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15. Januar 2010

Katharina Rutschky ist tot

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 13:16

Katharina Rutschky ist tot.  Das habe ich soeben erfahren. Sie starb gestern, wenige Tage vor ihrem 69. Geburtstag. Als CAMPO-Autorin, die auch noch in diesem Blog veröffentlichte, hat sie stets für einen intelligenteren, als den bekannten, Feminismus gestritten. Wieder eine Sozialdemokratin der besseren Couleur weniger.

Traurig, gedenke ich ihrer.

Ein Nachruf in der Berliner Zeitung

6 Kommentare »

  1. Aus einem taz-Streitgespräch mit Götz Aly (2007):

    Rutschky: In welcher K-Gruppe waren Sie denn? Ich war in keiner. Hier, ich habe meinen Ausweis der “Falken” mitgebracht, unterschrieben 1960 von Holger Börner. Und meinen SDS-Ausweis. Ich muss mich, anders als Sie, für nichts entschuldigen. Ich bin nicht hinter Thälmann hergerannt. Ich habe auch Dutschke nie verstanden. Der war nett und charmant, aber verstanden hat ihn keiner. Ich hatte eine kurze Mao-Phase - Jan Myrdals und Edgar Snows Bücher über China waren damals ja populär. Ich kannte das Ausmaß der Hungersnot dort nicht. Und Sie auch nicht.

    Aly: Ja, ich wusste es auch nicht.

    Rutschky: Aber Sie tun heute so, als wäre 1968 eine Symptomatik des deutschen Faschismus: die Kinder der Massenmörder. Ich bin kein Kind eines Massenmörders. Meine Familie ist seit 1906 quasi in der SPD. Und ich war immer politisch, so wie viele, die damals demonstriert haben. Manche haben sich damals an den Leithirschen orientiert, sind in K-Gruppen gegangen oder sogar bei der RAF gelandet. Das ist nicht meine Geschichte. Ich habe als Kind einer Arbeiterfamilie studiert. Sich als Frau durchzusetzen war schwierig. Auch an der liberalen FU wurde man als Frau nur HiWi und nie Assistent. Das war einfach noch nicht drin. Trotzdem ging es für viele Frauen im SDS und der Gewerkschaft aufwärts. Zwischen 1969 und 1972 sind 300.000 junge Leute zwischen 18 und 25 in die SPD eingetreten. Aber in dem Bild von 1968 kommt das nicht vor: sondern nur Jugend, Rebellion, pittoreske Sexualität mit Uschi Obermaier. Das wird gehypt, bis heute. Sex und Gewalt. Und ich ärgere mich tot, welche Öffentlichkeit diese RAF-Gangster haben: diese Inge Vietts und Irmgard Möllers, denen noch das Mikro hingehalten wird.

    Ich war zum Beispiel kein Maoist. Ich war Antiantikommunist, und China diente gewissermaßen der politischen Selbstpositionierung in der Bundesrepublik. Das verkennen Sie im Nachhinein ja völlig. Wir haben doch nicht in China Politik gemacht, wir haben keine Bücher über China geschrieben. Wir haben gehofft, dass es etwas anderes gibt als diesen grauenhaften DDR-Sozialismus. Da kriegte man als Antiautoritäre ja schon an den Grenzübergängen Anfälle. Herr Aly, Sie waren damals 20 und ich ein bisschen älter. Ich kam aus dem sehr theoretischen SDS. Und aus dem SPD-Milieu. Und ich kam von unten und hatte auch viel zu verlieren.

    Aly: Frau Rutschky, dass Sie mit ihrer sozialdemokratischen Familientradition, das Totalitäre nicht mitgemacht haben, ehrt Sie außerordentlich …

    Rutschky: Nein.

    Aly: Sie müssen mir nicht immer widersprechen.

    Rutschky: Doch. Weil Sie mich marginalisieren wollen. Ich bin aber nichts Besonderes. Ich vertrete 68, und zwar den Großteil der Bewegung und nicht die Leithirsche.

    Aly: Nein. Sie vertreten nicht 68.

    Rutschky: Doch. Sie glauben, Sie vertreten 68, weil Sie Schuldgefühle haben. Weil Sie etwas falsch gemacht haben.

    Kommentar von Campo-News — 15. Januar 2010 @ 13:31

  2. “…die autonome Frauenszene, die hier mit Drohungen gegen mich in Erscheinung getreten ist.”

    “Es wird Zeit, daß wir lernen, in Analogie zum militärisch-industriellen Komplex und zur Diktatur der Ökonomie den “pädagogisch-therapeutischen Sozialstaatskomplex” und die Diktatur seiner Experten als Bedrohung zu erkennen.

    Emma und ihre Schwestern

    Mit Bastian Pastewka: Es ist im Grunde sogar eher spießig, dauernd zu denken: Die anderen sind doof und ich bin’s nicht.

    Kommentar von Campo-News — 15. Januar 2010 @ 14:40

  3. Schöne Nachrufe in der taz:

    Von diesem royalen Ausguck her diagnostizierte sie feministischen Opferdiskursen eine “paranoide Erwartungshaltung” und dem Ruf nach Gleichheit eine ungesunde Verleugnung der Weiblichkeit: “Ich rufe lieber um Hilfe in der Not und lerne keinesfalls Karate!”, so endet einer ihrer taz-Polemiken gegen die Abschaffung der Geschlechterdifferenz.

    “Rutschky ließ sich nicht für dumm verkaufen. Sie beharrte, Jahrgang 1941, Kind eines Schlossers und einer Hausfrau, darauf, dass lange vor den studentischen Ausflügen in die totalitären Welten von kommunistischen Zirkeln oder der RAF die Bundesrepublik freier zu werden begann - und sie hatte an diesem Aufstand gegen die sklerotische Nachkriegsrepublik unter Unionskanzler Konrad Adenauer so sehr Anteil wie das Gros ihrer Generation überhaupt. ”

    Aber hörte sie im Freundes- und Bekanntenkreis, bei aller Kritik an Schwarzer habe diese doch auch Verdienste, pflegte Katharina Rutschky spöttelnd kühl zu antworten: Ja, mag sein, bloß welche?

    Für ihr Engagement gegen eine Instrumentalisierung des Missbrauchsbegriffs wurde Rutschky in öffentlichen Diskussionen körperlich attackiert und in feministischen Kreisen zur Persona non grata erklärt. Als Feministin der ersten Stunde der 68er Bewegung wurde sie später zur strengen Kritikerin eines feministischen Fundamentalismus, den sie als spießig und lustfeindlich kritisierte.

    Kommentar von Campo-News — 16. Januar 2010 @ 09:16

  4. Alan Posener schreibt -

    Kommentar von Campo-News — 17. Januar 2010 @ 11:20

  5. Der Unterschied zwischen Mann und Frau muss zur Freude aller kultiviert, nicht nivelliert werden, das ist eine der Botschaften, die Katharina Rutschky hinterlässt.

    Kommentar von Campo-News — 20. Januar 2010 @ 10:46

  6. Novo-Artikel

    Kommentar von Campo-News — 12. März 2010 @ 08:03

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