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16. Dezember 2005

Casa Adorno

Abgelegt unter: Allgemein — Campo-News @ 17:21

Von Tanja Krienen

Ein ganzes Adorno-Haus? Es steht jedenfalls in dicken Lettern über dem Eingang! Tatsächlich - und die Menschen strömen hinein! Wie das? Sind die gemischten Nachfahren der Iberier auf der “Halbinsel” krank? Aufatmen. DIESES Rätsel ist schnell gelöst: Das Kaufhauses “EL CORTE INGLES” in Alicante lockt seine Kunden mit dem Kauf von Weihnachtsschmuck und Dekorationen, die im Spanischen Adorno heißen.

Mein Faible für alte Sache oder auf alt betrimmte Gegenstände dürfte ja bekannt sein, spätesten seit - Kennen Sie Colostrum? Ein „Spirit of St. Louis, Top Bell Phone“ mit Kurbel ziert meine Pferdestallwand (*sing*…and the operator says, “Forty cents more, for the next three minutes.”), dazu gibt es ein echtes altes Tischradio, eine Art „Volksempfänger“, eben jenen Nachbau eines alten Plattenspielers und seit heute, neben vielen alten Schellack-Platten: ein Grammophon

Ist nun wirklich alt oder nur nachgebaut? Ich weiß es gar nicht. Jedenfalls habe ich es in dem besagten Kaufhaus entdeckt und musste noch darum kämpfen, weil man es mir wegen eines kleinen Defektes (das gebogene Zwischenstück vom Trichter fehlt), erst gar nicht verkaufen wollte. „Ittz brrrokink“ meinte die Verkäuferin (man lasse sich nie mit einem Spanier auf ein Gespräch in englisch ein, das hat keinen Sinn, denn wenn sie auf die Frage, ob sie englisch könnten „A littel bitt“ sagen, versteht man anschließend weniger, als wenn ein Chinese japanisch redet).

Aber ich hatte sie gar nicht gefragt und kam auch so zurecht, verstand nur in der Sache nicht, warum sie das schöne Teil nicht hergeben wollte. Da mit den Verkäuferin mangels objektiven und subjektiver Kompetenz, ebenso wenig zu verhandeln war, wie mit der schnippischen Ladenhüterin, die man zur Abteilungsleiterin dummerweise beförderte (unglaubliche Kostenfaktoren sind diese spanischen Verkäuferinnen, von denen es viel zu viele gibt, die überall nutzlos und quasselnd herumstehen), suchte ich nach einem Mann, der so distingiert aussah, als könne er eigenständige Entscheidungen nicht nur treffen, sondern ihre Notwendigkeit exquisiterweise auch noch einsehen. Er lamentierte zwar etwas herum, das Stück sei doch nicht ganz funktionsfähig, was mir zwar spanisch, aber nicht ungewöhnlich vorkam, doch mit unnachgiebigem Charme und einer echt spanischen Leidensmiene, die auswies, wie sehr das ganze Leben an diesem Stück hänge, abwechselnd dort anklopfend, wo das „Corazon“ pocht, danach immer etwas von „mi gusto“ nuschelnd, siegte ich, wies er die kleinen Düffels endlich forsch an, der „Senora“ das Grammophon zu überlassen. Zu meiner großen Überraschung erhielt ich quasi ein Weihnachtsgeschenk des Hauses (wie aus einem hübschen amerikanischen Weihnachtsfilm), nämlich ungefragt einen Nachlass von 20 Euro. Das war schön. 80 Euro für ein wohlfeiles Grammophon – das ist für mich eines der nettesten Weihnachtsgeschenke, welches ich mir je machte. Genau so sieht es aus - Das Grammophon

Das Grammophon

Wenn es regnet spielt im Pavillon,
ein vergrämtes altes Grammophon.
Niemand schaltet es seit Jahren ein,
doch wenn es regnet spielt es von allein.

Wenn ein Liebespaar vorüberzieht,
spielt das Grammophon ein Liebeslied.
Und als meine Tante mich besuchen kam,
ertönte “Glühwürmchen, Glühwürmchen, schimmre”
bis sie Abschied nahm.

Onestep, Twostep, Shimmy, spielt es fabelhaft,
alte Operettenmelodien,
wenn es blitzt und donnert, spielt es leidenschaftlich gern
“Grüß mir die schönen Fraun im alten Wien.”

Immer lauter wird das Grammophon.
In der Stube hör ich jeden Ton.
Mit den Regentropfen auf dem Dach
spielt es im Takt die C-Moll Suite von Bach.

Langsam kommt das Grammophon in Schwung
und man hört die Götterdämmerung.
Dann kommt Mozart, dann der Marsch “Auf in die Schlacht!”
und selbst die Leute in den Regenpfützen stehen sofort hab Acht.

Dann kommt Charleston, dann ein Zapfenstreich.
Und die Nadel kratzt die Platten weich.
Dann kommt Lohengrins Schwanengesang
und dann kommt “Robes, Modes, für die Fenster Stores”,
jeder alte Schlager stundenlang.

Wenn der Regen langsam leiser wird
und der Donner rar und heiser wird
und der Wind kommt nur inkognito,
spielt das Grammophon pianissimo.
Wenn ich dann in meinen Garten geh
und ein bißchen nach dem Rechten seh
und den Pavillon betreten will,
dann ist das Grammophon auf einmal still.

Georg Kreisler, 1962

2 Kommentare »

  1. Mal wieder schön, Tanja,

    nur: das kenne ich schon. Was nicht schlimm ist.

    Bin halt gerade verliebt in eine Rudolf Steiner-Anhängerin, und soll man beim ficken dauernd sagen: “Rudolf ist ein Arschloch, Rudolf ist ein Arschloch!”?

    Ob das hilft?

    Nö. Das Ficken ist auch so ganz schön.

    Nur so…

    Kommentar von hegelxx — 17. Dezember 2005 @ 19:55

  2. Den Text kannst du ja gar nicht kennen, der ist neu, wenngleich nur ein nebenbei geschriebenes Etwas.

    Also, du hast meinen Segen, wenn du bei Sex nicht an Ideologie denkst (ob man mit einem Menschen der so verquer denkt, länger zusammen sein kann, ist eine andere Frage). Natürlich können die im Alter noch nicht einmal Fußball spielen, wie dieser hier aus Meinerzhagen - http://www.bvb.de/?%9E%5D%1B%E7%F4%9D*o%E6%81%9C aber ich kenne das und schrieb vor gut zwei Jahren:

    Von meinen fünf Lovern heut Nachmittag (17, 16 und so in etwa Jahre alt) waren 100% Moslems. Es ergab sich folgender Dialog (literarisch aufgearbeitet *g*) Er ging also so –

    Tanja zu den Momos (Mohammads): “Ihr seid doch alle gläubig. Was wird passieren, wenn Allah davon erfährt, dass ihr vor der Ehe Sex macht?”

    Momo I: “Alles was wir tun zählt. Wenn wir Schlechtes machen, wir komm in Himmel, wenn Gutes, in den Hölle.” (oder war es umgekehrt, egal)

    Momo II: “Quatsch nicht. Allah hat nichts dagegen das wir Sex machen. Sex ist gut. Wir müssen vorher lernen und isch machen Sex wann und wo ich will.”

    Tanja: “Aber ich habe jetzt gelesen, äh, diese Atta-Täter *g* verwünschen alle Moslems, die vor der Ehe fi….”

    Momo II: “Das sind Arschlöscher. Das hat nix mit unser Glauben zu tun.”

    Momo III: “Du bist kein richtiger Moslem!”

    Tanja: “Wieso? Passiert Dir nichts, wenn Du mit mir fi…?”

    Momo III druckst herum.

    Momo IV: “Mir passiert was, wenn Du mir einen Knutschfleck machst. (lacht) – dann krieg ich Ärger mit meine Mutter, ich schwörs.”

    Tanja: “Warum? Sieht die das?“

    Momo IV: “Klar. Ich schlaf immer ohne T-Shirt. Ich hatte übrigens letzte Woche Geburtstag.“

    Tanja: “Hey, Glückwunsch. Wie alt wurdest Du?“

    Momo IV: “16.“

    Momo V: “Bei uns ist so: Wenn es ist Mann und Frau, Du darfst mache was Du willst.“

    Tanja: “Und Allah ist Dir nicht böse?“

    Momo V: “Scheißegal.“

    Tanja: “Na dann…”

    Kommentar von Campo-News — 18. Dezember 2005 @ 09:39

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