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6. Februar 2009

Die Facismusfalle

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 15:10

Aus aktuellem Anlass hier noch einmal ein Text, den ich im Juli 2001(!) schrieb und jetzt nur leicht modifizierte.

Die Facismus-Falle

Kritik an der Massengesellschaft bei gleichzeitiger Stärkung des Individuums, könnte zum Garant einer erfolgreichen bürgerlich-konservativen Politik werden. Der fehlende Wille zur Macht, erweist sich dabei als größter Hemmschuh.

Mit dem Rücken zur Wand

Solange geistiger Widerstand gegen den Kampfbegriff der Linken “Antifaschismus” unterbleibt - der für alles herhalten muss, was nicht in das Gutmenschenraster antipsychologischer Utopisten passt – wird sich die Rechte nicht aus dem Schatten der Vergangenheit lösen können. Würde sie den Kampf zur Entlarvung stereotyper und bisweilen infantiler Anwürfe des politischen Gegners parlieren, konternd gar mit dem Florett des Intellekts, geschärft dazu mit philosophischen und historischen Einsichten, wäre mittelfristig ein Sieg in der politischen Mensur, nur durch eine Änderung der Naturgesetze zu verhindern. Diese „göttliche Herausforderung“ jedoch, verlöre ihre spaßigen Akzente vollends, wenn die relative Unveränderlichkeit der menschlichen Natur – also ihr instinktgebundener Charakter – stärker in den Disput Eingang fände.

Dieser Erkenntnisprozess, nebst seiner angewandten Methodik, dürfte partiell ein schmerzhafter für die Rechte werden, müsste sich doch der traditionelle Teil von liebgewonnenen Simplifizierungen verabschieden; ihre Avantgarde aber, sollte imstande sein, ihn lustvoll anzunehmen und offensiv zu leben.

So wäre ein Abschied tatsächlicher antisemitischer Äußerungen, eine Absage an übersteigert nationalistischen Vorstellungen, eine Verabschiedung des verkrampften und ritualisierten Verhaltens der Religions – und Brauchtumspflege nötig; hingegen eine begründete Gegnerschaft zu unterschiedlichsten Sozialismusmodellen, die Hinwendung zur Rückbesinnung auf eigene Stärken, Wissensaneignung, Mut, Entschluss- und Tatkraft, Verlässlichkeit und unbestechliche Urteilsfähigkeit gefragt; und: es gäbe ihn, den Schlüssel, zur praktikablen Öffnung des wegweisenden Ganges in die Zukunft, - es ist die Philosophie Friedrich Wilhelm Nietzsches.

Seine kühle Sicht auf das Wesen der Menschen, auf die Entstehung ihrer Gesetze und den Gang der Geschichte, nicht zu vergessen seine tollkühne Umwertung aller Werte, sie liegen noch immer weitgehend unangewendet bereit, als tägliche Gebrauchsanweisung des Lebens zu dienen. Diese hätten im Gegensatz zur Bibel oder anderen (auch politischen) Ersatzreligionen zudem den unschätzbaren Vorteil - doch auch den selbstquälerischen Nachteil - vor sich selbst Rechenschaft ablegen zu müssen.

Auch hier bremst leider Nietzsches angebliche Inanspruchnahme der Nationalsozialisten, doch gerade er hätte die Selbstcharakterisierung jener, mit einer Zurechtweisung versehen; national und sozialistisch – nichts wäre von ihm spöttischer kommentiert worden. Doch seine Differenzierungen zwischen den Menschen, die Findung der Wahrheit unter dem Schutt falscher Informationen und die Überwindung fauler, eingeschliffener und bequemer Verhaltensmuster zugunsten der Freiwerdung des Willens und der gesunden Instinkte, sind unabdingbare Zugangsvoraussetzung zur Erfassung des Lebenssinnes - und sei es als erschütternder Einblick seiner Nichtexistenz.

Der kosmopolitische Fascismus

Warum aber wäre es vonnöten, am Begriff des „Antifaschismus“, die inszenierten nebulösen Verwirrungen, durch klare Definitionen zu entwirren? Weil mit dem Fascismus-Vorwurf jede bürgerlich-konservative Haltung diskreditiert und obendrein kriminalisiert wird und es deshalb der genauen Betrachtung bedarf, welche Inhalte mit diesen verbalradikalen Anschuldigungen - die gelegentlich auch zu körperlichen Angriffen führen – verbunden sind, welchen Stellenwert sie für die Linke im politischen Alltag besitzen, wie man ihrem (Un)sinn beikommt und gerade in dieser Diskussion als freiheitsliebender Mensch bestehen lernt. Die Aufnahme ihrer Anschuldigungen und die eloquente Konterkarikierung derselben, vertauschen jedoch die Rollen und brächten krakeelende Demagogen unter der zu führenden Beweislast in die Bredouille.

Linksextreme, doch leider nicht nur sie, reagieren auf traditionsreiche und beinahe musterhaft zu nennende demokratische Staaten, die dem Willen ihrer Wähler nachkamen und konservative Repräsentanten in Schlüsselposition der Gesellschaft hievten, mindestens trotzig, meist unflätig und durchweg anmaßend, ohne jemals darüber Rechenschaft abzulegen, warum sie einem majoritätsfähigen Teil des politischen Spektrums, quasi per Handstreich, Politikfähigkeit vom Grundsatz her abstreiten. So geschehen im klassischen Beispiel Österreichs mit seiner Schüssel - Regierung und seinen vorläufigen Abschluss findend im gespielten Entsetzen nach dem Berlusconi-Sieg in Italien.

Diesen Regierungen liegt eine klare Auffassung von Recht und Gesetz, von Freiheit, aber auch der Begrenzung dieser für ihre Feinde, wie auch der Durchsetzungsfähigkeit bestimmter administrativer Entscheidungen zugrunde. Doch diese Herangehensweise – eine offensiv demonstrierte Autorität eines funktionierenden und auf demokratischen Mehrheitsprinzipien beruhenden Staatswesens - trägt den Ausführenden nicht selten den bekannten demagogischen Vorwurf ein, sie seien „Faschisten“, zumindest praktizierten sie eine Vorstufe des „Faschismus“, der immer noch in alter dimitroffscher Einfalt, als die „offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ definiert wird.

Das Wissen um die zivilisatorischen Errungenschaften, die Marx noch im so genannten „Manifest der kommunistischen Partei“ lobpreisend der kapitalistischen Produktionsweise zuschrieb, sind in diesem Teil der Linken aufgrund ihrer intellektuellen Degeneration, ins Dreivierteldunkel desertiert.

Antifaschisten = pro Pol Pot, Mao, Stalin, Ulbricht, Castro

Die krude Gleichung Kapitalismus = Faschismus, oder die abgeschwächte aber keineswegs stärkere Variante „Kapitalismus führt letztlich immer zum Faschismus“, hört man natürlich nicht so gerne aus Mündern, die sich abwechselnd für Massenschlächter a la Pol Pot, Mao oder Öcalan, alternativ dazu für Stalin, Ulbricht oder Castro begeisterten. Aber die Gleichsetzung des Kapitalismus mit faschistischen Verhältnissen, erlebt eine beängstigende Renaissance auch über den Bereich kleinkarierter Polit-Sekten hinweg und wuchs jüngst massenwirksam an, auffallend adäquat zur Bereitschaft, die Linke in altbekannter Aktionseinheit zusammenzuführen.

Gelingt es ein Bündnis gegen die ach so bösartige soziale Marktwirtschaft erfolgreich zu schmieden, werden weitere Diffamierungen folgen. Nötig wäre also, diese adoleszente Haltung der Komintern-Kinder, nicht nur hilflos zu benennen, sondern zudem ihre Gefährlichkeit in Theorie und Praktik zu entlarven; besonders da unter ihnen viele weiterhin die Endlösung der Klassenfrage anstreben, also im Dienst einer Klassenherrschaft Gewalt ausüben möchten, um andere Klassen (oder was man dafür hält), mit der Vernichtung zu bedrohen (physisch oder materiell). Ob freilich Klasse oder Rasse vernichtet werden soll, das, so meinte schon Hannah Arendt, mache keinen großen Unterschied. In diesem Sinne müssten sich also Linke dieses Denkens konsequenterweise als „Linksfaschisten“ bezeichnen lassen, warum sie das aber eher adelt, wird weiter unten beleuchtet.

Weitere “Sündenfaelle”

Es wäre außerdem „faschistisch“, so die Altkader, wenn z.B. „offene Grenzen“ nicht gewährleistet wären. Deshalb stehe auch nach Meinung dieser aggressiven Minderheit, Deutschland an der Schwelle zum „Faschismus“, die Abschiebepraxis u.ä. wäre ein Zeichen dafür. Besonders schlimm wären selbstverständlich die Verhältnisse an der us-mexikanischen Grenze, die Abschottung der Israelis von den lieben arabischen Nachbarn und neuerdings die Installierung der „Festung Europas“. Der Fascismus hat sich demnach durchgesetzt…

Todesstrafen sind per se „faschistisch“, so die vorherrschende Meinung, egal wen es trifft, gleichgültig auch was er machte, - uninteressant sei die Gesamtgemengelage sowieso. Einen Nachweis für diesen Standpunkt erbringen die Kritiker der Todesstrafe nicht, ihnen reichen moralische Plattitüden. Kritik an den von Fall zu Fall einkalkulierten Opferverhöhnungen erreicht nur die eigenen Ohren, die Durchgänge zum Verstand bleiben geschlossen. Grauenhafte Detailbeschreibungen lebenslanger Haft werden negiert, minutiöse Beschreibungen mehrminütiger (!) Todeskämpfe hingegen en masse präsentiert. Für die Logik dieses Sachverhaltes interessieren sich wohl nur Störer – die berühmten rechten intellektuellen Unruhestifter!

Ja, auch die „Herrschaft des Patriarchats“ trüge „faschistische“ Züge, so tönen Feministinnen beiderlei Geschlechts. Geschlechtsunterschiede werden nivelliert, sie auszuleben kommt einem „reaktionären Akt“ gleich. Männliche Sexualität wird en passant als Gewalt apostrophiert, normal-weibliches Rollenverhalten als Verrat an der feministischen Sache gebrandmarkt und feminine Frauen dabei brutal ausgegrenzt. Als der größte Etikettenschwindel der letzten Jahrzehnte entpuppte sich für jene Frauen die Bezeichnung „Feministinnen“, sind sie doch die Adepten des Männlichen, die Machos unter den Weibern.

Unterschiede zwischen den Menschen festzustellen, sie zu beschreiben oder zu reflektieren wird in die Nähe „faschistischer Anschauungen“ gerückt. Die Menschen unterschiedlichster Länder, Kulturbereiche oder Abstammungen dürfen keine charakterlichen Differenzen, keine auseinanderdriftenden Eigenarten, keine ethnischen Besonderheiten aufweisen – die Menschen haben gleich zu sein! Wer etwas anderes behauptet, den holt die „Antifa“ noch vor dem Morgengrauen!

Kurios erscheint, dass gerade diejenigen, die sich krampfhaft bemühen, Unterschiede mit Quoten und Dekreten schonungslos tilgen zu wollen, für jede folkloristische Absurdität großmöglichste Toleranz zeigen. Türkische Verhältnisse sind so undenkbar, basiert unser derzeitiges Denken nun mal nicht auf den Einsichten eines aufgeklärten Europäers wie Mustafa Kemal Atatürk! Aber ach, die Türkei ist ja auch „rechtsradikal“, das Militär wacht im Sinne des kemalitischen fortschrittlichen Geistes über die säkularisierten demokratischen Verhältnisse im Staat Türkei, kurzum, - es herrscht praktizierter Fascismus!

Apropos nationale Besonderheiten: Als Gloria Fürstin von Thurn und Taxis ihre Meinung zur Verbreitung von AIDS in den afrikanischen Staaten mit den harmlosen Worten „Da sterben die Leute an Aids, weil sie zuviel schnackseln. Der Schwarze schnackselt halt gerne“, geradeheraus und unverstellt locker kundtat, nannte dies Michel Friedman blitzschnell aber wohlüberlegt „rassistisch“.

Barbaren des Geistes?

Waren denn nun die Anhänger des Fascismus Barbaren aus Überzeugung? Die Begriffsverwirrung „Barbaren“, geboren aus dem Snobismus griechischer und römischer Machthaber und deren Eckermännern, muss an dieser Stelle unaufgelöst bleiben, würde allein die Widerlegung dieser Begriffs - Konfusion den Raum eines ganzen Essays – mindestens – in Anspruch nehmen.

Gleichwohl fällt – im Gegenteil – auf, wie häufig die artifiziellsten Köpfe ihres Faches, in einem konkreten historischen Moment, im Strom der fascistischen Bewegung ihren Platz fanden. Martin Heidegger, Gottfried Benn, Knut Hamsun, Ernst Jünger, E.M. Cioran, Futuristen, Surrealisten, - diese Personen bildeten eine nicht geringe Bandbreite derjenigen, die sich an der Schnelligkeit des Zeitalters berauschten, die schärfste Wachsamkeit in ihren Beobachtungen demonstrierten, sich mit visionärem Pathos zukunftsweisend beteiligten und dabei immer – auf hohem sprachlichem und inhaltlichem Niveau – mit spirituellem Feuer und großmöglichster Leidenschaft, um Antworten auf die Fragestellungen einer revolutionärer Zeitenwende bemühten.

Ihr Schweigen in einer fortgeschrittenen geschichtlichen Phase gibt Anlass zu Kritik, diskreditiert jedoch weite Teile ihres Werkes nicht. Literarische und philosophische Meinungen wollen an ihrem Wahrheitsgehalt gemessen sein, nicht an ihren unberechenbaren, manchmal gar metaphysischen Wirkungen. Die Welt tickt nun mal komplizierter, als manche es für möglich halten.

Cioran irrt doch nicht, wenn er behauptet: „Man ist fertig, man ist ein lebendiger Toter, nicht wenn man zu lieben, sondern wenn man zu hassen aufgehört hat. Der Haß erhält: in ihm, in seiner „Chemie“ wohnt das Geheimnis des Lebens“, oder „Wenn ich Tage und Tage unter Texten zubringe, in denen nur von Gelassenheit, von Beschauung und Verzicht die Rede ist, so packt mich die Lust, auf die Straße zu gehen und den nächsten, der vorübergeht, zusammenzuschlagen.“

Sind diese großen Gefühle, diese Regungen ohne Reflektion auf ihr unmittelbares Wirken, ein Akt der „Barbarei“, oder ist nicht vielmehr die Verdrängung, die Abtötung spontaner, lebensechter Gedanken (nur dies sind sie zunächst), ein brutaler Versuch einen „vernünftigen“ Massenmenschen heranzuzüchten, der seine individuelle Beschaffenheit – emotionell wie intellektuell - herabzukodieren und zu begradigen und als Ausweis für aufoktroyierte Rechtschaffenheit vorzuweisen, verpflichtet wird?

Der im siebenbürgischen Hermannstadt (Sibiu) geborene Cioran, weist in seinem Aufsatz „Die neuen Götter“, auf das Wesen der geschichtlichen Abläufe hin und will an dieser Stelle zitiert sein: „Wir mit unseren Zwangsvorstellungen vom Fortschritt und Rücklauf lassen stillschweigend gelten, dass das Übel sich ändere, sei es, dass es abnehme oder zunehme. Die Identität der Welt mit sich selber, die Vorstellung, dass sie verdammt ist, so zu sein, wie sie ist, die Idee, dass die Zukunft den jetzt gültigen Gegebenheiten nichts Wesentliches hinzufügen wird, dieser schöne Gedanke hat keinen Kurswert mehr“. Hier wird Ciorans philosophische Bindung an Nietzsche überdeutlich, denn nichts anderes, als dessen Bild vom Kreislauf und der Wiederkehr des Immergleichen, wird in diesen Sätzen widergespiegelt.

Also sprach Friedrich Nietzsche

Nietzsche war es, der den Kreislauf des Lebens beschrieb – zunächst im „Zarathustra“ - und selbst größte Optimisten sollten, seine Philosophie beherzigend, zu der Einsicht gelangen, maximal von einer flach ansteigenden Spirale der Menschheitsgeschichte zu reden.

So schrieb Nietzsche: „Mensch! Dein ganzes Leben wird wie eine Sanduhr immer wieder umgedreht werden und immer wieder auslaufen, - eine große Minute dazwischen, bis alle Bedingungen, aus denen du geworden bist, im Kreislauf der Welt, wieder zusammenkommen. Und dann findest du jeden Schmerz und jede Lust und jeden Freund und Feind und jede Hoffnung und jeden Irrtum und jeden Grashalm und jeden Sonnenblick wieder, den ganzen Zusammenhang aller Dinge. Dieser Ring, in dem du ein Korn bist, glänzt immer wieder. Und in jenem Ring des Menschendaseins überhaupt gibt es immer eine Stunde, wo erst einem, dann vielen, dann allen der mächtigste Gedanken auftaucht, der von der ewigen Wiederkunft aller Dinge: - es ist jedes Mal für die Menschheit die Stunde des Mittags.“

Der Wille zur Macht, so Nietzsche, wäre zudem die Triebfeder des Menschen, die seinem tiefsten Innern entspringt: „Der siegreiche Begriff „Kraft“,…bedarf einer Ergänzung: es muss ihm ein innerer Wille zugesprochen werden, welchen ich bezeichne als „Wille zur Macht“, d.h. als unersättliches Verlangen nach Bezeigung der Macht; oder Verwendung, Ausübung der Macht, als schöpferischen Trieb usw.“ – und an anderer Stelle, die ihn als ersten großen Psychologen ausweist: „Der Leib ist eine große Vernunft, eine Vielheit mit einem Sinne…Hinter deinen Gedanken und Gefühlen, mein Bruder, steht ein mächtiger Gebieter, ein unbekannter Weiser – der heißt Selbst. In deinem Leib wohnt er, dein Leib ist er. Es ist mehr Vernunft in deinem Leib, als in deiner besten Weisheit.“ – auf den Punkt gebracht heißt es: „…dass es gelänge, unser gesamten Triebleben als die Ausgestaltung und Verzweigung einer Grundform des Willens zu erklären – nämlich des Willens zur Macht, wie es mein Satz ist- “

Das „Du sollst“, will Nietzsche in ein selbst bestimmtes „Ich will“ umwerten - nur so kann der Mensch zu sich selbst finden und seine Umwelt aktiv gestalten, - aus der „Genealogie der Moral“: „Der aktive, der angreifende Mensch ist immer noch der Gerechtigkeit hundert Schritte näher gestellt als der reaktive;…Tatsächlich hat deshalb zu allen Zeiten der aggressive Mensch, als der Stärkere, Mutigere, Vornehmere, auch das freiere Auge, das bessere Gewissen auf seiner Seite gehabt: umgekehrt errät man schon, wer überhaupt die Erfindung des „schlechten Gewissens“ auf dem Gewissen hat, - der Mensch des Ressentiment!“

In der gleichen Schrift heißt es weiter: „Die von vornherein Verunglückten, Niedergeworfenen, Zerbrochenen – sie sind es, die Schwächsten sind es, welche am meisten das Leben unter Menschen unterminieren, welche unser Vertrauen zum Leben, zum Menschen, zu uns am gefährlichsten vergiften und in Frage stellen…; hier spinnt sich beständig das Netz der bösartigsten Verschwörungen, - der Verschwörungen der Leidenden gegen die Wohlgeratenen und Siegreichen, hier wird der Aspekt des Siegreichen gehasst. Und welche Verlogenheit, um diesen Haß nicht als Haß einzugestehn!…alles, was sich heute als “guter Mensch“ fühlt, ist vollkommen unfähig, zu irgendeiner Sache anders zu stehn als unehrlich-verlogen…Diese „guten Menschen“ – sie sind allesamt jetzt in Grund und Boden vermoralisiert und in Hinsicht auf Ehrlichkeit zuschanden gemacht und verhunzt für alle Ewigkeit.“

Schon vier Jahre zuvor (1883) hatte Nietzsche im „Zarathustra“ seine revolutionären Einsichten förmlich in die Welt geschrieen: „Und was für Schaden auch die Bösen tun mögen: der Schaden der Guten ist der schädlichste Schaden!…Den Schaffenden hassen sie am meisten: den, der Tafeln bricht und alte Werte, den Brecher, - den heißen sie Verbrecher. Die Guten nämlich – die können nicht schaffen: die sind immer der Anfang vom Ende: -…,,Zerbrecht, zerbrecht mir die Guten und Gerechten!…Ihr flieht vor mir? Ihr seid erschreckt? Ihr zittert vor diesem Worte?…Alles ist in den Grund hinein verlogen und verbogen durch die Guten…. Die Schaffenden sind hart…Diese neue Tafel, o meine Brüder, stelle ich über euch: werdet hart!“ - Gerade der Mensch von heute erschrickt bisweilen über den Jargon, über die Diktion, mit der Friedrich Nietzsche „mit dem Hammer philosophiert“ und doch kann unser liebenswürdiger „Herzensfritz“, wie ihn seine Mutter immer nannte, nichts für den Wahrheitsgehalt dieser Aussagen.

Die stringent daherkommenden Worte kamen der Alltagsbildung abhanden, ausgesondert durch eine gefährliche Pisagogik, denn – und hier muss noch mal Nietzsche im Original herhalten: „…die Verkleinerung und Ausgleichung des europäischen Menschen birgt unsere größte Gefahr…wir sehen heute nichts, das größer werden will, wir ahnen, dass es immer noch abwärts, abwärst geht, ins Dünnere, Gutmütigere, Chinesischere, Christlichere – der Mensch, es ist kein Zweifel, wird immer „besser“.

Fazite und Ausblicke

Das erste Fazit dieser Lektion wird von zweien gezogen, die bei vielen nicht auf der Rechnung stehen – von Max Horkheimer und Theodor Adorno. Diese schrieben in ihrem Exkurs 11: „Juliette oder Aufklärung und Moral“: „Die Unmöglichkeit, aus der Vernunft ein grundsätzliches Argument gegen den Mord vorzubringen, nicht vertuscht, sondern in alle Welt geschrieen zu haben, hat den Haß entzündet, mit dem gerade die Progressiven Sade und Nietzsche heute noch verfolgen. Anders als der logische Positivismus nahmen beide die Wissenschaft beim Wort….Indem die mitleidlosen Lehren die Identität von Herrschaft und Vernunft verkünden, sind sie barmherziger als jene der moralischen Lakaien des Bürgertums. ,,Wo liegen deine größten Gefahren?“ hat Nietzsche sich einmal gefragt, „im Mitleiden.“ Er hat in seiner Verneinung das unbeirrbare Vertrauen auf den Menschen gerettet, das von aller tröstlichen Versicherung Tag für Tag verraten wird.“

Nur unter der Berücksichtigung der offensiven Richtlinien eines Nietzsches, wird auf der Rechten ein Politikertyp entstehen können, der mit Geist, Witz und dem Mut zum Tabubruch, bestimmten Populisten der Linken ebenbürtig wäre, selbstredend, ohne ihre niedrigen Inhalte auf gleichem Niveau zu bedienen.

Als der bis zum Jahre 1934 den österreichischen Linksintellektuellen zugerechnete Karl Kraus, angesichts der drohenden Gefahr für sein Land von rechts - und linksaußen, Partei für die nationale und autoritäre Schuschnigg - Regierung ergriff, ward er – im Handumdrehen – vom verbliebenen linken Rest, als Sympathisant des „Austrofaschismus“ gebrandmarkt. So schnell kann das gehen, ein besonders gescheites Wort und schon wird ein Rechter daraus…

Tanja Krienen, Juli 2001

4 Kommentare »

  1. “Wir wollen preisen die angriffslustige Bewegung, die fiebrige Schlaflosigkeit, den Laufschritt, den Salto mortale, die Ohrfeige und den Faustschlag”, postulierte Marinetti und verkündete, “dass sich die Herrlichkeit der Welt um eine neue Schönheit bereichert hat: die Schönheit der Geschwindigkeit.” Der jugendliche Schwärmer, finanziell auf Rosen gebettet, besang einen neuen Menschen, der eine neue Welt schafft, getragen von einer “vielfarbigen, vielstimmigen Flut der Revolutionen in den modernen Hauptstädten” mit ihrer “nächtlichen, vibrierenden Glut der Arsenale und Werften, die von grellen elektrischen Monden erleuchtet werden.” Die Maxime, die Marinetti seinen zerstörerische Superhelden mitgab, lautete: “Schönheit gibt es nur noch im Kampf.” Ein Werk “ohne aggressiven Charakter”, so Marinetti, “kann kein Meisterwerk sein.” Am Vorabend des Ersten Weltkriegs und des Faschismus wirkten seine Thesen wie ein dunkles Orakel: “Wir wollen den Krieg verherrlichen - diese einzige Hygiene der Welt -, den Militarismus, den Patriotismus, die Vernichtungstat der Anarchisten, die schönen Ideen, für die man stirbt, und die Verachtung des Weibes.”…….Dort machte er sich Notizen nach unerfreulichen Besuchen bei Prostituierten und las Friedrich Nietzsche.

    Kommentar von Campo-News — 20. Februar 2009 @ 11:31

  2. Fassung heute.

    Die Facismus-Falle (Mit Nietzsche aus dem Dilemma)

    Kritik an der Massengesellschaft bei gleichzeitiger Stärkung des Individuums, könnte zum Garant einer erfolgreichen bürgerlich-konservativen Politik werden. Der fehlende Wille zur Macht, erweist sich dabei als größter Hemmschuh.

    Mit dem Rücken zur Wand

    Solange geistiger Widerstand gegen den Kampfbegriff der Linken “Antifaschismus” unterbleibt - der für alles herhalten muss, was nicht in das Gutmenschenraster antipsychologischer Utopisten passt – wird sich die Rechte nicht aus dem Schatten der Vergangenheit lösen können. Würde sie den Kampf zur Entlarvung stereotyper und bisweilen infantiler Anwürfe des politischen Gegners parlieren, konternd gar mit dem Florett des Intellekts, geschärft dazu mit philosophischen und historischen Einsichten, wäre mittelfristig ein Sieg in der politischen Mensur, nur durch eine Änderung der Naturgesetze zu verhindern. Dieser Erkenntnisprozess, nebst seiner angewandten Methodik, dürfte partiell ein schmerzhafter für die Rechte werden, müsste sich doch der traditionelle Teil von liebgewonnenen Simplifizierungen verabschieden; ihre Avantgarde aber, sollte imstande sein, ihn lustvoll anzunehmen und offensiv zu leben.

    So wäre ein Abschied tatsächlicher antisemitischer Äußerungen, eine Absage an übersteigert nationalistischen Vorstellungen, eine Verabschiedung des verkrampften und ritualisierten Verhaltens der Religions – und Brauchtumspflege nötig; hingegen eine begründete Gegnerschaft zu unterschiedlichsten Sozialismusmodellen, die Hinwendung zur Rückbesinnung auf eigene Stärken, Wissensaneignung, Mut, Entschluss- und Tatkraft, Verlässlichkeit und unbestechliche Urteilsfähigkeit gefragt; und: es gäbe ihn, den Schlüssel, zur praktikablen Öffnung des wegweisenden Ganges in die Zukunft, - es ist die Philosophie Friedrich Wilhelm Nietzsches.

    Seine kühle Sicht auf das Wesen der Menschen, auf die Entstehung ihrer Gesetze und den Gang der Geschichte, nicht zu vergessen seine tollkühne Umwertung aller Werte, sie liegen noch immer weitgehend unangewendet bereit, als tägliche Gebrauchsanweisung des Lebens zu dienen. Diese hätten im Gegensatz zur Bibel oder anderen (auch politischen) Ersatzreligionen zudem den unschätzbaren Vorteil - doch auch den selbstquälerischen Nachteil - vor sich selbst Rechenschaft ablegen zu müssen.

    Nietzsches Differenzierungen zwischen den Menschen, die Findung der Wahrheit unter dem Schutt falscher Informationen und die Überwindung fauler, eingeschliffener und bequemer Verhaltensmuster zugunsten der Freiwerdung des Willens und der gesunden Instinkte, sind unabdingbare Zugangsvoraussetzung zur Erfassung des Lebenssinnes - und sei es als erschütternder Einblick seiner Nichtexistenz.

    Warum aber wäre es vonnöten, am Begriff des „Antifaschismus“, die inszenierten nebulösen Verwirrungen, durch klare Definitionen zu entwirren? Weil mit dem Fascismus-Vorwurf jede bürgerlich-konservative Haltung diskreditiert und obendrein kriminalisiert wird und es deshalb der genauen Betrachtung bedarf, welche Inhalte mit diesen verbalradikalen Anschuldigungen - die gelegentlich auch zu körperlichen Angriffen führen – verbunden sind, welchen Stellenwert sie für die Linke im politischen Alltag besitzen, wie man ihrem (Un)sinn beikommt und gerade in dieser Diskussion als freiheitsliebender Mensch bestehen lernt. Die Aufnahme ihrer Anschuldigungen und die eloquente Konterkarikierung derselben, vertauschen jedoch die Rollen und brächten krakeelende Demagogen unter der zu führenden Beweislast in die Bredouille.

    Linksextreme, doch leider nicht nur sie, reagieren auf traditionsreiche und beinahe musterhaft zu nennende demokratische Staaten, die dem Willen ihrer Wähler nachkamen und konservative Repräsentanten in Schlüsselposition der Gesellschaft hievten, mindestens trotzig, meist unflätig und durchweg anmaßend, ohne jemals darüber Rechenschaft abzulegen, warum sie einem majoritätsfähigen Teil des politischen Spektrums, quasi per Handstreich, Politikfähigkeit vom Grundsatz her abstreiten. Diesen Regierungen liegt eine klare Auffassung von Recht und Gesetz, von Freiheit, aber auch der Begrenzung dieser für ihre Feinde, wie auch der Durchsetzungsfähigkeit bestimmter administrativer Entscheidungen zugrunde. Doch diese Herangehensweise – eine offensiv demonstrierte Autorität eines funktionierenden und auf demokratischen Mehrheitsprinzipien beruhenden Staatswesens - trägt den Ausführenden nicht selten den bekannten demagogischen Vorwurf ein, sie seien „Faschisten“, zumindest praktizierten sie eine Vorstufe des „Faschismus“, der immer noch in alter dimitroffscher Einfalt, als die „offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ definiert wird.

    Das Wissen um die zivilisatorischen Errungenschaften, die Marx noch im so genannten „Manifest der kommunistischen Partei“ lobpreisend der kapitalistischen Produktionsweise zuschrieb, sind in diesem Teil der Linken aufgrund ihrer intellektuellen Degeneration, ins Dreivierteldunkel desertiert.

    Antifaschisten = pro Pol Pot, Mao, Stalin, Ulbricht, Castro

    Die krude Gleichung Kapitalismus = Faschismus, oder die abgeschwächte aber keineswegs stärkere Variante „Kapitalismus führt letztlich immer zum Faschismus“, hört man natürlich nicht so gerne aus Mündern, die sich abwechselnd für Massenschlächter a la Pol Pot oder Mao, alternativ dazu für Stalin, Ulbricht oder Castro begeisterten. Aber die Gleichsetzung des Kapitalismus mit faschistischen Verhältnissen, erlebt eine beängstigende Renaissance auch über den Bereich kleinkarierter Polit-Sekten hinweg und wuchs jüngst massenwirksam an, auffallend adäquat zur Bereitschaft, die Linke in altbekannter Aktionseinheit zusammenzuführen.

    Gelingt es ein Bündnis gegen die ach so bösartige soziale Marktwirtschaft erfolgreich zu schmieden, werden weitere Diffamierungen folgen. Nötig wäre also, diese adoleszente Haltung der Komintern-Kinder, nicht nur hilflos zu benennen, sondern zudem ihre Gefährlichkeit in Theorie und Praktik zu entlarven; besonders da unter ihnen viele weiterhin die Endlösung der Klassenfrage anstreben, also im Dienst einer Klassenherrschaft Gewalt ausüben möchten, um andere Klassen (oder was man dafür hält), mit der Vernichtung zu bedrohen (physisch oder materiell). Ob freilich Klasse oder Rasse vernichtet werden soll, das, so meinte schon Hannah Arendt, mache keinen großen Unterschied. In diesem Sinne müssten sich also Linke dieses Denkens konsequenterweise als „Linksfaschisten“ bezeichnen lassen, warum sie das aber eher adelt, wird weiter unten beleuchtet.

    Weitere “Sündenfaelle”

    Es wäre außerdem „faschistisch“, so die Altkader des Denkens, wenn z.B. „offene Grenzen“ nicht gewährleistet wären. Deshalb stehe auch nach Meinung dieser aggressiven Minderheit, Deutschland an der Schwelle zum „Faschismus“, die Abschiebepraxis u.ä. wäre ein Zeichen dafür. Besonders schlimm wären selbstverständlich die Verhältnisse an der us-mexikanischen Grenze, die Abschottung der Israelis von den lieben arabischen Nachbarn und neuerdings die Installierung der „Festung Europas“. Der Fascismus hat sich demnach durchgesetzt…

    Todesstrafen sind per se „faschistisch“, so die vorherrschende Meinung, egal wen es trifft, gleichgültig auch was er machte, - uninteressant sei die Gesamtgemengelage sowieso. Einen Nachweis für diesen Standpunkt erbringen die Kritiker der Todesstrafe nicht, ihnen reichen moralische Plattitüden. Kritik an den von Fall zu Fall einkalkulierten Opferverhöhnungen erreicht nur die eigenen Ohren, die Durchgänge zum Verstand bleiben geschlossen. Grauenhafte Detailbeschreibungen lebenslanger Haft werden negiert, minutiöse Beschreibungen mehrminütiger (!) Todeskämpfe hingegen en masse präsentiert. Für die Logik dieses Sachverhaltes interessieren sich wohl nur Störer – die berühmten rechten intellektuellen Unruhestifter!

    Ja, auch die „Herrschaft des Patriarchats“ trüge „faschistische“ Züge, so tönen Feministinnen beiderlei Geschlechts. Geschlechtsunterschiede werden nivelliert, sie auszuleben kommt einem „reaktionären Akt“ gleich. Männliche Sexualität wird en passant als Gewalt apostrophiert, normal-weibliches Rollenverhalten als Verrat an der feministischen Sache gebrandmarkt und feminine Frauen dabei brutal ausgegrenzt. Als der größte Etikettenschwindel der letzten Jahrzehnte entpuppte sich für jene Frauen die Bezeichnung „Feministinnen“, sind sie doch die Adepten des Männlichen, die Machos unter den Weibern.

    Unterschiede zwischen den Menschen festzustellen, sie zu beschreiben oder zu reflektieren wird in die Nähe „faschistischer Anschauungen“ gerückt. Die Menschen unterschiedlichster Länder, Kulturbereiche oder Abstammungen dürfen keine charakterlichen Differenzen, keine auseinanderdriftenden Eigenarten, keine ethnischen Besonderheiten aufweisen – die Menschen haben gleich zu sein! Wer etwas anderes behauptet, den holt die „Antifa“ noch vor dem Morgengrauen!

    Kurios erscheint, dass gerade diejenigen, die sich krampfhaft bemühen, Unterschiede mit Quoten und Dekreten schonungslos tilgen zu wollen, für jede folkloristische Absurdität großmöglichste Toleranz zeigen. Türkische Verhältnisse sind so undenkbar, basiert unser derzeitiges Denken nun mal nicht auf den Einsichten eines aufgeklärten Europäers wie Mustafa Kemal Atatürk! Aber ach, die Türkei ist ja auch „rechtsradikal“, das Militär wacht im Sinne des kemalitischen fortschrittlichen Geistes über die säkularisierten demokratischen Verhältnisse im Staat Türkei, kurzum, - es herrscht praktizierter Fascismus!

    Apropos nationale Besonderheiten: Als Gloria Fürstin von Thurn und Taxis ihre Meinung zur Verbreitung von AIDS in den afrikanischen Staaten mit den harmlosen Worten „Da sterben die Leute an Aids, weil sie zuviel schnackseln. Der Schwarze schnackselt halt gerne“, geradeheraus und unverstellt locker kundtat, nannte dies Michel Friedman blitzschnell aber wohlüberlegt „rassistisch“.

    Barbaren des Geistes?

    Waren denn nun die Anhänger des Fascismus Barbaren aus Überzeugung? Die Begriffsverwirrung „Barbaren“, geboren aus dem Snobismus griechischer und römischer Machthaber und deren Eckermännern, muss an dieser Stelle unaufgelöst bleiben, würde allein die Widerlegung dieser Begriffs - Konfusion den Raum eines ganzen Essays – mindestens – in Anspruch nehmen.

    Gleichwohl fällt – im Gegenteil – auf, wie häufig die artifiziellsten Köpfe ihres Faches, in einem konkreten historischen Moment, im Strom der fascistischen Bewegung ihren Platz fanden. Martin Heidegger, Gottfried Benn, Knut Hamsun, Ernst Jünger, E.M. Cioran, Futuristen, Surrealisten, - diese Personen bildeten eine nicht geringe Bandbreite derjenigen, die sich an der Schnelligkeit des Zeitalters berauschten, die schärfste Wachsamkeit in ihren Beobachtungen demonstrierten, sich mit visionärem Pathos zukunftsweisend beteiligten und dabei immer – auf hohem sprachlichem und inhaltlichem Niveau – mit spirituellem Feuer und großmöglichster Leidenschaft, um Antworten auf die Fragestellungen einer revolutionärer Zeitenwende bemühten.

    Ihr Schweigen in einer fortgeschrittenen geschichtlichen Phase gibt Anlass zu Kritik, diskreditiert jedoch weite Teile ihres Werkes nicht. Literarische und philosophische Meinungen wollen an ihrem Wahrheitsgehalt gemessen sein, nicht an ihren unberechenbaren, manchmal gar metaphysischen Wirkungen. Die Welt tickt nun mal komplizierter, als manche es für möglich halten.

    Cioran irrt doch nicht, wenn er behauptet: „Man ist fertig, man ist ein lebendiger Toter, nicht wenn man zu lieben, sondern wenn man zu hassen aufgehört hat. Der Haß erhält: in ihm, in seiner „Chemie“ wohnt das Geheimnis des Lebens“, oder „Wenn ich Tage und Tage unter Texten zubringe, in denen nur von Gelassenheit, von Beschauung und Verzicht die Rede ist, so packt mich die Lust, auf die Straße zu gehen und den nächsten, der vorübergeht, zusammenzuschlagen.“

    Sind diese großen Gefühle, diese Regungen ohne Reflektion auf ihr unmittelbares Wirken, ein Akt der „Barbarei“, oder ist nicht vielmehr die Verdrängung, die Abtötung spontaner, lebensechter Gedanken (nur dies sind sie zunächst), ein brutaler Versuch einen „vernünftigen“ Massenmenschen heranzuzüchten, der seine individuelle Beschaffenheit – emotionell wie intellektuell - herabzukodieren und zu begradigen und als Ausweis für aufoktroyierte Rechtschaffenheit vorzuweisen, verpflichtet wird?

    Der im siebenbürgischen Hermannstadt (Sibiu) geborene Cioran, weist in seinem Aufsatz „Die neuen Götter“, auf das Wesen der geschichtlichen Abläufe hin und will an dieser Stelle zitiert sein: „Wir mit unseren Zwangsvorstellungen vom Fortschritt und Rücklauf lassen stillschweigend gelten, dass das Übel sich ändere, sei es, dass es abnehme oder zunehme. Die Identität der Welt mit sich selber, die Vorstellung, dass sie verdammt ist, so zu sein, wie sie ist, die Idee, dass die Zukunft den jetzt gültigen Gegebenheiten nichts Wesentliches hinzufügen wird, dieser schöne Gedanke hat keinen Kurswert mehr“. Hier wird Ciorans philosophische Bindung an Nietzsche überdeutlich, denn nichts anderes, als dessen Bild vom Kreislauf und der Wiederkehr des Immergleichen, wird in diesen Sätzen widergespiegelt.

    Also sprach Friedrich Nietzsche

    Nietzsche war es, der den Kreislauf des Lebens beschrieb – zunächst im „Zarathustra“ - und selbst größte Optimisten sollten, seine Philosophie beherzigend, zu der Einsicht gelangen, maximal von einer flach ansteigenden Spirale der Menschheitsgeschichte zu reden.

    Der Wille zur Macht, so Nietzsche, wäre zudem die Triebfeder des Menschen, die seinem tiefsten Innern entspringt: „Der siegreiche Begriff „Kraft“, das „Du sollst“, will Nietzsche in ein selbst bestimmtes „Ich will“ umwerten - nur so kann der Mensch zu sich selbst finden und seine Umwelt aktiv gestalten, - aus der „Genealogie der Moral“: „Der aktive, der angreifende Mensch ist immer noch der Gerechtigkeit hundert Schritte näher gestellt als der reaktive;…Tatsächlich hat deshalb zu allen Zeiten der aggressive Mensch, als der Stärkere, Mutigere, Vornehmere, auch das freiere Auge, das bessere Gewissen auf seiner Seite gehabt: umgekehrt errät man schon, wer überhaupt die Erfindung des „schlechten Gewissens“ auf dem Gewissen hat, - der Mensch des Ressentiment!“

    In der gleichen Schrift heißt es weiter: „Die von vornherein Verunglückten, Niedergeworfenen, Zerbrochenen – sie sind es, die Schwächsten sind es, welche am meisten das Leben unter Menschen unterminieren, welche unser Vertrauen zum Leben, zum Menschen, zu uns am gefährlichsten vergiften und in Frage stellen…; hier spinnt sich beständig das Netz der bösartigsten Verschwörungen, - der Verschwörungen der Leidenden gegen die Wohlgeratenen und Siegreichen, hier wird der Aspekt des Siegreichen gehasst. Und welche Verlogenheit, um diesen Haß nicht als Haß einzugestehn!…alles, was sich heute als “guter Mensch“ fühlt, ist vollkommen unfähig, zu irgendeiner Sache anders zu stehn als unehrlich-verlogen…Diese „guten Menschen“ – sie sind allesamt jetzt in Grund und Boden vermoralisiert und in Hinsicht auf Ehrlichkeit zuschanden gemacht und verhunzt für alle Ewigkeit.“

    Schon vier Jahre zuvor (1883) hatte Nietzsche im „Zarathustra“ seine revolutionären Einsichten förmlich in die Welt geschrieen: „Und was für Schaden auch die Bösen tun mögen: der Schaden der Guten ist der schädlichste Schaden!…Den Schaffenden hassen sie am meisten: den, der Tafeln bricht und alte Werte, den Brecher, - den heißen sie Verbrecher. Die Guten nämlich – die können nicht schaffen: die sind immer der Anfang vom Ende: -…,,Zerbrecht, zerbrecht mir die Guten und Gerechten!…Ihr flieht vor mir? Ihr seid erschreckt? Ihr zittert vor diesem Worte?…Alles ist in den Grund hinein verlogen und verbogen durch die Guten…. Die Schaffenden sind hart…Diese neue Tafel, o meine Brüder, stelle ich über euch: werdet hart!“ - Gerade der Mensch von heute erschrickt bisweilen über den Jargon, über die Diktion, mit der Friedrich Nietzsche „mit dem Hammer philosophiert“ und doch kann unser liebenswürdiger „Herzensfritz“, wie ihn seine Mutter immer nannte, nichts für den Wahrheitsgehalt dieser Aussagen.

    Die stringent daherkommenden Worte kamen der Alltagsbildung abhanden, ausgesondert durch eine gefährliche Pisagogik, denn – und hier muss noch mal Nietzsche im Original herhalten: „…die Verkleinerung und Ausgleichung des europäischen Menschen birgt unsere größte Gefahr…wir sehen heute nichts, das größer werden will, wir ahnen, dass es immer noch abwärts, abwärst geht, ins Dünnere, Gutmütigere, Chinesischere, Christlichere – der Mensch, es ist kein Zweifel, wird immer „besser“.

    Fazite und Ausblicke

    Das erste Fazit dieser Lektion wird von zweien gezogen, die bei vielen nicht auf der Rechnung stehen – von Max Horkheimer und Theodor Adorno. Diese schrieben in ihrem Exkurs 11: „Juliette oder Aufklärung und Moral“: „Die Unmöglichkeit, aus der Vernunft ein grundsätzliches Argument gegen den Mord vorzubringen, nicht vertuscht, sondern in alle Welt geschrieen zu haben, hat den Haß entzündet, mit dem gerade die Progressiven Sade und Nietzsche heute noch verfolgen. Anders als der logische Positivismus nahmen beide die Wissenschaft beim Wort….Indem die mitleidlosen Lehren die Identität von Herrschaft und Vernunft verkünden, sind sie barmherziger als jene der moralischen Lakaien des Bürgertums. ,,Wo liegen deine größten Gefahren?“ hat Nietzsche sich einmal gefragt, „im Mitleiden.“ Er hat in seiner Verneinung das unbeirrbare Vertrauen auf den Menschen gerettet, das von aller tröstlichen Versicherung Tag für Tag verraten wird.“

    Nur unter der Berücksichtigung der offensiven Richtlinien eines Nietzsches, wird auf der Rechten ein Politikertyp entstehen können, der mit Geist, Witz und dem Mut zum Tabubruch, bestimmten Populisten der Linken ebenbürtig wäre, selbstredend, ohne ihre niedrigen Inhalte auf gleichem Niveau zu bedienen.

    Als der bis zum Jahre 1934 den österreichischen Linksintellektuellen zugerechnete Karl Kraus, angesichts der drohenden Gefahr für sein Land von rechts - und linksaußen, Partei für die nationale und autoritäre Schuschnigg - Regierung ergriff, ward er – im Handumdrehen – vom verbliebenen linken Rest, als Sympathisant des „Austrofaschismus“ gebrandmarkt. So schnell kann das gehen, ein besonders gescheites Wort und schon wird ein Rechter daraus…

    Tanja Krienen, Juli 2001

    Kommentar von Campo-News — 24. Januar 2015 @ 08:28

  3. Tanja Krienen Heidegger. Der Gesichtsschnitt weist ihn als Hüttenschwitzsitzer aus, aber er will beachtet sein, ohne Frage. Als sich Hannah Cash-Arendt und er ausschwitzten, “ausjasperten”, wie sie kichernd feixten, beschlossen sie, keine Kinder in die Frankfurter Schule zu schicken, sondern Heidegger zum Barbier, was der entschieden, “sehr entschieden, zum Teufel auch”, abgelehnt haben soll. Die Quintessenz der Begegnung legten beide im kleinen, nie veröffentlichen und bis heute unauffindbarem, sozusagen verschollenem Büchlein “Finis Mania” dar. Die Hasenscharte Jürgen Habermas geht darauf zurück, wie auch seine Bejahung der “Knittischen Theorie”.

    https://der-kleine-akif.de/2019/01/25/13-milliarden-kleine-negerlein/?fbclid=IwAR1vyspu1JLwBs2D4gW_09xUmHgGd4EUl1IV8_UkvJuZzNakr3fVwlHZyNE

    https://www.focus.de/politik/deutschland/polizeischutz-fuer-afd-mitbegruender-video-zeigt-heftigen-protest-bernd-lucke-muss-aus-seiner-ersten-lesung-fluechten_id_11242689.html?fbclid=IwAR0OfMqXYkctkvkt7IHV78gwDiHm0qeYfih8riAWufw1qSrtsObTx2nc6TU

    Kommentar von Campo-News — 19. Juli 2017 @ 15:31

  4. https://www.pi-news.net/2022/04/star-philosoph-julien-rochedy-zieht-dem-mainstream-die-fuesse-weg/

    Kommentar von Campo-News — 14. April 2022 @ 08:30

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