. Sie packten die übrig gebliebenen Flugblätter und gingen. An der nächsten Straßenecke standen drei Personen vor einem Info-Stand „Für das werdende Leben. Stoppt die Abtreibung!“

„Kuck da – Faschos“, raunte die Kreatur. „Faschos raus!“ schrie sie die verängstigt schauenden Menschen an, „Alles Fascho-Dreck!“ Die Kreatur nickte heftig. Sie gingen weiter.

„Soll ich dich mitnehmen?“, fragte sie. „Oh ja, das wär´ Klasse. Hast du immer noch deine geile Kiste?“ „Claro“, sagte sie, müsste eigentlich längst zum TÜV, aber dat Ding hat keine Chance mehr.“ Sie standen nun vor einem alten bunten Volkswagen, Marke Käfer. „Nix wie rein“, sagte sie, „und das ordentlich Gas gegeben, weißte, lange kann ich das hier nicht machen, dann kommen die Bullenschweine.“

Sie ratterten ab.

„Ich sehe was, was du nicht siehst“, lachte der kleine Junge mit dem Burger in der Hand, und versprach einem Mädchen ohne Gummireifen spontan, nie mehr Grönemeyer zu hören.

Die ökologische Konsequenz
3 SAT, 4. Juli 2002

Die ökologische Konsequenz trägt eine weiße Jeans und einen lilafarbenen Sweater zu den offenen Sandalen. Sie, die Schweizerin, fuhr als Ökoaktivistin nach Transsylvanien, um dort einen Freizeitpark zum Thema DRACULA zu verhindern. Die Umwelt, so sagt sie den armen, rings um sie stehenden und staunenden rumänischen Bürgern, die doch so viel Hoffnung in das wirtschaftlich interessante Projekt legten, sei in Gefahr. Sie redet sich heiß und vergisst dabei beinahe, die kalte Asche der Zigarette in Ihrer Hand, auf die saubere karpatische Erde abzuschlagen.

Macht

„Ich stelle fest“, meinte die junge Frau, zog dabei den Rauch durch die Nase, puffte ihn langsam wieder aus, nestelte an den langen Spangen, mit denen sie ihrem zopfigen Dutt auf dem Kopf befestigte und sprach dann gepresst unter den Tisch: „Wir können das Problem hier nicht klären. Ich stelle einen Antrag auf Beendigung der Debatte.“ – und dabei meinte sie doch nur: „Ich kann mich inhaltlich nicht durchsetzen, habe schlechte Argumente, aber Hunger, Durst, keine Zigaretten mehr, telefonieren müsste ich auch mal und weiß Gott keinerlei Ahnung wovon die hier eigentlich reden; aber Macht, ja die Macht habe ich – schließlich gibt es sie nicht umsonst: Die Quote!“



Wilhelm Busch, Max und Moritz, Buch und Zeit

3 Kommentare »

  1. Hallo Tanja,

    Bin ich als Raucher für Rauchverbote in öffentlichen Räumen, Eisenbahnen und so weiter?

    Ja definitiv?

    Bin ich für Nikotintests, wie es in den puritanischen USA jetzt immer mehr Firmen durchsetzen wollen?

    Definitiv nein?

    Erik

    Kommentar von Erik — 21. Juni 2006 @ 21:09

  2. Hallo Erik!

    Ich bin noch nicht eimal dagegen, dass es in Eisenbahnen Raucherabteile gibt - sie müssten nur am Ende des Zuges eingerichtet sein, damit man nicht, z.B. wegen eines Toilettenganges, durch sie hin durch gehen muss. Ähnlich sollte sich mit anderen Rauchereinrichtungen verhalten.

    Der Puritanismus (der etwas ganz anderes ist als asketisch zu leben), ist tatsächlich eine Pest und weitgehend lebensfeindlich, zumal, wenn er religiös daher kommt. Von dieser Art einer autoritären Gesellschaft wäre es nicht weit zu einer, die man leichtfertig “Faschismus” nennt, obwohl man eigentlich den Typus national und sozialistischer Volksgemeinschaft meint, wobei sich diese auch weniger sozialistisch, aber immer national, bzw. regional versippt präsentiert.

    Was einer zu Hause macht, ist völlig egal - Test sind deshalb vehement abzulehnen. Es wäre mir selbst als Fußballtrainerin egal, ob ein Spieler raucht oder trinkt - “wichtich is auffem Platz”. Wenn da die Leistung stimmt ist es ok - meist wird sie dann jedoch nicht so gut sein, erst recht nicht Heute, wo man eine gute Konstitution, wie auch Kondition, benötigt…

    TK

    Kommentar von Campo-News — 22. Juni 2006 @ 08:26

  3. Eine schöne Sicht der Dinge die du da an den Tag legst. Ich selbst zähle zum Lager der Süchtigen und bin daher über Rauchverbote wenig erfreut, allerdings ist es klar und nur all zu verständlich das Nichtraucher das Recht auf eine Rauchfreie Umgebung haben.

    Allerdings kann ich dem Scheiterhaufenbeispiel an öffentlichen Orten nicht ganz zustimmen. Sicherlich muss ich mich nicht im engen Gedränge mit Glimmstängel durch die Massen drücken. Überhaupt ist das Rauchen beim Laufen oder anderen Betätigung reichlich blödsinnig, wenn ich aber im Park fern von spielenden Kindern und anderen Nichtrauchern ein Zigarette paffe wirds doch wohl niemanden stören.

    Kommentar von vince — 28. Juni 2006 @ 10:13

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