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16. Oktober 2008

Ah!DORN!OHHH!

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 18:27

Theodor W. Adorno, Kulturindustrie, Aufklärung als Massenbetrug, 1944

Siehe auch diese Buchvorstellung

Die Heroisierung der Durchschnittlichen gehört zum Kultus des Billigen.

Lichtspiele und Rundfunk brauchen sich nicht mehr als Kunst ausgeben. Die Wahrheit, dass sie nichts sind als Geschäft, verwenden sie als Ideologie, die den Schund legitimieren soll, den sie vorsätzlich herstellen.

Die Abschaffung des Bildungsprivileg durch Ausverkauf leitet die Massen NICHT in die Bereiche, die man ihnen ehedem vorenthielt, sondern dient, unter den bestehenden gesellschaftlichen Bedingungen, gerade dem Zerfall der Bildung, dem Fortschritt der barbarischen Beziehungslosigkeit. Wer im neunzehnten und beginnendem zwanzigsten Jahrhundert Geld ausgab, um ein Drama zu sehen oder ein Konzert zu hören, zollte der Darbietung wenigstens soviel Achtung wie dem ausgegebenen Geld. Der Bürger, der etwas davon haben wollte, mochte zuweilen eine Beziehung zum Werk suchen…Damit ist es aus.

Heute, da der freie Markt zu Ende geht, verschanzt sich die Herrschaft des Systems. Sie verfestigt das Band, das die Konsumenten an die großen Konzerne schmiedet. Nur wer die exorbitanten Gebühren, welcher die Reklameagenturen, allen voran das Radio selbst, erheben, laufend bezahlen kann, darf überhaupt den Pseudomarkt als Verkäufer betreten. Die Reklamekosten, die schließlich in die Taschen der Konzerne zurückfließen, ersparen das umständliche Niederkonkurrieren unliebsamer Außenseiter, sie garantieren, dass die Maßgebenden unter sich bleiben.

In der Kulturindustrie verschwindet die Kritik so der Respekt…den Konsumenten ist nichts mehr teuer… Eigentlich ist alles zu haben.

Autos, Bomben und Film halten so lange das Ganze zusammen, bis ihr nivellierendes Element am Unrecht selbst, dem es dient, seine Kraft erweist.

An der durchschnittlichen Wortzahl der Short Story ist nicht zu rütteln. Selbst Gags, Effekte und Witze sind kalkuliert wie ihr Gerüst. Die Kulturindustrie hat sich entwickelt mit der Vorherrschaft des Effekts, der handwerklichen Leistung, der technischen Details übers Werk, das einmal die Idee trug und mit dieser liquidiert wurde.

Realitätsgerechte Empörung wird zur Warenmarke dessen, der dem Betrieb eine neue Idee zuzuführen hat. Die Öffentlichkeit der gegenwärtigen Gesellschaft lässt es zu keiner vernehmbaren Anklage kommen, an deren Ton die Hellhörigen nicht schon die Prominenz witterten, in dessen Zeichen der Empörte sich mit ihnen aussöhnt.

Neu aber ist, dass die unversöhnlichen Elemente der Kultur, Kunst und Zerstreuung durch ihre Unterstellung unter den Zweck auf eine einzige falsche Formel gebracht werden: die Totalität der Kulturindustrie. Sie besteht in Wiederholungen.

Die Trickfilme waren einmal Exponenten der Phantasie gegen den Rationalismus…Ihre Verfahrensweise glich darin dem alten Brauch der slapstick comedy. Nun aber haben sich die Zeitrelationen verschoben….Unterm Hallo des Publikums wird die Hauptgestalt wie ein Lumpen herumgeschleudert. So schlägt die Qualität der organisierten Grausamkeit um…Die Lustigkeit schneidet jene Lust ab, welche der Anblick der Umarmung vermeintlich gewähren könnte und verschiebt die Befriedigung auf den Tag des Pogroms…Donald Duck in den Cartoons wie die Unglücklichen in der Realität erhalten ihre Prügel, damit die Zuschauer sich an die eigenen gewöhnen.

Allemal begleitet Lachen, das versöhnte, wie das schreckliche, den Augenblick, da eine Furcht vergeht…Das versöhnte Lachen ertönt als Echo des Entronnenseins aus der Macht, das schlechte bewältigt die Furcht, in dem es zu den Instanzen überläuft, die zu fürchten sind. FUN IST DAS STAHLBAD. Die Vergnügungsindustrie verordnet es unablässig. Lachen in ihr wird zum Instrument des Betrugs am Glück.

Amusement selber reiht sich unter die Ideale ein, es tritt an die Stelle der hohen Güter, die es den Massen vollends austreibt, indem es sie noch stereotyper als die privat bezahlten Reklametafeln wiederholt. Innerlichkeit, die subjektiv beschränkte Gestalt der Wahrheit, war stets schon den äußeren Herren mehr als sie ahnte untertan. Von der Kulturindustrie wird sie zur offenen Lüge hergerichtet.

Ewig grinsen die gleichen Babies aus den Magazinen, ewig stampft die Jazzmaschine.

Sie (die Kunst) offeriert demjenigen Konsumenten, der kulturell bessere Tage gesehen hat, das Surrogat der längst abgeschafften Tiefe.

9 Kommentare »

  1. “Die Universität war bisher autonom, und ihr Ziel hieß Bildung. Jetzt wird sie abhängig von den Vorgaben der Wirtschaft. Es geht nicht mehr um Bildung, sondern nur noch um Ausbildung.”

    Horkheimer und Adorno assistierten intellektuell. Letzterer erkannte eine „Notstandsfreude“ und fand: „Fühlt man sich einmal dessen sicher, was alles man mit den Notstandsgesetzen decken kann, so werden sich Gelegenheiten, sie zu praktizieren, schon finden“.
    https://www.achgut.com/artikel/machtexzess_ohne_ende_die_politik_leidet_an_long_covid

    https://www.achgut.com/artikel/das_neue_neoliberal_im_kielwasser_der_moral_schwimmen_die_haie

    Kommentar von Campo-News — 11. Mai 2009 @ 11:13

  2. SPIEGEL-Gespräch mit dem Philosophen Max Horkheimer - http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45226214.html

    Kommentar von Campo-News — 14. Mai 2012 @ 13:53

  3. An Ingeborg Knaipp - Davon weiß ich jetzt nichts, mag sein, es war seine Überraktion als Jude während des 2. Weltkrieges. Gibt es da einen Aufsatz im Netz? Aber es geht darum, ob man sie unter dem Strich als Linksextremisten oder als Zersetzer bezeichnen kann. Das verneine ich. Sie waren Gegner der 68er und ich sehe auch niemanden, der sich aus dem ökosozialistischen Lager auf Adorno oder Horkheimer bezieht. Eher auf den großen Yogalehrer Schu-tsu-eng oder das sprechende Heilkraut aus der Achsel des Vorsitzenden, des großen.

    Kommentar von Campo-News — 17. September 2015 @ 05:31

  4. Der Wettkampf der Athleten reinigt die Leidenschaft des Publikums bis heute. Wo die Inszenierung gelingt, verwandelt sich noch jede Misere unversehens in ein „Sommermärchen“ - koste es, was es wolle. Kaum eine Gefahr, die dafür nicht in Kauf genommen würde. Obwohl von Anfang an klar war, dass es nach den Attentaten von Paris auch bei dem vier Tage später angesetzten Fußballspiel in Hannover zu einem Anschlag mit verheerenden Folgen kommen könnte, wollte sich die Bundesregierung die Gelegenheit nicht entgehen lassen, massenwirksam in Fußballbegeisterung zu machen. Dass dieses Spiel mit dem Feuer in letzter Minute doch noch abgesagt wurde, ändert nichts an der gängigen Praxis: http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/hamburg_macht_hoffnungder politischen Instrumentalisierung des Sports.

    Als „die Modelle der totalitären Massenveranstaltungen“ hat schon Theodor W. Adorno die großen Spektakel sportlicher Wettkämpfe analysiert. Das mag übertrieben anmuten, insofern es auf eine generelle Verdächtigung des Sport hinauslaufen könnte. Andererseits trifft es den Nagel auf den Kopf, wenn sich die Funktionäre der Verbände mit den Politikern einlassen, gar zu Wasserträgern der Macht mutieren, um ihrerseits den Rahm abzuschöpfen.

    Kommentar von Campo-News — 1. Dezember 2015 @ 16:15

  5. Theodor Adorno wiederum erklärte sarkastisch, das Buch zeige am deutlichsten die Zerstörung von Lukács eigener Vernunft.[5] Er kritisierte: „Nietzsche und Freud wurden ihm schlicht zu Faschisten, und er brachte es über sich, im herablassenden Ton eines Wilhelminischen Provinzialschulrats von Nietzsches ‚nicht alltäglicher Begabung‘ zu reden“.[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Zerst%C3%B6rung_der_Vernunft

    . Zu dieser Zeit fand die Uraufführung von Brechts und Dessaus Oper Das Verhör des Lukullus statt, die mit der Forderung nach Änderungen abgesetzt werden musste und im darauffolgenden Herbst inhaltlich abgeändert als Die Verurteilung des Lukullus neu gespielt werden durfte. Ebenso wurde eine Ausstellung von Ernst Barlach in der Akademie der Künste attackiert, Aufführungen von Eislers atonalem und zwölftonigem Früh- und Exilwerks waren nicht denkbar. Lieder für Ernst Busch, die den Koreakrieg attackierten (Ami go home sowie No, Susanna) hatten, weil formalistisch, Aufführungsverbot. Es ging soweit, dass Ernst Busch für längere Zeit allgemeines Auftrittsverbot bekam und seine Lieder im DDR-Rundfunk Sendeverbot hatten. https://de.wikipedia.org/wiki/Hanns_Eisler#Die_Faustus-Debatte_und_der_Formalismusbeschluss_der_SED

    Kommentar von Campo-News — 13. April 2016 @ 06:50

  6. http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/horoskop-warum-so-viele-menschen-an-astrologie-glauben-a-1128077.html

    Kommentar von Campo-News — 2. Januar 2017 @ 06:56

  7. Bassam Tibi sagt es: viele der Protagonisten der Frankfurter Schule sind überhaupt kein Problem. Es waren zwar tendenzielle Linke, aber auch bürgerliche Aufgeklärte, die, wie weite Teile der alten intellektuellen Linken, noch wussten wo oben und unten ist und quer durch die angebotenen Prinzipen und Werte im Kern richtig lagen. Sehr lesenswert: “Max Horkheimer hat uns trotz aller Ãœbel, die von Europa ausgingen, klar die positiven Seiten der europäisch-westlichen Werte aufgezeigt, die universell galten und von den alten Linken vertreten wurden, zu denen auch ich gehörte. Heutige Linksgrüne sind hingegen auch wertemässig antieuropäisch und antiwestlich eingestellt…..Ich bin dem Vermächtnis Max Horkheimers treu geblieben. Zu den Feinden Europas, Faschismus und linker Totalitarismus, die Horkheimer nannte, kommt heute aber noch ein dritter Feind hinzu: der Islamismus. Wer, wie ich, aber vor dem totalitären Islamismus warnt, wird von Linksgrünen mit den Vorwürfen «Rassismus» und «Islamophobie» eingedeckt. Die vorangegangenen Ausführungen bilden die Basis für die Feststellung, dass die Linksgrünen heute einen Anschlag auf die zivilisatorische Identität Europas verüben; sie zerlegen Europa durch einen kulturrelativistischen Nihilismus, der alle Grundlagen der europäischen Identität bestreitet. http://www.achgut.com/artikel/paarlauf_von_links_und_rechts_die_feinde_europas

    Kommentar von Campo-News — 24. Februar 2017 @ 08:49

  8. http://www.focus.de/politik/deutschland/entscheidender-beitrag-deutschlands-zur-nachkriegspolitik-publizist-behauptet-wenn-es-eine-deutsche-leitkultur-gibt-dann-ist-sie-tiefgruen_id_7123342.html

    Alice Weidel hat keine Ahnung - https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2018/die-angst-der-kulturmarxisten-vor-der-aufklaerung-und-der-afd/

    Richtig in Fahrt – und an dieser Stelle müsste man über Adorno hinausgehen – kommt der Zerfall der Gesellschaft in partikulare Überlebenskollektive nämlich erst durch einen postmodern-nachbürgerlichen Sozialcharakter, der die Flucht nach vorn gegen die Grenzen setzende Nation antritt: Die Rückbesinnung auf feudale Stammesverbände, die Adorno zu Recht befürchtete, stellt sich in der Gegenwart konkret dar als Vorwärtsverteidigung im Sinne der Konstitution von immer wahl- und zahlloser entstehenden Minderheiten mit globalem Bezugsrahmen. Gerade Deutschland ist Vorreiter dieser Entgrenzungstendenz, woraus eine paradoxe Konstellation resultiert: Der klassische nationalistische Impuls hält sich in der Gegenwart gerade im weltoffenen Überlegenheitsgefühl der Deutschen aufrecht, in ihrem multikulturalistischen Antinationalismus, der als Lehre aus Auschwitz präsentiert wird und alle Zweifler, die auf nationale Souveränität angesichts der globalen Bedrohung des Islam nicht verzichten wollen, als rechtspopulistische Dumpfbacken abwertet. http://redaktion-bahamas.org/artikel/2019/83-einer-von-uns/

    https://www.focus.de/politik/deutschland/schwarzer-kanal/die-focus-kolumne-von-jan-fleischhauer-die-neue-lust-an-der-macht-wie-viele-politiker-insgeheim-ueber-lockdown-regeln-denken_id_13026500.html

    Kommentar von Campo-News — 20. Mai 2017 @ 18:21

  9. Die Geisteshaltung, die dem zugrunde liegt, hat Hannah Ahrendt treffend beschrieben:

    „Moralisch gesehen ist es ebenso falsch, sich schuldig zu fühlen, ohne etwas Bestimmtes angerichtet zu haben, wie sich nicht schuldig zu fühlen, wenn man tatsächlich etwas begangen hat. Ich habe es immer für den Inbegriff moralischer Verwirrung gehalten, dass sich im Deutschland der Nachkriegszeit diejenigen, die völlig frei von Schuld waren, gegenseitig und aller Welt versicherten, wie schuldig sie sich fühlten.“
    https://www.theeuropean.de/vera-lengsfeld/namensaenderung-gefordert-rassismus-debatte-um-strase-in-radebeul/

    Kommentar von Campo-News — 20. Februar 2022 @ 17:09

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