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4. August 2005

Bramarbas

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 17:01

Bis zum Wahltag wird uns dieses Thema als “Wiederkunft des Immergleichen” - frei nach Nietzsche - begleiten.

Text und Foto von Tanja Krienen

Wer ist eigentlich der Herr Dr. Gysi, dem manche ein böses Wort hinterherwerfen, obwohl er sich doch weigert ein „temporär begleitender Beobachter mutmaßlicher Anti-Gerechtigkeitsbefürworter“ gewesen zu sein!?

Nein, nicht Barnabas. Der starb – man weiß es nicht so genau – am Kreuz (in der Anthony Quinn – Version) oder durch Steinigung. Sprüche gibt es: „Barnabas / macht Baum und Dächer nass.“ „An Barnabas die Sonne weicht, / an Lucia wieder her sie schleicht.“ – und einer wurde nach ihm benannt Ronald Barnabas Schill. Doch wer ist Bramarbas? Er vielleicht?


Foto: Tanja Krienen-Archiv

Da steht er nun. Das Kinn vorgereckt, der Anzug grau, das Getränk: ein Glas Wasser! Immerhin: ein fast gefülltes Glas Wasser. Ein üppig gefülltes Glas Wasser! Luxus! Die hohe Kopfstimme sirrt bis an den letzten Tisch. Wer nicht auf die Worte hört, empfindet „das Geräusch an sich“ ähnlich einer Säge, einer kleinen zwar, aber immerhin doch einer Säge - Kreis, - Kreisch, - oder Nerven, oder: alles zusammen. Es ist aber keine, sondern, was man irgendwann bemerkt, manchmal auch nur ahnt: seine Stimme.

Gysis Brille kuckt schlau…und schelmisch. Er feixt mit Ansage. Er spielt sich sein Publikum zurecht. Er wird manchmal auch inhaltlich verstanden. Wenn sie ihn verstehen, klatschen sie, johlen sie mitunter – in Absprache besonders gern in sozialdemokratischen Fernseh-Studios. Der Moderator lächelt dann süffisantsibel. Verstehen sie ihn nicht, lächeln sie trotzdem weiter – irgendwer wird es schon lustig finden und morgen im „Roten Reporter“, der auch “Super-Illu-Roter Reporter“ oder „Roter Reporter in BILD“ heißen kann, kommentieren.

Gysi will lustig sein. Die Gags liegen bärtig auf dem Tisch. Er weiß das, lacht konzentriert an den Stellen, die dazu da sind - und hat sich vorsorglich glatt rasiert. Frohsinn innerhalb des Puhdys, Karat und Silly-Zirkels, dort unten, wo nicht einmal das Licht einen Schatten wirft. Froher wirken nur Herr Maurer und Herr Ernst, der ja auch schon so heißt. Die Arbeiter-Avantgarde als höchste Steigerung einer Burlesken in mehreren Akten.

Die deutschen Rentner gingen seit neuestem geduckt und sähen wenig optimistisch aus, im Gegensatz zur Nachkriegsgeneration, psychologisierte Gysi neulich in „3 nach 9“ (womit nicht gesagt ist, es säßen dort Neunmalkluge lachend, schmunzelnd und sich liebend herum, sondern nur Giovanni Lorenzo, Amelie, die friedfertige, und ein paar „Gäste“ - wie seriös eine Arabella Kiesbauer neben Gysi wirkte, war wirklich beachtlich – wenig erstaunlich, ganz nebenbei, dass das einzige anwesende künstlerische Talent, Andreas Dorau, in diesem Milieu unterging).

Ja, Gysi war krank und hat nun viele Teile in seinem Körper, die eigentlich nicht da hinein gehören (und die im Sozialismus auch erst nach seinem Tod erfunden worden wären). Was wir auf dem CAMPO beobachten konnten, haben wie ja schon geschildert Neuwahlschock Gysi im Krankenhaus

“Das Verfahren gegen Erich Honecker war zu keinem Zeitpunkt rechtsstaatlich…Das aber bedeutet, dass auch die unglückseligen, sogenannten Mauerschuetzenprozesse eingestellt werden muessen.” PDS-Info Nr. 663, vom 13.1.1993

So eine Hetze aber auch, wenn man Herrn Gysi fragt, wo die 6 Milliarden (!) SED-Vermögens geblieben sind: Bei den Genossen? Bei den Islamisten?
Finanzierungen
SED-Vermögen
Das wahre Gesicht der SED

War Gysi Stasi-Spitzel? Ach was, wenn dann sicher nur „temporär begleitender Beobachter mutmaßlicher Anti-Gerechtigkeitsbefürworter“ Die ganze Geschichte

Gysi räsoniert, rennomiert, schwadroniert, bramarbasiert, barbarisiert und kommuniziert, wenn der Tag so lang ist, wie der Sprecher langweilig:

“Sozialistische Politik nach dem Untergang des Staatssozialismus bedeutet, die Entwicklungspotentiale des Wettbewerbs in Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Bildung, Medien und Kultur von der Dominanz der Kapitalverwertung zu befreien bzw. sie davor zu bewahren und ihre patriarchale Verfaßtheit zu überwinden. Mit einer Kette aggressiver Reformen hat der Neoliberalismus in den letzten zwanzig Jahren den Abriß des fordistischen Wohlfahrtskapitalismus begonnen. Wer den neuen Bedrohungen begegnen will, darf nicht zulassen, daß sie sich gegen jene richten, die sich am wenigsten dagegen wehren können. Dazu bedarf es eines neuen Gesellschaftsvertrages. Die Macht der Politik hängt wesentlich von den Kräfteverhältnissen in der Gesellschaft und vor allem in der Wirtschaft ab. Es geht um einen neuen Entwicklungsweg, der den sozial gebändigten Kapitalismus der Nachkriegszeit ablöst. Es steht nicht weniger als der Umbau der Weltgesellschaft selbst auf der Tagesordnung.“ (aus Gerechtigkeit ist modern Eine notwendige Antwort auf Gerhard Schröder und Tony Blair. Gregor Gysi: Zwölf Thesen für eine Politik des modernen Sozialismus Herausgegeben von der Bundesstiftung Rosa Luxemburg August 1999).

Richtig, deshalb zur Erinnerung - Was die neue SED wirklich will

7 Kommentare »

  1. Ich habe die Sendung nicht gesehen…

    Aber wie kann Frau Kiesbauer “seriös” wirken?

    Und wie kam der von dir ganz richtig beschriebene Andreas Dorau in diese Zombierunde?

    Fragen über Fragen.

    Kommentar von hegelxx — 5. August 2005 @ 02:47

  2. Die Dorau-Frage habe ich inzwischen gelöst, nachdem ich noch mal sein letztes mir vorliegendes Werk, eine Flexisingle (wat is dat denn, höre ich die Digital-Versatile-Disc-Adepten raunen…)mit 45 RPM angehört habe: “Es ist kalt, ich dreh die Heizung an… Es wird warm, ich dreh sie ab.”

    Sehr wahr, Herr Dorau! :-)

    Kommentar von hegelxx — 5. August 2005 @ 02:53

  3. Und erst das, auch 45 RPM, aber stabile Single:

    “Er kam vom andern Stern, er landete nicht gern
    es mußte aber sein der Sprit ging aus
    Die Luke die ging auf da sprang ein Mann heraus
    Ich sah ihn nur kurz an oh je
    Er hatte gold’nes Haar, das glänzte wunderbar
    sein Blick der war so scharf aha
    Er war sehr attraktiv und auch sehr muskulös
    Er war ein Traum von einem Mann

    Fred v. Jupiter, Fred v. Jupiter, der Traum aller Frau’n Du machst mich schwach
    Fred vom Jupiter, Fred vom Jupiter, bleib für immer hier geh doch nicht fort

    Er kam mit in die Stadt, die Frauen waren platt
    Eine Traum von Mann und jede wollte ihn
    Die Männer war’n nervös und wurden furchtbar bös
    Sie wurden nicht mehr angesehen
    Fred der sollte gehn, Er konnt’ es nicht verstehn
    Er sah es aber ein und ging
    Die Frauen weinten sehr
    ihr Fred der war nicht mehr
    Der Jammer der war groß und blieb

    Fred vom Jupiter…

    Aber aber meine Damen,
    wer wird denn traurig sein ich komm doch bald wieder
    es hat mir sehr gut gefallen bei ihnen auf der Erde
    Ich freue mich schon auf ein Wiedersehen
    ich freue mich…”

    Kommentar von hegelxx — 5. August 2005 @ 03:05

  4. Nun, Arabella Kiesbauer hatte z.B. Gysi angemessen und kräftig zur Ordnung gerufen, in dem sie sagte, einer wie er, der ohne Unterlass redet und andere kaum zu Wort kommen ließe, wäre aus IHRER Sendung längst heraus geflogen. Das hatte die im letzten Wahlkampf noch für Stoiber eintretende Frau Kiesbauer nicht nur gut und treffend gesagt, es passte so sehr, dass der ehemalige Chef der SED kurz verstummte und in sich sackte, resp. irgendein unverständliches Zeug in sich hinein brabbelte, was er wohl musste, da er es selbstverständlich nicht übers Herz bringen konnte, einfach mal das Mundwerk stillzuhalten.

    Andreas Dorau wirkte doch etwas deplatziert und alt geworden, er ist ja inzwischen 41. Wenn man die Kunstattitüde, bewusst aufselbige zu verzichten, zur Attitüde selbst werden lässt, nutzt sich das ab - und ein Haarschnitt, der mit 18 lustig aussah, wirkt knapp ein Vierteljahrhundert nicht mehr als Zitat bieder, sondern: er ist es (vielleicht).
    AD

    Offen gesprochen: Wer Filmkunstschulen mit Amelie Fried besucht, ist verpfuscht. Darüber hinaus bleiben natürlich, neben solch grandiosen Versen, wie du sie vorhin zitiertest, auch andere für immer in unserem Gedächtnis, z.B.

    Die Welt ist schlecht, das Leben ist schön
    Was ist daran nicht zu verstehn?

    oder

    Sie trägt einen roten Büstenhalter
    Ich wär´gern ein Zitronenfalter

    oder

    Tulpen und Narzisse sagen ja
    sagen nein, sagen ja
    Nein zur Liebe
    Ja zum Spiel

    oder

    Ich hör die die Möven schrein und die Seehunde singen
    Jetzt weiß ichs genau - wir sind an der Nordsee
    Das Öl fürcht ich nicht, nein, das Öl fürcht ich nicht.

    Im Watt fängt die Nordee erst an

    oder

    Flugzeugkapitän das ist nichts
    Astronaut ist zu gefährlich
    Bankbeamter ist zu ehrlich
    Verbrecher kommen ins Gefängnis
    Ich will Lokomotovführer werden.

    oder

    Ein paar Schuhe für Mutti
    Eine Pfeife für den Vati
    Ein paar Windeln für Beate
    Einen Schnuller für den Heiner
    Denn heute ist Einkauf in unserer Stadt
    La la la la

    Reisen um die Welt
    Zu den Hütten, zu den Ausländern
    Ich will das sehn. Ich will das alles sehn.
    Ob die Neger mich wohl fangen
    Ob die Indianer mich wohl braten
    Reisen um die Welt

    TK




    Kommentar von Campo-News — 5. August 2005 @ 06:20

  5. Du hast eine vergessen, Tanja, ausgerechnet die mit dem besten Spruch drauf:

    123

    Kommentar von hegelxx — 5. August 2005 @ 09:48

  6. Mist, wie geht das einstellen von Bildern hier… etwa so?

    Kommentar von hegelxx — 5. August 2005 @ 09:55

  7. Wenn du im Wordprogramm schreibst, kann es sein, das der Befehl nicht umgesetzt wird. Schreib mal an meinen Webmaster!

    TK

    Kommentar von Campo-News — 5. August 2005 @ 10:28

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