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Vielleicht werde ich

Nach der kommenden Veranstaltung Mitte Dezember, auf die ich in Kürze noch einmal gesondert aufmerksam mache, werde ich weitgehend privatisieren, mich auf Langzeitprojekte konzentrieren, dabei regenerieren, deregulieren, ein bisschen arrangieren, aber vor allem: minimieren. Den Blog werde ich ab und zu aktualisieren, mehr ab, als zu. Vielleicht werde ich irgendwann mal wieder aktiver, vielleicht werde ich wieder motivierter, vielleicht werde ich dann wieder einen Sinn sehen, vielleicht werde ich mich auch wieder einmischen. Doch jetzt nicht.

Schon mehrfach fragte ich mich, ob sich all der Aufwand lohne, diese Investitionen, um die eine oder andere öffentliche Sache anzustoßen und in die Diskussion zu bringen und die vertane Muße, weil ich sie vertun musste. Nun ist es erst einmal damit vorbei. Beinahe.

Mir wird schlicht übel, wenn ich sehe, was sich da „Öffentlichkeit“ nennt. Wie sie lügen, betrügen, wie sie behaupten es gäbe „ergebnisoffene Debatten“ oder Findungsprozesse. Nichts dergleichen. Es gibt auch keine wirkliche Öffentlichkeit. Nirgendwo. Auf keinem Gebiet! Alles bewegt sich in einem streng abgeteilten Rahmen. Alles ist miteinander verzahnt und jeder Lügner braucht den anderen. Nichts von Bedeutung. Und das auf allen Feldern. Auch in der Kultur, besonders in der Politik. „24 Stunden Heuchelei“ – das immerwährende, immergleiche, wiederkehrende Epos auf der kreisrunden Scheibe.

Fast auf den Tag genau ist es neun Jahre her, seit ich mit der „Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache“ begann, damit nicht stehen blieb – auch für andere sprach. Projekte entstanden und vergingen.

Mein Koordinatenkreuz hat sich verändert. Dazu wurde ich gezwungen. Soll sein. Es ist halt ein Kreuz.

Wofür sollte man sich positionieren? Für das, was Cliquen morgen schon wieder als neue Ziele ausgeben, für das, was die Taktik morgen verlangt? Die Redlichkeit wird geknebelt. Wahrscheinlich war es nie anders. Auf keiner Seite der Barrikaden. Ich hab die Barrikaden satt.

Stieße mir nur die Widerwärtigkeit auf, würde ich widerwärtig zurückspucken. Das habe ich gemacht. Lange genug. Doch jetzt ist es mir egal. Schon vor zwei Jahren reimte ich dazu etwas passendes, was mir allerdings jetzt zu aggressiv erscheint. Ich will nicht angreifen. Will keine Grobheiten sagen, nicht spötteln – Menschen sind doch nur wie sie sind. Oder? Ich will auch keine Tiere mehr essen. Ich will, ach… Vielleicht werde ich…

Sei schwarz!

 

Wenn sie dir befehlen bunt zu sein, so sei nicht gehorsam, sondern: sei schwarz!

 

Wenn sie sagen, du sollst schrill sein, mach dich nicht zum Narren: bleibe farblos!

 

Wenn sie fordern, du müsstest jetzt querdenken, antworte ihnen: ich denke geradeaus!

Wenn sie behaupten, es sei an der Zeit loszulassen, so weise ihre Forderung zurück und übe dich darin festzuhalten.

 

Wenn sie dir raten, du sollst etwas Neues ausprobieren, erwidere, das Alte habest du lieb gewonnen.

 

Wenn Sie dir gebieten laut zu sein, so schweige.

 

Wenn sie das Falsche preisen, widerspreche und schreie die Wahrheit heraus.

Wenn sie dich auffordern beim Lachen die Zähne zu zeigen, schließe fest den Mund.

 

Lerne die Feinde deiner Stille zu verachten. Jeden Tag. Sei schwarz!

Oktober 2010

Sie werden kommen - und ich gehe jetzt

 

Wenn der Regen in Schnee umschlägt, Kälte und Nässe dein Feuer löschen, wirst du dich fragen: Warum und wann wird das sein? Doch ich sage dir: Ich weiß es nicht, doch: Sie werden kommen - und ich gehe jetzt.

 

Aber was ist mit der Decke, dem sicheren Unterstand und der warme Suppe, wirst du dann fragen, doch ich sage dir: Sie werden dir die Decke wegnehmen, den Unterstand in Trümmern zerschlagen und die warme Suppe ins Gesicht kippen. Ich weiß es: Sie werden kommen - aber ich gehe jetzt. 

 

Ich gehe jetzt und ich sage dir: Mir ist es gleichgültig, ob bei dir der Regen niederprasselt oder in Schnee umschlagen wird, ob die Nässe und die Kälte dein Feuer löschen werden, ob sie dir die Decke wegnehmen oder den Unterstand zertrümmern, meinetwegen sollen sie dir auch die warme Suppe ins Gesicht schütten so kräftig sie können, denn:

Auch du bist schuld! Und weil das so ist, gehe ich jetzt.

Ja: Sie werden kommen - und ich gehe jetzt. 

September 2005

 

Glaubst du wirklich? (Neue Version)

Glaubst du wirklich, dass der große Stern am Himmel tropft?
Meinst du wirklich, dass dein kleines Herz des Nachts auch klopft?
Glaubst du wirklich, wenn die Mutter sagt: Ich liebe dich!
Lachst du auch darüber wenn sie sagen: Schäme dich!?

Es gibt so viel Dinge die nicht wirklich sind
Es gibt so viele Sachen die ich blöde find
Aber dieses eine weiß ich ganz bestimmt
Dass mir keiner meine schöne dicke Decke nimmt!
Dass mir keiner meine schone dicke Decke nimmt!

Kannst du einfach nicht begreifen dass ein Sonnenstich
Sehr viel kälter ist als wenn ich sage: Küsse mich!
Hast du je ´nen Engel auf der Straße tanzen sehn?
Findest du im Winter Maiglöckchen auch wunderschön?

Es gibt so viel Dinge die nicht wirklich sind
Es gibt so viele Sachen die ich blöde find
Aber dieses eine weiß ich ganz bestimmt
Dass mir keiner meine schöne dicke Decke nimmt!
Dass mir keiner meine schone dicke Decke nimmt!

Hättest du gern eine Katze mit nur einem Ohr?
Warum singt dein kleiner Bruder nicht im Kirchenchor?
Ist es wahr, dass nach dem Tod alles zu Ende ist?
Kann es sein, dass du den kleinen Teddy sehr vermisst??

Es gibt so viel Dinge die nicht wirklich sind
Es gibt so viele Sachen die ich blöde find
Aber dieses eine weiß ich ganz bestimmt
Dass mir keiner meine schöne dicke Decke nimmt!
Dass mir keiner meine schone dicke Decke nimmt!

Hasst du auch am Bahnhof dieses lange Schlangestehn?
Magst du auch das viele Blut nicht mehr im Fernsehn sehn?
Siehst du dich auch gerne mal im großen Spiegel an?
Fängt für dich die Nacht nicht auch erst mit dem Morgen an?

Es gibt so viel Dinge die nicht wirklich sind
Es gibt so viele Sachen die ich blöde find
Aber dieses eine weiß ich ganz bestimmt
Dass mir keiner meine schöne dicke Decke nimmt!
Dass mir keiner meine schone dicke Decke nimmt!

Glaubst du denn wirklich, dass die Millionäre glücklich sind?
Wärst du manchmal auch sehr gerne ein ganz schwarzes Kind?
Kannst du deine spröden Lippen überhaupt nicht leiden?
Möchtest du dich in der U-Bahn manchmal ganz entkleiden?

Es gibt so viel Dinge die nicht wirklich sind
Es gibt so viele Sachen die ich blöde find
Aber dieses eine weiß ich ganz bestimmt
Dass mir keiner meine schöne dicke Decke nimmt!
Dass mir keiner meine schone dicke Decke nimmt!

Bist du auch allein wenn alle schreien: Tralala!?
Denkst du auch die Peking-Ente schmeckt so sonderbar?
Hast du immer noch den alten großen Schul-Atlas?
Wär es dir als Feuer-Qualle meistens auch zu nass?

Es gibt so viel Dinge die nicht wirklich sind
Es gibt so viele Sachen die ich blöde find
Aber dieses eine weiß ich ganz bestimmt
Dass mir keiner meine schöne dicke Decke nimmt!
Dass mir keiner meine schone dicke Decke nimmt!

Weißt du schon, dass deine Friedensfahne Löcher hat?
Glaubst du auch, der Mann im Mond, der schreit die ganze Nacht?
Sagst du oft, im Leben sei doch alles nur ein Spiel?
Meinst du das, weil es dir ja noch nie so ganz gefiel?

Es gibt so viel Dinge die nicht wirklich sind
Es gibt so viele Sachen die ich blöde find
Aber dieses eine weiß ich ganz bestimmt
Dass mir keiner meine schöne dicke Decke nimmt!
Dass mir keiner meine schone dicke Decke nimmt!

Glaubst du wirklich, dass der große Stern am Himmel tropft?
Meinst du wirklich, dass dein kleines Herz des Nachts auch klopft?
Glaubst du wirklich, wenn die Mutter sagt: Ich liebe dich!
Lachst du auch darüber wenn sie sagen: Schäme dich!?

Es gibt so viel Dinge die nicht wirklich sind
Es gibt so viele Sachen die ich blöde find
Aber dieses eine weiß ich ganz bestimmt
Dass mir keiner meine schöne dicke Decke nimmt!
Dass mir keiner meine schone dicke Decke nimmt!

Tanja Krienen