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4. März 2006

Warum unsere schönen deutschen Filme authentischer als die Schundprodukte aus Hollywood sind!

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 13:49

Wenn das Ausland uns Deutschen vorwirft, unsere Filme sähen so aus, wie sich für Deutsche polnische Popsongs anhören, so müssen wir hart in der Sache widersprechen: Auch unsere deutsche Popmusik hört sich für den Ausländer so an wie polnische Popsongs! Wer sich darüber lustig macht, hat unsere deutsche Seele einfach nicht begriffen. Also hören Sie zu:

Wir Deutsche sind quasi ein Perpetuum Mobile. Nein, nicht so an dummes flatterndes Ding an Schnüren mit irgendwelchen komischen Figuren, sondern ein Energiekreislauf in dem nichts verloren geht. An keinem anderen Beispiel als an den Filmen der Deutschen kann man das erkennen.

Wenn uns Deutsche nämlich irgendetwas interessiert, dann prinzipiell nur, wenn wir uns dabei zusehen können, wie wir die selbst eingebrockte Suppe wieder auslöffeln. Das macht uns Spaß. Nicht immer, aber doch meistens. Manchmal weinen wir auch dabei. Wenn die Mischung aus Tränen, Stahl, Schweiß, Sieg und Niederlage besonders gut ist, gehen wir gestärkt aus dem Film heraus. Ich meine, wie wir jetzt die Vogelgrippe z.B. meisterhaft bewältigen, das sollte und doch einen weiteren Film wert sein (Hauptrolle Katja Riemann als “Die Kanzlerin”) – wenn wir auch nichts können, nicht einmal mehr Fußball spielen, so zeigt doch unser heroischer Umgang mit der Vogelgrippe, zu welchen Taten wir fähig sind. Wir brauchen nun noch ganz schnell eine weitere Epidemie. Wenn nicht, erfinden wir uns eine. Das können wir gut.

Früher hatten wir ja auch Katastrophen. Viele sogar. Und alle haben wir meisterhaft bewältigt. Nirgendwo fühlt sich der Deutsche und die Deutschin so wohl, wie in der Katastrophe. Ein Blick auf die SPIEGEL-Bestseller-Liste (siehe ganz unten) der meist gesehen Filme in der letzten Zeit zeigt, dass wir noch jeder selbst verursachte Schlamassal zur eigenen Ergötzung unterhaltsam zu präsentieren vermögen. Und dabei fehlen sogar der „Feuersturm auf Dresden“, „Das Wunder von Bern“, „Der Untergang“ und “Das Wunder von Mengede“.

Wo bleibt „Mengeles geheimer Aktenordner“?

Leider vermisse ich den immer noch nicht gedrehten Film „Mengeles geheimer Aktenordner“ (statt 60 Einstellungen mindestens 70) über den Mann, der am Anthropologischen Institut der philosophischen Fakultät der Universität München seine Dissertationen mit dem Titel: „Rassenmorphologische Untersuchung des vorderen Unterkieferabschnitts bei vier rassischen Gruppen” und zudem über „Sippenuntersuchungen bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalte“ schrieb.

1 Szene: Mengeles Forscherdrang wird im Alter von sechs Jahren geweckt, als sein Vater schwer verwundet und im Gesicht gezeichnet, aus dem 1. Weltkrieg heim kommt. Der Junge zittert am ganzen Körper und schwört Rache.

5 Szene: Mengele (Hauptrolle Till Schweiger oder Ben Becker) untersucht im KZ eine echte Hasenscharte (Modeschöpfer Karl Lagerfeld in einer fulminanten Nebenrolle): „ Sagense mal: Meine Mutter machte manchmal Mus. Los, aber fix!“
„Mneime Mnutter mnachte mnachmnal Mnus.“
„Prächtig, prächtig. Gehnse mal nach rechts durch die Tür und lassen sich abspritzen.“

Etwa 50 Szene: Berlin brennt. Sehr.

55 Szene: Mengele grübelt sehr lange (Der deutsche Starregisseur Sönke „Bernd“ Tykker kann seinen legendären Rekord über 5.33 Minuten für eine Einstellung, um ganze 20 Sekunden brechen.)

60 Szene: Stille (der Regisseur erreicht nun einen künstlerischen Höhepunkt, als er 20 potenzielle Trümmerfrauen mit Kittelschürzen, in einer surreal anmutenden Szene „Muss i denn zum Städele hinaus“ summen(!) lässt. Dabei fallen in einem Abstand von drei Sekunden brennende SS-Männer vom Himmel. Wir sehen Mengele, wie er schnell eine Tasche packt und flieht.

63 Szene: Mengele packt im südamerikanischen Exil seine Tasche wieder aus. Ein Schwenk mit der Kamera über die Schulter („Dass ich mich auch immer wieder auf diese Kamera-Fahrten einlassen muss“ nuschelt (später hörbar) Regisseur Sönke „Bernd“ Tykker selbstkritisch) und man sieht einen großen Aktenordner mit schönen Gaumenspaltenfotos.

65 Szene: Das Happy-end, ein paar Jahre später: Wir sehen die Gründungsfeier der „Aktion Sorgenkind“.

Da hat es Hollywood natürlich schwer. Die müssen Stoffe bei uns abkupfern wie „Schindlers Liste“, „Der Diktator“ oder „München“. Sie selbst haben doch so Quatsch-Filme wie „Der weiße Hai“ oder „E.T.“ oder „Halloween“ oder „Psycho“ oder „Einer flog über das Kuckucksnest“ oder „Shining“ oder „Mrs. Robinson“ oder diese ganzen lauten jüdischen Komödien: Pfui! Und wer will schon diese lebendsechten Streifen sehen, die in diesem Jahr für den Oscar nominiert sind? Ich schau mir doch nicht einen Schwulenfilm an! Wenn, dann einen mit Morgenstern oder Bach, wo es die ganze Zeit kreischt, juchzt und quietscht und so richtig lustig zugeht. Aber so was!? Wer braucht das? Wer will schon einen Film über Johnny Cash sehen? Sagen Sie mir das?! Diese Bauernmusik hört doch bei uns kein Mensch! Eine Biographie über Peter Maffay – ja, die würde mich interessieren, oder so etwas wie der Bohlen-Zeichentrickfilm heute Abend. Das ist super! Haben Sie auch damals über Wäääärnhäääär so gelacht? Genau, das ist mein Verständnis für Humor, nicht sowas wie „American Pie“. Wenn die Macher schon Weitz und Herz heißen und die Hauptfigur Levenstein – dann weiß ich schon bescheid. Dann schalt ich sofort ab, was ich gar nicht erst anmachte.

Nee nee, bleibe im Lande und nähre dich redlich, sage ich immer. Stecke was hinein: einen Krieg, noch einen Krieg, mach einen auf Nazis, auf Kommunist, teile Länder, veränder die Ränder – und schon gibt es Stoffe ohne Ende. Ohne Ende sag ich ihnen!

10 Kommentare »

  1. Auch dieses Jahr glänzte der deutsche Film mit einem deutschen Übel, das sich die Deutschen wieder selbst einbrockten. Was wäre, wenn sie nicht die Gestapo oder die Stasi hervorgebracht hätten? NICHTS, selbstredend: andere lebenswirkliche Stoffe haben sie ja nicht! Oder?

    Kommentar von Campo-News — 26. Februar 2007 @ 17:11

  2. Ein sehr guter Kommentar von Georg Diez - http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/berlinale-georg-diez-ueber-die-kaelte-der-deutschen-kunst-a-883657.html

    Kommentar von Campo-News — 15. Februar 2013 @ 16:32

  3. http://www.dw.de/die-deutsche-legende-der-tr%C3%BCmmerfrauen/a-18078045?maca=de-rss-de-cul-2907-rdf

    Kommentar von Campo-News — 29. November 2014 @ 17:28

  4. Elmar Krakeler, es geht um die Herangehensweise, um den Willen, um die Kultur an sich. Den Etat haben sich jene, die angeblich den zehnfachen zur Verfügung haben, auch zwanzigmal verdient. Selbst wenn sie ein ähnliches Thema aufbereiten, ist die Laufbereitschaft des Regisseurs, die Spielfreude des Actors und die Schnittfolge von Natur aus um jenen Faktor besser, den der Empfänger, also das Kinopublikum oder der TV-Seher, in Fragen der Verarbeitung eines Stoffes dem anderen voraus ist. Deutschland ist putt und ein Teil davon, wenn nicht einer seiner Kerne, ist das, was sich hierzulande Filmkultur nennt. ALLE, durch die Bank weg. Weg damit!

    Kommentar von Campo-News — 10. März 2015 @ 16:23

  5. Ein Teil der Kritik stimmt - http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/schuld-und-beichte-der-christliche-trick-von-georg-diez-a-1027052.html

    Kommentar von Campo-News — 4. April 2015 @ 06:29

  6. http://www.focus.de/kultur/vermischtes/til-schweiger-til-schweiger-laestert-ueber-marcel-reif_id_4679577.html

    Kommentar von Campo-News — 13. Mai 2015 @ 16:21

  7. http://www.achgut.com/artikel/filmfoerderung_aber_bitte_mit_haltung

    Kommentar von Campo-News — 31. März 2016 @ 17:43

  8. Bleibtreu wurde nie für etwas bedeutendes engagiert, vielleicht einmal. Ansonsten ist es umgekehrt: er verkörperte in Produktionen oft das Nichtdeutsche, variable. Kurzum: bla bla und Neid, weil er es nicht packte https://www.soester-anzeiger.de/stars/moritz-bleibtreu-heftige-abrechnung-mit-hollywood-zr-8648848.html

    Dann steht plötzlich Ben Becker vor ihr. Der Schauspieler. Er trägt Schottenrock, reckt die Faust in den Abendhimmel und ruft: „Free Palestine!“. Becker versichert, er sei auf ihrer Seite. Erinnerungsfotos werden gemacht. http://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/anti-israel-kampagne-wie-bds-gegen-israel-hetzt/20573168.html

    https://www.focus.de/perspektiven/entwicklung-foerdern-klima-schuetzen/world-earth-day-erleben-entwicklung-foerdern-klima-schuetzen-wir-feiern-den-world-earth-day_id_13215331.html

    https://www.focus.de/kultur/kino_tv/alle-news-im-ticker-deutsche-schauspielstars-teilen-gegen-corona-politik-aus-liefers-rudert-zurueck_id_13221963.html

    https://www.focus.de/kultur/stars/schauspieler-erntet-kritik-til-schweiger-nennt-umstrittenen-corona-leugner-seinen-helden_id_13394430.html

    Kommentar von Campo-News — 2. September 2017 @ 06:59

  9. Von Spots für einen E-Mercedes bis zu H&M, es wimmelt nur so von Kolorierten in sämtlichen Tönungen. Da gibt es nun auch rastalockige Übergewichtige, sorry Kurvige, in schrägen Badeklamotten und sich für den Otto-Versand küssende Männer. Es geht voran. Casting-Agenturen fahnden nach dunkelhäutigen Müttern und Töchtern für Werbespots der Pharmaindustrie. Und für die Telekom darf eine Transgenderperson ihre Leiden Revue passieren lassen. https://www.achgut.com/artikel/wenn_der_transmann_zweimal_klingelt

    Kommentar von Campo-News — 26. März 2022 @ 07:17

  10. https://www.focus.de/kultur/til-schweiger-bezeichnet-klima-kleber-als-plage-und-vollidioten_id_189675007.html

    Kommentar von Campo-News — 29. März 2023 @ 18:35

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