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28. August 2005

Good bye DDR

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 15:25

In dieser Woche läuft eine neue ZDF-Serie an, die sich mit dem Leben in der ehemaligen DDR befasst und „Good bye DDR“ heißt. Mal abwarten.

Von Tanja Krienen

Zu diesem Komplex aber schrieb ich im CAMPO Nr. 2 dies und das, und da ich den Mittelteil des Artikels zum Irak-Krieg schon zitierte, kürze ich ihn weg, zumal er hier komplett nachgelesen werden kann. Das eigentliche Thema aber war – nun ein bisschen ergänzt und neu illustriert:

Good bye, Kosmonaut

Affenschande

Amerika stopft Affen in die Satelliten
Und jagt sie halb-lebendig in den Raum
So etwas kann man heut nur Affen bieten
Denn einem Menschen imponiert das kaum

Laßt die Schimpansen doch in Ruh
Und lernt vor allem Eins dazu:
Im Weltraum siegte die SU

Seit Titow und Gagarin um die Erde zogen
Gilt es für alle Welt als klarer Fall
Die Kommunisten habe uns noch nie betrogen
Sie schicken auch den Dritten in das All

Laßt die Schimpansen doch in Ruh
Und lernt vor allem Eins dazu
Im Weltraum siegte die SU

Lesser/Kahlau, 1961, DDR

Liebknecht, Luxemburg und Lenin

ER: ein Wirrkopf von mittleren Maßen
Er suchte das Menschenheil auf den Straßen
Armer Kerl: es liegt nicht da

SIE: der Mann von den zwei beiden.
Ein Leben voll Hatz und Gefängnisleiden.
Sie hatte die stärkste Manneskraft

Sie ruhen in Frieden.

Kurt Tucholsky


„Aber es gibt Niederlagen die Siege sind, und Siege, verhängnisvoller als Niederlagen“, philosophierte optimistisch der geschlagene Führer der knapp zwei Wochen zuvor frisch gegründeten KPD, Karl Liebknecht, um drei Tage später - vereint mit Rosa Luxemburg - die nur größtmöglichste Niederlage zu erleiden und spätestens in diesem Moment feststellen musste: Zumindest die unmittelbaren Folgen einer Niederlage, sind in ihrer direkten Wirkung meist keinen Deut mehr, als die spürbaren Folgen einer Niederlage! Mit aber genau diesem, eingangs zitierten, „dialektischen“ Kniff, der nichts war als eine semantisch gut verpackte Lüge, die als Hoffung und zurechtgebogene Option in verschiedenen Gewändern immer wieder herhalten musste, wenn Niederlagen nicht als das erscheinen durften, was sie waren - mit dieser Lüge der „frohen Botschaft“ kommender Veränderungen also, geboren in der heißen Asche, aus der ein „Funke heiß sich regt“, verkündete man zuversichtlich den zukünftigen, endgültigen Sieg. So führte man einen „Siegreichen Abwehrkampf“ nach dem anderen, bis in die Zeit jener ideologischen und staatlichen Katastrophen, die wir mit dem Jahr 1989 verbinden und die sich bis in unseren Tagen, im Niedergang unbelehrbarer, und nach wie vor im Karl-Liebknecht – Haus residierender, autoritätsgläubiger Parteigänger, zeigt.

Das Völkerrecht habe man gebrochen, so die einhellige Allianz der Amerikafeinde von rechts bis links, das ach so gute Völkerrecht, in dessen Namen noch jedwede Duldung und Nichteinmischung in die Angelegenheiten von Diktatoren und Menschenschindern begründet wurde. Den Rechten waren diese Fragen ohnehin ziemlich egal, weshalb sie auch nicht das große Ärgernis darstellen, da eine politisch-moralische Erwartungshaltung an sie von vornherein nicht gegeben war. Enttäuscht haben weite Teile der Linken, legen wir also die Hoffnung ab, Analysefähigkeit und Verstand wären in einem politischen Spektrum, das sich selbst als theoretisch gebildet sieht, noch eher gegeben – leider bleibt hier nur das Wort „theoretisch“ - und zwar als enttäuschende Möglichkeit, die jeden praktischen Nutzen vermissen lässt.

Besonders aber die ostdeutsche Bevölkerung machte unter dem Einfluss alter Losungen einen konfusen Eindruck, fast so, als habe sie jetzt den trotzigen Mut gefunden, die leeren Parolen des alten Regimes, doch noch beherzigen zu wollen. Kurios zudem, dass sich zeitgleich einer der erfolgreichsten deutschen Filme der letzten Jahre „Good Bye, Lenin“, mit der Ausklammerung der Realität im ersten Wendejahr zu Gunsten des Gefühlshaushaltes einer sterbenskranken Frau beschäftigte, der man – da sie kurz vor der Maueröffnung ins Koma gefallen war – die Wirklichkeit nicht zumuten wollte. Das Lachen blieb einem im Halse stecken, weil die Verleugner der Realität, für jemanden, der stets mit ihnen zu tun hat, so aktuell sind wie eh und je und also unverändert erscheinen.

Der Traum ist aus

Am Liebsten wäre er Kosmonaut geworden, schrieb Karsten Krampitz in seinem Roman „Der Kaiser vom Knochenberg“. „Kosmos und Kommunismus“ hieß jene verheißende Formel, die Träume, Weltherrschaftspläne und modernes Leben in den Ländern des „real existierenden Sozialismus“ symbolisierte, und über den Alltag hinweg trösten sollte. Der Film „Good Bye, Lenin“, der von knapp 6 Millionen Menschen gesehen wurde, spiegelte die Hoffnungen, die in der Erschließung des scheinbar neben der Wirklichkeit bestehenden Universums gesetzt wurden, anschaulich wieder und billigt dem Helden des Kosmos eine Rolle als nationale Instanz zu - über den Ereignissen stehend, als ein Gott der Politik. Versprach man früher den Himmel auf Erden, ward hier der umgekehrte Fall demonstriert. Dabei ist doch seit der 2. Intifada und allerspätestens seit dem 11.September 01 klar: Zu jeder Zeit kann die Erde zur Hölle werden! Vielleicht wären 9,99 % der Deutschen damit nicht einverstanden (wie zur Zeit der Olympischen Spiele 1936)…

Die kitschige Mischung aus gespielt naiver Friedenssehnsucht und Kommunismus, bei gleichzeitiger autoritärer Machtausübung, scheiterte nicht nur aus philosophischer Schwäche, war es doch vielmehr der „Wille zur Macht“, der alternative Ansichten wie die von Schopenhauer, Nietzsche, Adorno, Horkheimer und vielen anderen in die Gelehrtendiskurse, nicht aber unter das Volk brachte.

Viele Niederlagen ergeben keinen Sieg – dies dürfte jetzt wohl auch jenen dämmern, die Sprüche am rechten Ort, zur rechten Zeit, noch immer gesellschaftspolitischen Analysen vorzogen. Ihre Zeit ist vorbei, ihr Kredit verspielt, ihre Ideologie ohne Unterfütterung – ja und selbst ihre vorzeigbaren Gestalten, die den Ruhm kurzlebiger Phantasien beflügelten, haben uns nichts mehr zu sagen. Endgültig. Der Nachthimmel ist schwarz und der Sputnik fliegt längst nicht mehr. Good Bye, Kosmonaut!

Fotos aus dem Band „50 Jahre DDR“, Aufbau-Verlag:

6 Kommentare »

  1. Sie meinen sicherlich “50 Jahre DDR”, von Günther Drommer.

    Jedenfalls sehr bedrückend die Betrachtung der Bilder, die Rückständigkeit, Verfall, totales Wirtschaftsdesasterund völlig demotivierte Menschen dokumentieren: Es ist das zwingende Resultat jeglichen Sozialismus.

    Und diese Menschen erdreisten sich uns heute Nachhilfeunterricht in Wirtschaftsfragen zu geben. “Wir sollten von der DDR lernen” - hörte ich gestern den Teufel Gysi im deutschen Fernsehen sagen. Reallohnerhöhung in Zeiten enormen Wettbewerbsdruck: Ein Todesurteil für die deutsche Wirtschaft. Kein vernünftiges Wort zur Finanzierungsfrage des an die Verheissungen des Paradises erinnernden Wirtschaftsprogramms. Nur dummdreiste Ausflüchte. Selbst der Reporter konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.

    Nur Grund zum Schmunzeln gibt es nicht. Diese Leute wollen unsere Nation nicht kurieren sondern es gemäss dem marxistischen Erlösungsmessianismus zur Eskalation kommen lassen. Niemals in der Geschichte der Bundesrepublik konnte der Totalitarismus jemals so viele Menschen mobilisieren. Die nur durch die deutsche Einheit zustandegekommene Katastrophe wird bedrohlich hohe innen-, aussen- und wirtschafspolitischen Kosten zeitigen. Unser Ansehen im Ausland sinkt, Investoren verweigern sich, und die nötigen Reformen werden verzögert und planlos durchgeführt werden - wenn überhaupt.

    Kommentar von nfreimann — 29. August 2005 @ 01:28

  2. Ich stimme ihnen inhaltlich völlig zu und: Wir können prinzipiell nichts von den ehemals dort herrschenden Prinzipien, die leider durch “Vererbung”, will sagen alltagskulturgebundene Verhaltensweisen, weiter gegeben werden.

    Aber das Buch heißt wirklich “Die DDR wird 50” und ist von Volker Handloik und Harald Hauswald herausgegeben. Die Bilder darin erinnern in der Tat an den schrecklichen, salopp gesagt asozialen Alltag in der DDR, in denen mindestens 50% der Menschen nach herkömmlichem westlichen Standard in Abbruchhäuser lebten. Das haben anscheinend knapp ein Drittel der Bürger vergessen – jedenfalls scheint dies das Wahlpotenzial der neuen SED zu sein, zumindest wenn das wohlhabenere Drittel im Urlaub außer Landes ist, und bei Wählerbefragungen fehlt. Unter dem Strich schrumpf dann die Zahl der letztlich uneinsichtigen, oft künstlich, resp. ideologisch Frustrierten (denn wieso sollte der Luxus-Linke La Fontaine schon frustriert sein, wenn nicht über seinen Groll gegen Schröder) auf kaum 20%. Würden man eine TK-Kampagne mit solchen Bildern machen, kämen sie noch auf 10%.

    Grüße, TK

    Kommentar von Campo-News — 29. August 2005 @ 07:25

  3. Vorher - nachher

    Kommentar von Campo-News — 28. September 2010 @ 12:01

  4. Unfassbar http://www.focus.de/immobilien/wohnen/keine-vermietung-an-touristen-berlin-attackiert-rechte-von-wohnungseigentuemern_id_3450626.html

    Kommentar von Campo-News — 4. Dezember 2013 @ 17:41

  5. http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/plattenbauten_und_eine_rote_flagge

    Kommentar von Campo-News — 13. April 2015 @ 13:55

  6. http://www.achgut.com/artikel/die_spaete_rache_der_linken_am_vereinigten_deutschland

    Es existiert wohl derzeit kein Lebensbereich, der nicht massiv politisiert wird. Sei es beim Sport, in der Kultur, vor allem aber in den Medien, trieft es bis zum Fremdschämen. Vorbei der Wille zum offenen Disput, zum freien Wort oder zur ergebnisoffenen Recherche. Kaum ein Bericht, der nicht sichtbar eine gelenkte Meinung offenbart. Es ist nicht übertrieben festzustellen, dass selbst in der DDR das alltägliche Leben weniger politisiert war, als es sich in Deutschland 2017 zeigt.
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    Dietrich Kantel
    Dietrich Kantel Deinen letzten Satz ziehe ich allerdings in Zweifel, Tanja
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    Verwalten
    Tanja Krienen
    Tanja Krienen Genau lässt es sich nicht messen, aber die Penetranz, mit der heute ALLES in einen bestimmten politischen Rahmen eingefügt wird, kommt dem sehr nahe. Vielleicht war alles in der DDR nach 25,30 Jahren selbstverständlicher Alltag und wir empfinden manche Dreistheiten noch als neue Zumutung. Anderseits aber war in der DDR der Alltag sehr normalisiert und wurde nicht anders gelebt als im Westen. Klar, überall hingen Schilder, die “Wir packen das” in die Welt schrieen, aber das wurde doch meist belächelt. Aber vor keinem Fußballspiel gab es “Antiwest-Kampagnen” wie jetzt in der Bundesliga, wo Vereine wie Fortuna Düsseldorf, St. Pauli usw. mit Politparolen auf dem Hemd auflaufen. Ich kann mich auch an keine Sportleraktion gegen einen US-Präsidenten erinnern, wie es jetzt Hertha BSC machte. Ebenso fehlten ähnliche Aktionen wie jetzt gegen angeblichen Sexismus. Die Menschen haben doch weitgehend nach herkömmlichen Verhaltensmustern gelebt. Und die Nachrichtensprecher haben natürlich die Linie der Partei vertreten, aber nicht so pampig, so schonungslos subjektiv mit der Pose des Anklägers. So offen ging es nur im Schwarzen Kanal zu. Hierzulande geschieht das inzwischen überall. So zumindest mein Eindruck.
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    2
    · 32 Min
    Verwalten
    Judith Doerfert
    Judith Doerfert Tanja, damit hast Du vollkommen recht. Die Parolen auf den Transparenten konnte man optisch ausblenden und der Alltag war nicht halb so politisiert wie heute.

    https://www.youtube.com/watch?v=ZLDEfysyPDo

    https://www.youtube.com/watch?v=ZIzvhZXhnlM

    https://www.youtube.com/watch?v=w0qBBE5surQ
    https://www.focus.de/politik/deutschland/westdeutsche-glorifizieren-die-ddr-bekloppt-abartig-die-fdj-marschiert-wieder-aktion-macht-anwohner-fassungslos_id_12215399.html

    Kommentar von Campo-News — 6. Oktober 2017 @ 11:04

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