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28. Juni 2015

Mein neues Buch: Fackeln in der Dämmerung

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 15:27

Texte aus vier Jahrzehnten

Nun erscheint mein neues Buch: Fackeln in der Dämmerung, „Texte aus vier Jahrzehnten“. Illustrationen:  Livius Bootz, Vorwort & Nachwort: Wolfgang Luley, Felix M. Kielstein, Hagen Ernst

Der Herausgeber schreibt: Tanja Krienen – umstritten und streitbar. Das allein sind 2 Gründe ihr neues, fast 400 Seiten starkes Werk zur Hand zu nehmen. Die Politikerin, Publizistin und Aktivistin fasste vier Jahrzehnte zusammen und erlaubt Rückschlüsse auf das Weltenleben in der Zukunft.

Krienen ist auch hier streitbar, hält ihre linke Gesichtshälfte – von DKP bis Linkspartei – und ihre rechte Wange – AFD – hin, während sie aufzeigt, wie sehr sich die Welt in 40 Jahren wandelte. Dabei müssen wir allerdings feststellen, dass die politische Menschheit in all diesen Jahren nichts gelernt hat.

Für politische Querdenker ist das Buch ein Muss! Auch, nein gerade weil, man nicht immer mit der Krienen eins sein muss oder will. Es liefert Widersprüche und Argumente, für ein Pro und ein Contra. Für mich ist „Fackeln in der Dämmerung“ ein Grundlagenwerk, zur Findung eigener Positionen, zur Findung eigener Meinungen und zum Verstehen der politischen Fehltritte. Selbst die Aphorismen und Reimwerke bieten für diesen Prozess die Gelegenheit.

Das abschließende Interview, geführt von Wolfgang Luley, ist ein Auftrag für den Leser. Nicht nur mit der Krienen’schen Sichtweise sich auseinander zu setzen, sondern eine eigene zu bilden. Und dabei über den Tellerrand zu schauen! http://preussischer-anzeiger.de/2015/06/28/neu-und-die-naechsten-tage-exklusiv-auf-romowe/

Tanja Krienen, umtrieben und weitsichtig in politischen Fragen, legt hier ein fast 400 Seiten starkes Buch vor. Ihre Artikel, Satiren und Aphorismen aus vier Jahrzehnten erschienen ursprünglich in Zeitschriften, Zeitungen und Blogs. Die Beiträge sind zeitlos und aktuell. Man wird an ihnen die Zeitgeschichte auch in Jahren noch ablesen können. Obwohl sich die Erde weiterdrehte, stehen wir noch immer am Anfang. Da tut es gut, die Weitsicht der Journalistin und Autorin, der Politikerin und Streiterin zu erkennen. http://romowe.de/laden/product_info.php?products_id=36

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2 Kommentare »

  1. DAS INTERVIEW ZUM BUCH!!!

    „Der Mensch sucht sich seine Vorbilder nach seinen Neigungen.“

    Frage: Tanja, Du bist eine interessante Person, die man als widersprüchlich bezeichnen muss. Du schreibst Artikel für linke Blätter, zum Beispiel: Spiegel und taz, dann aber auch für rechte Magazine, wie das von eigentümlich frei. Kannst Du Dich nicht für eine politische Richtung entscheiden?

    Tanja Krienen: Widersprüchlich wäre ich, wenn sich meine Positionen widersprechen würden. Dies geschieht aber selten, maximal dann, wenn der Zeitstrom völlig andere Konstellationen bringt und etwas, das in einer anderen Zeit richtig war, modifiziert werden muss, weil die handelnden Parteien, Personen, Staaten oder Gruppen ihren Charakter änderten. Die erdrückende Anzahl meiner getätigten Meinungsäußerungen sind von der Richtung ihrer Aussagen gleich geblieben, wie man in meinem neuen Buch „Fackeln in der Dämmerung – Texte aus vier Jahrzehnten“ sehen kann. Da sich die Rahmenbedingungen stark veränderten, ordnen sich bestimmte Äußerungen bisweilen in ein anderes politisches Schema ein als in früheren Jahren oder Jahrzehnten. Ich habe immer dort veröffentlicht, wo mir die Chance dazu ermöglicht wurde und es bei entsprechender Toleranz passte, denn manche Medien sind, resp. waren diskussionsfreudiger als man denkt. Mein Ehrgeiz hat aber abgenommen und ich bemühe mich kaum noch um Veröffentlichungen, nicht zuletzt, weil es auch andere Möglichkeiten gibt seine Meinung unzensiert zu veröffentlichen. Das war ja auch ein Grund für die Herausgabe meines Magazins „Campo de Criptana“.

    Frage: Wer Deine Texte liest, weiß, dass Du Aphorismen, Gedichte und Artikel schreibst. Du vereinigst in Deinen Werken Poesie und Politik, was widersprüchlich ist. In der Regel sind Autoren eher Poeten, also an Politik wenig interessiert; wie ist diese Mischung zustande gekommen?

    Tanja Krienen: Och, die meisten Literaten haben doch sowohl Gedichte als auch Aphorismen geschrieben und von Zeit zu Zeit auch eine andere Form zur Veröffentlichung genutzt. Karl Kaus, Kurt Tucholsky, Bertolt Brecht – die klassischen großen Alten der neuen Form haben dies getan, aber auch Philosophen wie Friedrich Nietzsche oder sogar Karl Marx, dichteten neben ihrem eigentlich Werk oder, wie der erstgenannte, komponierte sogar. Günter Grass oder Wolf Biermann konnten ebenfalls die ganze Angebots-Palette abrufen: Werke, Gedichte und Artikel. Bei Letzterem kommt noch der politische Gesang hinzu. „Allrounder“ sind meine Vorbilder und da ich durch keine Journaillenschule schmal kanalisiert und abgetötet wurde, versuche ich mich traditionell an allem. Die ersten Geschichten habe ich mit 13 geschrieben, sie sind aber verschollen. Was vielleicht auch gut ist. Nein, ganz bestimmt sogar. Vorbild ist auch einer, wie Richard Huelsenbeck, der nicht nur eine Kunstform mit entwarf, sondern dichtete, Pamphlete schrieb und im Hauptberuf später als Psychoanalytiker eine Praxis in New York betrieb. Oder Georg Kreisler, der nicht nur gereimte Texte schrieb, sondern auch Artikel, Satiren, hauptsächlich aber sang und vielerlei komponierte. Im Bereich der Sprache wäre auch noch Hanns-Dieter Hüsch zu nennen, der, ähnlich wie Kreisler, Wortakrobatik, Politik und Unterhaltung vorbildlich verband. Unter den fremdsprachigen Autoren muss hier noch Tom Lehrer erwähnt werden, obwohl ich zu ihm erst relativ spät gelangte.

    Frage: Der marxistische Philosoph Herbert Marcuse prägte den Begriff der Repressiven Toleranz, also einer Toleranz, die Herrschaft unterstützt. Wie stehst Du als Autorin und Publizistin dazu? Akzeptierst Du die Meinung von Marcuse oder hast Du, bezüglich von Toleranz, eine andere Meinung? Wie drückt sich die in Deinen Büchern aus?

    Tanja Krienen: Marcuses Essay ist klug, aber auch sperrig, einseitig, verengt und autoritär. Daneben finden sich manch richtige einzelne Aussagen. Der Rahmen in dem Marcuse denkt, resp. den er sich setzte, ist ein linksradikaler und hat sich völlig verändert. Für ihn war allein die „Klassenfrage“ entscheidend und alle Vorgänge reduzierte er darauf, ob sie dem linken Kollektiv nutzen oder schaden. In seinem Sinne war die Toleranz gegenüber jeder abweichenden Meinung, die er rechts einordnete, falsch, ja sogar böse. Es gibt innerhalb seines verengten Weltbildes dennoch eine Option zur tatsächlichen Weltverbesserung und eine gewisse Schnittmenge, die er mit säkularen und aufgeklärten Menschen teilt. Und an dieser Stelle hat er ganz abstrakt recht: Die Politik, bzw. die Gesellschaft, schafft viele Ventile zur Ablenkung und zur kollektiven Identitätsstiftung, die letztlich ein falsches „Wir“ erzeugt und die eigentliche Probleme nicht erkennt oder sie verleugnet, in dem sie alle Äußerungsformen als gleich und wichtig belässt. Marcuse kannte den Begriff der Postmoderne noch nicht. Fakt ist, dass er, der sich als Dialektiker versteht, wie so viele scheinbar dialektisch Denkende, den letzten Sprung zur Wahrheitsfindung um jeden Preis ablehnt und zugunsten einer politischen Propaganda verwirft. Er ist kein typischer Vertreter der Frankfurter Schule. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass Toleranz kein endgültiger Wert sein kann, nur beziehe ich diese Trennschärfe auf ganz andere und heute aktuelle Themen. Ob Marcuse zu ihnen gelangt wäre, vermag ich nicht sagen.

    Frage: Erzähl doch mal, über welche Themen Du genau schreibst?

    Tanja Krienen: Solange ich denken kann kreisen meine Gedanken um die Politik und die damit zusammenhängenden gesellschaftlichen Fragen, aber auch um Musik, Kunst und Literatur. Ebenso bin ich an Philosophie interessiert und an der Psychologie, die ich mit der Beschreibung unzähliger Verhaltensweisen in Satiren und Polemiken auf eine greifbare Ebene herunterbreche und dadurch ihre Wirkung auf den Menschen aufzeige.

    Frage: Wer sind Deine literarischen Vorbilder und warum genau die?

    Tanja Krienen: Der Mensch sucht sich seine Vorbilder nach seinen Neigungen. Fast alles fügt sich automatisch zusammen. Am Anfang standen die klassischen deutschen Gedichte, die mir mein Vater, ein Mauer, als Kind aus dem Gedächtnis vortrug, noch ehe ich lesen konnte. Unbehagliches Empfinden am Lernstoff in der Schule, löste sich vorsichtig, als ich Wolfgang Borchert oder auch im Ansatz Brecht gewahr wurde. Als Arbeiterkind musste ich mir Wissen erst durch eigenes Interesse erarbeiten, zumal ich in der Schule fast nichts für das Leben lernte. So war es dann ein Glücksfall, dass ich frühzeitig mit der Linken in Berührung kam, z.B. später die konkret las und durch Gremlizas Neigung zu Karl Kraus, neugierig wurde. Sodann erschloss sich vor allem ein Faible für die Art und Weise des Schreibens. Der Rhythmus, die respektlose Herangehensweise, der hintergründige Witz, die Tempowechsel und die raffinierte Auflösung verschachtelter Sätze, die artifiziell zu nennenden Satzkompositionen, letztlich der Spaß an der Bedeutungssuche mir unbekannter Fremdworte und abseitiger, hingeworfener Informationen, ließen mich in den Sprachgarten eintauchen und versinken. Der Wiedererkennungswert bei Nietzsche war sehr groß. Wann immer ich die linken Vorbilder nenne, so meine ich heute nicht ihre konkrete Ausformung, ihre bisweilen immer nur in klassischen Feindbildern verharrenden Bilder, sondern ihre Methodik, die ich wie vorgestellt charakterisierte. Von den alt-konservativen Schreibern, vereinfacht gesagt, fesselt mich allein Schopenhauer.

    Frage: Lass uns ein wenig über Dein Leben reden. Manches erinnert mich an Nietzsche, der mit dem Hammer philosophieren wollte. Bist Du ein weiblicher Nietzsche?

    Tanja Krienen: Meine Affinität zu ihm teile ich mit vielen anderen künstlerisch interessierten Menschen, denen das herrschende Korsett zu eng ist und die sich selbst eine Fähigkeit zur Meinungsbildung attestieren. Mein Hang zur „Besserwisserei“, wie es manche Außenstehende vielleicht empfinden, liegt darin begründet, viele Fakten anzusprechen und tatsächlich verschiedene Enden miteinander zu einer neuen Sichtweise zu verknüpfen. Da sie aber wenig metaphysische Elemente besitzt, kann sie die Massen nicht nebulös einspannen und bleibt zu schroff. Sie versucht nie die Massen für sich zu gewinnen, hasst aber ebenso verschrobenes und elitäres Denken einzelner und selbstgerechter kleiner Könige. Da bedarf es manchmal auch des Hammers. Blass-Bürgerlicher-Background steht bis heute im Gegensatz zur „Hemd-aus-der-Hose-und-Hände-in-der-Tasche“-Haltung. Für den Hammer muss man die Hand aus der Tasche nehmen. Und beide Hände benötigt man oft beim Reden!

    Frage: Du schreibst auch manchmal über Deine Art von Sexualität - ist Sexualität politisch? Ich meine, ist Deine Art der Sexualität Dein Antrieb auf das Gebiet der politischen Bühne?

    Tanja Krienen: Überhaupt nicht. Ich hege keinerlei alternative Gedanken, sie sich aus irgendeiner sexuellen Sichtweise speisen. Da empfinde ich mich als Norm, als absolut mittig. Es ist tragisch, dass ich oft in Ecken gestellt werde, in denen ich mich nicht einmal bei Nacht wage. Wenn ich etwas konstatieren muss, dann vielleicht eine gewisse Empfindlichkeit, weil man mich für etwas nimmt, was ich nicht bin und einsortiert. Mein Interesse für Psychologie und eine gewisse Erfahrung machen mich kundiger als der Schnitt und mein Mut Klartext zu reden und mich zu positionieren, angreifbarer. Das geht jedem so, der sich vorwagt und eine abweichende Meinung äußert und sei es auch nur in Teilbereichen.

    Frage: Mir fällt auf, dass Du in verschiedenen Parteien warst, angefangen von der erzlinken DKP, über die konservative CDU, bis hin zur rechtskonservativen AfD. Wie kam das?

    Tanja Krienen: Als Linke startete ich aufgrund meines Elternhauses und manch frühen kindlichen Erfahrungen im Alltag. Die gesellschaftlichen Schichten waren vor 50 Jahren viel stärker als heute voneinander getrennt, denn die Menschen lebten in völlig unterschiedlichen Welten. Über die Unzufriedenheit mit der regierenden SPD, der Lektüre von Marx und Engels und dem Kennenlernen von Wolf Biermann und seiner kritischer Sicht auf die DDR aus linker Überzeugung, sah ich mich vom Frühjahr 1974 an, also um meinen 17.Geburtstag, als der kommunistischen Bewegung zugehörig. Verstand und Gefühl folgend, lief auch hier viel über die Musik und besonders über die Lieder des für mich bis heute einzigartigen Sängers Ernst Busch. Er traf genau den Ton, den ich mochte: klar, direkt, intelligent in der Umsetzung. Ein deutscher Johnny Cash! Ein mexikanischer Jorge Negrete! Wir hatten in den 70er Jahren viele nette Ideen und ich analysierte bereits 1982, also drei Generalsekretäre vor Gorbatschow, dass sich objektiv nicht nur das Meiste erfüllt hatte, sondern manche Forderungen weit über das Ziel hinaus schossen. So verließ ich die DKP. Philosophisch blieb ich Materialistin, Atheisten und Anhängerin der Modernen. Ich blieb stehen, die ganze Meute aber rauschte irgendwann links an mir vorbei, forderte Absurdes, das wir einst nur den Abenteurern, Trotzkisten, Maoisten, Anarchisten oder regelmäßigen Drogenkonsumenten zugeignet hatten. Von diesem ultralinken Standpunkt erscheint meiner nur in Teilen liberal und vielfach auch konservativ, sogar reaktionär. Wenn man die Ausführungen der Philosophen des 19. Jahrhunderts als Maßstab nimmt und an weite Bereiche als immer noch zutreffend, dann muss man halt das Etikett „rückwärtsgewandt“ annehmen, selbst wenn man es moderner präsentiert. So will es das Gesetz, das von jenen bestimmt wird, die nie über den viel älteren Marx oder die Sagengestalt Jesus herauskamen.

    Frage: Bei der AfD hast Du das Handtuch geworfen, obwohl Du den Ortsverband gegründet hast und zur Sprecherin bestimmt wurdest. AfD und Tanja Krienen - ein Missverständnis?

    Tanja Krienen: Ich habe die AfD schon richtig verstanden. Es war übrigens der Kreisverband den ich mitgründete, so wie auch den Landesverband NRW! Die AfD ist nicht das, was sie vorgibt, sondern eine weitgehend unideologische Wutbürgerpartei ohne echte Analysefähigkeit, die meist genauso grummelt wie die linke Basis. Von einer Partei, welche angeblich die alte Formel von der liberal-konservativen Richtung vertreten will, wie sie z.B. der Publizist Gerhard Löwenthal postulierte, der übrigens auch ehedem ein Linker war (Jude dazu)l, ist die Partei meilenweit entfernt. Aber nur so eine Partei wäre ein echter Widerpart zum Allparteipool, in den man die AfD wohl mit hineinwerfen darf. So ist sie das, was es schon längst gibt.

    Frage: Um noch einmal auf den hauptsächlich als Kabarettist bekannten Georg Kreisler zurückzukommen, mit dem Du einen regen Briefwechsel geführt hast. Wie hast Du ihn kennengelernt? Über welche Themen habt ihr euch ausgetauscht und letztlich: Du hast herausgefunden, dass sich Kreisler mal mit Hanns Eisler getroffen hat. Was ist an diesem Treffen so interessant gewesen?

    Tanja Krienen: Ich sah ihn häufig auf der Bühne und sprach auch schonmal nach der Vorstellung mit ihm. Doch die elf Jahre dauernde Brieffreundschaft begann, als mir bei einer Recherche auffiel, dass an Charlie Chaplins „Monsieur Verdoux“ sowohl Hanns Eisler, als auch Georg Kreisler mitgearbeitet haben sollen, obwohl in den einzelnen Biographien nichts von einer gemeinsamen Arbeit zu lesen war. Sollte es sich um einen Irrtum handeln? Kr(eisler), sehr kurios. Und doch: Chaplin wollte zu seinem Film die Musik schreiben, konnte aber keine Noten. So pfiff er Kreisler die Melodien vor, der notierte sich alles und machte sich dann auf nach Malibu, wo Hanns Eisler im Exil wohnte, der dann die Vorlagen in Orchestermusik umsetze. Zwei Juden, die beide in Hollywood überlebten, der ältere schon sehr erfolgreich, nicht nur wegen seiner Arbeit mit Brecht, und der jüngere, grad 22, der sich seinen Namen noch erarbeiten musste.

    Frage: Du hast einige Briefe beigesteuert zu dem Buch von Dr. Nikolaus Topic-Matutin, das den Titel hat: „Georg Kreisler – Doch gefunden hat man mich nicht“. Das Buch veröffentlichte Texte, Gedichte und Briefe, die bisher noch unbekannt waren. Kann man noch mehr von Dir über Kreisler erwarten – etwa in Buchform?

    Tanja Krienen: Das wohl nicht, doch der Verlust schmerzt noch immer. Gern würde ich jedoch einen Spielfilm über sein Leben anregen wollen, das unfassbar viele Anekdoten bereithält und mit der Weltgeschichte verknüpft ist. Zum Beispiel, wie Hitler Kreislers Onkel Julius Plakate für eine Werbeaktion gegen Schweißfüße malte oder wie er auf der Flucht 1938 auf einem Schiff das Kosher-Nostra Mitglied Bugsy Siegel (eigentlich Benjamin Siegelbaum) traf und mit ihm Schach spielt und auch später bei dessen Erschießung in der Nähe weilt oder als er 1945 als Mitglied der „Ritchie Boys“ u.a. Hermann Göring, Julius Streicher und Ernst Kaltenbrunner als Dolmetscher mitverhört u.v.m.

    Frage: Was planst Du für die Zukunft?

    Tanja Krienen: Falls es sie gibt: Seit zwei Jahren sammele ich Stoff für einen Roman und habe schon fragmentarisch einige Szenen erarbeitet. Wenn es gelingt, wird es mit Abstand zum bösesten Werk, das ich je verbrach. Mein Arbeitstempo hat sich verlangsamt, ich werde sicher noch zwei, vielleicht auch drei Jahre zur Vollendung benötigen. Ansonsten halte ich es mit Brecht:
    Ja, mach nur einen Plan!
    Sei nur ein großes Licht!
    Und mach dann noch’nen zweiten Plan
    Gehn tun sie beide nicht.

    Das Interview mit Tanja Krienen führte Wolfgang Luley, Redakteur und Lektor des Romowe-Verlages. http://preussischer-anzeiger.de/…/neu-und-die-naechsten-ta…/

    http://romowe.de/laden/product_info.php?products_id=36

    http://www.amazon.de/Fackeln-D%C3%A4mmerung-Te…/…/1512277193
    Was macht das jetzt mit mir?
    Der sukzessiv zu vernehmende, wohlig törichte Stoßseufzer „Was macht das jetzt mit mir?“, wäre wohl, falls diese Kategorie gäbe, der Unsatz der letzten Jahre. Im realen Leben traut sich niemand, weshalb er nur im Fernsehen zu sehen ist, meist, wenn die Reporterin des WDR oder auch privater Krawallkanäle, aus irgendwelche gepiercten, vollschlanken Frauen (zu 99% sind die „Was-macht-das-mit-mir“-Frager Fragerinnen) eine Befindlichkeit herausquetschen wollen, die in 99,9% der Fälle entweder selbst verbockt oder aber eingebildet wurde, und zwar so, dass Fremdschämen geradezu – quasi programmgenetisch – als Bestandteil des Horrors garantiert ist. Wie gelangt man in diesen Zustand? Treudoof, verantwortungslos und bar jeder Fähigkeit zur Vorausschau, stellt man den Gesichtsausdruck auf Durchzug bei gleichzeitiger höchstmöglichster Leidensmine, signalisiert gleichzeitig: auch du kannst dümmer, als die Polizei bis circa 1999 erlaubte, sein.
    Beispiel:
    Candida Savannah Kapitulinski war stockbesoffen, als sie während des Fischmarktes auf Djamal Dschalala traf, kurz darauf mit ihm „schlief“ und sagt nun: „Als ich hörte, ich bin schwanger (O-Ton selbstverständlich), dachte ich nur: Was macht die Schwangerschaft jetzt mit mir?“ Man muss hinzufügen, dass der Satz „Was macht das jetzt mit mir?“ oft durch die konkrete Benennung des Ereignisse ergänzt wird. Jedenfalls: nun sitzt sie da betroffen und wartet, was es mit ihr macht. Ein Zustand zeitloser, temporärer Glückseligkeit.
    Die Frage: „Was macht das mit mir“ stellt sich aber in vielerlei Gestalt.
    Karl Friedrich Buck, 62 aus Unterwegs, war vorhin war ich bei der Frauke und wollte ihr das Rechnen beibringen. Da sagte sie ihm, er könne ja gar nicht rechnen. Da rief er sehr erstaunt: „Was macht das jetzt mit mir?“
    Effi Briese, 44, aus Haan-Hochdahl stellt sich manchmal auf die Zuggleise und spricht dann leise: „Wenn ich jetzt hier stehen bleibe: Was macht das jetzt mit mir?“
    Anna-Marie Fettelfritz, 23, aus Gelsenkirchen, schaut seit langer Zeit nicht mehr in den Spiegel, sie sagt: „Wenn ich das täte, was macht das dann mit mir?“
    Und du aus Unbekannt, fragst dich jetzt auch nach dem Lesen dieses Textes: „Was macht der jetzt mit mir?“ Du wirst schon sehen

    Kommentar von Campo-News — 6. Juli 2015 @ 08:15

  2. “Fackeln in der Dämmerung” von der Jungen Freiheit rezensiert
    Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 16:34 Bearbeiten

    Zur Freiheit, zur Sonne. Die streitbare Autorin Tanja Krienen dokumentiert in einem Essayband ihren langen Marsch zum Antitotalitarismus. Von Marc Zoellner

    Tanja Krienen ist nicht mehr nur ein Name. Im Kreise des nonkonformen Journalismus gilt er schlichthin bereits als Institution.

    Seit den frühen Achtzigern des vergangenen Jahrhunderts bemüht sie redlich ihre Schreibfeder, beliefert im Akkord die Redaktionen der deutschen Medienlandschaft; angefangen bei der linksalternativen taz über libertäre Magazine wie dem eigentümlich frei bis hin zum konservativen Preußischen Anzeiger.

    Die Wahl der Themen glich dabei seit je dem wechselvollen Kurs ihrer eigenen Vita. Als Punk trat sie in Jugendjahren erstmalig öffentlich in Erscheinung auf, als Anarcho-Trotzkistin, welche die aufkommende Neue Deutsche Welle gegen Faschismusvorwürfe ihrer eigenen Genossen verteidigte und letztere wiederum nach fünfjähriger Mitgliedschaft in der Deutschen Kommunistischen Partei aufgrund deren Verherrlichung der inneren Zustände der DDR-Diktatur den Rücken kehrte.

    Wolf Biermann stand ihr schließlich nahe; der Vertriebene, der - wie sie – scheinbar keine politische Heimat finden konnte. Seine erzwungene Emigration war fortan Bestandteil unzähliger von Krienens Kolumnen, seine Ausbürgerung Titel einer bei Ullstein publizierten Essaysammlung, zu welcher auch Krienen Texte beitrug. Ein Mutualismus zu beidseitigem Vorteil: Denn neben linken und liberalen Koryphäen wie Wagenknecht, Röhl und Broder waren es auch Biermanns Beiträge, die Krienens Zeitschrift “Campo de Criptana” – benannt nach jenem mittelspanischen Dörfchen, vor dessen Toren der tragische Held Don Quijote sich zum Kampf gegen die Windmühlen anschickte – zu Rang und Namen verhalf.

    Mit “Fackeln in der Dämmerung” beliefert der frisch gegründete Romowe-Verlag, ein Derivat des PA, seine Leser nun, zwischen Buchdeckel gepresst, mit einer 376 Seiten umfassenden Sammlung von Krienens in den letzten vier Jahrzehnten verfassten Essays, Kolumnen und Kommentaren, ihrer Aphorismen und Gedichte. Im Rückblick gelesen, stellen Krienens Aufsätze dabei mehr als nur einen flüchtigen Streifzug durch die Geschichte der Republik dar. Sie gewähren auch tiefe Einblicke in ihr eigenes Leben: Ihren biografischen Sollbruch mit Kommunisten, Konservativen – der CDU – und der AfD, ihrer Abneigung totalitärer Denkweisen gegenüber, ihrem Patriotismus jenseits schwarzweißer Strukturen sowie natürlich auch der schönen, der angenehmen Seiten von Kunst, Kultur und Literatur.

    Krienens oftmals überschwängliche Polemik muss man dabei nicht unbedingt mögen. “Wenn einer mir sagt: Ich komme mit jedem gut aus”, gesteht sie gern selbst ein, “so läge mir schon sehr daran, ihm das Gegenteil zu beweisen.” Das meint sie durchaus ernst. Doch gerade dadurch hebt Krienen sich lesenswert ab von der grauen Masse der deutschen Publizisten.

    Tanja Krienen: Fackeln in der Dämmerung. Texte aus vier Jahrzehnten. Romowe, 2015, 376 Seiten, 20,95 Euro.

    Kommentar von Campo-News — 10. November 2015 @ 08:25

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