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15. März 2005

Die Schau-Spielerin, die den Regen vermisst

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 18:29

Er war ein gefeierter Geigenspieler. Aber solche Leute sollte man eben nicht ohne Geige herum laufen lassen. Sobald ein Sänger den Mund auftut, um zu sprechen, oder sich sonst irgendwie offenbaren möchte, geht´s übel aus. Der Maler, der sich vor seine Leinwand stellt, wirkt als Klecks, der Musiker nach getaner Arbeit als Misston. Es kann nicht notwendig sein, den Dummheitsstoff, der in der Welt aufgehäuft ist, noch durch die Möglichkeiten der unbeschäftigten Künstlerseele zu vermehren.

Karl Kraus (1874-1936)

Es gibt Schlagzeilen, die sind so schön, dass man denkt, es könne eine neue Zeit beginnen.

Als es kürzlich hieß

„Franka Potente beendet Schau-Spielerei“

war so ein Moment gekommen, der sich jedoch nach wenigen Augenblicken in einem negativen emotionalen Crash entlud, da die Spielerin doch nur in selten erlebter Formulierungsgabe – obwohl doch die Fabulierung ihre größte Stärke ist – die nie gehörten und spritzig neuen Worte sprach, sie wolle sich „noch mal völlig neu zu erfinden”, um schon kurz darauf ihre Pläne für die nächste Dekade zu verkünden, die sich von den abgelaufenen so unterschieden, wie Kerner von Beckmann: nicht sehr viel, aber dafür um so wolkiger.

Franka Unpotente, wie sie die böse Zunge Tanja Krienens mal nannte, wurde in Münster geboren, wuchs aber in einem Ort auf, in dem es so schön ist, wie er klingt: Dülmen. Kinolos sei er gewesen, wird „Deutschlands größter Export-Schlager“ (Kino-Zeit), später einmal über die Stadt im Bezirk Coesfeld sagen, in der auch ihr noch bekannterer Künstlerkollege Jürgen Drews (König von Malo Orca) wohnt.

Doch nicht jedem, der aus dem langweiligen Münsterland heraus kommt freut sich, schon gar nicht, wenn es nach Amerika geht. Schön ist es jedoch dort, wo es kein Kino gab und ständig nässte. So sagt die große Künstlerin in einem Interview mit der „Petra“, die sicher, wenn sie heute gegründet würde „Ann-Kathrin“ hieße, auf die Frage: „Sie haben sich ein Jahr lang eine Auszeit in L.A. gegönnt. Gab es einen Moment, an dem Sie gedacht haben: Es ist Zeit, die Koffer zu packen und zurück nach Berlin zu gehen?“ – „Ja. Das war auf einem Spaziergang mit meinem Hund Pelle. Ich war gerade in New Jersey, wo die Eltern meiner besten Freundin leben. Dort lief ich durch einen riesigen Garten, in dem ganz viele Eichen standen. Das hat mich an Deutschland erinnert. Eigentlich hatte ich nie Heimweh, aber als ich diese Bäume gesehen habe, war mir schon ein wenig seltsam zumute. Und geregnet hat es dort auch – in Kalifornien regnet es ja so gut wie nie. Als ich dann zurück in L.A. war, habe ich gedacht: Ach, diese doofen Palmen hier. Und dann ging es ganz schnell, ich habe gleich meinen Vermieter angerufen und die Wohnung gekündigt. Noch in derselben Woche habe ich Umzugskartons geholt und angefangen, alles einzupacken.“ Der Hund Pelle wird den Flug im Koffer sicher genossen haben, wird aber noch mehr die fehlenden Palmen und den Regen ständig genießen dürfen: welch ein frohes Hundeleben bei diesem Frauchen.

Was sie „ehrlich gesagt“ auch nicht weiß

Inzwischen wohnt sie aber sogar in Berlin, wo sie alles „kiezig“ und dieses wiederum als schön empfindet. Ihre Kunst scheint sie instinkthaft zu können, in der Regel offenbart sie der Öffentlichkeit nämlich nicht zu wissen, wie man das macht, was anderenorts Schauspielerei genannt wird. Als der WDR sie nach der Produktion des Horrorstreifens „Creep“ fragte: „Wie bekommt man als Schauspieler eigentlich auf Kommando einen realistisch wirkenden panischen Gesichtsausdruck?“ antwortete sie doch tatsächlich: „Ich weiß es, ehrlich gesagt, nicht genau. Zum einen liegen beim Dreh die Nerven eh ein bisschen blank und es ist anstrengend - dadurch ist man poröser. Man trägt das schon den ganzen Tag mit sich rum. Und außerdem hat das auch viel mit Atmung zu tun. Genauer beschreiben lässt sich das nicht.“

Nun will man es gerne glauben, dass vor allem im Ami-Land das Drehen so unglaublich anstrengend ist. Es muss ja für einen deutschen Schauspieler schon extrem verwirrend sein, wenn er dort miterlebt, dass in einer Minute meist zehn Mal die Kameraeinstellung verändert wird, während hierzulande dieselbe Kamera zehn Minuten auf einem Fleck steht. Als Deutscher trifft man halt überall in der hektischen Welt auf Unbill, nirgendwo lässt man uns in Ruhe. Es ist aber schwierig das alles zu verstehen, wie Fräulein Franka immer wieder erkennen muss, denn als der WDR nachfragte: „Das Genre Horror gucken sich ja viele ganz gerne mal an, dennoch hat es immer so ein bisschen den Stellenwert eines B-Pictures“ da sagte sie: „Das hat mir der Regisseur John Carpenter in einem Gespräch auch schon mal gesagt, ich hab das aber nicht so richtig verstanden.“ Aber immerhin wurde ihr klar: „Ich finde jedenfalls, Horrorfilm gucken ist wie starke Medizin einnehmen: Das macht richtig was mit Dir.“

Auch der Johannes B. Kerner macht so viel mit dir, wenn du grad nicht aufpasst, und so plauderte sie in seiner Show frei heraus: „Bevor ich nach Los Angeles gegangen bin, hatte ich einfach das Gefühl: Alles war perfekt. Wenn zum Beispiel Gäste kamen, hätte ich für jeden das passende Gedeck und Besteck gehabt und noch eine Super-Serviette dazu.“ Die Netzeitung litt mit ihr und schob nach: „So wollte Potente aber nicht leben.“ FP sagt dann blitzgescheit: „Ich bin da reingerutscht.“ So, als sei in die Drogenszene geraten oder grad dem Moor entkommen.

Jetzo also, nachdem sie Hollywood knapp wieder lebend verlassen konnte, erklärt sie in der Netzeitung ihre Tabula rasa – Verfassung, sie sei „immer noch neugierig auf andere Lebenswelten“ und: „Ich bin zwar gerade froh, in Berlin zu sein. Aber ich war noch nicht in Island und möchte da vielleicht auch bleiben.“ Und dann kommt der Satz, der jedem die Tränen in die Augen schießen lässt - ganz ohne die Wand aus Leinen: „Ich möchte offen sein, weil es um die Erfüllung von Sehnsüchten geht.“ Das wäre eine schöne Überschrift für ein Portrait in der „Ann-Kathrin“ wie ich sie verstehe: „Meine Sehnsucht heißt Island. Untertitel: Als Franka Potente in den Geysiere wieder einmal zu heiß badete.“

Warum die Spielerin nicht ertrinken kann

Im Gespräch mit der Netzeitung sehen wir urplötzlich eine „Franka de sehr Potente“ und erfassen ihre enorme dialektische Stärke. Netzeitung: „Stimmt es, dass Sie bei der Tauch-Szene in «Die Bourne Verschwörung» fast ertrunken wären?“ FP: „Eigentlich hatte ich einem Journalisten nur von einem Drehtag erzählt, an dem wir die ganze Zeit unter Wasser waren. Dabei verliert man ein wenig das Gefühl für den Raum und hat für einen Moment vielleicht zu wenig Luft. Aber ich war weit davon entfernt. Immerhin habe ich ja einen Tauchschein.“

Sie hat also einen Tauchschein und kann deshalb nicht ertrinken. Das ist schön. Wahrscheinlich hat sie auch einen Autoführerschein, der sie vor dem Verkehrstod schützen wird und einen Pilotenschein, mit dem sie niemals unvorhergesehen vom Himmel fallen kann. Und wenn sie in großer Gefahr ist, schreit sie wahrscheinlich: Düüüülmen!!! Düüüülmen!!!

Wenn man so drauf ist wie sie, fühlt man sich überall nicht so recht wohl. Am Besten ist auch, man tut gar nicht erst etwas dagegen, denn wo es sowieso nie regnet, bleibt man ja eh ein Fremder - Potente: „Als Deutsche ist man immer ein Exot in Hollywood. Deshalb arbeite ich dort auch lieber gleich mit deutschem Akzent, als ihn mühsam wegzupolieren.“ Das ist logisch und so etwas verstehen ihre Fans sämtlich.

Nun soll sie in einem neuen Film (Che) über den argentinischen Anarchisten Ernesto Che Guevara, dessen Lebensabschnittsendgefährtin Tamara Bunke, genannt Tania la Guerrillera, spielen. Wir dürfen doch hoffen, dass sie mindestens diese parodistische Adaption zu erreichen versteht - Guckst du nach EINTRETEN - befürchten aber, sie wird so aussehen wie immer oder: schlimmer.

Die Amerikaner und ihre Sehnsucht nach Blut

Aber von Politik und Psychologie versteht FP mehr als davon, wie man ein ängstliches Gesicht macht. Als der Journalist Jörg Buttgereit sie fragt, warum es momentan so viele Horror-Remakes gibt, weiß sie genau warum: „Das sind ja bezeichnenderweise alles amerikanische Filme. Ich glaube, in den Köpfen der Amerikaner setzt sich gerade der Schock vom 11. September 2001. Es gibt scheinbar diesen unterdrückten Zorn, eine Sehnsucht nach Blut. Einen Film zu machen, in dem der Irak zerbombt wird oder in dem Leute mit Turbanen gequält werden, das geht natürlich nicht. Aber diesem unterschwelligen Urreflex nach Rache in blutigen Horrorfilmen zu frönen, das geht als Ventil scheinbar in Ordnung. Man kennt das doch von sich selbst auch. Wie gern würde man manchmal einer bestimmten Person in die Fresse schlagen; darf es aber nicht.“

Ja, das würde wohl jeder gern mal, sofern uns nur gerade jemand einfiel.

Tanja Krienen

6 Kommentare »

  1. Mit welchem Passwort ist die Lebensalternativenerläuferin und vom selben Tückwer am Kino-Tod gehinderte Anti-Erotik-Lola eigentlich ins Hollywood-Forum geraten? Deutsche-Mädel-Quote? Ihre Schultern sind ja ganz beeindruckend. Sportsfreunde - spielt sie am Ende doch noch im nächsten Scorsese mit, oder visiert sie bloß den Frech wie Oscar an?

    Kommentar von Max — 16. März 2005 @ 00:28

  2. Man kann aber nicht leugnen, dass sie mangelnde Begabung beständig durch sinnfreie Quasseleien auszugleichen versucht. Oder?

    Grüße

    Kommentar von Campo-News — 16. März 2005 @ 08:12

  3. Zunächst mal macht die die Arbeit, die von ihr erwartet wird: Deutschland repräsentieren; auch wenn sie durch die Leugnung
    sich verdammt antideutsch verkauft.

    Quasselt das ehrliche Konfektionsprodukt Potente? Nein. Die redet Kein! Wort mehr als den handelsüblichen Dünnpfiff. Redet sie gut über Deutschland? Das wäre doch zumindest zu erwarten? Nein, sie redet nur von und für sich selbst.

    Irgendwie muß die für Hollywood geil sein, irgendwie muß die was haben, was vergleichbare Ami-Anti-Bräute nicht haben (Und Franka ist doch wirklich das klassische Bild der amerikanischen ANTI_Braut.

    Frag nicht, was die reden - bei Brat Bitt ist da bestimmt nicht viel zu hören - frag nur, welchen Jahrgangs Dein Mikrophon ist, und lade Deine VIP-GALA -Interview-Partnerin auf einen Früchtetee ein - und dir fällt zuletzt bestimmt nicht Anjelica Huston ein.

    Kommentar von Max — 16. März 2005 @ 09:29

  4. Nun ja, sie redet vor allem dauernd und auffallend darüber, welch´ böse Zustände in den USA herrschen, jedenfalls: andere als in Deutschland, wo die Wälder so saftig, der Himmel so schön trüb und die Filme nicht so blutig sind.

    Insofern verkauft sie sich nicht anders als z.B. der Langweiler Wim Wenders - das ist aber nicht mal in dialektischer Weise antideutsch zu nennen, sondern einfach nur: ignorant.

    Es gibt einfach Schau-Spieler, die haben kein Charisma, keine Präsenz - zu diesen zähle ich FP. Denke ich an Hollywood, fällt mir da zuerst die unfassbar überschätze Winona Ryder ein…

    Grüße, TK

    Kommentar von Campo-News — 16. März 2005 @ 14:52

  5. Author : Matthias Comment:

    Hallo,

    ich bin gerade auf diesen Text gestoßen. Der gefällt mir gut - schön geschrieben ;-)

    Gruß Matthias

    Kommentar von Recherche — 19. Dezember 2006 @ 10:34

  6. Der Moment, in dem ich meine Siebensachen zusammenraffte und das schöne „Ziegfeld Theatre“ verließ, war genau der, in dem die unbegabteste aller deutschen Schauspielerinnen, also Franka Potente, den Mund aufmache. Beim Hinausgehen fragte ich mich Folgendes… http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/comandante_che_guevara/

    Kommentar von Campo-News — 22. Januar 2016 @ 13:59

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