Der neue Blog ist unter http://campodecriptanablog.apps-1and1.net erreichbar




18. April 2005

Hitler und Stalin

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 13:52

Professor Martin van Creveld aus Israel ist ein internationaler Militärexperte und stand in der vergangenen Woche dem Focus Rede und Antwort, wobei er besonders die Ähnlichkeiten zwischen Hitlers und Stalins Absichten und Methoden betonte. Ein Auszug:

Focus: Hitler hat sich nicht an die Haager Landkriegsordnung gehalten, aber die Sowjetunion hat sie gar nicht erst beziehungsweise erst zwei Jahre nach Stalins Tod unterzeichnet. Welchen Anteil hatte der Kreml-Chef an der Eskalation des Krieges?

Creveld: Wenn Sie darauf hinauswollen, dass er ebenso erbarmungslos war wie Hitler, dann stimme ich zu. In der gesamten Geschichte gab es keinen Führer, der die harte Tour besser beherrschte als Stalin. Ich bezweifle, dass er schon im Herbst 1941 angreifen wollte, wie manche Autoren behaupten. Ich habe aber keinen Zweifel: früher oder später, wenn Deutschland in einen Krieg mit England und den USA verwickelt gewesen wäre, hätte er sich genommen, was er wollte. Nach den Ribbentrop-Molotow-Gesprächen im November 1940 zu urteilen, wären das Rumänien, Bulgarien, der Zugang zur Nordsee, die Dardanellen und wohl auch jene Teile Polens gewesen, die zu dieser Zeit unter deutscher Herrschaft standen.

Focus: Inwieweit musste sich die Wehrmachtsführung vom sowjetischen Aufmarsch im Sommer 1941 bedroht gefühlt haben?

Creveld: Sehr. 1941 war die Rote Armee die größte der Welt. Stalin mag, wie gesagt, nicht geplant haben Deutschland im Herbst 1941 anzugreifen. Aber es wäre schwer zu glauben, dass er nicht die Gelegenheit genutzt hätte, dem Reich in den Rücken zu fallen. Hätte Hitler Stalin nicht angegriffen, hätte Stalin nahezu sicher an irgendeinem Punkt Hitler angegriffen.

Focus: Sie sagen, Stalin hätte angegriffen. Wissen Sie, dass in Deutschland eine solche Meinung als Verharmlosung Hitlers gilt?

Creveld: Als Jude und Israeli, der Teile seiner Familie im Holocaust verloren hat, darf ich wohl sagen, dass Hitler und das Dritte Reich schreckliche Verbrechen gegen mein Volk begangen haben. Aber sie taten noch anderes: Sie nagelten Generationen von Deutschen, die nach ihnen kamen, an das Hakenkreuz, von dem herabzusteigen, wie ich fürchte, sehr schwer sein wird. Mit anderen Worten: Was in Deutschland im Kontext ihrer Frage als angemessen gilt, ist nicht meine Sache. Es sind die Deutschen, die das Hakenkreuz tragen müssen, nicht ich.

4 Kommentare »

  1. Für die Richtigkeit der Behauptung, Martin van Crefeld habe in dem focus-Interview “besonders die Ähnlichkeiten zwischen Hitlers und Stalins Absichten [sic!] und Methoden” betont, finde ich jedenfalls in den zitierten Passagen keinerlei Anhaltspunkt: Daß die UdSSR der stalinistischen KPdSU (B) keine Bastion des klassischen oder des modernen Völkerrechtes war, sondern in ihren außenpolitischen Handlungen ein “klassisch” imperialistisches Konzept erkennen ließ (das in seinen europa-politischen Grundpfeilern verblüffende Parallelen zu den imperialistischen Großmachtbestrebungen rechtskonservativ-nationalistischer Teile der Elite des russischen Kaiserreiches aufweist), verbindet sie keineswegs nur mit Hitler-Deutschland oder Mussolinis Italien, sondern vielmehr auch mit dem Vereinigten Königreich oder den USA. Diese Affinität zu rechtsnihilistischem Handeln in den internationalen Beziehungen, die der Stalinismus auch mit den zeitweilig mit der Sowjetunion in der Anti-Hitler-Koalition zusammengeschlossenen angelsächsischen Mächte teilte, kam nicht zuletzt auch zum Ausdruck in der Bereitschaft, auf Kosten weitgehend wehrloser europäischer Staatswesen mit NS-Deutschland zu kooperieren.

    Wenn van Crefeld den imperialistischen Charakter sowjetischer Europapolitik herausstreicht, so kann ihm aufgrund dessen beim besten Willen keine “Verharmlosung Hitlers” unterstellt werden. Die eigenwillige Interpretation seiner Äußerungen als einen Versuch, Stalin und Hitler als “gleich kriminell” (Sandra Kalniete) erscheinen zu lassen, läßt außer Acht, daß nicht nur in Rußland oder in Frankreich, sondern auch in Israel das Wissen um die zentrale Rolle der UdSSR in der militärischen Niederringung des Hitlerschen Rasseimperialismus in der Zivilgesellschaft fest verankert ist.

    Kommentar von Digenis Akritas — 28. April 2005 @ 18:48

  2. http://dmikis.p15137605.pureserver.info/index.php/article/articleview/445/1/72/

    Kommentar von Digenis Akritas — 21. Juni 2005 @ 20:03

  3. http://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2014/ohne-feindkontakt/

    Kommentar von Campo-News — 9. Februar 2014 @ 12:21

  4. https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2017/vergangenheit-die-nicht-vergehen-will/

    https://ef-magazin.de/2018/03/20/12480-vortrag-von-martin-van-creveld-in-wien-wir-weicheier

    Kommentar von Campo-News — 21. Mai 2017 @ 17:09

RSS-Feed für Kommentare zu diesem Beitrag. TrackBack-URL

Einen Kommentar hinterlassen

You must be logged in to post a comment.

kostenloser Counter

Weblog counter