Zufällig in San Francisco
Gestern erhielt ich Post von Georg Kreisler und darin sein neues Buch “Zufällig in San Francisco“. ISBN : 978-3-940426-46-8, Verbrecher-Verlag.
Es ist Kreislers erster Gedichtband. Pointiert, melancholisch und kühl, beschreibt er darin die Welt, so wie er sie sieht. Ich übrigens auch. Bevor ich zu den Beispielen komme, möchte ich noch einmal sagen, wie sehr es mich sehr freut, dass Georg Kreisler in diesem Jahr den Hölderlin-Preis erhält -
Ablehnung
Hüte dich vor Kompromissen!
Das sind keine Leckerbissen.
Meide jede Konzilianz,
Denn die nagt an der Substanz.
Wenn´s der Sache ähnlich sieht
Denke an den Unterschied!
Laß dich nie auf Schlichtung ein!
Aussöhnung kann teuer sein.
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Mitgefühl
Ein Mädchen zitterte nur und litt
Als hätte sie großes Fieber
Und ich stand da und jammerte mit
Und wusste gar nicht worüber
Außenpolitik
Amerika ist beispiellos
Ist groß und voller Kraft
Europa wäre gerne groß
Und hat´s noch nicht geschafft
P.S.
Plötzlich macht´s Krach
Die Musik ist vorbei
Die Gesellschaft wird wach
Zum Schluß auch wir zwei
1.
Wegen seiner Deutschkenntnisse wurde er zum militärischen US-Geheimdienst beordert, der ihn zunächst nach Großbritannien und dann ins besiegte Deutsche Reich schickte. Dort verhörte er prominente Nazigrößen wie Julius Streicher, Hermann Göring und Ernst Kaltenbrunner. Als man Kreisler anbot, beim Nürnberger Gerichtshof mitzuarbeiten, zog er es vor, in den USA seine künstlerische Laufbahn fortzuführen.
2.
Wenn man so Ihre Vita durchblickt und durchmisst und die einzelnen Stationen anschaut und was Sie alles erlebt haben und wem Sie begegnet sind - also, für Charlie Chaplin haben Sie Klavier gespielt…Kreisler: Ich war Soldat und Marlene Dietrich ist ja für die amerikanischen Truppen aufgetreten…Und nach der Show hat (…), also mein Vorgesetzter, ein Leutnant, gesagt, ich will Sie vielleicht mal, kann ich Sie engagieren? Wir waren alle in diesen Special Services, also Truppenbetreuung, tätig, und so bin ich mit ihm in die Garderobe gegangen. Ich hatte sie schon vorher kennengelernt bei einer Party bei Friedrich Hollaender, der damals mein Schwiegervater war.
3.
Er sei trotz seiner zum Teil komischen Texte kein lustiger, sondern ein tieftrauriger Künstler. Seine Waffe sei die Sprache.
4.
Launig ging Kreisler den sanktionierten deutschen Großkritiker Reich-Ranicki an, der gleichermaßen Hölderlin und ihn kritisiert habe
5.
“Erst mal was trinken”, sagt der Mann mit den überdimensionalen Brillengläsern, stoisch und ungerührt. Strafft sich und setzt an. Zu einer brillianten wie humorvollen und ziemlich bösen Stichelei über eben den Initiator dieses Hölderlin-Literaturpreises, Marcel Reich-Ranicki. Was dieser über Hölderlin geschrieben hat, gefällt Kreisler ganz und gar nicht.
Kommentar von Campo-News — 11. Juni 2010 @ 07:05