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14. Dezember 2008

Reimmahr

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 20:29

Am Samstag weilte ich in Weimar, rundumdete ein halbes Dutzend Mal den „GoetheBrunnen“, nachdem ich schnell zur „Villa Silberblick“ hochstratzte (aber Zarathustra nicht sah, wie schon andere 110 Jahre zuvor vor auch nicht), während KHF nach irgendwelchen kulinarischen Fressalien west-fälischer Art Ausschau hielt - und fand es wie immer ziemlich schön.

Ja, Weimar. Noch immer bestimmen dort interpretierende Schleimer jene Reimer, die sich die deutsche Literatur und die sie durch die Gezeiten begleitenden Kanon(nen)-donner zurechtlegen wie die Anhänger Thors, nach dem die Thoringer, die heutigen Thüringer benannt, es beliebten: recht unchristlich, maulfaul.

Jedenfalls: Es war mir angesichts der Kälte nicht nach Foto-Schießerei, war mir aber auch nicht einerlei, aber Nietzsches renovierungsbedürftiges und derzeit geschlossenes Haus bedrückte mich doch sehr (es regte sich nichts hinter den 19ten Jahrhundert Vorhängen, nicht einmal das schrille Lachen seines Besitzers drang lauter als ein Sterbenswort an meine Ohren) und weil ja auch von Schiller kein Skelett mehr schillert, aber Nietzsche kaum noch stattfindet, Weimar also seitdem immer mehr götet und schillert und schillert und götet (man beschmutze sie mir nicht mit derbem Spotte), beobachtete ich – sie waren hülfreich in der bekannten Szenerie – Russen, die verdrussen, spielten Balalakei und wurden stündlich reiker.

Mag sein, ich schiebe Fotos nach doch jetzt will ich, weil dies nicht zu überbieten, den alten

Röckener und Weimarer Bilderbogen

verlinken, dazu auch meinen Erlebnisbericht, den ich 2000 niederschrieb -

Neulich am Nietzsche-Grab (Bericht einer unbedarften Tochter) –
Unna, im Sommer 2000, dem Jahr unseres Herrn Friedrich Nietzsche

DAS hier muss ich euch unbedingt erzählen!

Ja, ein seltsames Gefühl beschlich mich schon; angstvoll fuhr ich mit meinem Paps über die Grenze bei Eisenach. Das Radio suchte sich wie von Geisterhand MDR-Radio Thüringen aus, - ich zitterte! Doch irgendwann erreichten wir unser Ziel Röcken. Das liegt in der Nähe von Leipzig und man kann die Leute tatsächlich noch verstehen.

In dem Dorf Röcken jedenfalls, wurde vor langer Zeit der Philosoph Friedrich Nietzsche geboren. Das soll ein ganz armer kranker Mann gewesen sein, mit vielen Kopfschmerzen von der Syphilis, wie Paps meinte, und zum Schluss hat er ein Pferd umarmt und ist dann wahnsinnig geworden. Und jetzt das Allerkrasseste: Am 25. August ist er 100 Jahre volltot! Das ist sicher schön für ihn, weil er immer traurig war, aber gefährlich leben wollte oder so ähnlich. Dabei wanderte er eigentlich nur sehr viel, dachte nach und schrieb. Er war wohl auch nicht so sehr christlich.

Außerdem hatte der arme Herr Nietzsche eine böse Schwester, Elisabeth hieß die. Als sie Kinder waren, sollen sie miteinander richtig rumgeknuddelt haben, doch als er später krank war, hat sie oft Tinte über seine Arbeiten geschüttet, wenn ihr was nicht passte, so dass es keiner mehr lesen konnte. Sie war nämlich ein Nazi!

Und stellt Euch vor: Gerade kuck ich wo man ihn verbuddelt hat, da gings auch schon richtig ab.

Am Grab
(Jamben für die äußersten Planetenbahnen)

Nie dringt ein Laut aus dieser Erden
Unheimlich dunklen tiefen derben.
Sie lässt nur ahnen wie die Zeit
Es treibt, in der Unendlichkeit.

Des Ortes schwerelose Leere,
Durch schweigend Sinnen noch vermehre,
So rieche, - nein! - so spür ich hier
Ein lebend - giftig Elixier.

Ach! – diese Luft! – der Grabesduft
Die liebe wohl vertraute Gruft,
Lässt mich hier tanzen, singen, springen,
Vollendetes zu Werke bringen.

Da donnert´s laut, das Grab bricht auf,
Jetzo schnell weg, - ich denk nur: “Lauf!”
Doch schon packt Lisbeth meinen Schopfe,
Dass sie mich auf den Kopfe klopfe.

Dann hält sie inne, steht ganz starr,
Stumpf glänzt das leichengraue Haar.
Nun schweigt das Tier und selbst der Baum –
Angstvolle Wahrheit, - niemals Traum!

Der Schnauzbart und die wachen Augen!
Er ist´s!!! Gehört – ich könnt´s kaum glauben!
Gewandt zur Schwester dröhnt es raus:
“Ha! – Hör! – Dein schmutzig´ Spiel ist aus!

Du schlepptest mir den Pöbel an –
Antisemit und Priester-Mann.
Gabst Hitler meinen Wanderstock:
Her mit dem Hammer und dem Pflock!

Den schlag ich freudig Dir ins Herz –
Ins Schwesterherz, - als Bruderscherz!
So will ich lustig sein mit Dir.
Halt ein, - die Sinne schwinden mir!

Geschwiegen hab ich Hundert Jahr,
Tot lag ich dort; zu lang fürwahr!
Doch! – Rühr dies Kind hier niemals an!
Sieh her! Ich mach ein Zeichen dran!”

Er dreht sich langsam zu mir her;
Die Totenkralle kratzt dann sehr.
Auf meinem Bauch, dem braunen warmen,
Die Schlange prangt, - des Teufels Namen!

“Das Tier zum höchsten Zorne Gottes,
Gebührt dem ersten Weib des Spottes.”
Es schaut mich Friedrich an und lacht:
“Tanja, mein Sternchen, - gutgemacht!”

“Also sowas!”- sprach ich und ging.

Es war Mittag.

Dann hab ich mir mal alles bei Lichte angesehn. Schöne Bescherung! Die Schwanzspitze kann man eigentlich niemandem zeigen. Es ist also insgesamt eine mittlere Katastrophe, wie Ihr Euch leicht denken könnt. Na, wenigstens hat der tapfere Herr Nietzsche seiner Schwester mal die Meinung gesagt! Doch was hatte ich da überhaupt mit zu tun?

Herrjeh! Jetzt muss ich aber wirklich Schluss machen, Mehmet kommt grade rein und will natürlich die Schwanzspitze sehn!

Tschüss! Eure Tanja

weinmahr.jpg

1 Kommentar »

  1. In den obigen Beitrag habe ich ganz unten nun das Foto “Weinma nicht” eingefügt. Entstanden ist am Samstag, den 13. Dezember 2008 in der Fußgänger-Zone um ca. 16.00 Uhr Ostzeit, wenngleich die dumme, unbeherrschbare technische Anzeige etwas anderes sagt.

    Kommentar von Campo-News — 15. Dezember 2008 @ 10:14

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