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8. Oktober 2008

Ohne Geld

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 09:24

Ohne Geld
Georg Kreisler, 1971

 
Ich gehe durch die Stadt und suche schon seit Stunden

nach Sehenswürdigkeiten - aber alle sind verschwunden.

Man sieht heut ganz was andres ringsumher

in jedem kultivierten Häusermeer.

 
Nämlich Banken. Überall Banken, D-Mark und Franken, Dollar und Pfund.

Börsen voll Kontroversen stoßen ins Elend und stoßen gesund.

Hier ist einer froh, der zwei Pfund Bohnen hat,

sonst nichts zu fressen hat und nichts zu wohnen hat.

Dort ist einem mies, der zwei Millionen hat,

denn früher, da hatte er zehn!

 
Pleiten auf allen Seiten, aber sie streiten, geben nichts her.

Alle sind in der Falle, machen Krawalle, wollen noch mehr.

Tatteriche, die nach Brocken haschen

und in feuchten Küchen ihre Socken waschen,

oder Fraunbeschützer, die Milliarden spenden,

dann als Hausbesitzer die Mansarden pfänden,

und die Angestellten, die Prognosen machen,

dann vor Rechtsanwälten in die Hosen machen…

 
So findet sich jedes Jahrhundert vergebens

und dreht sich stets wieder ums Gold.

Wer hat diese Drehung am Anfang des Lebens

von uns armen Menschen gewollt?

Unsre Technokratie ist famos,

nur die Kosten sind immer zu groß.

Ach, wie wunderbar wär eine Welt

ohne Geld, ohne jedes Geld.

 
Willst du Reichtum? Den kann ich dir bieten:

Goldene Uhren, herrliche Kunst,

ein Scheichtum oder feste Renditen,

auch Professuren, alles umsonst.

Möchtest du das Mutterkreuz mit einem Federbusch,

einen Trompetentusch auf hohem C,

oder eine Reise nach dem Hindukusch,

und oben ein Schweizer Chalet?

Möchtest du Klunker? Frühere Bunker? Preußische Junker? Pelze gewischt? 

Oder nackte Riesensmaragde? Wirtschaftskontakte? Alles für nischt!

 
Die Geschäftsbetriebe sind ein Trümmerhaufen,

und selbst wahre Liebe kann man nimmer kaufen.

Es gibt Wasserpfützen unter Weihnachtsbäumen,

wo noch Prasser sitzen, die noch weiter träumen.

In den tiefsten Gossen kriechen Staatsjuristen

und studiern verdrossen die Betrügerlisten.

Doch nicht nur die menschlich-persönliche Bindung

ist anders und glücklich und blind,

nein, auch Staatsmänner preisen die neue Erfindung,

obwohl sie jetzt arbeitslos sind.

 
Will der Nixon in Asien nen Markt,

gibt es niemand, der ihm das verargt.

Er kann handeln dort, was ihm gefällt

ohne Geld, ohne ein Pfennig Geld.

Wolln die Russen mal in die Tschechei,

dann ist nicht das geringste dabei,

weil nur ein Trottel ein Land überfällt

ohne Geld, ohne Geld.

 
Jede Bank wird ein Museum mit Bar

(insofern sie noch nicht eine war),

das Finanzamt gesetzlich geprellt
ohne Geld, ohne Geld.

 
Wie Mephisto schon sagte zu Faustus:

Wenn du’s nicht hast - na, dann klaust du’s.

Und so klaut man noch mehr hin und her kreuz und quer durch die Welt…

Klaut einer’n Pfläumchen von einem Bäumchen,

schenkt man ihm gleich das ganze Feld.

Klaut einer Dollar: Na gut, dann soll er!

Es kann auch jeder Präsident sein,

kann Autobahnenkonsulent sein,

für die Bundeswehr sein,

Parlamentär sein,

er kann der größte Millionär sein

ohne Geld.

Das wär was!

 

2 Kommentare »

  1. Ohne Schuld, nicht wahr, aber mit ein bisschen Geld:

    Täglich frisches Tropenholz 12 % Rendite!!!!! Tjy, wo kommen die seriös versprochenen Zuwächse, die nachhaltigen, wohl zustande?

    Kommentar von Campo-News — 14. Oktober 2008 @ 08:19

  2. Die am schwersten wiegenden Schäden ergeben sich aus der Finanzkrise - denn sie ist auch eine Krise der staatseigenen Banken. Landesbanken, die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die Deutsche Industriebank IKB haben in den vergangenen beiden Jahren rund 30 Milliarden Euro verloren - dreimal so viel wie die deutschen Privatbanken.

    Kommentar von Campo-News — 15. Oktober 2009 @ 14:51

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