An der Quelle saß der Knabe
Über den Unterschied zwischen einem Ritter und dem Finanzamt
Von Jürgen Oskar Brauerhoch
An der Quelle saß der Knabe
Heh, du - hörte er plötzlich über sich
eine dunkle Stimme -
Was machst du da?
Nichts, Herr - sagte der Knabe - ich sitze
an der Quelle, weil so
diese Geschichte anfängt.
Welche Geschichte? - brummte der Ritter; denn er war
ein solcher und saß auf einem prächtigen Rappen,
von dem er recht finster herabschaute.
Den Autor hab ich vergessen - sagte der Knabe
kleinlaut - aber die Geschichte fängt an mit :
An der Quelle saß der Knabe. Und das bin ich!
.
Solange das eine Geschichte bleibt,
mag es angehen, sagte der Ritter.
Aber Du sitzt ja tatsächlich an der Quelle, du Halunke.
Folglich muß ich Quellensteuer von Dir kassieren!
Welche Quellensteuer, fragte der Knabe beherzt,
wie kommst Du dazu?
Wenn Du frech wirst, mußt Du noch eine
Unbotmäßigkeitssteuer dazu zahlen - sagte der Ritter drohend.
Aber Du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet,
reklamierte der Knabe.
Du fällst lästig, Burschi, sagte der Ritter. Also, hör zu:
Mein Herr verlangt von jedem, der sich an einer seiner
Quellen niederläßt, völlig legal eine Quellensteuer.
Schließlich muß er ja von irgend etwas leben,
nachdem der Wald nichts mehr einbringt…
Aber bitte nicht gerade von mir - erwiderte der Knabe -
Ich bin doch ein Waisenknabe, Herr!
Da bekam der Ritter Mitleid mit dem Knaben
an der Quelle und ritt weinend davon.
(Das ist der Unterschied zwischen einem Ritter
und dem Finanzamt!)