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18. Januar 2006

Golden Globes

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 10:35

Von Tanja Krienen

Die diesjährigen Verleihungen der Golden Globes zeigen wieder einmal, in welchem Land dieser Erde am Freiheitlichsten mit verschiedenen Themen umgegangen wird, und diese sich sogar durchsetzen können. Beschämend dabei ist, dass die hierzulande vorgeblichen Freunde der Freiheit, fast ohne Ausnahme schlimmste Diffamierungen der besagten Gruppen hinnehmen, und damit beweisen, dass sie die Freiheit lediglich als unverstandenen, ungelebten Zustand postulieren, - kalkuliert, berechnend, unauthentisch.

Unauthentisch und ohne Kenntnis auch die deutschen Kommentare der Filmkritiker, die fast unisono bei „Transamerica“ von einer Geschichte eines transsexuellen Mannes(!) oder eines Transsexuellen(!) reden. Schon die Semantik entlarvt sie als unbeholfene Nichtwisser, die jedoch gleichzeitig schwules Leben so kritiklos heroisieren, dass es ebenfalls Peinlichkeit verströmt. Ob der Film über schwule Cowboys tatsächlich das hält, was uns versprochen wird, werden wir sehen, wenn der Film in den Kinos läuft. Die Aufbereitung bei SPIEGEL-Online z.B., wo man wieder zuhauf Cowboy-Tunten zu sehen bekommt, verheißt nichts Gutes.

Erfreulich, wie sehr die Themen „Country“, „Open Road“ und „Sexualität“ inklusive ihrer Vermengungen im Vordergrund stehen. Ein Leben als inszeniertes Spektakel auf der Straße, etwas Lebendiges, etwas wirklich Freies – das ist in Deutschland nur in Marius Müller-Westerhagen-Adaption zu bekommen, – als Spießer-Plot für den wahren Gegner der Freiheit.

Als der Film über einen vermeintlichen Transmann „Boys dont´t cry“, der von dem auch in Deutschland heimischen Pöbel handelt, den man von rechts wegen mit der Spitzhacke in der Tasche bekämpfen müsste, abgeschlachtet wurde, schrieb ich den folgenden Aphorismus:

Deutsche Kultur

„Warum werde Filme wie „American Beauty“ und „Boys dont´t cry“ nicht in Deutschland gedreht?“
„Weil es Organisches voraus setzt!“
„Orgastisches?“
„Nein, Organisches: Herz und Hirn!“

In der Tat: So wie auch der Film „American Beauty“, der die Liebe eines Mannes zu einer sehr jungen Frau im Kern zum Inhalt hat, kann in Deutschland, dem Land, in dem maximal Biographien und Dramen über Trümmerfrauen, selbstverschuldetes Leid und nationale Tragödien, vielleicht noch ein harmloses Schwulenfilmchen zum Ab-Lachen produziert wird, nichts dergleichen entstehen. Der Film über Truman Capote beleuchtet das Leben eines Vertreters der „Beat-Generation“-Poeten, die fast alle homosexuell waren und ihr Leben lang auf ziemlich junge Männer standen, siehe auch Tanger. In Deutschland würde man mit diesen Literaten nicht einmal sprechen, ein Interview mit Tennesse Williams, Andre Gide, Mark Twain, Thomas Mann etc. bedeutete heute in Deutschland ein Spießrutenlaufen für den, der es wagen würde. Ein derartiger Film könnte gar nicht gedreht werden Mysteriös skin.

Rühmen wir aber vor allem die Johnny Cash Biographie Walk the line, die anscheinend alles vereint, was einen freiheitlichen Menschen ausmacht, vor allem Appetit auf mehr macht: auf die Musik, auf wirkliche Musik!

Siehe auch The man in black

I walk the line

Music of freedom

Goodbye, Johnny

Ein Nachruf auf Johnny Cash - CAMPO Nr. 4

Über Geschmack lässt sich streiten, sicher: manche haben einen guten, manche einen schlechten, manche keinen – mit ihnen wird jede Sekunde zur Qual; doch wie jemand über ihn urteilt, verkürzt die Zeit, ob sich ein Gespräch über Musik lohnt (eine Trennschärfe, die beinahe immer stimmt). Nun ist er tot, gestorben am 12. September 2003: Johnny Cash.

Geboren am 26. Februar 1932, versucht sich Cash zunächst als Gospelsänger, bevor er gemeinsam mit Elvis Presley (durch den er seine Frau June Carter kennen lernt) erste Erfolge bei dem legendären Rock-Label „Sun-Records“ erzielt. Drogen – und Alkoholprobleme folgen; Cash wird zum Outlaw der Szene, wie sonst nur noch Jerry Lee Lewis und wie dieser, ein Pendler zwischen Rock und Country. Er protestiert gegen den Zustand der Welt, tritt fast nur noch in schwarzer Kleidung auf, spielt seinen Countrypart gegen den Strich; den Rock eingängig, scheinbar monoton, auf das Wesentliche reduziert, der Vortrag: „brecht-like“. Cash wird politischer, doch auch im 68er-Aufbruch verfällt er nicht dem Zeitgeist. Seinen größten Erfolg Ende der 6oer feiert er mit dem Auftritt vor Strafgefangenen in San Quentin – er weiß, wie leicht man abdriften kann und nicht jeder ist so stark, wie „A boy named sue“, deutsche Version Ein Junge namens Susi (Mike Krüger).

Einer langen, absteigenden Phase, folgt ein kaum für möglich gehaltenes Comeback ab 1994, als er in einem neuen und härteren Stil bis 2000 drei neue Alben einspielt. Den Tod seiner Frau June im Mai 2003 überwindet er nicht. Vier Monate später folgt er ihr. Ich hatte das Glück, ihn einmal (1988) live zu erleben. Und aus welchem Blickwinkel sah er nun die Welt? Genau so:

Now, the one on the left works in a bank
And the one in the middle drives a truck
The one on the right´s an all-night deejay
And the guy in the rear got drafted

1 Kommentar »

  1. Dass die geschichtslosen und latent antiamerikanischen Heuchler auch aktuell nur ihr Liedchen vom geplatzten amerikanischen Traum herunter leiern und lallen als wäre nicht DIES der GELEBTE Traum, kennen wir, die wir uns mit diesem Pöbel seit Jahrzehnten einen bisweilen blutigen Kampf liefern (der aus meiner Sicht entschieden blutiger zu führen wäre), spätestens seit Asphalt Cowboy an den niemand der “Film-Autoren”-Schreibprimaten in diesem Zusammenhang erinnert. Das Verhältnis des damaligen Gespanns Dustin Hoffman und Jon Voight (der nebenbei auf den Strich ging) ist natürlich nur angedeutet, aber: ist die demonstrative Zurschaustellung so viel besser?

    TK

    Kommentar von Campo-News — 18. Januar 2006 @ 11:46

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