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16. Juli 2009

Verschüttet, vergessen, „ausgemendelt“

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 16:57

Zum Beispiel Charlie Rich, Peter Igelhoff, Renée Franke, Detlev Lais, Horst Winter

Ja, das ist meine Melodie
Nach der ich singen muss
Nach der ich pfeifen muss
Und tanzen muss
Und springen muss
Die man beim ersten Ton versteht
Weil sie jedem in die Beine geht.
Ja, das ist eine Melodie
Die mich so selig macht
Wenn ich sie höre, hab ich immer an das Glück gedacht
Ach bitte sagt wie liebt ihr sie
Meine kleine Lieblingsmelodie.
Manchmal, wenn mein Herz aus irgendeinem Grunde weint
Tröstet mich sofort mein allerbester, guter Freund
Und das ist meine Melodie
Nach der ich singen muss
Nach der ich pfeifen muss
Und tanzen muss
Und springen muss
Mehr als die schönste Rhapsodie
Lieb ich meine kleine Melodie.

 

Horst Winter (Bruno Balz)

 

Charlie Rich hatte getrunken. Viel getrunken. Aber an diesem denkwürdigen Tag im Jahre 1975, sollte er seinen Nachfolger als „Entertainer of the year“ John Denver, die singende sülzende Rundbrille und späteren Bruchpiloten, präsentieren. Um keinen Preis dachte sich Rich und tat das, was man öfter sehen möchte: Er zündete den Umschlag mit dem Namen des Gewinners „John Denver“ an. Basta!

 

Wenn das Neusprech-Medium für den rundbebrillten und fuselbärtigen Neudeutschen, Wikidepia, aus Charlie Rich ausschließlich einen „Country-Sänger“ bastelt, liegt das sicher an dem wohl statt des Musikkundlers dafür eingesetzten „Gender-Beauftragten“, der es tatsächlich schafft, nicht einmal die Rocksongs „Whirlwind“ und „Rebound“ zu erwähnen, aber „administrieren“ darf. Fakt ist jedenfalls, dass Leute wie Rich oder Carl Mann und mit ihnen eine Unmenge von Musikern, hierzulande dem nachwachsenden Einerlei - und Doofsprechverschnitt nicht mehr bekannt ist, nicht zuletzt, weil nicht sein darf, was nicht mit der schwulen Seele röhrt oder im Takt der Disco stampft.

 

Klangmusterteppichhändler

 

Dass dieses Volk noch fröhliche, oder auch sentimentale eigener Zunge Lieder singt, zumindest hört, kommt ebenfalls beinahe nicht mehr vor. Maximal geht noch der Kunstschleim ausstaffierter Klangmusterteppichhändler, die man zu „Volksmusikanten“ verjankert. Oder jene „deutschen Musiker“, die mit dem „Großen Lexikon der Phraseologie“ zukleistern, was an Lyric aus dem zertrampelten „Einst“ noch Millimeter hoch aufragt. Ausgemendelt hat man Ihnen fast jede Natürlichkeit, jeden Haken, der widerspenstig an den Text andockt. Realität ist etwas, das bei Musik und Kunststudenten direkt im Hirn Schmerzen verursacht.

 

„In der Nazi-Zeit waren Swing und Jazz verboten“. Dieser Satz ist törichter als z.B. die Behauptung, Udo Lindenberg sei ein Kulturschaffender oder die Piratenpartei eine Organisation, die etwas anderes darstellt als Befürworter jener Mafia, die auch Produktpiraterie rund um den Globus organisiert (eine interessante Ausstellung dazu sah ich gestern im „City Point Kassel“). Zwar wurde auch einem Peter Igelhoff irgendwann die Arbeit mit recht willkürlich erscheinenden Begründungen verboten, aber nicht wegen der Stilrichtung an sich, sondern wegen des Rückgriffes auf ganz bestimmte Inhalte und wegen fehlendem Wohlverhalten. Horst Winter war ein anderer Typ, blieb auch sicher in seinen Texten konformer als Peter Igelhoff, der oft mit Worten spielte und absurde Szenen beschrieb. Aber auch Winter, mehr an den jungen Rudi Schuricke erinnernd, wurde letztlich verboten. Klavierhumoristen haben es schwer und Igelhoff kratzte an dieser Stilrichtung. Dass dies alles, ganz zu schweigen von anderen Größen wie Hermann Leopoldi oder Jimmy Durante, vergessen ist und auch keine Nachahmer findet, erscheint mehr als tragisch, sind es doch jene „kulturellen Traditionen“ um deren Verlust nie getrauert wird – weil kaum noch bekannt ist, dass es sie je gegeben hat. Das gilt ebenso für „Tanzorchester“ verschiedenster Gattungen. HEUTE ist der Swing und der Jazz quasi verboten, resp. nicht existent - eine Aussortierung der anderen, aber keinesfalls der extremistischeren Art, fand dagegen statt.

 

Gäbe es Heinz Erhardt nicht, wüsste wohl kaum noch jemand von der Existenz der Schlagersängerin Renée Franke. Doch das Duett der beiden „Baby, es regnet doch“, ist den Erhardt-Fans gut bekannt. Kaum jemand aber hätte den Namen der in dem Lied umworbenen, jungen Frau nennen können. Doch sie hatte einen weiteren Hit, nämlich „Eine weiße Hochzeitskutsche“, den sie mit ihrem Partner vieler Stücke sang, und der Detlev Lais hieß.  Wieder so ein vergessener Sänger, der in den Jahren nach dem zweiten Krieg jedoch manch bekanntes Lied vertonte, z.B. „Der Laternenanzünder“ oder auch „Gisela“.

 

Policia corretness

 

Lang ist die Reihe der fast verschütteten Namen, hier nur ein paar: Detlef Engel (Mister Blue), Bully Buhlan (Es liegt was in der Luft), Gerd Böttcher (Für Gaby tu ich alles), Peter Beil (Corinna, Corinna), Rita Paul (Mäckie Boogie), Maria von Schmedes (I hab´rote Haar), Illo Schieder (Sieben einsame Tage), Lolita (Seemann) – oder auch Jan & Kjeld (Banjo Boy)?! Und wer unter 50 weiß noch etwas mit „Freddy“ anzufangen? Die Leichtigkeit ist dahin, die polical, besser „polica correctness“ duldet nicht einmal mehr das ungezwungene Wort

*sing*

Wer kommt an?

Nic der braune Mann!

Nic ist braun wie eine Kaffeebohne

Denn er kommt direkt aus Afrika

Und die Mädels finden ihn nicht ohne

So ein Nic ist ja nicht immer da

 

Hans Albers (Beul)

 

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3 Kommentare »

  1. Alles nur Kindertheater?

    Kommentar von Campo-News — 2. Oktober 2010 @ 09:56

  2. DAS Lied zum Themen-Wochenende! Ausgemendelt, verschüttet und vergessen auch es, weil “Leute, die das Hirn im Tanzbein aufbewahren” (Zitat Reinhard Mey), deutsche Texte mit Verstand UND Spaß so schätzen, wie ein seltsames oder schwieriges Buch. Textlastige Werke fördern die Konzentration, entschleunigen, bieten Einhalt und gegebenfalls jene Erkenntnis, die andere zu verschleiern gedenken. Nun also, für alle Gläubigen - so oder soooo - https://www.youtube.com/watch?v=OlmnAwUm4dM

    Kommentar von Campo-News — 29. Oktober 2015 @ 09:29

  3. Sybille Berg auf dem Tiefpunkt - Gibt es etwas Schöneres als Schlager? Schlager, die von der Liebe zwischen Mann und Frau handeln, also einem gesunden, von Ungeziefer und Dekadenz reingehaltenem Volkskörper, rollendes R, ich spucke gerade…

    Also - und wäre es nicht an der Zeit, für die Diktatur des einfachen Mannes, der schlichten Frau eine formschöne Uniform zu entwickeln. Sollte sie nicht braun sein? http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/rechtsextremismus-und-nationalismus-in-deutschland-gut-gebraeunt-kolumne-a-1084707.html

    Kommentar von Campo-News — 2. April 2016 @ 14:00

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