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25. Februar 2005

Bush-Visite in Deutschland oder „Meins bleibt Meins“!

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 10:13

Der Begriff „Visite“ scheint noch der trefflichste Ausdruck für das zu sein, was der deutschen Öffentlichkeit an diesem schneeweißen 23. Februar 2005 präsentiert ward. Der Arzt besucht den kranken Mann am Main…

Der Arzt besucht den kranken Mann am Main, der doch eigentlich von der Spree, noch genauer, von der Leine kommt. Anstatt die aber zu ziehen, empfing Schröder den US-Präsidenten George Walker Bush mit jener gequälten Haltung, wie wir von Menschen kennen, welche sich ihres mittelfristigen Schicksals bewusst sind, und dem überbordenden Charakters des Kurierenden nichts entgegenzusetzen haben, nicht mal der schelmisch-herablassenden, flockigen Haltung desjenigen, der zur „5-Minuten-Diagnose“ herein schneite.

„Meins bleibt Meins“ hatte sich Bush in alter Tradition gesagt und das Sicherheitskonzept der Visite bestimmen lassen, was den kleinen Mainzer Mann auf der Straße jedoch sehr verstimmte. Die aufgefangenen Unmutsäußerungen blieben aber außerhalb des geltenden Idiom-Bereiches unverständlich, und so waren die Mainzer, wie bei der Fassenacht, unter sich. Nicht ganz, denn etwa 7000 Demonstranten bekundeten ihre Antipathie ob des Besuches, und zeigten dies in überzeugender Weise, in dem sie rote Fahnen schwenkten, DKP-Embleme den selbst produzierten Luftschlössern entgegenreckten, und den kalten linken Hals, an dem Rastazöpfe herunter hingen, mit Palästinensertücher wärmen ließen.

Dass der Arzt den Patienten so umklammerte, so mit menschlicher Wärme zudeckte, war eine Überraschung für die potenziellen Hinterbliebenen, die sich schon einen Spickzettel mit derbsten Beschimpfungen zurecht gelegt hatten, doch trotz offenen Mundes stumm blieben. So sahen sie zuletzt aus, als Ronaldo zwei Mal im Fußball-Endspiel 2002 traf.

Doch einer murrte dann doch. Der Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele stellte die buschigen (!) Augenbrauen besonders dicht beieinander und raunzte: „Herr Präsident Bush ist mir nicht willkommen.“ Das wird den Präsidenten sicher schmerzen, zumal Ströbele nachlegte und grantelte, es sei ihm „körperlich unangenehm, wenn ich gesehen habe, wie dieser US-Präsident umarmt wurde“. Diese vollendete Neuschöpfung einer unglücklichen Umschreibung der vollendeten, zukünftigen Vorvergangenheit, dürfte wohl in die Geschichte der Auflistung schönster Zentauren zwischen unperfekter Plusquamperfekte und Futur II eingehen. Doch damit nicht genug, denn Ströbele zeigte großes Verständnis für die Anti-Bush-Proteste und hätte, so sagt er, auch gern selbst daran teilgenommen. Bush sei für einen „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ gegen den Irak verantwortlich, dem Zehntausende Menschen zum Opfer gefallen seien und so kommt er zu dem Schluss: „Die hat Bush auf dem Gewissen.“

Da Herr Ströbele gerne darüber schweigt, wer die Toten, die Saddam Hussein zwischen 1991 – dem Zeitpunkt, da die Ströbeles dieser Welt den Marsch auf Bagdad, in dem der fast schon geschlagene Herrscher damit begann die Opposition abzuschlachten, stoppten – und 2003 mordete, auf dem Gewissen hat, macht seine Kritik erträglich.

Der arztende Bush nahm dem Patienten auch das schlechte Gewissen für seine Bettlägerigkeit, in dem er in etwa sagte: „Nun, denken Sie mal nicht daran, dass sie sich sportlich hängen ließen, viel zu ungesund lebten, Durchblutungs – und damit Gedächtnisstörungen bekamen – jetzt haben sie mit den Folgen zu leben, die da heißen: Ich bestimme nicht mal über die Temperatur des Kaffeewassers, geschweige denn, wohin ich laufen will. Bettruhe ist angesagt – die Initiative liegt bei den anderen. Die Fußsohlen können Sie ja schon einmal schön anspannen.“

George Bush hat einen Eindruck von Deutschland bekommen, vor allem, weil er so wenig davon sah. Ist es schon gewöhnlich sein Markenzeichen gelassen und souverän zu sein, wirkte er dieses Mal besonders gut gelaunt und „aufgelegt“, war er für seine Gegner so unangenehm locker, wie es die gesamte deutsche Politikergarde gerne auch mal wäre. Ein Sieg der Propaganda, aber auch der Fakten.

Tanja Krienen – Diskussion im Forum

1 Kommentar »

  1. Allein, wie sollte man an ihrer Autorität rütteln, gaben sie sich doch als sympathische Kumpels auf Augenhöhe, die das Benotungssystem und den Leistungsdruck „sehr kritisch sahen“, offen zu Marihuana-Exzessen und anderen Jugendsünden standen, und bei jeder unpassenden Gelegenheit Verhütungstipps parat hatten?

    Manchmal schien es tatsächlich so, als wären die Pauker die eigentlichen Problemschüler. Als ich in der 12. Klasse einen neuen Geschichtslehrer bekam, gestand dieser in der ersten Unterrichtsstunde, dass er gekommen sei um von uns zu lernen, nicht umgekehrt. Zu jenem Zeitpunkt war er bereits gut zehn Jahre im Beruf. - http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/hitzefrei_im_maerz/

    Kommentar von Campo-News — 16. März 2012 @ 08:14

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