Der neue Blog ist unter http://campodecriptanablog.apps-1and1.net erreichbar




20. März 2005

Terrorzellen überall in Europa

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 05:35

Interview mit Claude Moniquet, Leiter des European Strategic Intelligence and Security Center

Artikel aus der Tageszeitung Le Parisien – 11. März

Liegt ein Jahr nach den Attentaten von Madrid die Gefahr von Terroranschlägen hinter uns?
Claude Moniquet. Ganz im Gegenteil, sie liegt genau vor uns. Wir haben es hier mit einem Einschätzungsfehler der tatsächlichen Bedeutung der Attentate vom 11. März 2004 zu tun: Viele haben geglaubt, dass Spanien Opfer der Attentate wurde, weil das Land Truppen im Irak stationiert hatte. Die allgemein anerkannte Meinung lautet: Je weiter man von den Amerikanern Position bezieht, desto “unantastbarer” ist man. Diese Vorstellung ist falsch. Die Attentate von Madrid wurden bereits 2000-2001 vorbereitet, lange vor der Offensive der USA und ihrer Alliierten im Irak. Spanien wurde aus Fragen des Prinzips zur Zielscheibe: Spanien ist ein westliches Land, mit dem die Anhänger des Islams noch alte Rechnungen zu begleichen haben. Im ersten Bekennervideo der Attentate wird auf die Reconquista (Anm. des Herausgebers: VIII. – XV. Jhd., Zurückeroberung der unter maurischer Herrschaft stehenden iberischen Halbinsel durch die Christen) angespielt. Diese Art Argument kann auf das gesamte Alte Europa angewandt werden.

Ist Frankreich eine Art unantastbares “Heiligtum”?
Nein. Die Islamisten sagen, dass sie das Gefühl der Demütigung aller Muslime in der Welt verkörpern. Das laizistische Frankreich kann aus mehreren Gründen ins Schussfeld geraten. Aufgrund seiner Positionen in Algerien, dem Gesetz, das das Tragen von Kopftüchern in der Schule verbietet oder aus Solidarität mit den verhafteten Islamisten, die in Frankreich im Rahmen der Aufspürung “irakischer Organisationen” aufgegriffen wurden, die im Schatten der Moschee im 19. Arrondissement von Paris ihren Treffpunkt gewählt hatten. Bis jetzt wurde noch kein Land aus diesem Grund zur Zielscheibe, da die Verhaftungen von Gotteskämpfern in gezielt ausgesuchten Kerngruppen stattfanden. Es handelte sich um Männer um die 30 Jahre, die sich “im Krieg” befanden und wussten, dass das Gefängnis zu den möglichen Risiken bei einer Ergreifung gehörte. Heute handelt es sich allerdings um sehr junge Männer, die aus dem gleichen Stadtteil stammen, gemeinsam Fußball gespielt haben und die durch ein stärkeres Gefühl der Solidarität miteinander verbunden sind.

Gibt es andere Gründe, warum Frankreich an besonders exponierter Stelle stehen könnte?
Frankreich ist zwar nicht im Irak vertreten, hat aber militärisch gesehen Truppen in Afghanistan und Bosnien stationiert, wo es der Strategie der Islamisten einen Strich durch die Rechnung machen kann. Auch kann Frankreich aus rein operationellen Gründen zur Zielscheibe werden: Untersuchungen haben gezeigt, dass marokkanische Terrorzellen der Gruppe GICM (Groupe islamique combattant marocain - Die marokkanische Fundamentalisten) überall in Europa existieren und dass sie jederzeit zur Tat schreiten können.

“Junge Leute, die ein Sammelbecken für Hunderte, ja Tausende Gotteskämpfer darstellen! ” Sie scheinen sehr pessimistisch…
Ja, denn wir beobachten das Heranwachsen einer neuen Generation von Terroristen, von sehr jungen Terroristen, die zum Zeitpunkt der Attentate vom 11. September 2001 zwischen 12 und 16 Jahre alt waren und die diese terroristische Gewalttat als Faszination erlebt haben. Diese jungen Leute stellen eine Reserve von Hunderten, ja Tausenden von Kämpfern da, die im Namen Gottes agieren! Sie sind immer stärker mit dem Milieu der organisierten, schweren Kriminalität verquickt, so dass sie es einfacher haben, an Waffen zu kommen und unterzutauchen. Zum Teil werden sie auch von Rachegefühlen gegenüber der Gesellschaft geleitet, aus der sie sich ausgeschlossen fühlen. Wenn diese Tendenz sich als richtig erweist, muss man sich zu Recht Sorgen machen.

Kann die Zusammenarbeit der europäischen Einrichtungen als ausreichend eingestuft werden?
Die Zusammenarbeit läuft eher gut. Seit dem 11. September 2001 wurden in Europa rund fünfzehn Attentate vereitelt – in Frankreich, in Großbritannien, in Deutschland, in den Niederlanden und in Spanien, – und dies dank der guten Koordinierung der europäischen Einrichtungen. Die Ernennung von Gijs de Vries als Koordinator der EU im Anti-Terror-Kampf ist ein positiver Punkt. So können jetzt bestimmte Staaten – wie zum Beispiel Griechenland oder die skandinavischen Länder –, dazu verpflichtet werden, Anti-Terror-Gesetze zu verabschieden, die stärker offensiv orientiert sind. Diese Ernennung kann aber nicht von Erfolg gekrönt sein, wenn sie darauf abzielt, die gesamte Koordinierung auf EU-Ebene zu übernehmen, denn Fragen der Sicherheit sind Vorrecht der einzelnen Staaten.

* ESISC, das in Brüssel ansässige Forschungszentrum für Sicherheitsfragen, ist eine unabhängige Einrichtung, die für die europäischen Länder oder auch die NATO-Mitgliedsstaaten arbeitet.

Nach einem Interview mit C.D. Le Parisien , Freitag, den 11. März 2005 - von Olaf Petersens AMIGOBOOM

2 Kommentare »

  1. Das dokumentierte Interview wirft in verdienstvoller Weise ein Schlaglicht auf die Verlogenheit jener Propagandisten der “westlichen Wertegemeinschaft”, die in verleumderischer Weise die Französische Republik der “Fahnenflucht” zeihen, weil Paris eine Solidarisierung mit der Invasion des Irak verweigerte, in deren Ergebnis tatsächlich eines der wenigen säkularistischen, dem politischen Islam jeglicher Varianz feindselig gegenüberstehenden Regime im Nahen und Mittleren Osten beseitigt wurde. Natürlich ist Frankreich allein aufgrund seiner laizistischen Verfassungsordnung in der Sicht islamistischer Theokraten ein weit verdammungswürdigerer Widersacher, als beispielsweise die Vereinigten Staaten, deren früherer Präsident Bill Clinton nicht umsonst in den unter Beihilfe des Nordatlantikbündnisses gewalttätig reislamisierten Territorien der Balkanhalbinsel - Bosnien sowie Kosovo und Metohija - als Fürsprecher “unterdrückter Muslime” wie ein Messias gefeiert wird.

    Warum sollte sich die derzeitige US-Administration, die bisher hinsichtlich der Infragestellung einer auf dem Prinzip der souveränen Gleichheit nationalstaatlicher Entitäten gegründeten internationalen Ordnung nicht ein Gran von der Haltung der Clinton-Administration abgewichen ist, im Falle vermehrt auftretender “unbotmäßiger” Handlungen der Regierungen Spaniens, Frankreichs oder Italiens den Anliegen einer auf die Beseitigung spanischer, französischer oder italienischer Hoheitsrechte gerichteten islamischen Irredenta wesentlich verschlossener zeigen, als den - ebenso atavistischen - Zielsetzungen der bosnischen Islamisten, der (groß-)albanischen UCK oder der tschetschenischen Maschadow-Bande?

    Kommentar von Digenis Akritas — 23. März 2005 @ 17:23

  2. Der Film enthält einige dokumentarische Aufnahmen wie zum Beispiel eine Szene aus einer hitzigen Talkshow, in der Marcel van Dam von der Partij van de Arbeid, Ex-Minister und damaliger Intendant eines öffentlich-rechtlichen Senders, Fortuyn noch zu Lebzeiten als einen „außergewöhnlich minderwertigen Menschen“ („een buitengewoon minderwaardig mens“) beschimpft hatte. Diese Wiederaufführung wollte van Dam angesichts der brutalen Ermordungen Fortuyns und van Goghs verhindern und klagte gegen die geplante Kino-Aufführung. Daraufhin wurde der Film zunächst von dem Internet-Dienstleister Tiscali gegen Gebühr ins Internet gestellt. https://de.wikipedia.org/wiki/Der_sechste_Mai

    Kommentar von Campo-News — 2. März 2017 @ 15:43

RSS-Feed für Kommentare zu diesem Beitrag. TrackBack-URL

Einen Kommentar hinterlassen

You must be logged in to post a comment.

kostenloser Counter

Weblog counter