Die Gesellschaft des Spektakels, Teil I
Guy Debord, Die Gesellschaft des Spektakels, Edition Tiamat, 20 Euro, 304 Seiten
Wenn jeder Chinese Mao lernen und folglich Mao sein muss, so heißt das, dass er nichts anderes zu sein hat. Wo das konzentrierte Spektakel herrscht, da herrscht auch die Polizei.
Teil der 64. These
Die halbgeschichtliche Religion… die im Islam die Form einer Eroberung, im Christentum der Reformation die Gestalt einer Vermehrung des Kapitals annimmt…
Teil der 136. These
Die Bürokratie ist so mit einer Ideologie verknüpft, an die niemand mehr glaubt…So bekennt sich die Bürokratie gerade in dem Moment, in dem sie auf dem Boden des Kapitalismus ihre Überlegenheit beweisen will, als Stiefkind des Kapitalismus.
Teil der 110. These
Die Auslöschung der Persönlichkeit begleitet unvermeidlich die konkret den spektakulären Normen unterworfenen Existenzbedingungen. Eine Existenz, die so stets immer mehr von den Möglichkeiten getrennt ist, authentische Erfahrungen zu machen. Und dadirch seine individuellen Neigungen zu entdecken… Es gilt, rasch hinter der Inflation der entwerteten Zeichen des Lebens hinterherzulaufen. Drogen helfen dabei, sich mit diesem Sachverhalt abzufinden, Wahnsinn, ihm zu entfliehen.
Aus dem Nachwort
Da man dafür gesorgt hat, dass nur wenige Leute wissen, wo sich Authentisches noch finden lässt, kann das Falsch den Namen des verschwundenen Wahren legal für sich einnehmen…bis hin zum letzten Abglanz demokratischer Diskussionen….Und eben diese materielle Befriedung hat sie verseucht und vermag sie nicht mehr zu erbringen. Überall hatte die Gesellschaft des Spektakels mit Zwang, Betrug und Blut begonnen, doch versprach sie eine glückliche Fortsetzung. Sie glaubte, geliebt zu werden. Heute verspricht sie nichts mehr.
Aus dem Nachwort
Die Welt und ihre Verspektakelisierung*
Guy Debord erschoss sich 1994 wenige Wochen vor der Vollendung seines 63. Lebensjahres. Eine Aktion, die zu ihm passte. Zuletzt also ein Spektakel? Wie macht man auf sich aufmerksam in einer Zeit, in der es lauter, immer lauter und schriller wird? Natürlich durch Lautstärke und Schrillheit: karikierend, alles auf die Spitze treibend, das Original entlarvend. Wer immer sich fragt, wie man eine offensichtliche Idiotie darstellt um ihren Wesenszug aufzuzeigen, muss sie persiflieren, in der Hoffnung, der Zuschauer oder Zuseher möge erkennen, wie absurd doch das ist, was uns als Realität verkauft wird.
Fraglich ist, ob Guy Debord so die richtigen Antworten fand, ob die Situationistische Internationale nicht selbst zu dem Spektakel wurde, das sie eigentlich kritisierte. Wir verdanken Ihnen jedenfalls einige der dümmsten nur möglichen Sprüche, als auch einige kreative Einfälle, die tatsächlich den Blick der Masse revolutionierte.
Die antikapitalistische Stoßrichtung ist zwar Motor der Betrachtungen, mehr aber ist es die Kritik an den, aus den Fugen zu geratenen Erscheinungen einer immer oberflächlicher werdenden Alltagskultur, die mit der explodierenden Technik und der damit verbundenen Herrschaft des Kapitals, einhergeht.
Debord handelt seine 1967 erschienenen Auffassungen in 221 Thesen ab. Gedanken macht er sich dabei über die Zeit, die Kunst, die Geschichte oder die Rolle des Proletariats. Hier begeht er klassische linke Fehler, spart aber auch nicht an Kritik eigentlich sämtlicher linker Gruppen, von den Trotzkisten über die Stalinisten bis hin zu den Maoisten. Seine Welt ist die des individuell handelnden, mit gut begründeten Ressentiments gegen die Masse ausgestatteten, rationale Argumente gegen den um sich greifenden Wahn äußernden, Menschen.
Schleichende Vergiftung
Philosophisch-analytisch wird die Welt zerlegt, wird die kranke Mediengesellschaft benannt und die Inhalte des Alltags auf ihre schleichende Vergiftung durch die Versimplifizierung aller nur denkbaren Erscheinungen abgeklopft. Er kommt zu dem Schluss: Der wahre Leben ist tot. Getötet wurde es durch den Konsum und durch den kommerzialisierten Alltag.
Die aktuelle Entwicklung, das Hier und Jetzt, scheint ihm Recht zu geben. Es ist wohl so, wie Thukydides schrieb, den Debord ausgiebig zitiert. Wie Welt ist in der Hand von Verschwörern, niemandem ist noch zu trauen, resp. zu glauben. Die Verhältnisse sind durch und durch kaputt, irreversible zerstört.
Wer darüber nachdachte, warum die Menschen in den Ländern der Waren-Überfülle so unglücklich sind und auch so ausschauen, lese dies: „Der wirkliche Konsument wird zu einem Konsumenten von Illusionen. Die Ware ist die wirkliche Illusion und das Spektakel ihre allgemeine Äußerung (Teil der 47. These).
Ich komme auf das Buch zurück.
* Das Buch habe ich jetzt erst gelesen, aber das Wort „Spektakel“ kommt als Bezug oft in meinen Schriften vor, z. B. in einem Text zum 1. Mai. Und schon 2003 erfand ich das Verb „verspektakuliert“. Freut mich. Die Instinkte sind gesund.
„Die bewusste und intelligente Manipulation der organisierten Gewohnheiten und Meinungen der Massen ist ein wichtiges Element in der demokratischen Gesellschaft. Wer die ungesehenen Gesellschaftsmechanismen manipuliert, bildet eine unsichtbare Regierung, welche die wahre Herrschermacht unseres Landes ist. Wir werden regiert, unser Verstand geformt, unsere Geschmäcker gebildet, unsere Ideen größtenteils von Männern suggeriert, von denen wir nie gehört haben. Dies ist ein logisches Ergebnis der Art wie unsere demokratische Gesellschaft organisiert ist. Große Menschenzahlen müssen auf diese Weise kooperieren, wenn sie in einer ausgeglichen funktionierenden Gesellschaft zusammenleben sollen. In beinahe jeder Handlung unseres Lebens, ob in der Sphäre der Politik oder bei Geschäften, in unserem sozialen Verhalten und unserem ethischen Denken werden wir durch eine relativ geringe Zahl an Personen dominiert, welche die mentalen Prozesse und Verhaltensmuster der Massen verstehen. Sie sind es, die die Fäden ziehen, welche das öffentliche Denken kontrollieren.“
Edward Bernays
Kommentar von Campo-News — 26. September 2010 @ 11:00
gelesen in: http://www.gulli.com/news/10-strategien-die-gesellschaft-zu-manipulieren-2011-06-08
10 Strategien die Gesellschaft zu manipulieren
Bei diesem Artikel handelt es sich um die Ãœbersetzung von „10 Strategien der Manipulation“, die auf einer Ausarbeitung des Linguisten Noam Chomsky beruhen. Die Punkte beschreiben, wie das “System”, also die Regierung, die Medien und Lobbyisten die Bevölkerung gezielt manipulieren und steuern, um die eigenen Ziele zu verfolgen und somit umsetzen.
1 – Kehre die Aufmerksamkeit um
Das Schlüsselelement zur Kontrolle der Gesellschaft ist es die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf Ereignisse umzulenken, damit man von wichtigen Informationen über tatsächliche Änderungen durch die politischen und wirtschaftlichen Führungsorgane auf unwesentliche Nachrichten ablenkt, der Technik des stetigen Präsent-Sein. Jene Strategie ist der Grundstein, der das Basisinteresse aus den Bereichen Bildung, Wirtschaft, Psychologie, Neurobiologie und Cybernetik verhindert. Somit kehrt die öffentliche Meinung den wirklichen gesellschaftlichen Problemen den Rücken zu, berieselt und abgelenkt durch unwichtige Angelegenheiten. Schaffe es, dass die Gesellschaft beschäftigt ist, beschäftige sie, beschäftige sie so, damit sie keine Zeit hat über etwas nachzudenken, entsprechend auf dem Level eines Tieres.
2 – Erzeuge Probleme und liefere die Lösung
Diese Methode wird die „Problem-Reaktion-Lösung“ genannt. Es wird ein Problem bzw. eine Situation geschaffen, um eine Reaktion bei den Empfängern auszulösen, die danach eine präventive Vorgehensweise erwarten. Verbreite Gewalt oder zettle blutige Angriffe an, damit die Gesellschaft eine Verschärfung der Rechtsnormen und Gesetze auf Kosten der eigenen Freiheit akzeptiert. Oder kreiere eine Wirtschaftskrise um eine radikale Beschneidung der Grundrechte und die Demontierung der Sozialdienstleistungen rechtzufertigen.
3 – Stufe Änderungen ab
Verschiebe die Grenzen von Änderungen stufenweise, Schritt für Schritt, Jahr für Jahr. Auf diese Weise setzte man in den Jahren 1980 und 1990 die neuen radikalen sozio-ökonomischen Vorraussetzungen durch (Neoliberalismus): Minimum an Zeugnissen, Privatisierung, Unsicherheit, was der Morgen bringt, Elastizität, Massenarbeitslosigkeit, Höhe der Einkünfte, das Fehlen der Garantie auf gerechte Lohnänderungen.
4 – Aufschub von Änderungen
Die folgende Möglichkeit auf Akzeptanz einer von der Gesellschaft ungewollten Änderung ist es, sie als „schmerzhaftes Muss“ vorzustellen, damit die Gesellschaft es erlaubt, sie in Zukunft einzuführen. Es ist einfacher zukünftige Opfer zu akzeptieren, als sich ihnen sofort auszusetzen. Zudem hat die Gesellschaft, die naive Tendenz negative Veränderungen mit einem „alles wird gut“ zu umschreiben. Diese Strategie erlaubt es den Bürgern mehr Zeit sich der Änderung bewusst zu werden und die Akzeptanz in eine Art der Resignation umzuwandeln.
5 – Sprich zur Masse, wie zu kleinen Kindern
Die Mehrheit der Inhalte gerichtet an die öffentliche Meinung missbraucht die Art der Verkündung, durch Argumente oder sogar durch einen gönnerhaften Ton, den man normalerweise in einer Unterhaltung mit Kindern oder geistig behinderten Menschen verwendet. Je mehr man seinem Gesprächspartner das Bild vor Augen vernebeln will, umso lieber greift man auf diese Technik zurück. Warum? Wenn du zu einer Person sprichst, als ob sie 12 Jahre alt wäre, dann, aus dem Grund der Suggestion, wird mit höchster Wahrscheinlichkeit jene Person kritiklos reagieren oder antworten, als ob sie tatsächlich 12 Jahre alt wäre.
6 – Konzentriere dich auf Emotionen und nicht auf Reflexion
Der Missbrauch des emotionalen Aspektes ist die klassische Technik, das Ziel habend, eine rationale Analyse und den gesunden Menschenverstand eines Individuums zu umgehen. Darüber hinaus öffnet eine emotionale Rede Tür und Tor, Ideolgie, Bedürfnisse, Ängste und Unruhen, Impulse und bestimmte Verhaltensweisen im Unterbewusstsein zu initiieren.
7 – Versuche die Ignoranz der Gesellschaft aufrechtzuerhalten
Die Masse soll nicht fähig sein die Methoden und Kontrolltechniken zu erkennen. Bildung, die der gesellschaftlichen Unterschicht angeboten wird, soll so einfach wie möglich sein, damit das akademische Wissen für diese nicht begreifbar ist.
8 – Entfache in der Bevölkerung den Gedanken, dass sie durchschnittlich sei
Schaff es, dass die Bürger zu glauben beginnen, dass es cool und normal sei dumm, vulgär und ungebildet zu sein.
9 – Wandle Widerstand in das Gefühl schlechten Gewissens um
Erlaube es, dass die Gesellschaft denkt, dass sie aufgrund zu wenig Intelligenz, Kompetenz oder Bemühungen die einzig Schuldigen ihres Nicht-Erfolges sind. Das „System“ wirkt also einer Rebellion der Bevölkerung entgegen indem dem Bürger suggeriert wird, dass er an allem Übel schuld sei und herabwürdigt damit dessen Selbstwertgefühl. Dies führt zur Depression und Blockade weiteren Handelns. Ohne Handeln gibt es nämlich keine Revolution!
10 – Lerne Menschen besser kennen, als sie sich selbst es tun
In den letzten 50 Jahren entstand durch den wissenschaftlichen Fortschritt eine Schlucht zwischen dem Wissen, welches der breiten Masse zur Verfügung steht und jenem, das für die schmale Elite reserviert ist. Dank der Biologie, Neurobiologie und der angewandten Psychologie erreichte das „System“ das Wissen zur Existenz des Menschen im physischen als auch psychischen Bereich. Gegenwärtig kennt das „System“ den Menschen, den einzelnen Bürger besser, besser als dieser selbst und verfügt somit über eine größere Kontrolle des einzelnen.
Fazit
Sind euch während des Lesens des Textes nicht auch aktuelle oder vergangene Ereignisse eingefallen, die 1:1 auf diese Strategien zurückzuführen sind? Ohne langer Recherche würden mir Dutzende Beispiele einfallen, um diese Vorgehensweisen zu untermauern. Setzt euch doch mal hin und durchforstet die offizielle Parlamentswebseite nach diversen Entscheidungen und Anträgen, parallel dazu googelt worüber vor und während dieser Vorgänge in den Medien berichtet wurde und worüber Politiker tatsächlich gesprochen haben. Nebenbei schaltet ihr ATV oder Sat1 ein und lässt euch vom “Bildungsfernsehen” berieseln.
Jetzt stellt sich die Frage wie wir diese Strategien unterwandern können, damit wir die nicht mehr denkende Masse zum Umdenken bewegen.
Kommentar von Campo-News — 11. Juni 2011 @ 09:05