Mutter, Kind, Gesellschaft
Die Familienpolitik steht endlich im Focus der Politik
Von Tanja Krienen
Äußerlich blieb sie völlig ruhig und gelassen, innerlich aber brodelte es gewaltig: Eva Herman behielt ihre Emotionen in der Sendung des WDR „Hart aber fair“ fast immer unter Kontrolle. Selten zuvor musste der Moderator Frank Plasberg die Gemüter so häufig beruhigen und wiederholt intervenieren, da die konträr diskutierende Literaturkritikerin Iris Radisch, im Verbund mit der ehemaligen Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin, der ehemaligen Tagesschau-Sprecherin bei jeder sich bietenden Gelegenheit ins Wort fiel. Diese hatte im vergangenen Jahr mit ihrem Buch „Das Eva-Prinzip“, eine Diskussion über die Rolle der Frau als Mutter angestoßen und so ein Plädoyer für die Rückbesinnung auf tradierte weibliche Tugenden gehalten.
Eine siebenfache Mutter jedoch brachte das Thema vollends in die Schlagzeilen – aber mit einer anderen Stoßrichtung. Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) nämlich verkündete, sie wolle das Angebot an Krippenplätzen für die unter Dreijährigen verdreifachen und damit die Vereinbarkeit von Erziehung und Arbeit fördern. Der Augsburger Bischof Walter Mixa konterte daraufhin: „Die Familienpolitik von Frau von der Leyen dient nicht in erster Linie dem Kindeswohl oder der Stärkung der Familie sondern ist vorrangig darauf ausgerichtet, junge Frauen als Arbeitskräfte-Reserve für die Industrie zu rekrutieren“. In diesem Zusammenhang fiel dann das Wort von den Frauen als „Gebärmaschine“. Der Streit drohte zu eskalieren, als SPD-Chef Kurt Beck auf einer Veranstaltung einen Witz erzählte und den Geistlichen indirekt mit einem kastrierten Kater verglich. So drohte das Niveau - der an für sich notwendigen Debatte - stündlich zu sinken.
Formal, so scheint es, stehen sich hier zwei Lebensentwürfe unversöhnlich gegenüber: auf der einen Seite die „fortschrittlichen“ berufstätigen Frauen, die auch schon einmal als „Rabenmütter“ apostrophiert werden, auf der Seite jene „konservativen“ Frauen, die ihre Kinder so lang als möglich zu Hause erziehen wollen und als „Nur-Hausfrauen“ bisweilen Spott ertragen müssen. Kurios jedoch ist, dass ausgerechnet eine Politikerin der konservativen Partei diesen neuen Weg beschritt, während der abgelöste Kanzler der Linken, Gerhard Schröder, Familien und Frauenpolitik unter „Gedöns“ ablegte. Wo verlaufen also die Fronten genau? Oder sind die Auffassungen der sozialdemokratisch orientierten Familien im Prinzip denen der konservativen Wählerklientel gar nicht so weit entfernt, und gehen die Trennungslinien zur Meinung über die Familienpolitik und der individuellen Lebensentwürfe vielleicht sogar quer durch die gesamte Bevölkerung, wenngleich in nuanciert anderer Größenordnung?! Sind beide Wege überhaupt in „Gut“ und „Böse“ einzuteilen?
Schnell dreht sich die Richtung, wenn man die gegenseitigen Vorwürfe beleuchtet. Da nämlich nehmen die traditionell denkenden Leute plötzlich das liberale anmutende Äquivalent-Argument für sich in Anspruch, also die verbriefte Wahlfreiheit für diesen oder jenen Lebensentwurf. Sie weisen darauf hin, dass die Tradition (!) der Kinderkrippen hierzulande eher eine ist, die zuvorderst aus den ehemals sozialistischen Gebieten stammt. Die untergegangene DDR, von vielen als abgewirtschaftetes Projekt bewertet, weil gänzlich auf einer überholten Ideologie begründet, soll nun beispielhaft für die „Progressiven“ sein. Ausgerechnet die als überlebte konservative Praxis der primären gesellschaftlichen Erziehung, die in Deutschland in zwei autoritär geführten Staaten scheiterte, soll als Allheilmittel dienen.
Dem wird entgegengehalten, dass die neue gesellschaftliche Realität der Gleichberechtigung Frauen eine Möglichkeit zur Selbstverwirklichung bieten müsse und dafür die Herauslösung aus der häuslichen Rolle vonnöten sei. Die Verschwendung der weiblichen Ressourcen, vor allem nach der Investition in lange Ausbildungszeiten, könne und solle sich die Gesellschaft nicht weiter erlauben. Das althergebrachte Familienbild der fürsorglichen und immer anwesenden, „sich kümmernden“ Mutter, neben dem berufstätigen Vater, wird massiv infrage gestellt. Maßstab ist u.a. die alleinerziehende Mutter – die kleinste denkbare Variante einer Familienkonzeption, die nur ein Miteinander von morgens 6:30 bis 7.30 Uhr und dann erst wieder am Abend von 17.00 bis ca. 20.00 Uhr vorsieht. Also wäre dies doch nur eine „Verschlimmbesserung“ der bestehenden Situation?
Irritierend wirkt bei der gesamten Diskussion ein wenig jene Dominanz, die dem Komplex der Selbstverwirklichung zufällt. Das „Wohl des Kindes“ tritt auffallend in den Hintergrund. Psychologische Erkenntnisse werden negiert. Stattdessen herrscht vorrangig die Haltung, Erziehungsstile seien psychologisch neutral zu werten. Wer nachfragt, ob nicht doch gesteigertes Suchtverhalten von Kindern und Jugendlichen, Schulverweigerung, Sprach - und allgemeine Bildungsdefizite oder gar die zunehmende Bindungslosigkeit von Erwachsenen, mit der Abnahme der häuslichen Betreuung korrespondieren, erhält als Antwort statt überzeugender Argumente, bestenfalls politisch korrekte Richtlinien dargelegt. Die Sorge, dass die Erziehung einer Verwahrung weichen könne und ein Lebensweg, der darin besteht, nach 12 Monaten in einer „KITA“ übergeben zu werden, im Alter von fünf Jahren ein Pflicht-Vorschuljahr absolvieren zu müssen, um anschließend die gesamte Zeit des Heranwachsens als Ganztagsschüler verbringen zu sollen, wenig Anlass zur Freude gibt, treibt partiell auch Menschen um, die durchaus für eine Berufstätigkeit von Frauen eintreten. Die Aussicht einer Überlassung der Kinder zum Zwecke der fast ausschließlichen Aufzucht durch fremde Hände, erschreckt plötzlich doch manchen, der sich auf die aktive Erziehung seiner Kinder freute. Auch die Frage nach Identifikationsfiguren in einer fast ausschließlichen weiblichen Erziehungswelt wird nicht im Ansatz debattiert. In den Hintergrund geraten dabei ebenso jene Konzepte, die Arbeit und Familie z.B. mit Teilzeitarbeit für Frauen weiterhin kompromissbereit kombinieren wollen.
Um die Betreuungskosten zu senken, wurde in den vergangenen Jahren die Zahl der Kinder in den Kindergartengruppen erhöht und das Erziehungspersonal de facto ausgedünnt, in dem die Träger ausgebildete Erzieherinnen durch Kinderpflegerinnen mit deutlich geringerer pädagogischer Qualifikation ersetzten. Die Frage nach der Finanzierung der jetzt ausgerufenen ehrgeizigen Projekte wird zunehmend in den Vordergrund gerückt. Schon rudert die SPD ansatzweise zurück und stellt ein Einfrieren des Kindergeldes in Aussicht. Teile der Union möchten ohnehin zunächst einmal klaren, ob es den postulierten Bedarf überhaupt gibt. Ungeklärt ist auch die Frage, ob – bzw. warum - auch die nicht berufstätigen Frauen ihre Kinder tagsüber der staatlichen Obhut überlassen. Haben sie Anspruch auf die Zuwendungen des Staates trotz beruflicher Untätigkeit? Oder andersherum: Erhalten Frauen, die ihre Kinder selbst erziehen, die nicht in Anspruch genommene öffentliche Fürsorge materiell vergütet, wie es die zentrale Forderung der Traditions-Fraktion vorsieht? Und sollen das die (auch ungewollt) Kinderlosen durch höhere Steuern finanzieren? Fragen über Fragen. Der Klärungsbedarf ist derzeit noch höher, als der vorliegende Katalog verbindlicher Fakten.
Einstweilen hat Eva Herman nachgelegt und ihr nächstes Buch auf den Markt gebracht. Es soll belegen, dass sie die schweigende Mehrheit vertritt, enthält es doch ausgewählte Zuschriften (aus 6000 Briefen) von Menschen, die ihr nach der Kritik an ihrem letzten Buch Zuversicht spendeten und sie zum Weiterkämpfen ermutigten. Die Diskussion ist also längst noch nicht zu Ende, die nächste Runde längst eingeläutet.
Liebe Eva Herman. Pendo, 226 Seiten, 14,90 Euro.
Kommentar von Campo-News — 14. Mai 2007 @ 12:01
Wenn es noch einen Grund gäbe, die FDP nicht mehr als wählbar zu erachten, dann sind es die fast ohne Ausnahme skurrilen Frauen in der Partei. Hier der Gipfel (SPON):
Aber vor den Fernsehkameras ist Silvana Koch-Mehrin der Star. Mit einem Lächeln und leiser Stimme erklärt sie den Journalisten, dass sie gerne Rabenmutter ist. “Rabenmütter sind gute Mütter”, meint sie. “Rabenmütter lassen ihren Kindern eigene Freiheiten und behüten und beschützen sie (mit “sie” meint die zwischenzeitlich in eine PR-Schwangerschaftsstorys involvierte den Staat”, Anm: TK) trotzdem.” Kinderbetreuung und Rabenmutter passten daher zusammen. Gegen die Herdprämie sagt sie: “Das würde dazu führen, dass der Konsum der Eltern gesteigert wird, aber nicht zu mehr Bildung.” (und spricht wie jene, die keine haben, Anm.TK)
Ein Rabenmutter-T-Shirt für Guido
Die zehn FDP-Frauen stehen da wie Abiturientinnen in ihren Abi-T-Shirts, die aufgeregt von ihrer Schulzeit plaudern. Keine Podiumsdiskussion, nur schnelle Statements in die Kamera. Mittendrin taucht der Parteivorsitzende Guido Westerwelle auf. Für einen Moment von der Kulturdebatte zu den liberalen Frauen. Küsschen links und rechts für Silvana Koch-Mehrin. “Einen Mann mit einem Rabenmutter-T-Shirt haben wir schon”, (als wüssten wir nicht, dass die erste Reihe der FDP im BT nicht mal eine Rabenmutter, sondern gar keine Frau zu Hause hat, Anm. TK) sagt Koch-Mehrin zu Westerwelle und zeigt auf einen Delegierten, der sich unter die Frauen gemischt hat. Sie überreicht Westerwelle ein T-Shirt. Er stellt sich auf fürs Foto.
Kommentar von Campo-News — 16. Juni 2007 @ 17:44
CDU immer unglaubwürdiger / Parteispitze schweigt zu sozialistischen Äußerungen Sehrbecks
Stade (ots) - Die Erklärung von Ingrid Sehrbeck am 12.07.07, daß
es keine Wahlfreiheit für Eltern geben dürfe, wenn man es mit der
Chancengleichheit ernst nehmen würde, bleibt unkommentiert sowohl vom
Familienministerium als auch von der Parteispitze.
Die von ihr selbst geäußerte Vermutung, daß sich die
Familienpolitik der CDU bereits so stark gewandelt habe, daß eine
solche Forderung auch mit der CDU umsetzbar sei, scheint sich somit
zu bewahrheiten. Weder Frau Merkel noch Frau von der Leyen sind zu
hören. Dies ist ein schweigsamer und deutlicher Hinweis für alle
Eltern, daß die Inhalte des Grundgesetzes unseren Politikern entweder
unbekannt sind oder daß sie glauben, sich darüber hinwegsetzen zu
können. Dies wäre ein massiver Eingriff in die Erziehungshoheit der
Eltern, die im Grundgesetz, Art. 6, eindeutig festgelegt ist.
Das Fehlverhalten einer verschwindenden Minderheit darf nicht dazu
dienen, das Grundgesetz aus ideologischen Gründen für alle
auszuhebeln. Das wäre als würde man das Autofahren verbieten, weil
manche Autofahrer in betrunkenem Zustand Unfälle verursachen. Oder
wird es bald zum Krippenzwang auch einen Zwang zum Busfahren geben,
wegen der Chancengleichheit?
Familiennetzwerk Deutschland
Kommentar von Campo-News — 13. Juli 2007 @ 15:39
Schröder sprach nicht von GETÖNS, sondern von GEDÖNS! Was die Sache nur noch schlimmer macht. Bitte korregieren, so nötig und notwendig!
Kommentar von Korrektor — 7. Oktober 2007 @ 23:11
Natürlich, ich korrigiere es. Leider ist es den Lektoren auch nicht aufgefallen.
Aber was macht was schlimmer? Schröder lag ja mit dieser Bemerkung überwiegend richtig.
Kommentar von Campo-News — 8. Oktober 2007 @ 07:36
Kinder brauchen den Vater!
Kommentar von Campo-News — 22. Februar 2010 @ 16:47
Sie alle begreifen nicht, was die gute Simone de Beauvoir jedenfalls schon wusste: „Keiner Frau sollte es erlaubt sein, zu Hause zu bleiben und ihre Kinder großzuziehen. Die Gesellschaft sollte ganz anders sein. Frauen sollten diese Möglichkeit nicht haben und zwar genau deswegen, denn hätten sie diese Möglichkeit, dann würden sie zu viele Frauen nutzen.“ - http://ef-magazin.de/2013/12/09/4724-mann-und-frau-das-dinosaurier-problem
Kommentar von Campo-News — 9. Dezember 2013 @ 11:14
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/wehrdienst_in_heimarbeit
Kommentar von Campo-News — 2. Juni 2014 @ 06:47
http://www.focus.de/finanzen/doenchkolumne/handfeste-nachteile-familienministerin-will-vater-mutter-kind-familie-abwracken_id_4067969.html
Kommentar von Campo-News — 19. August 2014 @ 06:24
Vielleicht liegt es auch einfach an der emotionaleren Bindung an das Kind, an die verstärkte Umsorgung, der Pflege - http://www.spiegel.de/gesundheit/schwangerschaft/stillen-und-muttermilch-gestillte-kinder-haben-hoeheren-iq-a-1024066.html
Kommentar von Campo-News — 18. März 2015 @ 06:44
Pucken, unfassbar - http://www.focus.de/familie/babyentwicklung/nach-skandal-in-thueringer-kita-einschlafhilfe-oder-koerperverletzung-die-wahrheit-uebers-pucken_id_4631887.html
Kommentar von Campo-News — 24. April 2015 @ 06:51
Spielt es eine Rolle, ob ich mein Kind sehr früh in die Kita gebe oder selber betreue?
Stahl: Wenn Kinder zu früh in Kita kommen und das Sicherheitserleben nicht genug ausgeprägt ist, ist es später irreversibel. Diese Kinder sind dann viel schneller gestresst, weil sie nicht runterregulieren können. Das liegt auch daran, dass Kinder ein Jahr zu früh geboren werden, sie müssen eigentlich erst einmal „nachgebrütet“ werden.
Im ersten Jahr geht es nur um Sicherheit und Geborgenheit, was ehrlicherweise am besten die Mutter als Bezugsperson machen kann. Also Sicherheit durch Körperkontakt geben, aufheben, trösten, streicheln. Dadurch schüttet das Gehirn beruhigende Hormone aus. Das kindliche Gehirn kann nicht selbst Stress regulieren. Nur mit Mama und Papa spurt sich das Gehirn ein und das Kind bekommt Sicherheit. Wenn es aber zu früh und zu lange in der Kita ist, entsteht dieser Kreislauf nicht, sondern es entwickelt sich ein Hardware-Schaden.
Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr, heißt es https://www.focus.de/gesundheit/gesundleben/kinder-duerfen-nicht-zu-frueh-in-die-kita-sagt-bestseller-autorin-stefanie-stahl_id_57645080.html
Kommentar von Campo-News — 6. März 2022 @ 06:35