Die Rente ist/wäre (relativ) sicher
Eigentlich ist es gar nicht so schwer und schon gar nicht unlogisch. Arbeitende, “unselbstständige“, bzw. „abhängig beschäftigte“ Menschen, zahlen einen Anteil ihres Einkommens in die Rentenversicherung ein (derzeit 19,9%, von denen der Unternehmer die Hälfte mit trägt). Der Durchschnittsrentner, versicherungstechnisch „Eckrentner“ geheißen, erhält zu diesem Zeitpunkt (März 2009) nach dem 65. Lebensjahr und zu Grunde liegenden 45 Arbeitsjahren eine durchschnittliche Rente von 1078 Euro im Westen und 941 Euro im Osten. Warum die durchschnittlichen Rentenbeträge im Westen 953 Euro, im Osten aber 1002 Euro betragen, wird weiter unten erläutert.
Die Rente also richtet sich nach der individuellen Leistung, ihr Richtmaß ist das persönliche Einkommen. Wie aber wird das „Renteneinkommen“ nun konkret berechnet? Auch das ist nicht schwer. Im vergangenen Jahr z.B. betrug das durchschnittliche Einkommen aller Pflichtversicherten ziemlich genau 30 000 Euro. Rechnen wir einfach und glatt. Verdient jemand nur 24 000 Euro im Jahr, lautet die Rechnung 24 000:30 000 = 0,8. Würde jemand nur 40 Jahre stets 0,8 Anrechnungspunkte (Rentenwert) erreichen, betrüge sein Gesamtergebnis lediglich 40 x 0,8 = 32 Punkte. 24,13 € im Westen und 27,20 € im Osten (ab 1.7. 09) ergäben also 32 x 24,13 = 772,16, € bzw. 32 x 27,20 € = 870,40 €. Hat jemand Jahreseinkünfte von 48 000 €, so ergibt sich demzufolge der doppelte Wert.
Auf die vielen und zum Teil auf diskutablen Zusatzpunkterwerbe oder „Fremdleistungen“ kann und will ich hier nicht eingehen, sie müssten gesondert behandelt werden. Wie auch die Regelungen bei den Früh – und Witwenrenten oder den Bemessungsgrenzen.
Ost vs. West
Etwas populistisch, aber nicht unbegründet, erscheinen die aktuellen Debatten um die Renten, in dem man die Westrentner gegen Ostrentner ausspielt, nachdem Manchem schon die Rentner im Allgemeinen nicht passen. Doch dazu später. Der Widerspruch, dass nämlich die Ostrentner mehr Geld bekommen als die Westrentner, löst sich scheinbar ein wenig auf, wenn man die die individuellen Rentenleistrungen betrachtet. Dort nämlich steht sich der einzelne Westrentner besser, während in der Gesamthöhe vor allem die hohe Frauen-Arbeitsqoute den Ausschlag dafür gibt, dass die Ostrentner mehr Geld erhalten. Nicht einleuchtend jedoch bleibt der auch heute geltende, höhere „Rentenwert“ der Ostdeutschen.
Äußerst fraglich wird die Gesamtberechnung sogar, wenn man die Produktivität zugrunde legt. Nicht nur der auch für Frauen faktisch existierende Arbeitszwang in der ehemaligen DDR wirkt hier nach, auch die längeren Arbeitszeiten, die letztlich Ausdruck für die erheblich niedrigere Produktivität waren. Wartezeiten während der Arbeit mangels vorhandener Produkte, aber auch Freistellungen aller und teilweise der absonderlichen Arten usw. bleiben so unberücksichtigt.
Ostmark und Arbeitskonten
Während die Ostmark seinerzeit mit 1:7 bewertet ward, wollte man aus rein politischen Gründen davon im Hause Kohl nach der Wende nichts wissen. Die Deutschen, vor allem die Westdeutschen, sollten „Solidarität“ zeigen. So wurden plötzlich niedrige Sparguthaben der DDR-Bürger 1.1 umgetauscht, höhere mit 1.2 bewertet. De facto eine Inflation der stabilen Westwährung.
Die Arbeitskonten Ost erfuhren ebenfalls eine erheblich Aufwertung. Bis heute ist nicht ganz klar, warum die niedrige Produktivität nicht mit der längeren Arbeitszeit so abgeglichen wurde, dass man zumindest eine Art Gleichstand erreichte. Die zum Teil groteske Arbeitswelt der DDR mit ihren katastrophalen Dienstleitungen und den damit kommunizierenden Anforderungen, erklärte man als absolut gleichwertig, die Arbeitszeitlänge ließ daraus sogar einen Vorteil entstehen. Hier erscheint eine Kappung zwingend erforderlich zu sein.
Umlage, Anspruchserwerb, Einheitsrente und/oder private Vorsorge
Historisch hat sich das deutsche Rentensystem bewährt. Die Rente ist sicher – nur die Höhe nicht. Tatsächlich darf es als große zivilisatorische Errungenschaft gelten, dass auch heute noch – unbeirrt von Währungsänderungen und Kriegen – Menschen, die Ansprüche im Kaiserreich erwarben, Geldzahlungen erhalten. Der große Verdienst des Rentensystems, der unerklärlicherweise schlecht geredet wird, liegt doch darin, dass Arbeiter und Angestellte, egal ob sie im Kaiserreich, der Weimarer Republik, dem „3. Reich“, der BRD oder DDR oder im vereinigten Deutschland Beiträge einzahlten, diese in Relation zum Verdienst als Rentabilitätsertrag auch erhalten. Die Schwäche ist u.a. seine Generalisierung, die nicht fragt, wo diese Ansprüche erworben wurden, z.B. vielleicht in Usbekistan oder Kasachstan.
Der Vorteil also liegt darin, dass eben nicht ein rein privates Rentenkonto besteht, auf das quasi physisch etwas eingezahlt wird, sondern es besteht vielmehr ein fiktiver, wenn auch konkreter Anspruch aus dem gezahlten Gelde. Die Rentabilität jedoch ist von der Menge der Beitragszahler abhängig und dies könnte zu einem Problem werden. Doch dieses Problem würde jeder individuell und recht schicksalshaft tragen müssen, wenn ein rein persönliches Geldkonto existiert, das privat verwaltet wird. Viele Rentenfonds in privater Hand kollabierten. Wen es trifft, weiß man nicht. Diese Gelder also dem Staat zu überlassen, resp. von ihm einen adäquaten Wert „gutgeschrieben“ zu bekommen, erscheint als das geringe Übel. Selbst ein Staatskonkurs setzt nach einer Neuordnung alte Rechtsansprüche ein. Das ist eine Lebensqualitätsgarantie, die nicht hoch genug bewertet werden kann.
Wenn man das System ändern will, soll man es sagen. Dann nämlich hätten die Menschen mehr netto vom brutto. Doch nicht jeder kann mit den daraus ergebenen Lebensrisiken umgehen. Wieviele Selbstständige müssen nach ihrem Scheitern dann doch staatliche Systeme in Anspruch nehmen, in die sich nicht selber einzahlten? Hier von einer „Zwangsabnahme“ zu sprechen, erscheint polemisch. Vielmehr wäre eine steuerfinanzierte Rente, die gleichzeitig allen Bürgern Ansprüche garantiert, ein probates Mittel, um die Lebensrisiken abzusichern. Ob die private Vorsorge wirklich mehr Gewinn abwirft, ist keineswegs sicher.
Das alles heißt ja nicht, es sei überflüssig eine private Vorsorge zu treffen. Im Gegenteil. Vielmehr sollte auch eine offene Debatte darüber stattfinden, wie die Rente der Zukunft aussehen und finanziert werden soll. Da gibt es den Vorschlag der Einheitsrente inklusive der Abkoppelung individueller Lebensleistungen bei gleichzeitigen Zuschlägen z.B. für Kinder; da gibt es auch Vorschläge zur Reformierung des Systems, die in einer zukünftigen Absenkung der letztlich gezahlten Rentenhöhe besteht, da wird an eine stärkere Beteiligung der Arbeitenden an den Unternehmen gedacht (ohne zu sagen, was passiert, wenn diese Unternehmen pleite gehen).
Rentner sind keine „Transferempfänger“
Das Rentnermobbing trägt bisweilen hässliche Züge. Nach einem arbeitsreichen Leben müssen sich Rentner oft als „Transferempfänger“ beschimpfen und auf eine Stufe mit Almosenempfängern setzen lassen. Doch die Rente ist kein staatliches Almosen, sie ist der Zins auf eingezahltes Geld, das der Staat verwaltete.
Dieses Rentensystem zu kippen, wäre fatal. Eine kritische Bestandaufnahme ist jedoch – so schnell als möglich – zu leisten. Die Sicherung der Sozialsysteme insgesamt, haben auf der Grundlage der nationalen Volkswirtschaften zu erfolgen. Die Zeit der unverantwortlichen Experimente, der politischen Geschenke, der selbstzerstörerischen Praxis, muss zu ihrem Ende kommen, damit die Rentabilität der staatlichen Lebensansparung auch die Früchte tragen kann, die bei einer rechtschaffenden Verwaltung durchaus zu erzielen wäre.
Aha! “Ursache sei eine künstliche Aufwertung der Ost-Löhne bei der Rente.”
Kommentar von Campo-News — 21. Juli 2010 @ 11:26
Seinen Berechnungen nach hätten die Versicherer bislang 40 Milliarden an der Riester-Rente verdient. Als diese 2001 eingeführt worden sei, habe man die gesetzliche Rentenversicherung madig gemacht. „Da ist Gehirnwäsche betrieben worden und es gab eine Hetzkampagne der Bild-Zeitung“, meinte der Christdemokrat. Für ihn hat die gesetzliche Rentenversicherung nach wie vor ihre Berechtigung. „Es gibt nichts Sicheres als das Umlageverfahren, das Kriege und Katastrophen überlebt hat.“ - http://www.focus.de/finanzen/altersvorsorge/riester-vs-bluem-bei-maischberger-der-schlagabtausch-der-rentenpaepste_aid_711858.html
Kommentar von Campo-News — 8. Februar 2012 @ 08:21
Einer Studie zufolge hat ein zu hoch angesetzter Riester-Faktor die Rentner in Deutschland rund 50 Euro im Monat gekostet. Die Entwicklung der Nettolöhne würde nur Abschläge von einem Prozent rechtfertigen, tatsächlich lagen diese fünf Mal höher. - http://www.focus.de/finanzen/altersvorsorge/studie-kritisiert-berechnungsgrundlage-zu-geringe-rentenerhoehungen-durch-riester-faktor_aid_962081.html
Kommentar von Campo-News — 17. April 2013 @ 07:50
http://www.focus.de/finanzen/altersvorsorge/rente/massiv-ungerecht-ex-renten-chef-ostdeutsche-renten-sind-zu-hoch_aid_1014611.html
Kommentar von Campo-News — 14. Juni 2013 @ 14:34
http://www.focus.de/finanzen/versicherungen/tid-33031/rente-und-arbeitslosigkeit-diese-risiken-schlummern-in-der-sozialversicherung-pluenderung-der-sozialkassen_aid_1076548.html
Kommentar von Campo-News — 23. August 2013 @ 06:42
Die Tatsache, dass ostdeutsche Rentner derzeit noch so gut dastehen, hängt mit den Regelungen des Einheitsvertrages zusammen. Vereinfacht gesagt hat man dort festgelegt, dass all jene, die in der DDR gearbeitet und Beiträge gezahlt haben, höhere Renten beziehen als vergleichbare Arbeitnehmer im Westen. Gleichzeitig ist der aktuelle Rentenwert im Osten niedriger, was allerdings für Bestandsrentner rein rechnerisch mehr als ausgeglichen wird. Für die ostdeutschen Rentner von morgen gilt diese Privilegierung nicht mehr – und das erklärt über die Arbeitsmarkteffekte hinaus den signifikanten Absturz in den neuen Bundesländern. - http://www.focus.de/finanzen/altersvorsorge/rente/tid-17629/sozialexperte-raffelhueschen-die-gesetzliche-rente-ist-gnadenlos-fair_aid_490778.html
Kommentar von Campo-News — 14. November 2013 @ 07:36
http://www.focus.de/finanzen/altersvorsorge/rentenplaene-von-union-und-spd-bluem-wir-stehen-am-anfang-wachsender-altersarmut_id_3446799.html
Kommentar von Campo-News — 2. Dezember 2013 @ 12:12
Vieles ist richtig, manches verschweigt er - http://www.ngo-online.de/2013/02/4/norbert-bluem-rente/
Kommentar von Campo-News — 2. Januar 2014 @ 08:40
Das sagte ich doch schon oben -
Die künstliche Hochwertung der Löhne bei der Rentenberechnung habe zu einer „Verzerrung“ geführt, schreibt „Bild“. So erwerbe ein Ost-Beschäftigter bei gleichem Lohn derzeit „8,5 Prozent höhere Rentenansprüche“ als ein West-Arbeitnehmer. Für ein Jahr West-Durchschnittsverdienst (2917 Euro im Monat) gibt es im Osten 31,69 Euro Rente, im Westen nur 29,21 Euro, rechnen die Gutachter vor.
Rund 140 Euro Unterschied
Wer seit der Wiedervereinigung immer den West-Durchschnittslohn verdient hat, bekommt dem Sozialbeirat zufolge dafür 722,75 Euro Rentenansprüche. Im Osten wären es bei gleichem Lohn 863,07 Euro und damit rund 140 Euro mehr. „Je länger auf eine Angleichung der Rentenberechnung verzichtet wird, umso größer fällt dieser Unterschied zugunsten der ostdeutschen Versicherten aus“, zitiert „Bild“ aus dem Gutachten.
Die heutige Rentenberechnung sei „für die ostdeutschen Versicherten von Vorteil“, schreiben die Experten weiter. „Die Rentner profitieren von den vergangenen und die Beitragszahler zusätzlich von den noch laufenden Hochwertungen ihrer Einkommen.“ http://www.focus.de/finanzen/altersvorsorge/rund-140-euro-unterschied-systematische-beguenstigung-ostdeutsche-bekommen-mehr-rente-als-westdeutsche_id_5122863.html
Kommentar von Campo-News — 1. Dezember 2015 @ 07:03
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Tanja Krienen
Tanja Krienen Philipp (Döbbe), du solltest als Libertärer auch einmal über soziale Themen unter Berücksichtigung einer angemessen Sozialgebung nachdenken. Die schließt Optimierungen im buchhalterischen Sinne überhaupt nicht aus - im Gegenteil. Tatsächlich ist es fraglich, dass die AfD so denken lernt, aber die Kritik an ihr sollte und muss den Punkt beinhalten, wie wir traditionelle Gesetzgebungen retten können.
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Kommentar von Campo-News — 29. März 2016 @ 15:07
Seit 1992 wertet die Deutsche Rentenversicherung (DRV) nämlich die Ostlöhne auf. „Bei einem gleichen Lohn entsteht aktuell in den neuen Ländern ein höherer Rentenanspruch als in den alten Ländern“, erklärt dazu die Rentenversicherung. Ein Ost-Arbeitnehmer bekommt für die gleichen Beitragszahlungen aktuell 15 Prozent höhere Rentenansprüche als ein Arbeitnehmer im Westen. Damit soll verhindern werden, dass sich die niedrigeren Ostlöhne später auf die Renten auswirken.
http://www.focus.de/finanzen/altersvorsorge/neuer-rentenschock-nahles-maerchen-von-der-rentenanpassung-dieser-plan-macht-sechs-millionen-rentner-zu-verlierern_id_5742066.html
Kommentar von Campo-News — 19. Juli 2016 @ 11:55
DDR Faktor - http://www.focus.de/finanzen/altersvorsorge/rente/entgeltpunkte-zugangsfaktor-rentenwert-das-ist-die-formel-die-ueber-die-hoehe-ihrer-rente-entscheidet_id_6768931.html
Kommentar von Campo-News — 11. März 2017 @ 09:34
http://www.focus.de/finanzen/altersvorsorge/rente/regierung-plant-rentenangleichung-wirtschaftsweise-zur-rente-privilegierte-ost-rentner-noch-staerker-beguenstigt_id_7130916.html
Die GroKo will eine „Grundrente“ einführen, die ärmere Rentner über die Grundsicherung heben soll. Wer mindestens 35 Jahre lang gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt hat, soll ein regelmäßiges Alterseinkommen zehn Prozent über dem Grundsicherungsbedarf erhalten. Bezahlt wird diese Grundrente über die Rentenversicherung. https://www.focus.de/finanzen/steuern/groko-sondierungen-das-plant-die-neue-regierung-mit-steuern-rente-soli_id_8289123.html
Kommentar von Campo-News — 14. Mai 2017 @ 10:02
Wieder so schlechter Witz, der NULLKOMMANULL öffentlich kommuniziert wird (wie die Aussperrung ehemaliger Selbstständiger aus der KK wenn sie 1/10 in der zweiten Hälfte ihrer Arbeitszeit privatversichert waren): Nimmt man Angebot der Rentensicherung auf eine 99,99%-Teilrente wahr (damit Pflegebeiträge anerkannt werden können), entfällt die Betriebsrente! Irre! Skandalös!
Kommentar von Campo-News — 1. Juni 2023 @ 09:14
https://www.focus.de/kultur/kino_tv/analyse-von-ulrich-reitz-voellig-losgeloest-was-uns-der-lang-auftritt-bei-lanz-ueber-die-gruenen-lehrt_id_259584938.html
Kommentar von Campo-News — 17. Januar 2024 @ 19:23