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30. April 2006

Die Parteiabzeichen

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 15:42

Erich Weinert hat ja so Recht

Derzeit setzt sich in vielen Punkten die „große Koalition des Vergessens“ in den ehemaligen Blockparteien, auch mit vielen Mitgliedern derselben, durch. Nur wenige Personen widersprechen. Durch während jedes unmaßgebliches Wort neuer Extremisten in den Medien ventiliert und jede Nachricht von den Parteitagen Staats und Menschen zerstörender Elemente begierlich aufgesogen wird, und dadurch erst Relevanz erhält, sieht man geflissentlich über die Äußerungen des Ehrenvorsitzenden der PDS/SED, Hans Modrow, hinweg.

Konnte und wollte man schon nicht die mehrjährige Präsenz (1999 bis 2004) des früheren SED-Vorsitzenden von Dresden und letzten kommunistischen Regierungschefs der DDR im EU-Parlament verhindern, obwohl er 1993 vom Landgericht Dresden wegen Anstiftung zur Wahlmanipulation zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, so sagte er gestern auf dem Parteitag der umbenannten SED, die Stasiakten müssten gänzlich neu bewertet werden.

Schon unter der Woche hatte dpa gemeldet: „Auf die Frage, ob die politische Führung der DDR die Mauertoten nicht billigend in Kauf genommen habe, sagte der Ehrenvorsitzende der Linkspartei dem Magazin “Cicero”: “Die Verantwortung für die Toten tragen die Verantwortlichen auf beiden Seiten.” Die Prozesse gegen Mitglieder des SED-Politbüros und gegen “sogenannte Mauerschützen” halte er für völkerrechtlich nicht gedeckt.“

Vor einigen Tagen hatten sich Bürgerrechtler aus der ehemaligen DDR mit einer Erklärung zu Wort gemeldet, in der sie gegen das immer dreistere Auftreten von Stasi-Alt-Kader beim so genannten „Regierenden Bürgermeister“ des SED-Senates Wowereit protestierten, besonders, weil bei einer Veranstaltung der Stasi-Leute Senator Flier anwesend war.

Man muss also nur Erich Weinerts 1946 entstandenes Gedicht „Die Hakenrune“ in wenigen Worten verändern, und schon haben wir eine Istbeschreibung des heutigen Zustandes.

Die Parteiabzeichen

Kaum war die DDR kaputt,
Da krochen sie behend, die Parteiabzeichen
Rasch aus dem Knopfloch polkend, aus dem Schutt
Und machten, etwas vorschnell, auf: wir weichen.

Mit vollen Hosen standen sie parat,
Mit jeder Sorte Plebs sich zu verbrüdern
Und drängelten sich vor, dem neuen Staat
Sich anzubieten oder anzubiedern.

Auf einmal gabs in Deutschland nichts als Opfer,
Bereit zum Eintritt in die Heilsarmee,
Und schon erschienen auch die Schulterklopfer
Und tremolierten ihr absolvo te!

Wer konnte wohl auf so viel Nachsicht hoffen!
Sie stiegen wieder ins Geschäft mit ein,
Denn alle Hintertüren standen offen,
Und jeder hatte den Entlausungsschein.

Rot-Front! Der erste Schock ist überwunden.
Die Amnestie begießt man auf Banketts.
Und man entschuldigt sich für Schrecksekunden
Und sucht und findet Löcher im Gesetz.

Schon gehn die meisten wieder durch die Maschen.
Wie lange noch? Dann steht der Spitzelverein.
Denn statt das Land von Kommies reinzuwaschen,
Wuscht man die ganzen Kommies wieder rein.

Das darf sich heut schon wieder frech vermessen
Und sein Bedauern fassen ins Gebet,
Dass viel zu wenig in Bautzen habn gesessen
Und, dass die Freundschaft mit Moskau nicht noch fester steht.

Das macht, im Schatten der Vergesslichkeit,
In seiner Klaue noch den Stil von gestern,
Schon wieder sich in Leitartikeln breit,
Und darf, was heut sich redlich müht, verlästern.

Das darf sich wieder vor Kathedern flegeln
Und wird nicht gleich mit Prügeln relegiert.
Das spielt sich wieder auf nach Standesregeln,
Statt zu arbeiten, wie es ihm gebührt.

Ja, haben dafür unsere kühnsten Herzen
Gekämpft, gelitten und ihr Blut verströmt,
Dass, die wir einst geschworen, auszumerzen,
Heut nicht einmal mehr öffentlich verfemt?

Genauso hat es damals angefangen!
Und wo es aufgehört, ist euch bekannt.
Verschlaft ihr noch einmal, die zu belangen,
Dann reicht bestimmt kein Volk uns mehr die Hand.

3 Kommentare »

  1. Werter Autor,

    1. so widerlich die DDR war - sie mit dem Nazi-System gleichzusetzen, ist unpassend. Zwischen Gestapo
    und Stasi gab es schon sehr gravierende Unterschiede. Und wenn man heute so tut, als wäre die DDR genauso
    widerwärtig wie Nazi-Deutschland gewesen, dann tut man den Opfern der Nazi-Dikatur Unrecht.

    2. Wer dichten will, sollte dichten können. Und das heißt auch, sich mit dem Rhythmus eines Originals
    vertraut zu machen, das man parodieren oder paraphrasieren will. Fünf Hebungen sind fünf Hebungen
    und nicht “ungefähr fünf Hebungen”.

    Schon ein wenig peinlich das ganze.

    Gruß, Klaus Nothnagel

    Kommentar von Nothnagel — 28. September 2006 @ 09:43

  2. Na, da haben Sie ja fein die Unterschiede zwischen den obligatorischen deutschen Diktaturen herausgearbeitet. Besonders treffend die Stelle, wo Sie mir anschaulich und beweisführend aufzeigten, warum die neue Wendung so gar nicht passt, nämlich……………….? Viel Spaß noch mit dem Parteiabzeichen.

    Kommentar von Campo-News — 28. September 2006 @ 12:03

  3. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ddr-geschichte-der-mauertoten-fu-berlin-dokumentiert-327-biografien-a-1151089.html

    Bei Krienen brennt noch Licht ;)

    Wenn du die Augen schließt, und jedes Glied
    und jede Faser deines Leibes ruht -
    dein Herz bleibt wach; dein Herz wird niemals müd;
    und auch im tiefsten Schlafe rauscht dein Blut.

    Dann schau’ aus deinem Fenster in der Nacht;
    zur nahen Krienen wende dein Gesicht.
    Die Stadt hat alle Augen zugemacht.
    Und nur bei der Krienen drüben ist noch Licht.

    Und wieder schaue weit nach Mitternacht
    zur Krienen hin. Es schläft die ganze Welt.
    Und Licht um Licht wird drüben ausgemacht.
    Ein einz’ges Fenster nur ist noch erhellt.

    Spät legst du deine Feder aus der Hand,
    als schon die Dämmrung aus den Wolken bricht.
    Schau’ nur zur Krienen. Ruhig schläft das Land.
    IHR Herz blieb wach. Bei der Krienen ist noch Licht.

    Nach Erich Weinerts “Im Kreml ist noch Licht”

    Kommentar von Campo-News — 8. Juni 2017 @ 05:43

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