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17. August 2005

Bramarbas

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 18:30

Bis zum Wahltag wird uns dieses Thema als “Wiederkunft des Immergleichen” - frei nach Nietzsche - begleiten.

Text und Foto von Tanja Krienen

Wer ist eigentlich der Herr Dr. Gysi, dem manche ein böses Wort hinterherwerfen, obwohl er sich doch weigert ein „temporär begleitender Beobachter mutmaßlicher Anti-Gerechtigkeitsbefürworter“ gewesen zu sein!?

Nein, nicht Barnabas. Der starb – man weiß es nicht so genau – am Kreuz (in der Anthony Quinn – Version) oder durch Steinigung. Sprüche gibt es: „Barnabas / macht Baum und Dächer nass.“ „An Barnabas die Sonne weicht, / an Lucia wieder her sie schleicht.“ – und einer wurde nach ihm benannt Ronald Barnabas Schill. Doch wer ist Bramarbas? Er vielleicht?


Foto: Tanja Krienen-Archiv

Da steht er nun. Das Kinn vorgereckt, der Anzug grau, das Getränk: ein Glas Wasser! Immerhin: ein fast gefülltes Glas Wasser. Ein üppig gefülltes Glas Wasser! Luxus! Die hohe Kopfstimme sirrt bis an den letzten Tisch. Wer nicht auf die Worte hört, empfindet „das Geräusch an sich“ ähnlich einer Säge, einer kleinen zwar, aber immerhin doch einer Säge - Kreis, - Kreisch, - oder Nerven, oder: alles zusammen. Es ist aber keine, sondern, was man irgendwann bemerkt, manchmal auch nur ahnt: seine Stimme.

Gysis Brille kuckt schlau…und schelmisch. Er feixt mit Ansage. Er spielt sich sein Publikum zurecht. Er wird manchmal auch inhaltlich verstanden. Wenn sie ihn verstehen, klatschen sie, johlen sie mitunter – in Absprache besonders gern in sozialdemokratischen Fernseh-Studios. Der Moderator lächelt dann süffisantsibel. Verstehen sie ihn nicht, lächeln sie trotzdem weiter – irgendwer wird es schon lustig finden und morgen im „Roten Reporter“, der auch “Super-Illu-Roter Reporter“ oder „Roter Reporter in BILD“ heißen kann, kommentieren.

Gysi will lustig sein. Die Gags liegen bärtig auf dem Tisch. Er weiß das, lacht konzentriert an den Stellen, die dazu da sind - und hat sich vorsorglich glatt rasiert. Frohsinn innerhalb des Puhdys, Karat und Silly-Zirkels, dort unten, wo nicht einmal das Licht einen Schatten wirft. Froher wirken nur Herr Maurer und Herr Ernst, der ja auch schon so heißt. Die Arbeiter-Avantgarde als höchste Steigerung einer Burlesken in mehreren Akten.

Die deutschen Rentner gingen seit neuestem geduckt und sähen wenig optimistisch aus, im Gegensatz zur Nachkriegsgeneration, psychologisierte Gysi neulich in „3 nach 9“ (womit nicht gesagt ist, es säßen dort Neunmalkluge lachend, schmunzelnd und sich liebend herum, sondern nur Giovanni Lorenzo, Amelie, die friedfertige, und ein paar „Gäste“ - wie seriös eine Arabella Kiesbauer neben Gysi wirkte, war wirklich beachtlich – wenig erstaunlich, ganz nebenbei, dass das einzige anwesende künstlerische Talent, Andreas Dorau, in diesem Milieu unterging).

Ja, Gysi war krank und hat nun viele Teile in seinem Körper, die eigentlich nicht da hinein gehören (und die im Sozialismus auch erst nach seinem Tod erfunden worden wären). Was wir auf dem CAMPO beobachten konnten, haben wie ja schon geschildert Neuwahlschock Gysi im Krankenhaus

“Das Verfahren gegen Erich Honecker war zu keinem Zeitpunkt rechtsstaatlich…Das aber bedeutet, dass auch die unglückseligen, sogenannten Mauerschuetzenprozesse eingestellt werden muessen.” PDS-Info Nr. 663, vom 13.1.1993

So eine Hetze aber auch, wenn man Herrn Gysi fragt, wo die 6 Milliarden (!) SED-Vermögens geblieben sind: Bei den Genossen? Bei den Islamisten?
Finanzierungen
SED-Vermögen
Das wahre Gesicht der SED

War Gysi Stasi-Spitzel? Ach was, wenn dann sicher nur „temporär begleitender Beobachter mutmaßlicher Anti-Gerechtigkeitsbefürworter“ Die ganze Geschichte

Gysi räsoniert, rennomiert, schwadroniert, bramarbasiert, barbarisiert und kommuniziert, wenn der Tag so lang ist, wie der Sprecher langweilig:

“Sozialistische Politik nach dem Untergang des Staatssozialismus bedeutet, die Entwicklungspotentiale des Wettbewerbs in Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Bildung, Medien und Kultur von der Dominanz der Kapitalverwertung zu befreien bzw. sie davor zu bewahren und ihre patriarchale Verfaßtheit zu überwinden. Mit einer Kette aggressiver Reformen hat der Neoliberalismus in den letzten zwanzig Jahren den Abriß des fordistischen Wohlfahrtskapitalismus begonnen. Wer den neuen Bedrohungen begegnen will, darf nicht zulassen, daß sie sich gegen jene richten, die sich am wenigsten dagegen wehren können. Dazu bedarf es eines neuen Gesellschaftsvertrages. Die Macht der Politik hängt wesentlich von den Kräfteverhältnissen in der Gesellschaft und vor allem in der Wirtschaft ab. Es geht um einen neuen Entwicklungsweg, der den sozial gebändigten Kapitalismus der Nachkriegszeit ablöst. Es steht nicht weniger als der Umbau der Weltgesellschaft selbst auf der Tagesordnung.“ (aus Gerechtigkeit ist modern Eine notwendige Antwort auf Gerhard Schröder und Tony Blair. Gregor Gysi: Zwölf Thesen für eine Politik des modernen Sozialismus Herausgegeben von der Bundesstiftung Rosa Luxemburg August 1999).

Richtig, deshalb zur Erinnerung - Was die neue SED wirklich will

3 Kommentare »

  1. ein grosses Lob ihrer permanenten Auseinandersetzung mit dem linken Hauptfeind unser freiheitlich demokratischen Grundordnung. Andere Blogs schiessen sich immer noch auf den Islam ein, und nur ihrer legt permanent den Finger in die offene Wunde der durch die deutsche Einheit eingedrungenen kommunistischen Kräfte.

    Nur auf einen Aspekt der zitierten Hetze des sein Adolf Hitler fürchterlichesten deutschen Demagogen sei eingegangen:

    “die Entwicklungspotentiale des Wettbewerbs in Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Bildung, Medien und Kultur von der Dominanz der Kapitalverwertung zu befreien”

    das erinnert mich an die bildungspolitischen Vorstellungen der Kommunisten, wonach wirtschaftliche Einflüsse aus dem Bildungsbereich zugunsten “gesellschaftlicher” zurückgedrängt werden sollen.

    Was “gesellschaftlich” ist könne wir uns denken leicht. Die letzten namhaften Wissenschaftler werden entfernt, eingesperrt oder gleich erschossen, aber darauf will ich nicht näher eingehen, sondern die ganze Sache einmal aus der Sicht eines Arbeitssuchenden betrachten, wobei ich unterstelle, dass unter den Lesern des Blogs ein paar jung Menschen sind, denne geholfen werden soll.

    Jeden Tag gehen tausende von Bewerbungen des akademischen Nachwuchs bei Personalvermittlungen ein. Nur noch selten wird ein Vermittlungsangebot gemacht.

    Warum?

    Die Wirtschaft sucht “fertige Leute” (eine Formulierung die ich auch heute vom Klienten zu hören bekam), also solche, die nicht 5 Jahre gecoached werden müssen, was einer sehr hohen Investition mit ungewissen Aussichten gleichkommt. Nach den 5 Jahren haben wir dann sehr oft ein Profil, dass, weil die Studienschwerpunkte nun einmal anders waren, von sich behauptet eigentlich etwas “besseres” zu sein: frustriert, demotiviert und damit oftmals ein low performer.

    Die akademische Welt, so wie sie ist, generiert keine “fertigen Leute”. Ich rede hier nicht von Historikern, Politologen, Soziologen usw., die sich mit ihrem Studium sowieso freiweillig für die Dauerarbeitslosigkeit qualifiziert haben, sondern von Betriebs- und Volkswirten, Ingeneuren, Informatikern usw. usf..

    Die Ausbildung ist abstrakt, geht an der Praxis vorbei und hinkt dem technischen Niveau hinterher. Die jungen Menschen setzen - von Professoren/Dozenten und der akademischen Kultur klar fehlgeleitet - ihren Schwerpunkt auf Detailwissen, für das die Wirtschaft kein Bedarf anmeldet. Bedarf hat die Wirtschaft an Bewerbern, die eben durch jahrelange Berufserfahrung eine Qualifikation erworben haben, die an der Praxis orientiert ist. 3-7 Jahre Berufserfahrung ist für viele Klienten heutzutage ein Muss. So sieht das aus.

    Eine “gesellschaftlich” ausgerichtete Bildungspolitik im Sinne der Kommunisten würde also lediglich Menschen für die Dauerarbeitslosigkeit qualifizieren. Unglückliche Menschen werden damit massenhaft produziert.

    Sie, junge Leser machen sich selbst unglücklich, wenn sie so eine realitätsferne Wirtschaftspolik unterstützen!

    Wäre die akademische Welt dagegen an dem Bedarf der Wirtschaft ausgerichtet, würde die Kultur der akademischen Welt endlich praxisrelevantes Wissen, Ziele und Werte vermitteln, dann könnte man den Absolventen auch Vermittlungsangebote machen. Der Absolvent würde das, was er gelernt hat, auch anwenden können. Er wäre glücklich.

    Es ist ihre freie Entscheidung sich zwischen ihren persönlichen Glück und Unglück zu entscheiden!

    Kommentar von nfreimann — 17. August 2005 @ 21:34

  2. Danke! Ja, ich halte keine der sich in den letzten Jahren zeigenden Scheußlichkeiten für ein Einzelproblem: Islamismus, Antiamerikanismus, Antisemitismus und das Erstarken der extremen Linken und Rechten, bilden für mich eine Einheit. Wer irgendeinen dieser Punkte “vergisst”, liegt nicht nur falsch, sondern hat wenig begriffen.

    Nun, es gibt gute Blogs, die wirklich alles z. B. zum Antiamerikanismus schreiben und zwar detailliert, dass ich das manchmal so genau gar nicht wissen will, weil ja prinzipiell die Sache klar ist. Aber wichtiger ist es, die besonders destruktiv wirkenden Kräfte, die der Motor des üblen Propagandarotors sind, immer wieder zu beleuchten und die Mechanismen, nach denen sie funktionieren, zu beschreiben. Dazu kommen die “kulturellen Erscheinungen”, die man nie unterschätzen sollte. Manches, was ich hier zerlege, ist der Ausdruck einer völlig irregewordenen Öffentlichkeit, - diese Dinge sind die Symptome eines erschrecklichen Zustandes der Gesellschaft und verweisen auf die Option einer sehr furchtbaren Zukunft.

    TK

    Kommentar von Campo-News — 18. August 2005 @ 07:03

  3. Es ist schon ein Witz: Mir ihren “antizionistsichen Positionen” begründete ich einst meinen Parteiaustritt. Tatsächlich aber ist sie die Heulsuse Nr. 1, weil die Linken einst nicht jede Art von Pazifismus unumschränkt auf ihrem Parteitag in Münster bejubelten und sonst - ach, es ist einfach nicht zu fassen und nur ein Zeichen dafür, wie tief die SPD tagtäglich sinkt.

    Kommentar von Campo-News — 14. Mai 2009 @ 19:20

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