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24. März 2005

EMPIRE OF DEMOCRACY – Die Freiheit marschiert

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 17:37

Was die bundesdeutsche Publizistik auch nach einigen Jahren des Zögerns mehr und mehr begreift, wusste man beim CAMPO schon vor mehr als zwei Jahren.

Von Olaf Petersen

Unter dem Titel „Die Freiheit marschiert“ schreibt Matthias Rüb in der FAZ: „Ehe er sich auf seine Ranch in Texas aufmachte, nahm er im Weissen Haus noch seine wöchentliche Rundfunkansprache auf, in welcher er den Einmarsch im Irak abermals verteidigte: „Weil wir gehandelt haben, ist die irakische Regierung keine Bedrohung mehr für die Welt und das eigene Volk“, sagte Bush. Im weiteren Nahen Osten könne man „Zeichen der Hoffnung“ sehen, denn der „Sieg der Freiheit“ im Irak habe „demokratische Reformer von Beirut bis Teheran“ inspiriert. Dass heute Frauen in Afghanistan wählen können, dass immer mehr Palästinenser die Gewalt zurückwiesen, dass Hunderttausende Libanesen für demokratische Rechte und den Abzug der syrischen Truppen und Geheimdienstler demonstrieren, seien „Meilensteine in der Geschichte der Freiheit“.

Der Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmung wohne jedem Menschen und allen Gesellschaften als eine Art Gottesfunke inne, und gerade in den scheinbar in den Geschichtsfluss einbetonierten Autokratien und Gewaltherrschaften des Nahen Ostens werde sich der lange überfällige demokratische Wandel nicht mehr aufhalten lassen, wenn erst einmal der erste Dominostein umgestossen sei. Der gewaltsame Sturz der Taliban in Afghanistan und des Tyrannen von Bagdad, die Wahlen in Afghanistan vom Oktober 2004 und vom Januar 2005 in den Palästinensergebieten und zumal im Irak haben die Regionen erschüttert. Das Etikett „Zedernrevolution“, das man in Washington in Anspielung auf den hoffnungsgrünen Zedernbaum in der libanesischen Flagge für die Ereignisse in Beirut nach der Ermordung des früheren Ministerpräsidenten Rafik Hariri benutzte, setzt die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten in die erwünschte historische Perspektive. So wie die die „Samtene Revolution“ 1989 in der damaligen Tschechoslowakei und andere meist friedliche Revolutionen in Mittel- und Osteuropa die kommunistische Herrschaft zu Fall brachten; so wie die „Rosenrevolution“ in Georgien 2003, die „Orangene Revolution“ in der Ukraine 2004 und die „Es ist genug“-Revolution in Serbien 2001 spättotalitären nationalistischen Autokraten ein Ende bereiteten; so sollen schliesslich die „Zedernrevolution“ im Libanon und ihre noch nicht mit Namen versehenen Schwesterbewegungen in der Region das Pflänzchen der Demokratie endlich auch in den Wüstenboden vom Maghreb bis zum Hindukusch Wurzeln schlagen lassen.

Dass „die Freiheit marschiert“ glauben mittlerweile nicht nur Präsident Bush und seine einst als utopisch verschrienen neokonservativen Ideologen, sondern offenbar auch viele Menschen und Politiker in der Region sowie einstige Kritiker des Präsidenten in aller Welt. Der libanesische Drusenführer Walid Dschumblat, zeitlebens ein leidenschaftlicher Kritiker Amerikas, sieht die Ursache für den Wandel in der amerikanischen Invasion im Irak: „Ich war zynisch mit Blick auf dem Irak“, sagte Dschumblat dem Kommentator David Ignatius von der „Washington Post“, „aber als ich vor Wochen acht Millionen Iraker haben wählen sehen, war die der Beginn einer neuen arabischen Welt. Die Syrier, die Ägypter, alle sagen, dass sich etwas ändert. Die Berliner Mauer ist gefallen. Wir können es sehen.“ Wenige Monate zuvor hatte Dschumblat über die Besetzung des Iraks noch gesagt: „Wir sind alle glücklich, wenn ein amerikanischer Soldat getötet wird.“
Selbst in dem im allgemeinen regierungskritischen Zeitungen „New York Times“, „Washington Post“ oder „Los Angeles Time“ gibt es immer häufiger Kommentare, die beide Pfeiler der Bush-Doktrin nicht rundweg für falsch halten: dass Amerika im Zeitalter des am 11. September 2001 begonnenen Krieges gegen den Terrorismus sicherer sei, wenn dieser Krieg auf das Territorium des Feindes getragen werde; und dass die entschlossene Verbreitung von Freiheit und Demokratie – im Ausnahme- und Notfall auch mit militärischer Gewalt – das beste Mittel zur Bekämpfung der Ursachen des Terrorismus sei. Dieser Krieg sei die Aufgabe mindestens einer Generation, er könne 50 oder noch mehr Jahre dauern, warnt Bush. Dass schon jetzt Ergebnisse zu erkennen sein sollen, überrascht ihn selbst vielleicht am meisten.“

Das überrascht aber nicht die Macher des CAMPOs, denn in der ersten Ausgabe, noch VOR(!) dem Irak-Feldzug konnte die CAMPO-Leser dies erfahren –

Der „Weltgeist auf den Flugzeugträgern“ erscheint manchen Menschen durchaus als eine fortschrittliche Option. Olaf Petersen erklärt warum -

EMPIRE OF DEMOCRACY

Die „Pax americana“ für den Mittleren Osten, deren Herstellung mit dem Sieg über Saddam Hussein beginnen soll, wird ein Modellfall werden, an dessen Ergebnissen sich die internationale Politik des 21. Jahrhunderts orientieren wird. Gelingt es den USA tatsächlich, den Irak in eine stabile Demokratie zu transformieren, so werden die darauf folgenden ökonomischen Verbesserungen, sehr rasch zu einem attraktiven Modell für die Nachbarstaaten werden.

Syrien und der Iran, deren Geheimdienste nahezu alle Terrororganisationen im Mittleren Osten unterstützen, befehligen und finanzieren, könnten ihr Treiben nur noch unter größtem Risiko fortsetzen: Direkt unter den Augen der Amerikaner. Eine Besetzung des Irak durch die Amerikaner würde also so gut wie sicher ein Ende des Terrors im Mittleren Osten bedeuten, und zwar deshalb, weil die Machthaber in Damascus und Teheran Opportunisten sind.

Kein Staat der Welt wird den Amerikanern bei der Durchführung ihres Planes ernsthaft in den Rücken fallen. Wenn alles gut geht, werden die Diktaturen im Mittleren Osten ähnlich enden, wie die damaligen Diktaturen des Warschauer Paktes: Ihre Bevölkerungen werden angesichts einer blühenden, marktwirtschaftlichen Nation ihrer eigenen repressiven und unattraktiven Staatsform einfach überdrüssig. Wenn die Machteliten im Iran und Syrien also lernfähig sind, was ich gerne unterstelle, dann haben sie sich auf diese Zeit schon vorbereitet, um im rechten Moment „Reformen“ anzukündigen.

Dieses optimistische Szenario würde alle wichtigen Mächte befriedigen, da diese vor allem nach Stabilität streben. Dies gilt vor allem für Russland und die GUS, die Austrocknung der Quellen des „islamischen Fundamentalismus“ würde eine erhebliche Beruhigung des Gürtels moslemischer Länder vom Kaukasus bis nach Tadschikistan bedeuten. Was aber bewegt selbst die liberalsten Demokratien der Welt zu Einwänden gegen dieses Szenario eines „demokratischen Imperialismus“? Es ist ein fundamental anderes Verständnis von der Souveränität der Staaten, als es in den USA vorherrscht. Im „alten Europa“ war die „Souveränität“ ein Prädikat, mit dem sich die Königshäuser gegenseitig den Respekt vor der individuellen Macht des anderen bekundeten. Diese Vorstellung einer Personen gebundenen Souveränität herrscht nicht nur in den Think Tanks der europäischen Außenpolitik, sondern auch in den Köpfen der Bevölkerung. Chirac, Bush und Hussein sind demnach Führer souveräner Staaten und berechtigt, für ihr Land z.B. Verträge abzuschließen. Frankreich fordert ein Gesetz, das WMD im Irak ächtet, Saddam unterschreibt und Europa ist zufrieden, obwohl die Farce nicht offensichtlicher sein könnte. Die europäische Diplomatie besteht aus Technokraten, die die Gesetze des Dschungels ignorieren, indem sie aus Gründen der Stabilität selbst die schlimmsten Diktatoren als „Gleichberechtigte“ ansehen.

Die USA und Präsident Bush können dieses Verständnis von Personen gebundener Souveränität nicht teilen. Sie beurteilen die Gefahren einer solchen Diplomatie für höher als deren Nutzen, und sie sind der Auffassung, dass es genau diese Diplomatie im Mittleren Osten gewesen ist, die nach 40 Jahren zu 9/11 führte. Die USA verfolgen eine Strategie, die Ronald Reagans berühmtes Bild der „CITY OF LIGHTS“ auf den ganzen Planeten projiziert: THE DEMORATIC EMPIRE. Der Irak ist nur das erste Ziel der Wahl, man verfolgt eine Domino-Theorie.

Eine überzeugende Theorie, denn langfristig ist es die einzig akzeptable Option für diesen Planeten.

Olaf Petersen

1 Kommentar »

  1. Derweil sich in Europa der undemokratische Ungeist hartnäckiger denn je ausbreitet!
    Chirac und Schröder ist gerade in Hinblick auf den Nahen Osten nicht zu trauen
    (vom Fernen Osten ganz zu schweigen). Die nabeln uns ab!

    Kommentar von Moritz — 27. März 2005 @ 12:36

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