Vaira Vike-Freiberga: 9. Mai düsterer Tag
ots) - Lettlands Staatspräsidentin Vaira Vike-Freiberga
hat in der ZEIT betont, dass die Solidarität der baltischen Staaten
gegenüber Moskau ungebrochen sei.
Durch ihren Entschluss, zu den
Siegesfeiern des 9. Mai nach Moskau zu fahren, sagt Vike-Freiberga,
habe sich die Einstellung um kein Jota verändert. “Alle drei
baltischen Länder erkennen im 9. Mai einen düsteren Tag, der den
Fortbestand der Okkupation durch Stalins Sowjetarmee bedeutete.” Die
Staatspräsidenten Litauens und Estlands hatten im Gegensatz zu
Vike-Freiberga entschieden, die Einladung des russischen Präsidenten
Wladimir Putin nach Moskau abzulehnen.
Vike-Freiberga spricht die Erwartung aus, dass es Präsident Putin
bei der Feier nicht zu einer Glorifizierung von Stalin als großem
Welthelden kommen lasse. Lettland wünsche sich gute Beziehungen mit
Moskau. Allerdings würden diese durch Unterschiede bei der
Interpretation der gemeinsamen Geschichte belastet. “Vor wenigen
Tagen hat Präsident Putin in vollem Ernst erklärt, der Zusammenbruch
der Sowjetunion sei die größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts
gewesen”, sagt Vike-Freiberga. “Für mich war das der glücklichste Tag
eines langen und düsteren Jahrhunderts.”
Vike-Freiberga kann zwischen den Diktatoren Hitler und Stalin
keine grundlegenden Unterschiede entdecken. “Ich finde es ziemlich
merkwürdig, dass Menschen es für nötig halten, Grade von
Unmenschlichkeit gegeneinander abzuwägen.” Zwar gebe es
Unterschiede: Der deutsche Diktator habe das Töten zu einer möglichst
schnellen Technologie entwickelt. “Stalin dagegen verschleppte die
Menschen zum Arbeiten in Minen, wo die abnehmenden Brotrationen sie
einem langsamen und schmerzvollen Tod aussetzten”, sagt
Vike-Freiberga. “Das Ergebnis war dasselbe.”
Aus einem Interview der ZEIT Nr. 19 vom 4. Mai 2005.
Siehe dazu auch - Workuta
Memo I
Am 16. März hatte die lettische Staatspräsidentin Vike-Freiberga erneut recht unmißverständlich die Kontinuität eines gegen Rußland gerichteten Ultranationalismus einer ehemaligen sowjetischen Teilrepublik demonstriert, wie er bereits 1941-44 in der eifrigen Beteiligung Zehntausender von Letten an dem Hitlerschen “Kampf gegen den Bolschewismus” sich manifestiert hatte:
“Die Fähigkeit Deutschlands, sich mit seiner Geschichte kritisch und ehrlich auseinanderzusetzenund die Niederlage des Nationalsozialismus vom Mai 1945 gemeinsam mit dem übrigen Europa zufeiern, verlangt Respekt. Auch Lettland betrachtet dieses Ereignis zweifellos als feiernswert. ImUnterschied zum westlichen Europa jedoch brachte die Niederlage der Nationalsozialisten meinerHeimat nicht die Freiheit. Vielmehr wurden die drei baltischen Staaten Estland, Lettland undLitauen der grausamen Okkupation und Annexion durch die stalinistische Sowjetunion unterworfen.Fünf lange Jahrzehnte waren Lettland, Estland und Litauen von der Landkarte Europas ausgelöscht.Unter dem sowjetischen Joch erlitten die drei baltischen Staaten Massendeportationen und-ermordungen, den Verlust ihrer Freiheit und den Zustrom von Millionen russischsprachiger Immigranten.”
Um die Ungeheuerlichkeit dieses geschichtspolitischen Vorstoßes des Staatsoberhaupts eines Mitgliedstaates der “Koalition der Willen” anhand einer (fiktiven) Analogie zu veranschaulichen, sei es gestattet, sich Bundespräsident Horst Köhler vorzustellen, wie er den 8. Mai 1945 öffentlich als einen Tag würdigt, an dem die deutsche Nation ihrer Freiheit verlustig gegangen und durch sowjetische, US-amerikanische, britische und französische Armeeangehörige sowie durch zurückkehrende jüdische und nicht-jüdische deutsche Emigranten überfremdet worden sei. Tatsächlich geht die Äußerung Vike-Freibergas, der lettische Staat habe mit der Vertreibung der Hitlerschen Besatzer durch die Sowjetarmee seine Freiheit verloren, rein staatsrechtlich betrachtet in ihrer Absurdität noch über die fiktive Köhler-Äußerung hinaus: Die NS-deutsche FREMDHERRSCHAFT über das Baltikum wird als ein Zustand der nationalen Freiheit halluziniert, in dem “nur” “nicht-arische” Balten und Hitler-Opponenten einer unmenschlichen Verfolgung ausgesetzt wurden und dem Moskau ein Ende bereitete.
http://66.102.9.104/search?q=cache:v_n41wSdhR0J:www.deutscheatlantischegesellschaft.de/reden/freiberga.pdf%20lettland%20vike-freiberga%20moskau%20verlust&hl=de
Kommentar von Digenis Akritas — 9. Mai 2005 @ 18:01
Memo II
Antisemiten in die EU? Die Heimsuchung des “neuen Europa”
Der Auftritt der früheren lettischen Außenministerin Kalniete auf der Leipziger Buchmesse, auf der sie der Sowjetunion eine Fortsetzung nationalsozialistischer Völkermordverbrechen andichtete und auf diese Weise die Befreiung von Auschwitz als historisch irrelevant einstufte, ließ schlaglichtartig die Militanz einer Feindseligkeit gegenüber den jüdischen (sowie den nicht-jüdischen) Ãœberlebenden des NS-Totalitarismus in den Gesellschaften einer Reihe von ostmitteleuropäischen EU-Beitrittsländern aufscheinen. Wer als “Alteuropäer” ihre Variante der “Auschwitz-Lüge” nicht teilt, dem wurde von Frau Kalniete unumwunden bescheinigt, einer Rechtfertigung bolschewistischer Greuel das Wort zu reden. Mit anderen Worten: Wer den planmäßigen Mord an Millionen von Juden nicht als bloße Antizipation der Methoden des sowjetischen Imperiums im besetzten Ostmitteleuropa NACH 1944/45 begreift, macht sich in der Auffassung Kalnietes (und all jener, die ihr applaudierend oder schweigend zustimm
ten) nicht nur eines Judäozentrismus, sondern darüber hinaus auch einer pro-stalinistischen Haltung schuldig; die Verhöhnung der jüdischen Opfer des Hitlerismus erscheint allen Ernstes als conditio sine qua non einer antitotalitären Gesinnung.
Der “klassische” Antisemitismus, der das Gedenken der Opfer der Shoah eo ipso als Parteinahme für den (jüdischen) Bolschewismus deutet, droht flankiert zu werden durch einen sentimentalen Multikulturalismus der “alteuropäischen” Linken, in deren Augen nicht in erster Linie den durch den Pogrom-Feldzug der Hamas und der Fatah bedrohten Bürgern Israels Solidarität zusteht, sondern vielmehr “unterdrückten Völkern”, die dem islamischen “Haus des Friedens” zugerechnet werden - darunter das “palästinensische Volk” und dessen südosteuropäisches Äquivalent, dessen ethnonationalistischer Homogenitätswahn in der terroristischen Durchsetzung einer “judenfreien” europäischen Region resultierte: Kosmet.
Digenis Akritas, April 2004
Kommentar von Digenis Akritas — 9. Mai 2005 @ 18:02
Digenis Akritas formuliert: “Um die Ungeheuerlichkeit dieses geschichtspolitischen Vorstoßes..” usw.. Das klingt gut, hilft aber nicht weiter. Wir haben es eher mit einer permanenten Weigerung zu tun,als Ausgangslage für die Verbrechen im Osten, den Schmusekurs zwischen Stalin und Hitler zu sehen.
Wer jetzt nicht versteht, was gemeint ist, sollte zum Beispiel das Buch (gerade erschienen) von Julius Wolfenhaut lesen. Der Titel sagt bereits alles:
Als Jude von Czernowitz nach Stalinka 1941-1944.
Und zwar aus dem sowjetisch besetzten Teil Europas (nach dem Hitler-Stalin-Pakt), VOR dem Einmarsch der Wehrmacht in die Sowjetunion. Im Jahr 1939 beginnt der Winterkrieg gegen Finnland, die baltischen Staaten sind schwach, und im Jahr 1941 gehen VOR dem Einmarsch der Wehrmacht die ersten Deportationswellen in Viehwaggons nach Sibirien. Die Polen sind immer noch sauer, dass die Sowjets die letzten Verteidigungsmaßnahmen gegen die Wehrmacht verhindert haben und sich mitten in ihrem Land mit den Nazis an einer festgelegten Demarkationslinie die Hände gereicht haben. Die Sowjets hatten ihrerseits dann die polnischen Soldaten interniert.
Und zu behaupten, Kalniete würde eine Variante der Ausschwitzlüge vorbreiten, ist primitive Demagogie. Die deutsche Seite selbst hat noch lange nicht alles an Verantwortlichkeiten beim Holocaust im Baltikum erforscht. Bei Bedarf nenne ich eine Quelle. Es geht zum Beispiel um einen Bürgermeister und Verwaltungsbeamte in Riga und Libau. Sie konnten in den Fünfzigern geschickt ihre Geschichte in jenen Jahren vertuschen. Es wollte auch kaum jemand Genueres wissen. Diese Grauzonen des Nichtwissens jetzt auch noch den Balten unterzuschieben (DIE haben ja kollaboriert, ohne Genaueres zu benennen) ist schon ein starkes Stück.
Kommentar von Jens-Olaf — 24. Mai 2005 @ 15:56
Mehr als ein kleiner Fehler ist mir da unterlaufen. Der Untertitel des Buches lautet 1941-1994 !
Dazu auch noch gleich das Jahr der größten Deportationen aus dem Baltikum zu Sowjetzeiten: 1949.
Kommentar von Jens-Olaf — 24. Mai 2005 @ 16:46
Die von mir angeprangerte lettisch-nationalistische “Auschwitz-Lüge” besteht in der Insinuation, die Gesamtheit der Völker Ost- und Ostmitteleuropas sei zu VÖLKERMORDopfern sowohl Hitler-Deutschlands als auch der UdSSR geworden. Mit anderen Worten: Selbst ein am Hitlerschen Judenmord beteiligter Lette ist nicht nur als vermeintliches “Opfer” einer sowjetischen “Fortsetzung” der nationalsozialistischen Genozid-Verbrechen, sondern auch als Leidtragender jenes Zivilisationsbruchs, als dessen Handlanger er sich FREIWILLIG zur Verfügung stellte, zu würdigen. Seine jüdischen Opfer ihrerseits waren, soweit sie überlebten, ebenfalls Opfer sowohl der rassistischen Hitler-Diktatur als auch deren sowjetischer Antagonisten, die auch den verachtenswerten lettischen Beteiligten an der Shoah das Handwerk legten.
http://www.hagalil.com/archiv/2004/04/lettland.htm
Kommentar von Digenis Akritas — 17. Juni 2005 @ 18:44
(1) Wird die Einschätzung des 9. Mai 1945 als einer Niederlage des Selbstbehauptungswillens der Letten (sowie der Esten und Litauer) der historischen Tatsache gerecht, daß Bürger der drei baltischen Republiken als “Nicht-Arier” unter Beteiligung lettischer (und litauischer) NS-Kollaborateure rassistisch verfolgt und ermordet wurden, bis das Vordringen der Sowjetarmee diesem Treiben Einhalt gebot?
(2) Läge es im Falle dessen, daß - wie Präsidentin Vike-Freiberga insinuiert - die sowjetischen Greuel im Baltikum die der Schergen Himmlers in den Schatten stellten, nicht nahe, jede Form der militärischen Unterstützung der Deutschen Wehrmacht gegen die Alliierten für zivilisatorisch geboten zu erklären?
Kommentar von Digenis Akritas — 28. Juni 2005 @ 11:19
Stalinismus versus Nationalsozialismus. Vielleicht hilft der Diskussion eine Bestandsaufnahme der Erinnerungskulturen in Europa, wie es gerade Stafan Troebst Professor an der Leipziger Uni getan hat. FAZ vom 4. Juli. Zitiere nur den Einleitungsabsatz und ein wenig vom Inhalt.
Ãœberschrift: Holodomor oder Holocaust?
“Die Erinnerung an die Diktaturen des 20. Jahrhunderts könnte die Völker Europas verbinden. Statt dessen durchziehen die Unterschiede der Erinnerungen wie Trennlinien die europäische Landkarte. Sie trennen nicht nur Ost und West, sondern auch den Osten selbst. Wird sich diese Teilung Europas in den kommenden Jahren noch verstärken - oder gibt es eine Chance für ein gemeinsames Gedächtnis Europas?”
und willkürlich aus dem Inhalt, aber zu Kalniete:
“Die Reaktionen auf Sandra Kalnietes Rede belegen, daß in Europa ein fudamentaler vergangenheitspolitischer Dissens besteht. Der Westen bezieht sich auf den Holocaust als `Gründungsmythos Europas” und argwöhnt nun, daß im Osten dieser Grundkonsens nicht geteilt wird. Der Osten hingegen hält den westlichen Primat der Erinnerung an den Nationalsozialismus für patronisierend, okzidentalisierend und mit Blick auf den Kommunismus relativierend.”
https://www.focus.de/kultur/kino_tv/sergei-eisenstein-google-doodle-erinnert-an-den-russischen-kultregisseur_id_8341878.html
Kommentar von Jens-Olaf — 5. Juli 2005 @ 08:19