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20. September 2006

Benedikt Nietzsche

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 10:54

Von der Verwesung, verstopften Ohren und anderen Weltendingen

Von Tanja Krienen

Benedikt Nietzsche

Wir zerbrechen uns gewöhnlich nur über Dinge den Kopf, die uns wirklich interessieren. Oftmals mögen wir den Gegenstand unserer Betrachtung zunächst nicht, stehen im gar feindlich gegenüber, entdecken aber bei näherem Hinsehen plötzlich ein überraschendes Element darin, das uns zu einem anderen Urteil kommen lässt. Was wir glauben, annehmen oder meinen, entpuppt sich dann bei intensiverer Beschäftigung aber nur als reiner Glaube, Annahme oder Meinung – nicht jedoch als Wissen, Fakt oder Beleg.

Wer besonders intensiv glaubt, hat triftige und tiefe Gründe. Mitunter auch Abgründe. Als Gläubiger braucht er auch den Gegensatz, denn was wäre seine Position, wenn diese nicht einen Pol hätte? Die Beschäftigung mit den Extremen jedoch, bringt nicht selten das eigene Bild ins Wanken. Das ist der Punkt, wo der Gläubige abfällt und zum Ungläubigen, Andersdenkenden, Verräter, Überläufer oder Konvertit wird.

Friedrich Nietzsche war so einer. Pfarrersohn und Theologie-Student, brach er mit allem was ihm buchstäblich heilig war und verkündete in seinem „Antichrist“: „Gott ist tot“. Doch es ist etwas komplizierter, denn, Nietzsche, es selbst nicht fassend könnend das Gott nicht existiert, triumphiert nicht, sondern erschrickt. Jedoch erscheinen ihm die Fakten, die sich aus den zunehmenden wissenschaftlichen Erkenntnissen ergeben, unumkehrbar.

Er lässt einen Erkennenden, außer sich, rasend, wie folgt auftreten: „Habt ihr nicht von jenem tollen Menschen gehört, der am hellen Vormittag eine Laterne anzündete, auf den Markt lief und unaufhörlich schrie: Ich suche Gott! Ich suche Gott! Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Müssen nicht am Tage Laternen angezündet werden? Riechen wir noch nichts von der göttlichen Verwesung? – auch Götter verwesen! Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet.”

Dass die Möglichkeit Gottes Tod beklagen zu müssen, eine reale ist, ahnt auch Papst Benedikt. Er versucht zu retten, was eigentlich nicht zu retten ist. Doch ist es interessant, dass er dies mit ähnlichen Metaphern beschwört, wie es Nietzsche tat. Die Sinne werden angesprochen. Waren es bei Nietzsche der Geruch und das Sehen, sind es beim Papst das Hören und Sprechen – der expressive verbale Ausdruck ähnelt sich sehr.

So sagte Papst Benedikt, geborener Joseph Ratzinger, bei seinem Besuch im „Freistaat Bayern“: “Es gibt nicht nur die physische Gehörlosigkeit…es gibt eine Schwerhörigkeit Gott gegenüber, an der wir gerade in dieser Zeit leiden. Wir können ihn einfach nicht mehr hören – zu viele andere Frequenzen haben wir im Ohr. Mit der Schwerhörigkeit oder gar Taubheit Gott gegenüber verliert sich natürlich auch unsere Fähigkeit, mit ihm und zu ihm zu sprechen.…”

Gleichzeitig scheint der bei seinem Besuch gelöst wirkende, aus innerlicher Ruhe Fröhlichkeit ausstrahlende, singend redende, aber stets mit intellektueller Schärfe vortragende Benedikt, zweifelnd und wenig standhaft. Wie wäre sonst sein Bedauern nach der kalkulierten moslemischen Empörung über ein halbes tausend Jahre altes Zitat zu erklären? Geht er, bzw. seine Kirche, mit widersprechenden und äußerst radikalen Gegnern behutsamer um, als mit „Gotteslästerern“, Un – und Andersgläubigen oder Atheisten? Es scheint fast so.

Und doch - siehe oben - macht dies die Angelegenheit spannender, bedarf es doch des Widerspruchs, der polarisierenden Positionen und des Streites, damit „die Sache“ interessant bleibt. Nur Widersprüche bringen Neues hervor, schärfen den Geist und schaffen „große Kunst“. In diesem Sinne ist dem Papst viel Erfolg und ein starkes Rückgrat zu wünschen.

13 Kommentare »

  1. Da gibt noch jemanden in Spanien der sagt

    Kommentar von Campo-News — 4. Oktober 2006 @ 15:38

  2. Und nun in der Print-Version

    Kommentar von Campo-News — 4. Oktober 2006 @ 17:04

  3. http://www.ef-magazin.de/2014/07/01/5482-karl-und-kirche-mit-copy-and-paste-zur-sonne-zur-freiheit

    Kommentar von Campo-News — 1. Juli 2014 @ 16:33

  4. Wie niedrig doch dieser agiert - http://www.spiegel.de/panorama/papst-franziskus-in-der-tuerkei-kritik-an-erdogans-palast-a-1005200.html

    Kommentar von Campo-News — 28. November 2014 @ 07:56

  5. http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/kopflos_im_vatikan

    Kommentar von Campo-News — 29. November 2014 @ 07:20

  6. http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/freiheit_braucht_blasphemie

    Kommentar von Campo-News — 17. Januar 2015 @ 16:37

  7. http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/die_diktatur_der_angst

    Kommentar von Campo-News — 18. Januar 2015 @ 08:49

  8. Der aktuelle Papst ist keiner, sondern der Antichrist auf dem Stuhle Petris. Mehr noch: ein Latino, der aber keine Frau zum Tango bat, sondern Kinderbetätschelungen wählte. Intellektuell ein totaler Gegensatz zu seinem Vorgänger, ein Befreiungstheologe, der nur zufällig nicht bei den Roten landete, weil er dafür zu “gläubig” ist. Von theologischer Raffinesse, Spiritualität und ordentlicher innerer Haltung keine Spur.

    Als sein Vorgänger 2006 Papst wurde, schrieb ich - - -

    Benedikt Nietzsche

    Kommentar von Campo-News — 7. Februar 2015 @ 08:25

  9. Holy Shit 1 Angesichts der jüngsten Terroranschläge warnt Papst Franziskus vor einer pauschalen Verurteilung des Islams. Die Terroristen seien einfach gottlos, sagte der 78-Jährige. „Man kann eine Religion nicht für ungültig erklären, weil es einige Gruppen – oder an einem Punkt der Geschichte viele Gruppen – gibt, die Fundamentalisten sind.“ Zudem gebe es auch unter den Katholiken viele Fundamentalisten… „Die Muslime haben viele Werte; diese Werte sind konstruktiv“, sagte Franziskus weiter, etwa das Gebet und das Fasten. Er selbst habe einen muslimischen Freund. Auch sei der Islam ein guter Dialogpartner. Mehr

    Holy Shit 2 Papst Franziskus sieht in der Weltklimakonferenz in Paris die letzte Chance der Menschheit, eine globale Umweltkatastrophe zu verhindern. Die Welt befinde sich an der Schwelle zum Selbstmord, sagte der 78-Jährige nach Abschluss seiner Afrika-Reise während des Rückflugs nach Rom. Die Lage spitze sich von Jahr zu Jahr weiter zu, sagte Franziskus und nannte die schmelzenden Gletscher in Grönland und die steigenden Meeresspiegel als Beispiele. Mehr http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/die_presseschau_zur_nacht23

    Kommentar von Campo-News — 1. Dezember 2015 @ 16:33

  10. Oje, welche Logik und natürlich denken nichtgläubige Menschen schärfer - http://www.focus.de/gesundheit/videos/glaube-ist-im-gehirn-verankert-was-atheisten-mit-psychopathen-gemeinsam-haben_id_5386211.html

    Kommentar von Campo-News — 26. März 2016 @ 07:26

  11. Bei FB - Ich war mit dem Christentum fast versöhnt, insofern, als dass ich es nicht negativ kommentierte und Rücksicht auf die vielen Guten unter den Gläubigen nahm. Nach dem Beginn der großen Krise und des offensichtichen Spins dahinter, muss man allerdings in den Angriffsmodus schalten.

    Und -

    Von mir aus können wir bestimmte Elemente des Christentums als Hintergrundrauschen behalten, außerdem gefällt mir oft die christliche Symbolik und Bilderschwere. Und wir sollten die Religionen nicht relativieren, um den Islam nicht aufzuwerten. Aaaaber zuerst kommt die säkulare, resp. laizistische Welt mit ihren guten, zivilisatorischen und logischen Inhalten!

    Kommentar von Campo-News — 27. Mai 2016 @ 06:57

  12. Sonntag, den 24. 7. 2016, 20.30 Uhr, Patrokli-Dom. Lore Kraft, die blonde, streng gekämmte vom Rhein, lächelt süßlich vom Plakat: “Tag des Landvolks” - “Unser Nordrhein-Westfalem - ein attraktives, starkes und dynamisches Land”, Hannelore Kraft, Grußwort Hans-Josef Becker, Erzbischof von Paderborn.

    Ich gehe hinein, denn die Kirche steht offen - ist aber ansonsten augenscheinlich leer. Hinauf auf die Kanzel! Welche eine herrliche Aussicht! Welch eine Akustik! Die Stimme halt: “Liebe Gemeinde-ei-einde-ende. Höret mich an! Es ist leider so: Lucifer hat die Macht ergriffen und die Kirche ist sein Gefährte. Habt ihr das verstanden?” Die Sinne schwinden, denn in diesem Moment hebt ein engelsgleicher Chor an, erst ganz leise, dann lauter. Sing Sang. Ist das real? Da! Plötzlich! Ein sehr bleicher, blasser junger Mann tritt aus dem Schatten des Gewölbes, Brille, lächelnd:
    “Kann ich ihnen helfen?”
    “Kann ich ihnen helfen?
    “Ist alles in Ordnung?”
    “Bei mir schon, doch Lucifer hat ihre Kirche eingenommen.”
    Er lächelt unentwegt: “Wir haben uns hier eingefunden um zu beten und zu singen.”
    “Ach so, das war das. Ich geht schon.” Trete herab.
    “Sonst ist alles in Ordnung?”
    “Aber gewiss, nur bei ihnen nicht, denn Lucifer…Sie wissen schon.”
    Ich verlasse den Dom.

    Kommentar von Campo-News — 2. August 2016 @ 13:48

  13. https://www.achgut.com/artikel/gefaehrliche_gebete

    Kommentar von Campo-News — 10. Januar 2022 @ 13:21

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